DER STEIGER AWARD:
Toleranz heißt Dialog und nicht Ausgrenzung
Über den Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in Bochum anlässlich der 8. Verleihung des STEIGER AWARDs am morgigen Samstag ist in den letzten Tagen viel diskutiert worden. Wir haben immer klar gestellt, dass Herr Premierminister Erdogan die Auszeichnung stellvertretend für 50 Jahre deutsch-türkische Freundschaft in Empfang nimmt.
Der STEIGER AWARD bezieht sich bei der Auswahl seiner Preisträger unter anderem auf den Begriff „Toleranz“. Zur Toleranz gehört aus unserer Sicht auch, die Meinung des Andersdenkenden zu respektieren. Darum respektieren wir die zahlreichen Proteste, die in einer Demokratie zum Grundrecht der freien Meinungsäußerung gehören. Und genau deswegen werben wir dafür, dem türkischen Premierminister Erdogan das Recht zu geben, sich während der Preisverleihung am Samstag in Bochum zu erklären. Er wird in seiner kurzen Dankrede auf deutsch-türkische Freundschaft eingehen und vielleicht auch manche Missverständnisse ausräumen.
Veränderung kann nur durch Dialog erfolgen. Man darf sich diesem Dialog nicht verschließen. Dazu gehört auch der Dialog mit den gewählten politischen Vertretern der Türkei. Manche Kritik an Premierminister Erdogan ist berechtigt. Die Auseinandersetzung damit soll aber durch einen kritischen Diskurs erfolgen, nicht durch Ausgrenzung.
Im letzten Jahr wurde Egon Bahr mit dem STEIGER AWARD geehrt. Er feiert in diesen Tagen seinen 90. Geburtstag und war einer der ersten, die rund um Willy Brandt den Dialog mit den damals kommunistischen Staaten suchten. Massiv wurde er für seine Gespräche in Moskau kritisiert. Willy Brandt und er prägten eine Politik, die sich unter dem Oberbegriff „Wandel durch Annäherung“ heute erklären lässt und die einen entscheidenden Beitrag zum Ende des Kalten Krieges geleistet hat.
Wie bereits bei der Pressekonferenz vor 14 Tagen gemeinsam mit der Schirmherrin, Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz, angekündigt, ist der STEIGER AWARD auch immer mit Hoffnungen und Erwartungen verbunden. Auch die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei sind an Erwartungen und Bedingungen geknüpft. Natürlich haben auch wir die Hoffnung auf Umsetzung weiterer demokratischer Strukturen und Entwicklungen in der Türkei. Das Land hat einen schweren Weg hinter sich, von der Militärdiktatur zur Demokratie. Die Türkei hat aber auch noch einen langen Weg vor sich. Das Land, das ein wichtiger Verbündeter der europäischen Staaten im Nahen und Mittleren Osten ist, dabei zu unterstützen, aber auch kritisch zu begleiten, ist ein wichtige demokratische Aufgabe. Durch den Dialog mit dem türkischen Ministerpräsidenten wollen wir auch unseren Beitrag dazu leisten. Wir bitten die Gäste und die Öffentlichkeit im Sinne des offenen und toleranten Ruhrgebiets, dem türkischen Ministerpräsidenten die Gelegenheit zu geben, diesen Dialog zu führen.
via Der Steiger Award.