Kategorie: Themen

  • Auch Nuri Sahin unterstützt den Halbmond

    Auch Nuri Sahin unterstützt den Halbmond

    Nach Altintop-Brüder wird auch der Starspieler der Borussia Dortmund und türkischer Nationalspieler Nuri Sahin die diesjährige Opferfestkampagne der türkischen Hilfsorganisation (Kizilay) Halbmond unterstützen. Im Rahmen der Kampagne können die Türken in Deutschland die staatliche türkische Hilfsorganisation Halbmond beauftragen, in ihren Namen ein Tier als Opfer schlachten zu lassen. 210 Euro kostet ein solcher Auftrag, teilten die Organisatoren mit. Da das geschlachtete Fleisch größtenteils erst konserviert und dann nach Pakistan an die Armen der Flutkatastrophe verteilt wird, findet diese Kampagne ein großes Echo. Nuri Sahin hat sich auch persönlich bereit erklärt, an dieser Kampagne teilzunehmen.

  • FPÖ-Europaabgeordneter Obermayr: Rundumschlag des türkischen Botschafters ist bewusste Provokation

    FPÖ-Europaabgeordneter Obermayr: Rundumschlag des türkischen Botschafters ist bewusste Provokation

    Utl.: Beschimpfungen sind kleiner Vorgeschmack auf die EU Mitgliedschaft
          der Türkei =
    
    
       Wien (OTS) - "In wessen Auftrag, zu welchem Zweck und 'cui bono' -
    diese Fragen stellen sich angesichts der Österreichbeschimpfung des
    türkischen Botschafters. Denn dass einem hochrangigen und gut
    geschulten Diplomaten derartige verbale Entgleisungen seinem Gastland
    gegenüber einfach 'passieren', wage ich zu bezweifeln.", so
    FPÖ-Europaabgeordneter Mag. Franz Obermayr.
    
    
    Sollte der türkische Botschafter nicht gerade an seiner Abberufung
    basteln, dann stecke hinter seinen Aussagen System. Offenbar wolle
    man in Ankara bewusst ausloten, wie weit man gehen könne und wie viel
    mitteleuropäische Staaten bereit sind, zu schlucken.
    
    
    "Brüssel muss sich langsam bewusst werden, dass die Türkei bei den
    Beitrittsverhandlungen keinen Millimeter von ihrer Linie abrücken
    wird und keine Verbesserungen bei den Grundrechten, bei
    Frauenrechten, beim Minderheitenschutz oder in der Zypernfrage
    anstrebt. Die jüngsten Aussagen des türkischen Botschafters sind auch
    ein Indiz dafür, wie sich die Türkei als EU-Mitglied verhalten wird.
    Hier gibt es keine Nähe zu Europa und seinen Werten, daher sind
    die Beitrittsverhandlungen sofort abzubrechen", fordert Obermayr.
  • Mölzer: Verlogene Debatte über Integration türkischer Zuwanderer

    Mölzer: Verlogene Debatte über Integration türkischer Zuwanderer

    Utl.: Österreichs Öffentlichkeit übt sich nach türkischen
          Großmachts-Alluren in "political correctness" =
    
    
       Wien (OTS) - Außenminister Spindelegger müßte nach den
    Interview-Aussagen des türkischen Botschafters in der "Presse"
    eigentlich dazu angehalten sein, die Türkei umgehend aufzufordern,
    diesen Herren sofort von seinem Amt abzuziehen, stellt der
    freiheitliche EU-Delegationsleiter Andreas Mölzer fest. "Keine Frage,
    ein Botschafter muss die Interessen seiner Landsleute vertreten, dass
    er jedoch demokratische Wahlergebnisse in Österreich nicht nur
    kommentiert, sondern gar in Frage stellt, ist unerhört", begründet
    Mölzer seine Forderung.
    
    
    Vor allem aber bedenklich sei der Umgang des offiziellen Österreichs
    mit solchen türkischen Großmachts-Alluren. "Dass 'Multi-Kulti'
    gescheitert ist, wissen wir nicht erst seit der deutschen
    Sarrazin-Debatte, doch spätestens seit dieser müsste dem letzten
    Blinden klar geworden sein, dass wir Feuer am Dach haben", führt der
    freiheitliche EU-Mandatar weiter aus. "Wenn da beispielsweise die
    Forderung des türkischen Botschafters nach türkischsprachiger Matura
    in Österreich von medialer und politischer Seite wohlwollend
    kommentiert wird, so empfiehlt sich für all diese
    Realitätsverweigerer ein Blick in die 'Süddeutsche Zeitung', die
    gestern unter dem Titel 'Die Schweinefleischfresser'
    Deutschenfeindlichkeit an deutschen Schulen vorwiegend durch Türken
    thematisiert hat."
    
    
    Darüber hinaus seien nicht zuletzt aus den Aussagen und Forderungen
    zahlreicher türkischer Repräsentanten bis hin zu Erdogan persönlich
    Strategien zu erkennen, die eine schleichende Islamisierung
    Mitteleuropas via türkischer Massenzuwanderung und türkischer
    Integrations- und Assimilationsverweigerung bewirken sollen, "was für
    uns Europäer absolut ganz und gar inakzeptabel und bekämpfenswert
    ist", warnt der FPÖ-EU-Delegationsleiter vor versteckten türkischen
    Allmachts-Phantasien.
    
    
    "Dass die Notwendigkeit des Handelns besteht, ist also
    offensichtlich", so Mölzer weiter, dies habe aber nichts mit
    Islam-Feindlichkeit oder "religiöser Abneigung" - wie es der
    türkische Botschafter formuliert - zu tun, sondern sei eine Frage
    kultureller und ethnischer Probleme, die sich durch die verfehlte
    Zuwanderungs- und Einbürgerungspolitik der letzten Jahrzehnte nicht
    nur in Österreich, sondern in ganz Europa ergeben haben. "Daher muß
    man - nicht nur in Österreich, sondern auch auf EU-Ebene - zum einen
    dringlich scharfe Integrations-Zwangsmaßnahmen ergreifen und
    Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Ländern stoppen, und zum
    anderen - bezogen auf weitere drohende Zuwanderung aus der Türkei -
    die Verhandlungen mit dieser über einen EU-Beitritt sofort stoppen",
    schließt Mölzer seine Ausführungen.
    
    
    Rückfragehinweis:
    
    
    ~
       Freiheitlicher Parlamentsklub
       Tel.: 01/ 40 110 - 7012
       mailto:presse-parlamentsklub@fpoe.at
    
    
    
    
       
       
  • Tezcan: „Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert?“

    Tezcan: „Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert?“

    Kadri Ecved Tezcan: Wollen Sie, dass ich im Interview als Diplomat antworte, was langweilig wird? Oder soll ich als jemand antworten, der seit einem Jahr in Wien lebt und viele Kontakte zu den 250.000 Türken hier hat?

    Ich ziehe die zweite Variante vor. Was läuft bei der Integration der Türken in Österreich falsch?

    Ich möchte eines vorweg sagen: Anders als Griechen oder Italiener begannen die Türken erst vor 35, 40 Jahren zu emigrieren. Österreich war übrigens das letzte Land, in das türkische Bürger kamen. Die Löhne in Deutschland waren höher.

    Hat das zur Folge, dass es für Türken nicht einfach ist, sich an Regeln im Ausland anzupassen?

    Das nicht. Ich wollte damit nur sagen, dass auch Einwanderer in den USA ihre Probleme hatten. Aber diese Probleme sind nun vergessen. Integration ist ein Prozess. Ich war vor fast zwanzig Jahren Generalkonsul in Hamburg. Jedes Jahr lud ich die Mädchen und Buben, die aufs Gymnasium aufgenommen wurden, in meine Residenz ein und gratulierte ihnen mit Geschenken. Es gab damals so wenige türkische Gymnasiasten. Heute könnte ich das in Österreich nicht tun, denn es gibt hierzulande ungefähr 2000 türkischstämmige Studenten, die hier geboren wurden, plus 20.000 türkische Gymnasiasten. Das ist wunderbar.

    Das mag ein Fortschritt sein. Aber ein Blick in die Statistik zeigt, dass türkischstämmige Jugendliche an Gymnasien oder gar Universitäten ganz deutlich unterrepräsentiert sind.

    Wir müssen noch einige Hausaufgaben erledigen. Aber auch die österreichische Seite muss etwas unternehmen. Es gibt Schulen, in denen türkische Kinder mit 60, 70 Prozent die Mehrheit stellen. Warum? Weil sie in Ghettos leben. Wenn Türken in Wien Wohnungen beantragen, werden sie immer in dieselbe Gegend geschickt, gleichzeitig wirft man ihnen vor, Ghettos zu formen. Und österreichische Familie schicken ihre Kinder nicht an Schulen, in denen ethnische Minderheiten die Mehrheit stellen. So werden Türken in die Ecke gedrängt.

    Wer sollte ihnen andere Wohnungen anbieten? Die Stadt Wien?

    Es geht um etwas anderes: um Toleranz. Jedes Jahr bekommen die Türken einen öffentlichen Ort, einen Park etwa, zugeteilt, um ihr Kermes-Fest zu feiern. Sie kochen, spielen, tanzen, zeigen ihre eigene Kultur. Die einzigen Österreicher, die Kermes besuchen, sind Politiker auf der Jagd nach Wählerstimmen. Wählen geht trotzdem nur die Hälfte der Türken. Die Wiener schauen bei solchen Festen nicht einmal aus dem Fenster. Außer im Urlaub interessieren sich die Österreicher nicht für andere Kulturen. Österreich war ein Imperium mit verschiedenen ethnischen Gruppen. Es sollte gewohnt sein, mit Ausländern zu leben. Was geht hier vor?

    Viele Wiener haben offenbar Angst davor, dass sie in manchen Stadtteilen zur Minderheit werden und die türkische Kultur dominiert.

    Die Welt ändert sich. Es geht nicht mehr darum, wer dominiert und wer nicht. Es gibt keine Grenzen. Je mehr Kulturen es gibt, desto reicher werden wir.

    Das Problem ist, dass die Gesellschaft in Deutschland oder Österreich nicht mehr an Multikulturalismus glaubt. Das Konzept hat nicht funktioniert.

    Warum hat es nicht funktioniert? Integration ist ein kulturelles und soziales Problem. Aber in Österreich ist das Innenministerium für Integration verantwortlich. Das ist unglaublich. Das Innenministerium kann für Asyl oder Visa und viele Sicherheitsprobleme zuständig sein. Aber die Innenministerin sollte aufhören, in den Integrationsprozess zu intervenieren. Wenn man dem Innenministerium ein Problem gibt, wird dabei eine Polizeilösung rauskommen.

    Welche Zuständigkeit empfehlen Sie?

    Das Sozialministerium, das Familienministerium, aber nicht das Innenministerium. Meine Leute fragen mich: Stellen wir hier ein Sicherheitsproblem dar? Ich habe mit der Innenministerin gesprochen. Sie möchte das alles nicht hören. Sie ist in der falschen Partei.

    In welcher Partei sollte Maria Fekter denn sein?

    Sie ist Mitglied einer Volkspartei, die sich als liberal versteht. Oder bin ich falsch informiert? Was sie vertritt, entspricht nicht einer liberalen, offenen Geisteshaltung. Das Gleiche gilt übrigens auch für Angela Merkel. Ich war so überrascht, als sie vor zwei Wochen sagte, Multikulturalismus habe versagt und Deutschland sei eine christliche Gesellschaft. Was für eine Mentalität ist das? Ich kann nicht glauben, dass ich das im Jahr 2010 in Europa hören muss, das angeblich das Zentrum der Toleranz und Menschenrechte ist. Diese Werte haben andere von euch gelernt, und jetzt kehrt ihr diesen Werten den Rücken. Trotzdem will ich nicht sagen, dass die Migranten keine Fehler gemacht haben.

    Haben Sie je mit Heinz-Christian Strache oder einem anderen Politiker der FPÖ gesprochen?

    Natürlich. Ich habe ihn getroffen. Wir haben übereingestimmt, in nichts übereinzustimmen, was Integration anlangt. Strache hat keine Idee, wie sich die Welt entwickelt. Ich habe auch noch nie eine sozialdemokratische Partei wie in diesem Land gesehen. Normalerweise verteidigen Sozialdemokraten die Rechte von Menschen, wo immer sie auch herkommen. Wissen Sie, was mir Sozialdemokraten hier gesagt haben? „Wenn wir etwas dazu sagen, bekommt Strache mehr Stimmen.“ Das ist unglaublich.

    Viele Österreicher sehen das anders. Sie empfinden Unbehagen bei einzelnen Aspekte der Kultur, die Türken mitgebracht haben. Sie mögen nicht, wie Frauen behandelt werden, sie wollen keine Frauen in Kopftüchern herumlaufen sehen. Sie wollen auch nicht, dass junge Macho-Türken Mitschüler terrorisieren.

    Davon habe ich nie gehört. Ich habe viele Statistiken gesehen aus dem Innenministerium, aus dem Justizministerium …

    Es ist kein Verbrechen, andere Jugendliche zu drangsalieren …

    … aber Türken sind nicht an der Spitze dieser Listen. Erlauben Sie mir noch eine Frage. Wenn etwas nicht zu Ihrer Kultur gehört, haben Sie dann das Recht zu sagen, Sie wollen diese Menschen nicht? Das ist eine andere Kultur, ein anderes Parfum, eine andere Folklore. Ihr müsst damit leben. Warum habt ihr 110.000 Türken eingebürgert? Wie konntet ihr sie als Bürger akzeptieren, wenn es so ein großes Integrationsproblem mit ihnen gibt? Ihr müsst mit ihnen reden. Die Türken sind glücklich, sie wollen nichts von euch. Sie wollen nur nicht wie ein Virus behandelt werden. Die Gesellschaft sollte sie integrieren und von ihnen profitieren. Ihr müsst keine Migranten mehr holen. Ihr habt sie hier. Aber ihr müsst an sie glauben, und sie müssen an euch glauben.

    Aber Politiker müssen doch zum Beispiel das Recht haben zu sagen, dass sie keine Zwangsheiraten wollen …

    Natürlich. Wir wollen auch nicht, dass unsere Töchter zwangsverheiratet werden.

    Und man kann von Türken auch verlangen, dass sie Deutsch lernen.

    Definitiv, ich sage meinen Leuten immer: Lernt Deutsch und haltet euch an die Regeln dieses Landes!

    Warum also klappt es nicht?

    Sie haben es selbst sehr offen gesagt: Die Leute wollen hier keine Frauen mit Kopftüchern sehen. Ist das denn gegen das Gesetz? Nein, ihr habt da nichts zu sagen. Es steht jedem frei, was er auf dem Kopf trägt. Wenn es hier die Freiheit gibt, nackt zu baden, sollte es auch die Freiheit geben, Kopftücher zu tragen. Wenn jemand die Leute zwingt, Kopftücher zu tragen, dann sollte der Rechtsstaat intervenieren. Dasselbe muss für jene gelten, die sich weigern, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Wir haben ein Problem mit Mädchen, die mit 13 nicht mehr in die Schule gehen.

    Sie haben auch das Problem, dass zu wenige Frauen arbeiten gehen.

    Sie liegen falsch, die türkischen Frauen arbeiten.

    Ja, aber zu Hause. Die Beschäftigtenquote bei türkischen Frauen beträgt nur 39 Prozent.

    Hausfrau zu sein ist auch ein Job.

    Migranten, die zu Hause bleiben, sind Teil des Integrationsproblems.

    Ja, aber wenn Sie mein Freund sein wollen, sollten auch Sie etwas dafür tun.

    Sie meinen also, dass die Österreicher den Türken nicht das Gefühl geben, dass sie hier willkommen sind?

    Ich werde nicht nur den Österreichern Vorwürfe machen. Wir haben auch Probleme, mit anderen Leuten in Kontakt zu treten. Warum? Migranten in New York oder anderswo formen auch Ghettos. Das Erste, was sie im Ausland machen, ist, Landsleute zu suchen.

    Aber man bleibt nicht 30 Jahre im Ghetto. Man versucht sich zu verbessern und sieht zu, dass die eigenen Kinder in eine bessere Schule gehen. Ich sehe keine dynamische soziale Entwicklung hier.

    Ich sehe viel Erfolg. Es gibt mehr als 3500 türkische Unternehmer hier, 110 Ärzte, Künstler, Ballerinas. Warum bringen Ihre Medien nicht mehr Erfolgsgeschichten?

    Wer den derzeitigen Ausbildungsstand analysiert, blickt in eine düstere Zukunft. Die meisten jungen Türken gehen in die Hauptschule, viele sogar in die Sonderschule. Haben Sie eine Idee, wie sich das ändern ließe?

    Viele türkische Eltern glauben, dass ihre Kinder perfekt Deutsch und Türkisch sprechen. Ich erkläre ihnen dann, dass man mit 500 Wörtern noch keine Sprache beherrscht und ihre Kinder weder Deutsch noch Türkisch gut sprechen.

    Hier liegt das Problem: In den letzten 20 Jahren haben uns österreichische Regierungen nicht erlaubt, Lehrer aus der Türkei zu holen, um die Kinder in Türkisch zu unterrichten. Wenn Kinder ihre Muttersprache nicht korrekt lernen, werden sie auch eine andere Sprache nicht gut erfassen. Es gibt in Wien ein Institut für Orientalistik, wo Studenten Türkisch lernen, die auch perfekt Deutsch sprechen. Das Einzige, was fehlt, ist ein Lehrstuhl für Pädagogik. Dann kann Österreich seine eigenen Türkischlehrer haben.

    Wie viele Lehrer wollen Sie holen?

    Vielleicht sind 100 genug. Es gibt ungefähr 5000 bis 7000 junge Türken, die vor dem Besuch der Volksschule stehen. Ich bin sicher: Wenn sie im Kindergarten Türkisch und natürlich auch fließend Deutsch lernen, ist das ein Gegengift fürs Integrationsproblem.

    Sollten die Türken Türkisch als Fremdsprache in der Schule lernen?

    Mein Ziel ist es, dass Türkisch als Maturasprache akzeptiert wird. Dann werden wir auch türkische Lehrer haben. Ich weiß nicht, warum Türkisch nicht als Maturasprache akzeptiert wird.

    Haben Sie je daran gedacht, eine türkische Schule in Wien zu gründen?

    Nein. Aber wenn es eine Nachfrage gibt, wird man auch darüber nachdenken können.

    Sollten türkische Eltern Deutsch oder Türkisch mit ihren Kindern sprechen?

    Das werde ich ihnen nicht vorschreiben. Aber ob Eltern, Kinder oder Jugendliche, sie sollten alle Deutsch können.

    Wenn Eltern mit ihren Kindern nicht Deutsch sprechen, fehlt die Grundlage. Schlimmer wird es noch, wenn türkische Eltern ihre Kinder nicht in den Kindergarten schicken.

    Das sollte verpflichtend sein. Jedes Kind sollte den Kindergarten besuchen. Ab drei oder vier, wie in den österreichischen Familien.

    Warum sind etwa Kinder kroatischer Eltern besser in der Schule?

    Das ist sehr einfach. Weil die Kroaten Christen sind, sie sind willkommen in der Gesellschaft, die Türken nicht.

    Vielleicht haben sie auch ein größeres Verlangen, sozial aufzusteigen.

    Wenn man nicht willkommen ist und von der Gesellschaft immer an den Rand gedrängt wird, warum soll man dann Teil dieser Gesellschaft sein wollen?

    Um besser als die anderen zu sein, um es ihnen zu zeigen.

    Das ist eine westliche Mentalität. Wir haben nicht diese merkantilistische Philosophie. Unsere Philosophie im Islam lautet anders: Was immer du hast, von Gott gegeben, ist genug für dich. Das Einzige, was du tun musst, ist Gutes für deine Leute in der Familie und in deiner Umgebung. Die Türken in Wien helfen einander. Sie wissen, sie sind nicht willkommen.

    Warum glauben Sie das?

    In dieser Stadt, die behauptet, ein kulturelles Zentrum Europas zu sein, stimmten fast 30 Prozent für eine extrem rechte Partei. Wenn ich der Generalsekretär der UNO, der OSZE oder der Opec wäre, würde ich nicht hier bleiben. Wenn ihr keine Ausländer hier wollt, dann jagt sie doch fort. Es gibt viele Länder auf der Welt, in denen Ausländer willkommen sind. Ihr müsst lernen, mit anderen Leuten zusammenzuleben. Was für ein Problem hat Österreich?

    Geht es wirklich um den Islam? Mit den Persern hier gibt es keine Probleme.

    Wie viele Perser gibt es denn hier? Man sieht sie nicht. Wenn man sie sehen würde, hätten sie genau das gleiche Problem. Es steckt immer diese religiöse Abneigung dahinter. Vor den Anschlägen vom 11.September gab es das nicht. Aber seither stellen die Massenmedien den Islam als schlecht und terroristisch dar. Wo ist die Kirche? Ich traf den Kardinal, er ist ein wunderbarer Mann, und er sagte mir, er habe ein gutes Verhältnis zu den Türken. Ich sagte ihm: Eminenz, das ist nicht genug, Sie müssen sich stärker zu Wort melden und in Ihrer Zeitungskolumne auch schreiben, dass der Islam genauso wertvoll ist wie Ihre eigene Religion.

    Was erwarten Sie von den Behörden?

    Es gibt viele Menschen guten Willens. Ich war in vielen Rathäusern, überall gibt es Integrationssektionen. Aber sie warten in ihren Büros, bis die Leute zu ihnen kommen. Sie haben keine Vision. Es gibt keine Koordination und keine Kooperation. Meine vier Vorgänger als Botschafter und ich wurden nie um Zusammenarbeit in Integrationsfragen gebeten. Ich weiß, was meine Leute wollen und wie sie überzeugt werden können.

    Was hatten Sie für Erfahrungen mit österreichischer Gastfreundschaft?

    Ich bin seit einem Jahr hier. Ich war nur einmal in das Haus einer österreichischen Familie eingeladen, vergangenes Wochenende in Krems. Es ist ein großer Unterschied zwischen Wien und dem Rest Österreichs. Wenn ich Wien verlasse, sind alle gastfreundlicher.

    Es hat Sie niemand aus dem Außenamt zu sich nach Hause eingeladen?

    Nein. Aber das macht nichts. Es laden mich so viele Türken ein.

    Sie spiegeln sozusagen das Integrationsproblem auf höherem Niveau wider.

    In den ersten Monaten nach seiner Ankunft macht ein Botschafter Höflichkeitsbesuche. Als ich um ein Treffen mit dem Außenminister ansuchte, hieß es, der Außenminister empfängt keine Botschafter. Können Sie das glauben? Ich bin ein Botschafter von 250.000 Menschen, die in diesem Land leben. Über welchen Dialog reden wir hier?

    ZUR PERSON
    Kadri Ecvet Tezcan ist seit einem Jahr türkischer Botschafter in Wien. Der 61-jährige steht seit fast vier Jahrzehnten im Dienst des türkischen Außenamts und hat während seiner Laufbahn unter anderem in Deutschland, Polen und Aserbaidschan gearbeitet. Bevor er nach Wien kam, war er in Ankara stellvertretender Staatssekretär für Allgemeine Politische Angelegenheiten.

    Tezcan stammt vom asiatischen Bosporus-Ufer Istanbuls, seine Frau vom europäischen. Sein 23-jähriger Sohn studiert in Istanbul, die 31-jährige Tochter hat einen Doktoratsabschluss in deutscher Literatur und lehrt an einer Universität in Istanbul.

    („Die Presse“, Print-Ausgabe, 10.11.2010)

  • Ein Beitrag der besonderen Art

    Ein Beitrag der besonderen Art

    Die Integrationsdebatte scheint immer mehr neuere Dimensionen anzunehmen. Nun haben sich diejenigen zu Worte gemeldet, um die es auch letzten Endes geht: Bürger dieses Landes mit Migrationshintergrund.

    Diese Wortmeldung ist eine Online-Aktion, die als Initiative von Ferit Demir ins Leben gerufen wurde. Ferit Demir, Inhaber einer Agentur für Online-Kommunikation begründet seine Aktion mit folgenden Worten: „Wir wollen die Aufmerksamkeit der Politik und Medien auf die Mehrheit der Migranten oder Eingebürgerten lenken.“ Es gehe ihm darum, die Art und Weise, in welcher die Integrationsdebatte geführt werde, zu protestieren: „Wir sind die „Minderheit“ von 85-90% Integrationswilligen. Wir sprechen deutsch, arbeiten, legen Wert auf Bildung, besuchen Integrationskurse oder warten auf einen freien Platz, engagieren uns sozial oder politisch etc. Mehr Integration als das geht nicht!“

    Es könne nicht angehen, so Demir, dass „auf Kosten von Migranten soziodemographische Probleme verschleiert und alle Migranten als Sündenböcke dargestellt werden.“ Demir fundiert seine Protestaktion damit, dass Migranten ‚nicht akzeptieren könnten, unter Generalverdacht gestellt und defizitär bis zweitklassig betrachtet zu werden.’ „Deswegen verweigern wir uns dieser Debatte“ – so Ferit Demir.

    Die Aktion lebe von der Teilnahme der Betroffenen, erläutert Demir sein Vorhaben, und fordert jeden hierzu auf, an dieser Aktion teilzunehmen, man freue sich zudem auch über weitere unterstützende Initiativen. Es wird beabsichtigt, die gesammelten Unterschriften gegen Ende des Jahres an das Kanzleramt weiterzuleiten.

    Interessierte können unter Abrufung des folgenden Links weitere Informationen über diese Aktion einholen:

  • Deutsch ins Grundgesetz?

    Deutsch ins Grundgesetz?

    Kenan Kolat, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde

    SPRACHE | 09.11.2010
    Deutsch ins Grundgesetz?

    Eine Unterschriftenkampagne setzt sich dafür ein, die deutsche Sprache in der Verfassung zu verankern. Migrantenverbände verfolgen die Debatte mit Unbehagen.
    (…)
    Quelle:

  • Netanyahu: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden

    Netanyahu: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden

    Benjamin Netanjahu, 2009
    (Bildquelle: Wikipedia)

    Netanyahu: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden
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    Israels Ministerpräsident Binyamin Netanyahu hat am Montag in New Orleans vor der Generalversammlung der Jüdischen Föderationen Nordamerikas eine Rede zur gegenwärtigen Lage seines Landes und im Nahen Osten gehalten. Darin rief er die jüdische Diaspora dazu auf, gemeinsam mit Israel den regionalen und globalen Herausforderungen entgegenzutreten.

    „Am Vorabend des 20. Jahrhunderts sah Theodor Herzl, der Gründer des modernen Zionismus, die großen Herausforderungen voraus, vor denen das zerstreute jüdische Volk stand. Er zeichnete einen klaren Weg auf, um das jüdische Schicksal an die sichereren Ufer eines jüdischen Staates zu lenken. Herzls Vision war von drei Prinzipien geleitet: Gefahren erkennen, Gelegenheiten ergreifen, Einheit schaffen.

    Eben diese drei Prinzipien sollten uns auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts leiten. Wir müssen die Gefahren erkennen, die uns gegenüberstehen und ihnen entgegenwirken. Wir müssen die Gelegenheit zu Wohlstand und Frieden mit jenen unserer Nachbarn, die Frieden wollen, ergreifen. Und wir müssen Einheit stiften innerhalb unseres Volkes, um diese gewaltigen Aufgaben zu schultern.

    Die größte Gefahr für Israel und die Welt ist die Aussicht auf einen atomar bewaffneten Iran. Der Iran droht damit, Israel zu vernichten. Er leugnet den Holocaust. Er sponsert Terror. Er tritt Amerika in Afghanistan und dem Irak entgegen. Er dominiert den Libanon und Gaza. Er errichtet Brückenköpfe in Arabien und Afrika. Er dehnt seinen Einfluss sogar in diese Hemisphäre, nach Südamerika hinein aus.

    Nun, das ist, was der Iran ohne Atomwaffen tut. Man stelle sich vor, was er mit ihnen tun würde. Man stelle sich die Verwüstung vor, die seine Terrorverbündeten, Hisbollah, Hamas und andere, unter einem iranischen Nuklearschirm anrichten würden.

    Daher schätzt Israel die erfolgreichen Bemühungen von Präsident Obama, den UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen den Iran verhängen zu lassen. Es schätzt die erfolgreichen amerikanischen Anstrengungen, andere Staaten zu mobilisieren, dass sie aus eigenen Stücken harte Sanktionen verhängen. Es besteht kein Zweifel, dass diese Sanktionen das iranische Regime starkem wirtschaftlichem Druck aussetzen.

    Aber wir haben bislang noch keine Anzeichen dafür gesehen, dass die Tyrannen aus Teheran ihr Streben nach Atomwaffen überdenken. Das einzige Mal, dass der Iran sein Atomprogramm für eine kurze Zeit ausgesetzt hat, war, als das Regime 2003 glaubte, es stünde einer glaubwürdigen Drohung in Form einer Militäraktion gegenüber. Und das einfache Paradox ist dies: Wenn die internationale Gemeinschaft unter der Führung der Vereinigten Staaten hofft, das iranische Atomprogramm ohne Rückgriff auf militärisches Vorgehen zu stoppen, wird sie den Iran davon überzeugen müssen, dass sie bereit wäre, ein derartiges Vorgehen in Angriff zu nehmen. Eindämmung wird im Fall des Iran nicht funktionieren. Sie wird nicht funktionieren mit einem schamlosen Regime, das Amerika der Bombardierung seiner eigenen Städte am 11. September bezichtigt, offen zu Israels Vernichtung aufruft und der weltweit führende Sponsor des Terrorismus ist.

    Wenn man es mit so einem Regime zu tun hat, besteht die einzige verantwortungsbewusste Politik darin, es von vornherein daran zu hindern, Atomwaffen zu entwickeln. Unter dem Strich heißt das: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden. Irans Atomprogramm ist die größte Gefahr, vor der wir stehen. Der Angriff auf Israels Legitimität ist eine weitere.

    Wir wissen aus unserer Geschichte, dass Attacken auf Juden oft auf Versuche der Dehumanisierung des jüdischen Volkes gefolgt sind – man zeichnete sie als niederträchtige Kriminelle, als die Geißel der Menschheit. Daher muss man den Versuchen unserer Feinde und ihrer irregeleiteten Sympathisanten zur Delegitimierung des jüdischen States entgegentreten.

    Herzl sah viele Dinge richtig. Er hatte Recht in Bezug auf den Weltenbrand, der bald Europa verschlingen würde. Er hatte Recht in Bezug auf die Notwendigkeit eines jüdischen Staates und einer jüdischen Armee, um diesen Staat zu verteidigen.

    Aber Herzl war zu optimistisch, wenn er glaubte, die Wiedergeburt des jüdischen Staates würde dem Antisemitismus schrittweise ein Ende setzen.“

    Die vollständige Rede gibt es unter dem folgenden Link:

    (Außenministerium des Staates Israel, 08.11.10)

  • Kein Feuer für Antifas

    Kein Feuer für Antifas

    Kein Feuer für Antifas
    Posted By TLV-01 On כ״ז במרחשון ה׳תשע״א (4. November 2010) In Antisem., Extremism. | Comments Disabled
    Familienministerin Kristina Schröder fordert, dass Initiativen, die Geld aus staatlichen Programmen gegen Rechtsextremismus erhalten, künftig einen Treueeid zur Verfassung ablegen sollen. Die Forderung ist so umstritten wie die Programme selbst…
    Von Mathias Berek und Moritz Wichmann
Jungle World v. 4. November 2010
    »Es stellt sich ja immer die Effizienzfrage«, sagt Barbara John auf dem Podium der »Ergebniskonferenz« Ende Oktober. Hier soll erörtert werden, was die Bundesprogramme »Vielfalt tut gut« und »Kompetent für Demokratie« erreicht haben. »Ist die Sache das Geld wert?« Das zu beantworten ist nicht leicht: »Wir können eigentlich nicht mit Fakten untermauern, dass das, was wir uns wünschen, dabei herauskommt.« Man habe »Hoffnungen, begründete Vermutungen«, sagt die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Sieht man sich den finanziellen Rahmen, die Strukturen und Konzepte der Programme genauer an, erscheint die von John geäußerte Hoffnung recht optimistisch.
    Das liegt schon daran, dass die Bundesregierung immer weniger Geld für die Programme gegen Rechts ausgibt. Anfang 2001 nahm unter der rot-grünen Bundesregierung das Programm »Jugend für Toleranz und Demokratie« seine Arbeit auf, das in drei Förderbereiche gegliedert war. »Xenos«, ausgestattet mit 75 Millionen Euro, sollte sich der »Förderung gegenseitigen Verständnisses, des gemeinsamen Lernens und Arbeitens von deutschen und ausländischen Jugendlichen und Erwachsenen« widmen. Ziel war die Bekämpfung von »Fremdenfeindlichkeit in Betrieben, Verbänden und Schulen«. Der Förderbereich »Entimom« sollte 65 Millionen Euro an Modellprojekte »gegen Gewalt und Rechtsextremismus« verteilen. »Civitas« schließlich, das mit 52 Millionen Euro ausgestattet war, förderte Initiativen in den östlichen Bundesländern und Berlin, die sich gegen Nazis und für Demokratie engagierten. In jenen sechs Jahren wurden in Ostdeutschland immerhin bedeutende Programme gegen Rechts ins Leben gerufen, unter anderem viele der Mobilen Beratungsteams und Opferberatungen.
    Als die Bundesprogramme im Jahr 2006 ausliefen, regierte jedoch mittlerweile die große Koalition. Und die Christdemokraten waren nicht bereit, die Förderung gegen Rechts im selben Rahmen mitzutragen. Als Ergebnis der Verhandlungen laufen seit Anfang 2007 die Nachfolgeprogramme »Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie« und »Kompetent für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus«. Die Fördersumme sank von 32 auf 29 Millionen, seit 2008 sogar auf 24 Millionen Euro pro Jahr. 2007 wurden alle Programme, die ursprünglich auf die neuen Bundesländer begrenzt waren, auch auf die alten Bundesländer ausgedehnt – angesichts der gesunkenen Gesamtsumme entsprach das einer massiven Kürzung der Mittel.
    Dominique John von Opferperspektive Brandenburg e.V., der an der »Ergebniskonferenz« teilnimmt, fragt sich deshalb, welchen Stellenwert die Opferberatungen, die sich um Opfer rechter Gewalt kümmern, in Zukunft haben werden. Zwar hofft er, dass die bestehenden Beratungen weiter durch Bundesprogramme gefördert werden. »Aber auf keinen Fall wird es einen Ausbau geben, obwohl der dringend nötig wäre.« Der Bürgermeister von Verden, Lutz Brockmann (SPD), ist dagegen »erst einmal dankbar, dass es überhaupt weitergeht mit der Bundesförderung«. Ohne die wäre »viel kaputt gegangen«. Denn die Kommunen sind selten in der Lage, Projekte weiter zu finanzieren, die keine Bundesmittel mehr erhalten.
    Früher oder später läuft die Förderung für alle Projekte aus, denn der Bund finanziert prinzipiell nur Modellprojekte. Projekte, deren Konzepte nicht erst erprobt werden, sondern bereits erfolgreich laufen, müssen sich an die Länder oder Kommunen wenden, auch wenn Wilhelm Heitmeyer, der mit der wissenschaftlichen Evaluation der Programme beauftragt war, bereits 2006 mahnte, dass »im Rahmen einer Förderstruktur, die keine Kontinuität zulässt, eine fachgerechte Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismusproblem nicht gelingen« könne.
    Ulla Schobert, die als Vorsitzende des Kulturausschusses des Landkreises Verden an der Konferenz teilnimmt, betont, dass es zudem sehr schwierig sei, Fördermittel aus dem Bundesprogramm zu beantragen. »Bei uns waren das die Jugendlichen, die zuerst auf die Problematik des Rechtsextremismus hingewiesen haben und die auch als erste die Opfer wurden – und diese Jugendlichen können niemals solch ein Projekt auf die Beine stellen, dazu ist die Förderung zu kompliziert.« Richard Hartmann vom Ministerium für Bildung Wissenschaft, Jugend und Kultur in Rheinland-Pfalz, fordert, man müsse »diskutieren, wie wir von Projektitis wegkommen«. Als Vertreter eines Bundeslandes betont er die Verantwortung des Bundes. »Rechtsextremismus ist nicht nur ein lokales Phänomen.« Dessen ungeachtet wurden im Programm »Vielfalt tut gut« »Lokale Aktionspläne« integriert. Jedes dieser Projekt darf maximal zwölf Monate laufen und höchstens mit 20 000 Euro gefördert werden.
    Zudem können seit 2007 nur die Kommunen Anträge auf Förderung solcher Aktionspläne stellen. Damit entscheiden ausgerechnet diejenigen, die die heimischen Probleme mit Neonazis oft genug leugnen, über die Antragstellung. Denn anders als es die Programme vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend suggerieren, sind extrem rechte Einstellung weder ein Rand- noch ein reines Jugendphänomen. Rudi Pahnke vom Projekt »Dreisprung in die Zukunft«, das Seminare anbietet, an denen Schüler, Lehrer und auch Bürgermeister teilnehmen, berichtet von einem Seminarwochenende in einem südbrandenburgischen Ort: »Das Problem waren nicht die Schüler, sondern die Bürgermeister und die Lehrer. Die hatten Sprüche drauf, an denen wir wirklich zu schlucken hatten.«
    Die im Programm »Kompetent für Demokratie« integrierten mobilen Beratungsteams, die Behörden und anderen lokale Akteure bei Problemen mit Nazi-Aktivitäten beraten, haben mittlerweile eine Art Nothelferfunktion übernommen. Statt präventiv zu arbeiten, arbeiten sie als »Interventionsteams«. »Externe Kräfte werden dann an den Ort des Unglücks geflogen, um dort abzuspringen«, sagt der Sozialarbeiter Sascha Quäck von der Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit – Streetwork Brandenburg e.V. »Wenn man tiefer in den ländlichen Raum vordringt, gibt es dort oft nur noch eine Person, die Jugendarbeit auf dem Schirm hat.« Oft träfen die »Interventionsteams« dort auf Kolleginnen, »die 20 bis 30 Jugendräume zu betreuen haben«. In diesem Rahmen sei meist keine inhaltliche Arbeit mehr möglich. Was tun, wenn sich dort rechte Jugendliche durchsetzen? »Im schlimmsten Fall mussten wir Kolleginnen empfehlen, die Jugendräume einfach zu sperren. Das ist nicht schick, das ist Schadensbegrenzung.«
    Familienministerin Kristina Schröder, der die Programme unterstehen, ist aber offenbar weniger über die Tatsache besorgt, dass man überhaupt »Interventionsteams« in die Peripherie ausschicken muss, um zu verhindern, dass Nazis Jugendräume kapern, sondern vielmehr darüber, dass die Projektgelder an Organisationen geraten könnten, die nicht nur Nazis kritisieren. Das ist jedoch nicht ihre Erfindung. Schon mit der Erweiterung der Programme auf die westlichen Bundesländer unter der großen Koalition wurden von Anfang an die Landeskriminalämter und der Verfassungsschutz eingebunden. Welche Konsequenzen das hat, zeigt das Beispiel der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (Aida). Diese wurde auf Betreiben des bayrischen Innenministeriums aus der Landeskoordinierungsstelle ausgeschlossen, die über die Mittelvergabe entscheidet. Der Grund: Sie wurde im Verfassungschutzbericht 2008 als »linksextrem« eingestuft. Im September untersagte der bayrische Verwaltungsgerichtshof zwar dem Verfassungsschutz, Aida im Bericht weiter als linksextrem zu bezeichnen. Der Innenminister beharrt aber weiter auf dieser Einschätzung. Aida steht mittlerweile vor dem Problem, dass sich immer mehr Projekte und Institutionen aufgrund der Stigmatisierung nicht mehr trauen, mit ihr zusammenzuarbeiten.
    Mit dem konservativ-liberalen Wahlsieg im vergangenen Jahr hat sich die Situation weiter verschlechtert. Kristina Schröder ließ keine Gelegenheit aus, eine Ergänzung der Programme »gegen Rechtsextremismus« durch Programme gegen »Linksextremismus« zu fordern. Das Programm »Demokratie stärken« soll sich nun gegen »Links­ex­tremismus«, religiösen Fundamentalismus und »Ultranationalismus« unter Jugendlichen richten, und wurde hierfür mit mit fünf Millionen Euro ausgestattet. Wofür diese ausgegeben werden sollen, ist noch unklar. Von den zwei Mil­lionen, die Schröder im laufenden Jahr dem Programm zur Verfügung gestellt hatte, fanden bisher gerade einmal 400 000 Euro Verwendung. Das mag unter anderem daran liegen, dass es keine allgemein anerkannte Definition von »Links­extremismus« gibt.
    Schröders simple Extremismustheorie hat auch Auswirkungen auf die Programme gegen Rechts. Denn wenn es nach ihr geht, sollen alle Projekte nun eine Erklärung unterschreiben, dass nicht nur sie sich dem Grundgesetz verpflichten, sondern auch alle ihre Kooperationspartner nicht einmal den »Anschein« erwecken dürfen, extremistisch zu sein. »Wer würde denn allen Ernstes einem bekennenden Pyromanen ein Feuerzeug in die Hand drücken, nur weil der sich auch bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert?« fragte Schröder.
    Auf der »Ergebniskonferenz« bewerten viele das Extremismusverdikt der Ministerin eher kritisch. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes Halle betont, die politische Bildungsarbeit sei »generell der Förderung von Demokratie verpflichtet«. »Ich denke, die meisten haben überhaupt kein Problem damit, so einen Satz zu unterschreiben, aber warum soll man das eigentlich tun?« In den Forderungen Schröders, sich von Linksextremismus zu distanzieren, sieht er eher die Gefahr einer Pauschalverurteilung. Bürgermeister Lutz Brockmann warnt, man solle nicht »linke Demokraten zu Linksextremen machen«. Dennoch besteht die Gefahr, dass die Schrödersche Gesinnungsprüfung die Zusammenarbeit mit Antifagruppen verhindert, wie etwa Grit Hannefort vom Kulturbüro Dresden in der Taz kritisierte. Auch ein Positionspapier der Grünen-Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich, Monika Lazar und Sven-Christian Kindler kritisiert die »Gleichsetzungslogik von Rechts- und Linksextremismus«. Zudem blende der Extremismusbegriff aus, »dass menschenverachtende und antidemokratische Einstellungen ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellen, das nicht nur an den vermeintlichen Rändern unserer Gesellschaft auftritt«.
    Auch wenn der Begriff Rechtsextremismus mangels alternativer Termini anschließend meist beibehalten wird, wird die unter anderen von der »Initiative gegen jeden Extremismusbegriff« (Inex) angestoßene Debatte um den Extremismus-Ansatz (vgl. Jungle World 13ff/2010) in der Linken und Teilen der Öffentlichkeit intensiv geführt. Dennoch dürften sich viele Initiativen an die theoretischen Vorgaben des Bundes anpassen – oder haben es bereits getan. Wenn es die Wahrscheinlichkeit erhöht, Fördergelder zu erhalten, dürften viele Projekte, die sich primär gegen Rechts wenden, das Extremismus-Vokabular Schröders in ihre Anträge übernehmen und künftig zumindest auf dem Papier auch gegen Linksextremismus kämpfen. Linke Antifa-Initiativen sehen sich dagegen aus der staatlich anerkannten Arbeit gegen Rechts ausgeschlossen. Auf dem »Manometer-Familientreffen« antifaschis­tischer Bildungsprojekte vor zwei Wochen wurde bereits die Forderung laut, die Initiativen müssten angesichts des Anpassungsdrucks und der Entsolidarisierung wieder zur radikalen Gesellschaftskritik zurückfinden.

    Quelle:

  • Menschenrechte Grundlage der Debatte um Integration und Zuwanderung

    Menschenrechte Grundlage der Debatte um Integration und Zuwanderung

    Prof. Dr. Beate Rudolf © DIMR/ S. Pietschmann

    Stellungnahme
    Menschenrechte müssen Grundlage der Debatte um Integration und Zuwanderung sein

    Ressentiments gegenüber Muslimen, wahlweise und austauschbar verwendet auch gegenüber „Türken“ und „Arabern“, werden zunehmend öffentlich ausgesprochen. Inzwischen betreiben auch im politischen Raum einzelne Akteure eine solche Stigmatisierung von ganzen Bevölkerungsgruppen. So wird eine Stimmung der Abwertung und Ausgrenzung von Menschen erzeugt und einer Spaltung der Gesellschaft Vorschub geleistet. Äußerungen und Veröffentlichungen, die Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen forcieren und damit deren Abwertung befördern, kann eine auf Menschenrechten basierende Gesellschaft nicht hinnehmen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte erinnert daher an die Menschenrechte als Grundlage für die gegenwärtige Integrations- und Zuwanderungsdebatte.
    I.
    Zu oft wird derzeit in Frage gestellt, was vor einigen Wochen in der Öffentlichkeit und in der Politik noch selbstverständlich erschien: die Gleichheit aller Menschen und der Respekt vor der Individualität, Freiheit und Würde jedes Einzelnen. Es geht dabei um fundamentale Grundsätze unserer Verfassungsordnung und damit um Grundlagen eines demokratischen und auf Menschenrechten ruhenden Gemeinwesens, das in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland entwickelt und gefestigt wurde. Dem Grundgesetz und der Kodifizierung universell gültiger Menschenrechte nach 1945 liegen die Einsicht und Anerkennung zugrunde, dass alle Menschen in ihrer Würde und in ihren Rechten gleich sind. Diese Grundsätze und damit das Verbot von Diskriminierung bilden das Fundament einer demokratischen Gesellschaftsordnung.
    Wer Menschen zu Gruppen zusammenfasst und ihnen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer „Kultur“ oder ihres Herkunftsstaates pauschal bestimmte Eigenschaften zuschreibt, wie etwa Integrationsunfähigkeit, negiert fundamentale völker- und verfassungsrechtliche Prinzipien der Gleichheit und Nichtdiskriminierung. Wer Menschen so kategorisiert und stigmatisiert, spricht ihnen ihre Würde ab.
    II.
    Sofern es in der Debatte um die Einwanderungspolitik Deutschlands geht, wird teilweise der gegenwärtige Zustand verzerrt dargestellt. Nicht selten wird etwa ein Bild gezeichnet, wonach Zuwanderung nach Deutschland bisher keiner Steuerung unterliege, so dass Menschen einfach nach Deutschland einwandern und hier Sozialleistungen beziehen könnten. Dies ist aber nicht der Fall.
    Gleichzeitig werden Vorschläge für eine Veränderung der Zuwanderungspolitik gemacht, als ob der Gesetzgeber bei der Gestaltung von Zuwanderung und Aufenthalt völlig frei wäre. Solche Vorschläge ignorieren, dass Deutschland menschenrechtlichen und flüchtlingsrechtlichen Bindungen unterliegt. Diese Bindungen ergeben sich nicht nur aus internationalen und europäischen Menschenrechtsnormen, sondern auch aus dem Grundgesetz.
    Menschenrechtliche und flüchtlingsrechtliche Bindungen haben zur Folge, dass Deutschland Menschen Schutz und Aufenthalt zu gewährleisten hat, wenn sie andernfalls – etwa in ihrem Herkunftsstaat – existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sind, wie der Folter oder anderer Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit. Diese durch Deutschland einzuhaltenden Schutzgarantien sind vor allem in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, in der Genfer Flüchtlingskonvention wie auch im Grundgesetz verankert.
    Auch im Bereich des Ehegatten- und Familiennachzugs unterliegt Deutschland menschenrechtlichen Bindungen. Diese ergeben sich aus dem Schutz des Familienlebens, der in etlichen Menschenrechtsnormen verankert ist, etwa in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, in Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und in Artikel 6 des Grundgesetzes.
    Entscheidet sich Deutschland dazu, etwa zur Anwerbung von Fachkräften, eine aktivere Zuwanderungspolitik zu betreiben als bisher, wäre es – anders als es teilweise suggeriert wird – menschenrechtlich unzulässig, Menschen aufgrund der Zuschreibung von Eigenschaften, die an die Religionszugehörigkeit, „Kultur“ oder ihren Herkunftsstaat anknüpfen, von der Möglichkeit der Zuwanderung auszuschließen.
    III.
 
Deutschland ist als Vertragsstaat zahlreicher Menschenrechtsabkommen wie der UN-Anti-Rassismus-Konvention und des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte umfassende staatliche Verpflichtungen eingegangen. Menschenrechte müssen ständig beachtet, gewährleistet, praktiziert und verteidigt werden. Das bedeutet, dass der Staat Rassismus und Diskriminierung im politischen Raum und im öffentlichen Leben entgegentreten und Maßnahmen ergreifen muss, die Rassismus vorbeugen.
    Stereotypisierungen und Stigmatisierungen von Menschengruppen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, „Kultur“ oder nationalen Herkunft durch den Staat und seine Repräsentanten stehen im Widerspruch zu den menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. Diese politischen Akteure sind in der Pflicht, in der Bevölkerung existierende Vorbehalte und Befürchtungen aufzugreifen und angemessen mit ihnen umzugehen. Das bedeutet, stereotype Darstellungen nicht zu bekräftigen, sondern sie durch präzise und differenzierte Beiträge zur öffentlichen Debatte zu widerlegen und Stigmatisierungen klar entgegenzutreten. 

Es sollte beispielsweise vermittelt werden, dass die Wirklichkeit vielschichtiger ist, als sie in der gegenwärtigen Debatte oft gezeichnet wird. Dazu gehört etwa, dass es „die Muslime“ genauso wenig gibt wie „den Islam“. Oder dass Erfolg oder Misserfolg im Bildungssystem oder auf dem Arbeitsmarkt viele Ursachen haben können – persönliche, gesellschaftliche und strukturelle. Nur durch Präzision bei der Beschreibung von Sachlagen und Problemen lassen sich angemessene Lösungen entwickeln. Wer in der öffentlichen Debatte auf der Basis falscher Tatsachenbehauptungen politische Forderungen aufstellt, missachtet Verantwortung und Rationalität, die für die Entscheidungsfindung in einem demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar sind.
    IV.

Regierung und Parlament sind besonders aufgefordert, die Koordinaten, die sich durch die momentane Debatte verschoben haben, wieder zurechtzurücken. Es ist ihre Aufgabe, Ausgrenzung und Diskriminierung entgegenzutreten, um den Schutz vor Diskriminierung als fundamentalen Grundsatz unserer Gesellschaftsordnung aufrecht zu erhalten. Den Medien kommt hier eine wichtige Aufklärungs- und Kontrollfunktion zu, der sie durch faktengetreue, faire und kritische Berichterstattung und durch Reflexion der eigenen Rolle in der Debatte gerecht werden können. Außerdem können und sollten sich Parteien, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften klar gegen Diskriminierung und Ausgrenzung aussprechen. Nur auf diese Weise kann der in den vergangenen Wochen verschobene Rahmen der öffentlichen Debatte um Integration und Zuwanderung wieder auf sein menschenrechtliches und verfassungsrechtliches Fundament zurückgeführt werden.

Berlin, 19. Oktober 2010

Autor, Autorin:
Dr. Hendrik Cremer, Wissenschaftlicher Referent am Deutschen Institut für Menschenrechte
Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte
    Deutsches Institut für Menschenrechte
Zimmerstrasse 26/27
10969 Berlin
Telefon: 030 25 93 59 – 0
Fax: 030 25 93 59 59

  • EU rügt Defizite bei Grundrechten in der Türkei

    EU rügt Defizite bei Grundrechten in der Türkei

    Foto: AP

    Jahresbericht zu Beitrittsverhandlungen
    EU rügt Defizite bei Grundrechten in der Türkei
    09.11.2010

    Brüssel (RPO). Die Europäische Union hat der Türkei erneut gravierende Defizite bei der Wahrung der Grundrechte attestiert. Die türkische Regierung müsse ihre Anstrengungen zum Schutz der Meinungsfreiheit und der Rechte von Frauen und Minderheiten wie den Kurden verstärken, heißt es in dem am Dienstag in Brüssel vorgestellten Fortschrittsbericht der EU-Kommission.
    „Ehrenmorde, Zwangsheiraten und häusliche Gewalt bleiben ernsthafte Probleme“, heißt es darin. Die Kommission zieht in ihrem Jahresbericht eine nüchterne Bilanz der vor gut fünf Jahren aufgenommenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. „Keinen Fortschritt“ verzeichnet sie in der Annäherung zur griechischen Republik Zypern, welche seit 2004 der EU angehört. Wegen des ungelösten Zypern-Konflikts liegen acht zentrale Beitrittskapitel mit der Türkei auf Eis.
    Als einen „Schritt in die richtige Richtung“ wertet Brüssel dagegen die vor knapp zwei Monaten beschlossene Verfassungsreform. Die Reform sieht unter anderem stärkere Bürgerrechte und eine stärkere zivile Kontrolle über die Armee vor.
    Die Verbesserungen müssten nun aber auch umgesetzt werden, heißt es in dem Bericht. Einen positiven Trend gibt es nach Einschätzung der EU-Kommission auch beim Vorgehen gegen Folter und Missbrauch durch die Behörden. Dennoch gebe es immer noch Fälle „unangemessener Gewaltanwendung“, die Sorge bereiteten.

    URL: www.rp-online.de/politik/ausland/EU-ruegt-Defizite-bei-Grundrechten-in-der-Tuerkei_aid_928274.html

  • Die britische Fanatikerin

    Die britische Fanatikerin

    Roshonara Choudhry verletzte einen britischen Parlamentsabgeordneten bei einem Messerattentat schwer. Foto: Metropolitan Police

    Elite-Studentin sticht auf Abgeordneten ein
    Die britische Fanatikerin

    VON ALEXEI MAKARTSEV –
    09.11.2010

    (RP) Die Elite-Studentin Roshonara Choudhry hat einen britischen Abgeordneten mit zwei Messerstichen schwer verletzt, weil er den Irak-Krieg befürwortete. Die Frau ließ sich von einem jemenitischen Hassprediger aufstacheln.
    „Lebenslänglich“. Die 21-jährige Roshonara Choudhry lächelte zufrieden, als sie in einer Videoschaltung aus einer Gefängniszelle das Urteil des Kriminalgerichts Old Bailey hörte. Es war ein triumphierendes Grinsen einer Islamistin, das einigen Westminster-Abgeordneten das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Eine der besten Studentinnen der Elite-Uni King’s College ließ sich von einem Hassprediger zu einem privaten Rachefeldzug verführen. Choudhrys Fall hat im Mai für Aufsehen in Großbritannien gesorgt: Die in London geborene Tochter indischer Einwanderer versuchte damals, den Labour-Abgeordneten Stephen Timms zu töten, weil er für den Krieg gegen Saddam Hussein gestimmt hatte. Die Polizei nannte die Attacke auf Timms den ersten politischen Mordversuch des Terrornetzwerks al Qaida auf britischem Boden.
    Choudhry hätte eine exzellente Englisch-Lehrerin werden können, darin sind sich alle einig. Nur versteht niemand, wie eine „Top-Studentin mit Aussicht auf einen Ehrentitel erster Klasse“ sich binnen Monaten von einer Überfliegerin in eine potenzielle Mörderin verwandeln konnte.
    Aus dem Protokoll des Polizeiverhörs geht hervor, dass Choudhry im November 2009 damit begonnen hatte, die Online-Predigten des jemenitischen Geistlichen Anwar al Awlaki zu hören. Al Awlaki hat nach Überzeugung internationaler Geheimdienste einen erheblichen Anteil an den jüngsten Paketbomben-Attentaten auf US-Einrichtungen, die noch rechtzeitig verhindert werden konnten.
    „Er erklärte den Zweck des Dschihad“, sagt die junge Londonerin, die bis April 2010 etwa 100 Stunden Youtube-Videos von al Awlaki heruntergeladen hatte (sie sind mittlerweile gelöscht) – dann ging alles schnell. Choudhry brach ihr Studium ab, sie kaufte zwei Küchenmesser und trug die Namen aller Politiker zusammen, die dem Einmarsch im Irak zugestimmt hatten.
    Oben auf der Todesliste stand der 55-jährige Stephen Timms, ihr Abgeordneter für den Londoner Bezirk East Ham, den Choudhry um ein Treffen in einem Gemeindezentrum bat. Mit einer ausgestreckten Hand zum Gruß ging sie am 14. Mai Timms entgegen, während die Waffe mit einer acht Zentimeter langen Klinge hinter ihrem Rücken verborgen blieb. „Sie sagte nichts und lächelte freundlich. Die Attacke kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel“, erinnert sich Timms.
    Choudhry rammte dem Politiker das Messer zweimal in den Bauch, dann wurde sie von einem Wachmann überwältigt. Timms konnte durch eine Notoperation gerettet werden. „Es ist alarmierend, dass der Besuch einer Webseite bei einer klugen, jungen Frau den Wunsch geweckt hat, jemanden zu töten“, kommentierte er den Schuldspruch.
    Choudhry wird frühestens in 15 Jahren das Gefängnis verlassen können. „Mein Leben ist ruiniert, aber das ist es mir wert, weil ich den leidenden Irakern helfen musste“, sagt die Frau, die am liebsten als „Märtyrerin“ sterben möchte. Timms fordert das Verbot von „Webseiten mit Terrorvideos“.
    Nach dem Anschlag auf Timms bangen Hunderte Parlamentarier, ebenfalls Opfer religiöser Fanatiker zu werden, die als Trittbrettfahrer Choudhrys Beispiel folgen könnten. 2003 hatten 412 Gesetzgeber in London für den Irak-Krieg gestimmt, darunter auch der heutige Premier David Cameron.
    Britische Abgeordnete haben einen engen Kontakt zu ihren Wählern, die etwa leicht ins Parlament gelangen und dort den jeweiligen Politiker in die Lobby rufen lassen können. Bis heute ließen es sich viele Parlamentarier nicht nehmen, per U-Bahn oder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Bald könnte damit jedoch Schluss sein.
    Denn schon am Tag der Urteilsverkündung gegen die gescheiterte Attentäterin versprachen extremistische Demonstranten vor dem Old Bailey, alle Ungläubigen „in die Hölle“ zu schicken.

    URL: www.rp-online.de/politik/ausland/Die-britische-Fanatikerin_aid_928297.html

  • Guttenberg: Sicherheit auch für Wirtschaftsinteressen

    Guttenberg: Sicherheit auch für Wirtschaftsinteressen

    Foto: AP

    Europäische Sicherheitskonferenz
    Guttenberg: Sicherheit auch für Wirtschaftsinteressen

    09.11.2010

    Berlin (RPO). Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat dazu aufgerufen, Sicherheitspolitik und Wirtschaftsinteressen enger miteinander zu verbinden. „Die Sicherung der Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten“, sagte Guttenberg am Dienstag auf der Europäischen Sicherheitskonferenz in Berlin.
    Der Zusammenhang von regionaler Sicherheit und Wirtschaftsinteressen in unserem Lande sollte „offen, ohne Verklemmung“ ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhang äußerte Guttenberg sein Befremden an der heftigen Kritik, die dem früheren Bundespräsidenten Horst Köhler entgegengeschlagen war, als er diesen Zusammenhang von nationalen Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik „offen ausgesprochen“ habe.
    Dafür sei Köhler „fürchterlich geprügelt“ worden. „Und ich stelle mir bis heute Frage, was so verwegen an dieser Aussage war“, fügte Guttenberg hinzu. Im Grunde habe Köhler nur etwas Selbstverständliches ausgesprochen.
    Guttenberg erinnerte daran, dass 20 Prozent des deutschen Außenhandels über den Seeweg gehen. Insofern sei Piraterie „keine Randnotiz“, sondern eine „ernste Herausforderung“ für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands. Nicht aus den Augen verloren werden sollte zudem der Bedarf der aufstrebenden Mächte an Rohstoffen. Dieser steige beständig „und tritt damit zunehmend mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz. Dies kann zu neuen Spannungen, Krisen und Konflikten führen“.
    Heftige Kritik der Opposition
    „Wir warnen Guttenberg davor, den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr in einen offensiven Interventionsauftrag zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen umzuinterpretieren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, der „taz“ (Mittwochsausgabe). Ein Blick in das Grundgesetz erleichtere das „richtige Verständnis von Verteidigungspolitik: Das Grundgesetz erlaubt keine Wirtschaftskriege“.
    Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour kritisierte die Äußerungen des Ministers als „absurd“. „Guttenberg muss überprüfen, ob sein Fokus als Verteidigungsminister der Verantwortung seines Amtes gerecht wird“, sagte Nouripour der „taz“. Stabilität dürfe nicht zum Vehikel für Wirtschaftsinteressen werden. „Auslandseinsätze sind die Ultima Ratio in der Verteidigungspolitik“.
    Auch der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke, kritisierte die jüngsten Äußerungen Guttenbergs. Nach Ansicht des Ministers müsse die „deutsche Wirtschaft weltweit militärisch betreut werden“, erklärte Gehrcke am Dienstag in Berlin. Das Problem sei nicht, dass der Zusammenhang zwischen Militär und deutschen Wirtschaftsinteressen offen ausgesprochen werde, erklärte Gehrcke. „Das Problem ist, dass dieser Zusammenhang überhaupt besteht und gefördert wird – auch von Herrn zu Guttenberg. “

    URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Guttenberg-Sicherheit-auch-fuer-Wirtschaftsinteressen_aid_928268.html

  • Hörspiel „Die Dichter“

    Hörspiel „Die Dichter“

    Pressemitteilung

    Hörspiel „Die Dichter“ entführt nach Bagdad vor 1000 Jahren
    Premieren-Lesungen in Berlin und Wien am 25.11. und 3.12.

    (Mainz, Anis Online, 31.10.2010) „Ihr Leute vom Diwan, die Dichter treten an!“ – das neue Hörspiel „Die Dichter“ von Anis Hamadeh ist eine literarische Zeitreise an den Hof des Kalifen. Audio-Trailer, Leseproben, Zeichnungen, Fotos, Hintergründe, News und CD-Bestellung unter www.anis-online.de/2/literatur/die_dichter/index.htm

    Vierzehn Dichterinnen und Dichter sind dabei herauszufinden, „wen in unsrem Land Irak das Volk am liebsten hören mag“. Während die Gäste es sich in den Kissen des Diwan bequem machen, lauschen sie den Reimen von Qais bin Abbas, Fatima der Leuchtenden, Luqa dem Reisenden, Chulud, der ewigen Glut, und den anderen Poeten. Jeder Dichter spricht ungefähr fünf Minuten lang improvisiert und geht dabei auf die Vorredner ein – ein mittelalterlicher Poetry Slam, der bei allem Tiefgang leicht und unterhaltsam ist.

    „Die Dichter“ wird empfohlen von der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, www.d-a-g.org, der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, www.saar.at, und der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient, DAVO, . Bei Auftritten und über die Website Anis Online kann man die rund 70-minütige CD mit Textheft in DVD-Hülle für 19,80 Euro erwerben. Sie ist nicht im regulären Handel erhältlich.

    Premierenlesungen in Berlin und Wien

    Auf der CD präsentieren vierzehn Sprecherinnen und Sprecher die Texte, darunter der Autor und einige Mitglieder der Wiesbadener Dichterpflänzchen e.V. (www.dichterpflaenzchen.com) sowie der Mainzer Schauspieler Max Rohland. Als musikalische Intermezzos hört man Gitarre (Anis), Querflöte (Lorenzo Colocci) und Darbuka, eine arabische Trommel (Clinton Heneke), zu Kompositionen von Anis Hamadeh, der außer Texten und Musik auch alle Zeichnungen gemacht hat. Aufgenommen wurde die CD im Zentralstudio von Tobias Paldauf in Mainz (www.zentralstudio.de) im Oktober 2010.

    Die Premierenlesung in Berlin gestaltet Anis mit Schauspielstudierenden der Universität der Künste und spielt außerdem einige seiner Songs auf der Gitarre: am 25. November um 18.30 Uhr bei der Deutsch-Arabischen Gesellschaft in der Calvinstraße 23, 10557 Berlin (Eintritt 5 / 3 Euro). Flyer:

    In Wien am 3. Dezember um 19.30 Uhr tritt Anis mit dem Programm solo auf, auf Einladung der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, in der Sargfabrik, Goldschlagstraße 169, 1140 Wien (www.sargfabrik.at, Eintritt: 7,50 / 5 Euro). Flyer: www.saar.at/Activities/Hamadeh/hamadeh.htm

    Bezug zwischen Orient und Okzident

    „Die Dichter“ stellt den Bezug zwischen Orient und Okzident her, den Goethe noch klar vor Augen hatte, und mit ihm Generationen von Dichtern, Denkern und deutschen Islamwissenschaftlern. Durch die spielerische Identifikationsmöglichkeit mit dem arabischen Orient soll „Die Dichter“ daran erinnern, dass die deutschen Verbindungen zum Morgenland bis mindestens ins Jahr 802 reichen, als Harun al-Raschid Karl dem Großen in Aachen einen Elefanten namens Abul-Abbas geschenkt hat – den ersten namentlich belegten Elefanten nördlich der Alpen.

    Der Autor

    Anis Hamadeh (* 1966) ist Songwriter, Schriftsteller, Maler und Islamwissenschaftler. Bei seiner Themenwahl kommt Anis immer wieder auf den Orient zurück, die Heimat seiner Väter, sei es in Essays zu Nahost, in Free-Gaza-Songs, Palästina-Zeichnungen oder Literatur wie „Die Dichter“. 2007 veröffentlichte er das Buch „Islam für Kids“, eine Lese-Empfehlung auch für Erwachsene (345 S., ISBN 978-3-8266-8638-2, 21,95 Euro). Zu den Orten, an denen Anis aufgetreten ist, gehören das Gewandhaus in Leipzig, die View Two Gallery in Liverpool und die Bibliothek von Alexandria. – Website und Shop: www.anis-online.de. Siehe auch Wikipedia und den Promo-Flyer unter www.anis-online.de/office/promo_flyer.pdf . Kontakt und Rezensionsexemplare: Anis Hamadeh, Moselstr. 1-3, 55118 Mainz, t 06131-4809263, m 0151-17856928, anis ät anis-online.de

    Anis Hamadeh
    Moselstr. 1-3
    55118 Mainz
    t 06131-4809263
    m 0151-17856928
    anis@anis-online.de
    www.anis-online.de
    Web2: www.nonkilling.de

  • Das China Europas

    Das China Europas

    Die Türkei – ein Vorbild? Das hohe Wirtschaftswachstum und die geringen Schulden beeindrucken Experten und Anleger.

    In Deutschland tobt die Debatte um die Integration von Migranten. Seit Wochen. „Deutschland wird durch Einwanderung dümmer und ärmer“, lautet eine der dümmeren Thesen, die herumgereicht werden. Wenn von Migranten gesprochen wird, sind fast immer Muslime gemeint. Besonders aus der Türkei.

    Und die Realität? Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts verlassen inzwischen mehr Türken Deutschland als zuziehen. Vielleicht wären wir in einigen Jahren froh, wenn noch wirtschaftlich erfolgreiche Türken zu uns migrieren würden – aber gibt es in zehn oder 20 Jahren dafür noch einen Grund?

    Hohe Wachstumsraten

    Die Türkei ist inzwischen eines der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Welt. Das „China Europas“ nennt der britische „Economist“ das Land am Bosporus und feiert es mit einer 14-seitigen Titelgeschichte. „Es kann Jahrzehnte dauern, das Image eines Landes zu verändern – die Türkei hat es in weniger als zehn Jahren geschafft“, jubelt das britische Wirtschaftsmagazin.

    viaTürkei: Das China Europas – Schwellenländer – FOCUS Online.

  • Davutoglu Kontakte

    Davutoglu Kontakte

    Außenminister Ahmet Davutoglu ist nach seinen Kontakten in den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Saudi Arabien weitergereist.

    In Riad traf Davutoglu seinen saudischen Amtskollegen, Prinz Suud El Faysal. Bei dem Treffen in der Residenz von El Faysal in Riad wurden der Ausbau und die Fortsetzung der Beziehungen und Beratungen zwischen beiden Ländern beschlossen.

    Davutoglu und Faysal erörterten auch regionale Themen und die Beziehungen der Türkei zum Golf-Kooperationsrat. Ferner wurde der Ausbau dieser Beziehungen beschlossen.

    Im Anschluss an seine Kontakte reiste Davutoglu nach Rom weiter.

  • Großbritannien: Gül bewertet EU-Beitrittsprozess

    Großbritannien: Gül bewertet EU-Beitrittsprozess

    Staatspräsident Abdullah Gül hat bei einer Konferenz an der Oxford Universität den EU-Beitrittsprozess der Türkei bewertet.

    Dabei sagte Gül, einige EU-Länder würden politische Themen in den EU-Beitrittsprozess der Türkei aufnehmen wollen, die Fehl am Platz seien. Trotz Probleme würde die Türkei weiterhin auf dem Weg in die Union schreiten.

    Außerdem wies der Staatspräsident darauf hin, dass bei einem erfolgreichen Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen dieses mal das türkische Volk anders denken könne. Jedoch sei es zu früh, um diese Thema aufzugreifen.

    Nach Angaben von Gül bemühe er sich um eine friedliche Lösung der iranischen Atomfrage. Kleine Schritte auf dem diplomatischen Weg für eine Lösung seinen dem Staatspräsidenten zufolge vertrauensbildend.

    Auf eine Frage antwortete Gül, beim Gespräch mit dem britischen Premier David Cameron sei die Unterstützung von London an Ankara beim EU-Beitrittsprozess bekräftigt worden. Ferner erinnerte Gül, dass Großbritannien ein Garant Zyperns ist.

  • Direktorin: “Migrantenquote wäre interessant” « DiePresse.com

    Direktorin: “Migrantenquote wäre interessant” « DiePresse.com

    Wiener Hauptschule, fast alle Kinder mit Migrationshintergrund: Direktorin Tiefenbacher über Deutschpflicht in der Pause, das Imageproblem der Hauptschulen und das Potenzial ihrer Schüler.

    „Manchmal verirren sich Kinder mit rein österreichischen Wurzeln zu uns“, sagt Erika Tiefenbacher. Die blonde Frau mit dem resoluten Ton ist seit sieben Jahren Direktorin der KMS Schopenhauerstraße, der einzigen Hauptschule im 18. Wiener Gemeindebezirk. „Züleya, Bozo, Turgay“: Mit Farbe haben die Kinder ihre Namen an die Wände im Stiegenhaus gemalt. Fast 100 Prozent von ihnen haben Migrationshintergrund, viele sind außerordentliche Schüler, weil ihre Deutschkenntnisse noch nicht ausreichen, um dem Unterricht zu folgen. Rund 30 Nationen sind vertreten. Als es zur ersten Stunde läutet, stürmen Dutzende Kinder die Treppen hinauf. Sie plappern auf Deutsch, Serbisch, Türkisch.

    viaDirektorin: “Migrantenquote wäre interessant” « DiePresse.com.

  • Wer Integration will, darf Kontroversen nicht ausweichen

    Wer Integration will, darf Kontroversen nicht ausweichen

    Die Debatte über Zuwanderung muss mit Argumenten geführt werden, nicht mit der Faust oder mit oberflächlichen Schlagworten.

    Das Buch von Thilo Sarrazin hat eine breite, heftige und von vielen Ideologien gesteuerte Diskussion entfacht. Die Meinungen sind geteilt. Sie offenbaren ein nicht zu übersehendes Phänomen: auf der einen Seite eine Vielzahl von Bürgern, die die in dem Werk gemachten Aussagen als Befreiung empfunden haben, angesichts ihrer täglich gemachten Erfahrungen; auf der anderen Seite die intellektuellen Gutmenschen in der Politik und gehobenem Boulevard.

    Als Brücke zur Lösung der Probleme wird wieder einmal die Bildung angesprochen. Der gebildete Immigrant, so die These, würde sich leichter integrieren. Das gilt besonders für Sprache, aber vor allem für die berufliche Qualifikation. Der Immigrant findet Arbeit, zahlt Steuern und fällt den Sozialsystemen nicht zur Last.

    Das alles hat seine Berechtigung. Integration bedeutet konfliktfreie Zueinanderordnung, für den Immigranten zumeist die Einordnung in das gesellschaftliches System des Gastgeberlandes. Da kann bei nachdenklichen Immigranten auch schon mal Nachdenklichkeit aufkommen.

    Soll er sich wirklich integrieren in eine Gesellschaft, in der gegebene Versprechen nichts mehr gelten, in der 50Prozent der Ehen geschieden werden, soll er sich integrieren in eine Gesellschaft, in der der Mensch nur noch als Instrument der Vermehrung des Wohlstandes gesehen wird, in der religiöse Bindung nichts mehr gilt, in der jeder Tabubruch als kreative Leistung geehrt wird. Vieles lässt sich anführen, was den nachdenklichen Immigranten von dieser Einpassung abhält.

    Besinnung auf die Wurzeln

    Vielleicht ist es nicht ganz sinnlos, auch diesen Aspekt von Integration zu bedenken. Vielleicht könnte man – angesichts des Problems der Integration – eine kritischen Selbstbetrachtung vornehmen, um sich auf die Wurzeln unserer Kultur zu besinnen, auf das Erbe von Christentum, Judentum und Aufklärung. In diesem Verständnis ist es auch nicht unangebracht, von einer Leitkultur zu sprechen, die im Grundgesetz über die allgemeinen Menschenrechte ihren sprachlichen Niederschlag gefunden hat.

    Integration, so die allgemeine Meinung, beruhe auf dem Prinzip der Toleranz. Das ist zumindest widersprüchlich. Um es allgemein zu fassen: Toleranz ist zu wenig und zu viel gleichzeitig. Sie ist zu wenig, wenn ich dem lateinischen Wortsinn nach den anderen nur ertrage und dulde. Ich schulde ihm Achtung.

    Toleranz als Ruhekissen

    Für viele allerdings ist Toleranz nur ein bequemes Ruhekissen der eigenen Feigheit und des Mangels an Mut zur eigenen Überzeugung, die in der verbreiteten Beliebigkeit ihren angenehmen Platz findet. Um es radikaler zu formulieren: Toleranz ist keine Tugend an sich. Wir verurteilen mit gutem Gewissen, denjenigen, der der nationalsozialistischen Diktatur mit Toleranz begegnete, wir verurteilen den, der wegschaut, wenn Unrecht und Gewalt öffentlich wird, preisen aber gleichzeitig Toleranz und erklären sie gar zu einem Bildungsziel.

    Toleranz bedarf der Urteilsfähigkeit. Wo diese fehlt, wird sie zum Vorwand für Gleichgültigkeit. Diese erzeugt Angst und wird leicht zur Abwehrhaltung oder zur Missachtung des anderen. Ohne eigenen Standpunkt kann Integration nicht gelingen.

    Wer die Beliebigkeit zu seinem Standpunkt wählt, kann auch vor der Überzeugung des anderen keine Achtung haben. Wenn dann auch der Staat in dieser Beliebigkeit nicht die Pflicht zur Einhaltung von Gesetz und Ordnung wahrnimmt und Entscheidungen in falsch verstandener Toleranz scheut, dann fühlt sich der Bürger bedroht und wird fremdenfeindlich.

    Politik setzt auf kurzfristige Erfolge und empfiehlt technische Trainings. Sie werden nichts bringen, solange nicht ein neues Bewusstsein Politik und Gesellschaft leitet: zum Beispiel, solange eine gewalttätige Sprache unsere Öffentlichkeit beherrscht, solange nicht das reine Zweckdenken überwunden ist, solange oberflächliche Geschwätzigkeit die öffentliche Meinung beherrscht.

    Mangelnde Integration erzeugt Angst. Sie ist in vielen Fällen verständlich: wenn der Immigrant nicht die Grundsätze unseres Zusammenlebens kennt und nicht als verbindlich anerkennt, wenn der Staat seiner Schutzfunktion nicht mehr nachkommt, weil er jedes Urteil und auch die eine allfällige Verurteilung meidet, um nicht als ausländerfeindlich zu gelten.

    Neue Form des Kolonialismus?

    Auch hier mangelt es an Urteilskraft, am Mut zu einer dezidierten Stellungnahme. Auch hier hat die Beliebigkeit die vorherrschende Meinung erobert, umso besser kann man seine vordergründigen Machtinteressen vertreten, seine Prinzipien über Bord werfen, wenn es der Machtsicherung dient.

    Wer Integration will, darf der Auseinandersetzung nicht ausweichen. Diese muss mit Argumenten geführt werden, nicht mit der Faust und auch nicht mit oberflächlichen Schlagworten.

    Von der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte ist viel die Rede. Wir selbst haben ja nicht genug Kinder. Man könnte sich fragen, ob hier nicht eine neue Form von Kolonialismus im Entstehen ist. Wir überlassen das Gebären und Aufziehen den anderen; wenn sie entsprechend qualifiziert sind, locken wir sie zur Steigerung unseres Wohlstands in unserer Land und beruhigen unser Gewissen damit, dass wir Entwicklungshilfe leisten.

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  • Agenda: Auswandern ins Land der Eltern

    Agenda: Auswandern ins Land der Eltern

    Die Wirtschaft der Türkei boomt. Der Aufschwung zieht scharenweise junge, gut ausgebildete Türken aus Deutschland an. Im Land ihrer Eltern bekommen sie endlich die Chance, die ihnen in ihrer Heimat verwehrt wurde. von Jens Brambusch Istanbul

    Viele Deutschtürken treffen sich einmal im Monat zum Rückkehrerstammtisch in Istanbul
    Viele Deutschtürken treffen sich einmal im Monat zum Rückkehrerstammtisch in Istanbul

    „Er hat mir etwas mitgebracht“, juchzt Cigdem Akkaya: „Wurst!“ Schnell wirft sie einen Blick in die rote Plastiktüte, bedankt sich überschwänglich und stellt den Gast aus Deutschland vor. Sie muss laut reden, um den prasselnden Regen zu übertönen, der vom Sturm gegen die Plastikscheiben der überdachten Terrasse geschleudert wird. Einige applaudieren, andere lachen. Dann verstaut sie die Tüte unter ihrem Stuhl. „Schweinefleisch“, flüstert Akkaya ihrem Sitznachbarn zu. „Lecker!“

    Eben noch hatte die 47-jährige Ökonomin den Wandel in der Türkei gelobt, die Vielfalt, die es mittlerweile gebe. Noch bis vor ein paar Jahren, sagt sie, habe sie Freunden jedes Mal eine Liste mitgegeben, mit Dingen, die sie ihr aus Deutschland mitbringen sollten. Aber das war einmal. Heute sei die Bestellliste fast auf null, man bekomme ja in der Türkei fast alles. Nur eben kein Schweinefleisch.

    Es ist der letzte Donnerstag im Monat: Rückkehrerstammtisch. Alle vier Wochen treffen sich im Istanbuler Restaurant „Teras 6“ deutsche Türken, die am Bosporus ihr Glück suchen. Der Stimmenwirrwarr erinnert an den Großen Basar auf der anderen Seite des Goldenen Horns, wo Schmuck, Ramsch und T-Shirts feilgeboten werden. Zigarettenschwaden wabern durch den Raum, es wird gegessen, getrunken, gelacht. Man spricht deutsch, manchmal klingt ein hessischer oder schwäbischer Zungenschlag durch. Die Hälfte der Anwesenden sind Frauen, etwa die Architektin Emine Sahin, die gegen den Rat ihrer Eltern aus Unterfranken in die Türkei ging und jetzt als Bauleiterin Einkaufscenter hochzieht. Oder Halide Yildirim, die sich von ihrem türkischen Mann in Salzgitter trennte und jetzt bei Vaillant in der Nähe von Istanbul arbeitet. Oder eben Akkaya, die Chefin einer türkischen PR-Agentur ist.

    Viele Deutschtürken treffen sich einmal im Monat zum Rückkehrerstammtisch in Istanbul

    Sie hat den Stammtisch vor fünf Jahren zusammen mit zwei Freundinnen gegründet. Als Netzwerk, als Anlaufstelle, als Gemeinschaft. Damals war sie gerade nach Istanbul zurückgekehrt, nach 24 Jahren in Deutschland. In Essen war sie zuletzt Vizedirektorin bei der Stiftung Zentrum für Türkeistudien gewesen – ein guter Job. Doch zunehmend nervte sie die ewige Integrationsdebatte, die alle paar Jahre aufkeimte und immer ergebnislos versandete. Sie nervten die Klischees, die immer nur um Kopftuch und Islam kreisten. Das Schubladendenken, das Reduziertwerden auf die Herkunft. Also ging sie dahin zurück, wo sie sich für ihre Wurzeln nicht rechtfertigen musste: nach Istanbul.

    Beim Stammtisch lernte sie Menschen mit ähnlichem Hintergrund kennen. Sie hatten die gleichen Erfahrungen gemacht und die gleichen Probleme erlebt – in Deutschland wie in der Türkei. Bei den ersten Treffen waren sie zu zwölft, heute hat der Stammtisch knapp 1000 Mitglieder. „Der Zustrom ist enorm“, sagt Akkaya.

    Tatsächlich zieht seit einigen Jahren eine stetig wachsende Schar junger Leute mit türkischen Wurzeln aus Deutschland zurück an den Bosporus. Wenn man so will, hat sich die Migrationsrichtung umgekehrt: Vergangenes Jahr kamen 30.000 Türken nach Deutschland, 40.000 packten zeitgleich ihre Koffer und machten sich auf in die Gegenrichtung. Die überwältigende Mehrheit von ihnen ist gut ausgebildet, hat studiert.

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