Gemeinsame Erklaerung
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KRK: Gemeinsame Erklärung der Muslime
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KRK: Gemeinsame Erklärung der Muslime
EINLADUNG
Wir laden Sie herzlich ein zur internationalen Konferenz httpasts://digitalmemoryonthenet“ vom 14. bis 16. April in Berlin, veranstaltet von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb in Kooperation mit der deutschen Kinemathek und dem Medienpartner 3Sat Kulturzeit.
Auschwitz bei Facebook. Anne Frank auf YouTube. Ein Tweet aus dem Holocaust Museum – die Erinnerung an die Vergangenheit ist längst Teil der virtuellen Welt. Digitale Medien prägen somit nicht nur die heutige gesellschaftliche Kommunikation, sie bestimmen auch zunehmend unser Verständnis der Vergangenheit und schaffen neue Formen des Erinnerns und der Vermittlung von Geschichte: Hat das Geschichtsbuch bald ausgedient? Werden Gedenkstättenbesuche überflüssig? Wird es künftig ausschließlich virtuelle Zeitzeugenbegegnungen geben?
Das Internet bietet zahlreiche multimediale Angebote zur Geschichte und es werden täglich mehr. Ob das Yad Vashem Museum in Israel, das Anne Frank Zentrum in den Niederlanden oder das US Holocaust Memorial Museum in Washington – sie alle nutzen die digitalen Kanäle im Netz. Auf der internationalen Konferenz httpasts://digitalmememoryonthenet diskutieren Referenten dieser Institutionen sowie aus Großbritannien, Polen, Österreich und der Schweiz über folgende Fragen:
Wie verändert das Internet die heutige Erinnerungskultur?
Wie und was wird im Netz erinnert?
Welche Chancen und Risiken sind mit dieser Entwicklung verbunden?
Welche Angebote gibt es bereits in Deutschland, Europa und international?
Termin
14.04.2011 bis 16.04.2011
Ort
Deutsche Kinemathek. Museum für Film und Fernsehen
Potsdamer Straße 2
10785 Berlin
Anmeldung
Teilnahmebeitrag: 30,00 EUR (ermäßigt 15,00 EUR)
Anmeldung unter: www.bpb.de/popup/erinnerungskultur_online/anmeldung.html
Bitte melden Sie sich bis zum 07.04.2011 an.
Kontakt bei Rückfragen:
Bundeszentrale für politische Bildung
Hanna Huhtasaari
Adenauerallee 86
53113 Bonn
Tel +49 (0)228 99515-226
Huhtasaari@bpb.bund.de
Weitere Informationen unter: www.bpb.de/digitalmemoryonthenet
Bundeszentrale für politische Bildung
Stabsstelle Kommunikation
Adenauerallee 86
53113 Bonn
Tel +49 (0)228 99515-200
Fax +49 (0)228 99515-293
presse@bpb.de
www.bpb.de/presse
erstellt am: 17.02.2011
Verfassungsschutz
Milli Görüs lässt Mäßigung vermissen
zuletzt aktualisiert: 17.02.2011 – 19:52
Berlin (RPO). Bei der größten Islamistenorganisation in der Bundesrepublik, der türkischen „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG)“, ist nach Ansicht des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, keine Mäßigung in Sicht.
URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Milli-Goerues-laesst-Maessigung-vermissen_aid_966303.html
Freilassung von Hizbullah-Aktivisten in die Türkei
Tauziehen zwischen Justiz und Regierung
Die umstrittene Entscheidung, zehn Mitglieder der türkischen Hizbullah aus der Haft zu entlassen, hat den schwelenden Konflikt zwischen der Regierung und der Justiz neu angeheizt, wie Ayşe Karabat aus Ankara berichtet.
(…)
Murat Çakır
Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?
Einige Gedanken über das neue Ägypten nach Mubarak
16. Februar 2011
Nach 1989 ist es wohl das zweite Mal, in der die Zeit in einem solch rasanten Tempo voranschreitet. Wenn Massen in Bewegung geraten, scheint es so, als ob die Welt aus ihren Fugen geraten ist. Nachrichten veralten in Minutentakt. Analysen und Kommentare sind schon überholt, noch ehe sie gedruckt werden können.
Genau daran musste ich denken, als ich meine Gedanken über die Ereignisse nach dem Flucht Hüsnü Mubaraks aus Kairo niederschreiben wollte. Agenturen meldeten schon seinen Rücktritt. In den Fernsehnachrichten wurden Liveaufnahmen von Menschen gezeigt, die auf dem Tahrir Platz, welcher zu einem Ehrenmonument des ägyptischen Volkes geworden war, sangen und feierten. Von den Ereignissen überwältigte JournalistInnen kommentierten enthusiastisch die Bilder: »Das ägyptische Volk hat das Regime niedergerissen«.
Ohne Zweifel ist der Abgang eines weiteren Despoten im arabischen Raum ein Grund zur Freude. Die Siegesfreude der Millionen ist allzu berechtigt. Jedoch ist auch die Frage berechtigt, ob das Regime wirklich »niedergerissen« wurde und wie das neue Ägypten nach Mubarak nun aussehen wird. Denn wohin die Reise geht, ist noch offen.
Die Entwicklung in Ägypten wird den gesamten Nahen Osten verändern – darin sind sich wohl alle Nahost – ExpertInnen einig. Festzustellen ist zuerst, dass für die Völker im Nahen Osten eine psychologische Hemmschwelle überwunden ist, welches quasi eine Ewigkeitsklausel für die arabischen Herrscher markierte. Die Proteste z.B. in Jemen, Jordanien oder Algerien zeigen, dass sich die arabischen Herrscher ihrer Sache nicht mehr ganz sicher sein können und diese Entwicklung für die übrigen Länder der Region nicht ohne Wirkung bleiben wird.
Genau diese Tatsache ist aber m. E. der Grund dafür, dass der weitere Prozess in Ägypten ab sofort nicht alleine von den inneren Dynamiken, sondern vor allem von den Einflüssen der internationalen Politik wesentlich bestimmt sein wird. Wie die Bevölkerungsmassen und die noch nicht gefestigte Opposition darauf reagieren werden, steht noch nicht fest. Dennoch lohnt sich, jetzt eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Ein grandioser Sieg der Spontaneität
Das ägyptische Volk ist für seinen Sieg über Mubarak zu beglückwünschen. Chapeau! In den Ereignissen der letzten Wochen hat die arabische Welt eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Bevölkerungsmassen, denen im Westen allzu gern die Demokratiefähigkeit abgesprochen und im sarrazinischen Manier ein Hang zum Fundamentalismus bescheinigt wird, ohne Gewaltanwendung, friedlich und ohne die Unterstützung westlicher Regierungen, langjährige Tyrannen binnen kurzer Zeit entthronen können. Mit ihren, in der arabischen Welt selten beobachteten Beharrungsvermögen hat die ägyptische Bevölkerung einen Präzedenzfall geschaffen, der für den gesamten Nahen Osten ein Vorbild und Aufbegehrungsmotivation sein wird.
Der ägyptische Aufstand hat m. M. n. zudem zwei Krisen zu Tage gefördert, die für die Deutung des weiteren Prozessverlaufs von Bedeutung sind: die Hegemoniekrise des Westens und die Einflusskrise des politischen Islams. Zahlreiche Kommentare von DemonstrantInnen auf dem Tahrir Platz und anderen Orten belegen das erstere: »Der Westen soll sich nicht einmischen. Es reicht, wenn sie Mubarak und anderen Despoten die Unterstützung verweigern« war überall zu hören. Ähnliches konnte man aus den Interviews mit ägyptischen Intellektuellen vernehmen. Die Tatsache, dass die USA und die europäischen Regierungen die tyrannischen Regime Jahrzehntelang unterstützt und gemästet haben, und den arabischen Völkern islamistische Tendenzen zusprachen, kann mit Solidarisierungserklärungen westlicher Staatsoberhäupter oder den Versprechungen, die Gelder aus den Konten der gestürzten Herrschern, die eh den Völker gehören, an sie zurückgeben zu wollen, nicht einfach aus dem Gedächtnis des Nahen Ostens getilgt werden. Der Westen hat seine Chance verpasst, wie der ägyptische Politikwissenschaftler Amr Hamzawy am 10. Februar 2011 in der taz betonte.
Eine Studie des Brookings Institute vom August 2010 belegt, wie sehr die Bevölkerungen in den arabischen Ländern dem Westen misstrauen. Laut dieser Studie sollen rund 88 Prozent der befragten Personen Israel und 77 Prozent die USA als eine Bedrohung für ihre Zukunft ansehen. Eine große Mehrheit (57 Prozent) seien zudem der Auffassung, dass eine mögliche nukleare Bewaffnung Irans ein Sicherheitsschirm gegen die aggressive US-Politik bedeuten könnte. (Quelle: Noam Chomsky, http://zcommunikations.org) Selbst wenn der Westen alte und neue Autokraten, Diktaturen und Monarchien nicht weiter unterstützt, wird ihre von Wirtschaftsinteressen geleitete Politik die Sympathien der arabischen Bevölkerung nicht wieder erlangen können.
Entgegen den im Westen geäußerten Befürchtungen konnten islamistische Kräfte keinen Boden gewinnen. Sowohl in Tunesien, als auch in Ägypten, wo die Organisation der Muslimbrüder sich erst am dritten Tag und sehr zögerlich zu den Demonstrationen gesellte, war eine »Islamisierung« der Bewegung nicht möglich. Im Gegenteil; die überwiegende Mehrheit lehnte es ab, von islamistischen Kräften geführt zu werden. Koptische ChristInnen und MuslimInnen standen Schulter an Schulter und bewiesen so, dass der Anschlag auf die koptische Kirche in der Silvesternacht keine Zustimmung in der Mehrheitsbevölkerung findet.
Gerade die Muslimbrüder, die es versäumt haben, sich um die sozialen Probleme der Menschen zu kümmern, bekamen von der Bevölkerung die Rechnung dafür präsentiert. Die ägyptische Öffentlichkeit hatte nicht vergessen, dass die Muslimbrüder, während sie die Korruption, Armut und prekäre Arbeitsverhältnisse nicht ein einziges Mal öffentlich anprangerten, gleichzeitig den seit 2007 in den Bereichen der Post, Finanz- und Textilwirtschaft entstandenen ArbeiterInnenbewegung und ihren Streiks stets die kalte Schulter gezeigt haben. Meines Erachtens ist das der eigentliche Grund dafür, weshalb sie trotz ihrer organisierten Anhängerschaft keinen Führungsanspruch stellen wollten bzw. konnten. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass der politische Islam, der in Ägypten die sozialen Forderungen der Bevölkerung nicht angemessen vertrat und sich damit begnügte, im eigenen Milieu neue Mittelschichten zu produzieren, sich entzaubert hat und es nicht einfach haben wird, im weiteren Prozess ihren Einfluss zu erhöhen. Dies ist im Übrigen auch der beste Beweis dafür, dass mit der einfachen Aussicht auf demokratische Freiheiten, sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung jede antidemokratische, autoritäre und fundamentalistische Bewegung von der Bevölkerung selbst in seine Schranken verwiesen werden kann.
Aus den Ereignissen in Ägypten lassen sich auch Erkenntnisse über die Spontaneität von Massenbewegungen gewinnen. Selbst aus einer fernen Betrachtung werden die Stärken und Schwächen der Bewegung deutlich. Glaubt man der Berichterstattung unterschiedlicher Quellen, waren vor allem unorganisierte, gut ausgebildete und nach demokratischen Freiheiten hungrige junge Menschen der Motor der Veränderungen. So wie es aussieht, sind das junge AraberInnen, die die neuen Kommunikationstechnologien bestens nutzen können, diese als Instrument der Organisation von Demonstrationen einsetzen, mindestens eine Fremdsprache sprechen und die Entwicklungen weltweit verfolgen. Ihr Freiheitsdrang und die Suche nach Auswegen aus der Perspektivlosigkeit wurden mit den Bildern aus Tunesien schlagartig zum Katalysator für ihr öffentliches Aufbegehren. So motivierten und ermutigten sie die ägyptischen Mittelschichten und ArbeiterInnen, mit denen die Protestbewegung eine ungeahnte Dynamik gewann.
Dem gegenüber konnten die, vom Regime Jahrelang in Schach gehaltenen Oppositionskräfte, besonders die marginale ägyptische Linke, die schwache Gewerkschaftsbewegung, aber auch die starken Muslimbrüder, die Führung der Bewegung nicht übernehmen. Das gilt übrigens auch für die Vertreter der bürgerlichen Kräfte wie Muhammed El Baradei oder dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Musa. Obwohl die letztgenannten international bekannt sind und auch in der ägyptischen Öffentlichkeit durchaus geschätzt werden, konnten sie sich nicht an die Spitze der Bewegung setzen. Aber auch die Jugendbewegung 6. April, die 2008 als Solidarisierungsaktion mit den TextilarbeiterInnen in Mahalla El Kubra gegründet wurde und die 2004 von unterschiedlichen Gruppen gegründete Kefaye (»Es reicht«) Bewegung konnten, obwohl sie von Anfang an auf den Straßen waren, die Massen nicht kontrollieren.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in der ägyptischen Öffentlichkeit gegen die »Jugendbewegung 6. April« und »Kefaye Bewegung« Beschuldigungen laut geworden sind, mit denen ihnen Zusammenarbeit mit US-Behörden vorgeworfen werden. Der türkische Kolumnist Ahmet Kaplan, ein Kenner Ägyptens, wies in diesem Zusammenhang auf die Wikileaks-Veröffentlichungen hin. ) Laut Kaplan sollen die Führungspersönlichkeiten des »6. April« engen Kontakt zum US-Botschafter in Kairo unterhalten. Seit ihrer Gründung in 2008 gäbe es Unterstützung des US-Außenministeriums. Ihre Teilnahme an dem Alliance of Youth Movements und die Ausbildung ihrer AktivistInnen durch das CIA-Institut Freedom House wären seit langem bekannt. Kaplan zu Folge würde die Website des »6. April« über Alliance of Youth Movements von der US-Administration finanziert.
Auch die »Kefaye Bewegung« würde auf US-Unterstützung zählen. So bekämen sie von Peter Ackermann, eine Führungspersönlichkeit im Counsil of Foreign Relations und des CATO-Instituts, große Unterstützung. Laut eines Bericht des Freedom House ) nahmen mehrere NGO-AktivistInnen aus Ägypten an Seminaren mit hochrangigen US-amerikanischen und europäischen Persönlichkeiten teil. Gespräche habe es auch mit den damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice und anderen Regierungsbeamten gegeben, die den AktivistInnen finanzielle Hilfen zugesagt hätten. (Quelle: http://sendika.org)
Dass in der Bevölkerung diese Organisationen misstrauisch beobachtet werden, hat wohl seine guten Gründe.
Letztendlich kann der Sturz Mubaraks als ein grandioser Sieg der Spontaneität bezeichnet werden. Aber, das was alle zusammengehalten hatte, war eben diese Forderung nach dem Rücktritt des Präsidenten. Jetzt, wo diese Forderung erfüllt worden ist, wird der »Kitt«, der die Bewegung zusammen hielt, nun spröde und verliert an Kraft. Das Fehlen einer von der Mehrheit akzeptierten Führungsfigur bzw. einer politischen Formation, die mit weitergehenden Forderungen die »Lokomotive« der Bewegung sein könnte, offenbart die Schwäche der Bewegung. Und das wiederum stärkt die Armeeführung, die jetzt alleine an den Schalthebeln der Macht Platz genommen hat. Denn die Armee ist die einzige Kraft, die innerhalb der Bevölkerung und in allen gesellschaftlichen Schichten ein großes Maß an Vertrauen genießt – mit einer Einschränkung: Noch!
Der Bock wird zum Gärtner…
Nach dem Rücktritt des Präsidenten ist die gesamte Macht im Staate, über den Hohen Militärrat in die Hände der ägyptischen Generalität gegangen. Als erstes hat der Militärrat die Verfassung außer Kraft gesetzt und das Parlament aufgelöst. In den ersten Kommuniqués wurde mitgeteilt, dass innerhalb von sechs Monaten »freie und demokratische Wahlen« stattfinden werden und Ägypten sich weiterhin allen »regionalen wie internationalen Verträgen verpflichtet fühlt«. Auch eine Kommission zur Veränderung der Verfassung sei eingesetzt, wobei ein Zeitrahmen dafür nicht genannt wurde.
Diese Erklärungen und die Aussicht, dass der dreißigjährige Ausnahmezustand aufgehoben werden könnte, scheint die Mehrheit der Bevölkerung fürs erste beruhigt zu haben. Ob aber die Armeeführung eine vollständige Änderung des politischen Systems will und die Macht einer, wie auch gearteten zivilen Regierung gänzlich geben wird, halte ich für unwahrscheinlich. Ein kurzer Blick in die Strukturen der Armee belegt dies.
Während die Internetseite http://wapedia/mobi.de die ägyptischen Streitkräfte mit 450.000 aktiven Soldaten und rund 250.000 paramilitärischen Einheiten als elftstärkste Armee der Welt bezeichnet, geht Prof. Dr. Dietmar Herz (Uni Erfurt) davon aus, dass knapp 1 Million Soldaten unter Waffen stehen. (FAZ vom 12. Februar 2011). Das Militärbudget beträgt 2,4 Milliarden US-Dollar. Diese gewaltige Militärmaschinerie steht unter den Befehlen des Generalfeldmarschalls Muhammed Hussein Tantawi Suleyman und des Stabchefs Sami Hafez Enan.
Die ägyptische Armee, vornehmlich als »Staat im Staate« bezeichnet, unterhält enge Kontakte zur USA, der EU und zur NATO. Die ägyptischen Streitkräfte sind – genau wie die tunesische Armee – seit 1994 Mitglied des NATO-Programms »Mittelmeer Dialog«. (siehe: Gleichzeitig ist Ägypten Teil der Mittelmeer Union der EU. (siehe: Beide Programme haben viele gleichlautende Ziele: »Zusammenarbeit für den Frieden, Offiziersausbildung, Rüstungskontrolle, Zusammenarbeit der Dienste« und natürlich »Kampf gegen den Terrorismus«. Wie dieser »Kampf« inzwischen aussieht, braucht wohl hier nicht ausgeführt zu werden.
Für die am 13. Juli 2008 in Paris gegründete Mittelmeer Union der EU spielen zudem das 450 Milliarden Euro schwere »Desertec-Projekt« ) mit dem rund 15 Prozent des jährlichen Strombedarfs Europas gedeckt werden soll und die Kontrolle der illegalen Migrationsströme eine wesentliche Rolle.
Die Armeeführung, die bis in die letzten Tage die wichtigste Stütze von Hüsnü Mubarak war, gilt auch als Garant des Camp-David-Friedensvertrages von 1978. Seither bestehen zum Pentagon enge Kontakte. Noch vor einer Woche hatte der US-Außenminister Robert Gates erklärt, dass die US-Administration vom Befehlshaber der ägyptischen Armee und stellv. Ministerpräsident Tantawi Suleyman minutiös über die Entwicklungen informiert werde. Dass dabei die jährlichen Transferleistungen der USA von über 1,3 Milliarden US-Dollar an die ägyptische Armee eine gewichtige Rolle spielen, sagen nicht nur die gehässigen Mäuler.
Genau wie die türkische Generalität ist die ägyptische Armeeführung, mit ihren weitgehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Privilegien zu uniformierten Kapitalisten mutiert. Die ägyptischen Generäle profitieren über zahlreiche Firmen in vielen Wirtschaftszweigen von den Segnungen des kapitalistischen Wirtschaftens. Die politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Privilegien der Armeeführung sind immense Pfründe, auf die sie keineswegs verzichten werden. (Unter dem Titel »Die ägyptische Armee AG« hat Welt am Sonntag einen ausführlichen und eindrucksvollen Bericht über das Wirtschaftsimperium der Generalität veröffentlicht. Dieser Bericht zeigt, welche Interessen für die Armeeführung von höchster Priorität sind und keineswegs diese einer Demokratie opfern würden: https://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article12524461/Die-aegyptische-Armee-AG.html
Dass die Armeeführung ihren verfassungsmäßigen Oberbefehlshaber Mubarak fallen ließ und gegenüber der protestierenden Massen nicht mit Gewalt vorgegangen ist, hat m. M. n. zwei wichtige Gründe: Zum einen war Mubarak nicht mehr zu halten. Ihn zu stützen hätte bedeutet, dass sie alle Sympathien in der Bevölkerung verspielen würden. Dann wären mit Mubaraks Abgang auch ihre Privilegien gefährdet. Zum anderen ist die ägyptische Armee eine Armee von Wehrpflichtigen. Die Wehrpflicht dauert, je nach Ausbildungssituation der Wehrpflichtigen, 12 bis 36 Monate. Soldaten und Unteroffiziere auf Zeit spiegeln die Gesellschaft wieder. Viele von ihnen haben Verwandte und Freunde unter den DemonstrantInnen. Hätten die Generäle ihnen gewaltsames Vorgehen befehligt, dann hätten sie riskieren müssen, dass Teile der Armee zu den DemonstrantInnen überlaufen wären.
Jetzt aber können sich die Generäle als Vollstrecker des Volkswillens präsentieren. Mit Zugeständnissen, die im Grunde genommen ihre starke Position nicht tangieren, und kurzfristigen Maßnahmen, wie die Herabsetzung der Preise für die Grundnahrungsmittel oder Erhöhung der Löhne der staatlichen Angestellten (siehe: Junge Welt vom 14. Februar 2011) haben sie zusätzliches »Kredit« bei der Bevölkerung erkaufen können. Die Tatsache, dass die wenigen DemonstrantInnen, die schnelle und weitergehende demokratische Schritte von Hohen Militärrat forderten, von vielen Passanten zur Räumung des, inzwischen für den Verkehr wiedereröffneten Tahrir Platzes aufgefordert wurden, zeigt, dass sich die Protestbewegung längst auseinander zu dividieren begonnen hat.
Der Hohe Militärrat, eigentlich nichts anderes als eine Junta, hat jetzt die Legitimität ggf. hart durchzugreifen – sie hat auch alle Mittel dazu. Den hunderttausenden Soldaten unter Waffen kommt noch ein Millionenheer von Angehörigen und Ehemaligen, die ökonomisch von der Armee abhängig sind. (Dietmar Herz) – die Mitglieder der Sicherheitskräfte sowie die Anhänger des Regimes nicht mitgezählt. Deshalb ist Dietmar Herz zuzustimmen, wenn er, wenn es hart auf hart kommt, den DemonstrantInnen, die mehr an Demokratie fordern, gegen die Phalanx der staatstragenden Kräfte keine Chance einräumt.
Was demnächst folgen wird, ist abzusehen. Die oppositionellen Kräfte werden kaum in der Lage sein, innerhalb der nächsten sechs Monate landesweit und flächendeckend sich auf die Parlamentswahlen vorzubereiten. Die historischen Erfahrungen zeigen: je kurzfristiger Wahlen anberaumt werden, desto mehr nutzen sie den alten Regimeeliten. (Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Berlin) In den Nachrichten kann man schon jetzt nachlesen, wie die früheren Kader des Regimes sich für höchste Ämter bereit machen. So meldet beispielsweise die Tagesschau am 14. Februar 2011, dass sich der ehemalige Vize-Außenminister Abdullah al-Aschal, der sich einst mit Mubarak überworfen hatte, als Kandidat für die Präsidentschaftswahl empfiehlt. Auch Amr Musa, der zwischen 1991 und 2001 Mubaraks Außenminister war oder der ehemalige Ministerpräsident Kemal al-Ganzuri stünden für die Kandidatur bereit.
Ob bei den nächsten Wahlen eines der ehemaligen Kader des Regimes oder ein neuer, vielleicht unverbrauchter Name als Präsident gewählt werden kann, ist jetzt nicht vorauszusagen. Aber, dass die Armeeführung die sog. »Übergangsphase« ganz im Sinne der USA, der EU und der NATO zur Verfestigung ihrer Machtstellung nutzen und nur kosmetische Korrekturen am Regime zulassen wird, scheint mehr als sicher zu sein. Die zentrale Frage ist, ob sich dagegen eine Protestbewegung formieren kann, welcher nahezu die gleiche Kraft aufbringen vermag, wie vorher gegen Mubarak.
Vorbild Türkei?
In den zahlreichen Kommentaren europäischer Zeitungen war in den letzten Tagen immer wieder zu lesen, dass womöglich die Türkei für Ägypten und die anderen arabischen Staaten »ein Vorbild« sein könnte. Sogar im kritischen Neuen Deutschland wurde ein Artikel veröffentlicht (Jürgen Gottschlich, 4. Februar 2011), der das Modell der Türkei als »goldenen Mittelweg« bezeichnete.
Jürgen Gottschlich beruft sich dabei auf eine Studie der liberalen Stiftung TESEV (Stiftung für wirtschaftliche und soziale Forschungen), die im September 2010 in Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Libanon, Syrien und Irak rund 2.500 Menschen befragt hat. So sei die Türkei, »eine echte Inspiration für den Nahen Osten (…) nach dem die islamisch grundierte AKP 2002 an die Macht kam«. Nach der scharfen Rhetorik des AKP-Regierungschefs Erdogan seien »seine Popularitätswerte in der arabischen Bevölkerung erst recht in die Höhe geschossen«. Zitiert wird auch Prof. Fadi Huruka aus London, demzufolge es aufgrund zahlreicher arabischen Istanbul-Touristen und den türkischen Seifenopern in arabischen Fernsehsendern nahe liegt, dass »sich viele Araber durch die Türkei inspirieren lassen«.
Nun, ob der Istanbul-Tourismus arabischer Mittelschichten oder türkische Seifenoper der Grund für diese »Inspiration« sein können, kann ich nicht sagen. Aber die scheinbare Konfrontation Erdogans gegen die israelische Regierung könnte, besonders für die Unterschichten, eine wesentliche Rolle gespielt haben. Ohne Frage, bei einer oberflächlichen Betrachtung aus den Metropolen des Nahen Ostens wird ein Türkei-Bild gesehen, in der die laizistisch-kemalistischen Kräfte zurückgedrängt werden, dem gegenüber konservativ-islamische Kreise über demokratische (!) Wahlen Parlamentsmehrheiten erringen und ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5 Prozent notiert wird. Islam und Demokratie, Wohlstand und Freiheiten auf einem goldenen Tablett, könnte man sagen.
Aber das ist das Problem mit der oberflächlichen Betrachtung: man sieht nur aus einer unscharfen Perspektive. So wird auch deshalb nicht deutlich, dass Erdogan trotz seiner scharfen, öffentlich inszenierten Kritik an der israelischen Regierung weiterhin an der strategischen Partnerschaft mit dem Staate Israel und der militärischen sowie rüstungspolitischen Zusammenarbeit festhält. Es wird nicht deutlich vernommen, dass die AKP-Regierung mit ihrer neoliberalen Politik weite Teile der Bevölkerung in die Armut und das Land in die Fänge der internationalen Finanzmärkte gestürzt hat und gleichzeitig in neoosmanischer Manier, imperialen Gelüsten nacheifert. (siehe: http://murat-cakir.blogspot.com/2010/07/die-imperialen-geluste-der-neo-osmanen.html)
Die oberflächliche Betrachtung verdeckt vor allem die Tatsache, dass das »Modelland Türkei« seit 30 Jahren einen schmutzigen Krieg gegen die eigene kurdische Bevölkerung führt und trotz kosmetischen Veränderungen im Rahmen des sog. »Heranführungsprozesses an die EU« sich nichts daran geändert hat, dass antidemokratische Maßnahmen, polizeistaatliche Übergriffe, massive Menschenrechtsverletzungen, tausendfache politische Inhaftierungen und Folter immer noch auf der Tagesordnung stehen. (Dabei bräuchte man nur die zahlreichen Urteilbegründungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Türkei zu lesen). Und man sieht nicht, dass die Türkei innerhalb ihrer Grenzen längst in zwei, von einander politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell völlig unterschiedliche Länder gespalten ist.
Wenn jene, die sich gerne von der Türkei inspirieren lassen wollen, sich bemühen würden, in die Landesteile östlich des Euphrats zu schauen, dann würden sie ein Land sehen, in der die Bevölkerung verarmt ist, rund 80 Prozent Arbeitslosigkeit die Menschen verzweifeln lässt, die vom Militarismus traumatisiert sind und in der der Ausnahmezustand eine Normalität ist. Vom Euphrat aus beginnt die verbrannte Erde. Hätten sie Zeit, die oppositionellen Medien zu durchstöbern, würden sie die Fotos von den Überresten der Menschen sehen (laut Menschenrechtsstiftung der Türkei 17.000 an der Zahl), die in den letzen Jahren von paramilitärischen Einheiten und den Sicherheitskräften exekutiert und erst vor kurzem aus Massengräbern herausgeholt wurden. Ein genauer Blick in die Türkei würde ihnen deutlich machen, dass die »vorbildhafte« Souveränität der Türkei eine eingeschränkte und von Gnaden des Westen abhängige ist und die militärischen oder bürokratischen Eliten der Türkei, jenen aus dem Nahen Osten in keiner Weise nachstehen. Wahrscheinlich wäre dann zu erkennen, dass nicht die »islamisch grundierte« neoliberale AKP-Regierung, sondern vielmehr die kurdische Befreiungsbewegung mit ihren demokratischen Rätestrukturen, praktizierten Geschlechterdemokratie und vom kurdischen Volk selbst geschaffenen Freiheitsräumen ein Modell sein könnte.
Es ist m. M. n. keineswegs so, dass der Vorschlag, man solle die Türkei als Vorbild nehmen, nur ein naives Gedankenspiel ist. Im Gegenteil; den westlichen Regierungen liegt viel daran, warum die Völker den »goldenen Mittelweg« der Türkei einschlagen sollten. Zum einen ist den Westen das Misstrauen der arabischen Welt ihr gegenüber nicht unbekannt. Zum anderen ist die Türkei, als ein westlich orientierter, islamisch geprägtes Land, das ein sicherer Energieumschlagplatz geworden ist und über eine schlagkräftige Armee verfügt, ein wichtiger politischer und geostrategischer Partner – Ein NATO-Mitglied, auf deren Territorium Nuklearwaffen der USA stationiert sind, dessen sich islamisch gebende Regierung und die israelische Regierung im scheinbaren Clinch stehen, eben ein Land, der ein Labor des Neoliberalismus und inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsstandort westlicher Konzerne geworden ist. Was liegt näher dran, eine solche Türkei, die für die weitere Einflussnahme des Westens von unschätzbarem Wert ist, als ein Vorbild für den Nahen Osten zu präsentieren?
Die europäische Heuchelei
Die Reaktion europäischer Regierungen auf die Ereignisse im Nahen Osten ist heuchlerisch. Während die Türkei, der man eigentlich die »Europareife« nicht bescheinigen will, als Vorbild angepriesen wird, achtet man penibel darauf, den Konflikt zwischen den türkischen und israelischen Regierungen nicht zu nennen. Gleichzeitig stellen sich jene PolitikerInnen, die immer zu sozialstaatliche Errungenschaften in Europa als »sozialistische Pranger der Wirtschaft« diskreditieren, nun als willige Unterstützer von »Revolutionen« dar. Zwar wirkt die Revolutionsrhetorik gerade aus den Mündern der neoliberalen Eliten Europas mehr als lächerlich, aber das hat m. E. ein höheres Ziel: das ständige herbeireden von einer Revolution ist nur der plumpe Versuch die eigentliche Revolution, nämlich wirklich demokratische und souveräne Regierungen, die das Selbstbestimmungsrecht ihrer Bevölkerungen achten und von Westen unabhängig agieren können, zu verhindern.
Es dürfte nicht falsch sein, zu behaupten, dass sowohl die USA als auch die EU-Regierungen auf das Ausmaß der Aufstände unvorbereitet waren und überrascht worden sind. Anders ist deren zögerliche Haltung zu Beginn der Aufstände nicht zu erklären. Aber immerhin, sie haben sich schnell gefasst: nur eine halbe Stunde nach dem Rücktritt Mubaraks stand die deutsche Kanzlerin vor den Fernsehkameras und erklärte die »Solidarität der Bundesregierung mit dem ägyptischen Volk«, der sie die »Unterstützung Deutschlands« zusicherte. Sie vergaß aber nicht darauf hinzuweisen, dass die »Übergangsregierung sich unbedingt an den Friedensvertrag mit Israel halten müsse«. Ähnliche Statements folgten aus den anderen NATO-Hauptstädten. Es war allzu offensichtlich, dass die »Paten« der Diktaturen und der »Mafia-Regime« sich nun anstellten, für einen »Übergang« in ihrem Sinne zu sorgen und den weiteren Prozess in Ägypten mitzubestimmen.
Knut Mellenthin, der der Auffassung ist, dass wir in den arabischen Staaten einen Rückgriff auf die Doktrin der »eingeschränkter Souveränität« erleben werden, stellte am 11. Februar 2011 in der Jungen Welt diesbezüglich die Frage, »ob es Ägypten erlaubt werden darf, seine bisherige außenpolitische Orientierung zu überprüfen und auf demokratischer Grundlage neu zu bestimmen«. In seinem Artikel fragt er weiterhin: »Dürfen die Ägypter eine Regierung bilden, an der Kräfte beteiligt sind, die dem Westen und ihrem nördlichen Nachbarn Israel gegenüber weniger devot eingestellt sind als das Mubarak-Regime, das seit 1981 mit terroristischen Mitteln jede Opposition unterdrückt hat? Oder würde der Westen eine solche Regierung ähnlich behandeln, nämlich brutal isolieren und aushungern, wie er es mit jener getan hat, die im Januar 2006 aus den Wahlen in den Palästinensergebieten hervorging? Würden die USA gar ihren Sturz inszenieren, wie sie es 1953 im Iran und 1973 in Chile getan oder 1961 in Kuba vergeblich versucht haben?«
Nun mag man Mellenthin oder die Junge Welt als Linksradikalinski bezeichnen oder ihnen das Widerholen von »überholten antiimperialistischen Phrasen aus dem 20. Jahrhundert« vorwerfen – wozu mache Linke in Deutschland ja allzu schnell bereit sind – oder sagen, dass der heutige Nahe Osten weder mit dem Iran der 1950er Jahre noch mit Chile zu vergleichen ist. Das letztere stimmt sicher, dennoch ist es notwendig, über diese Fragen, die eine linke Antwort bedürfen, nachzudenken. Selbst wenn die europäische Linke den Begriff »imperialistische Interessenpolitik« ad acta legen will, so ist sie doch gehalten, die Jahrzehntelange Nahost-Politik des Westens nachvollziehbar zu erklären.
Ich bin der Auffassung, dass aus linker Sicht notwendig ist, die Ereignisse im Nahen Osten so zu deuten, so dass daraus neue Erkenntnisse für das politische Handeln gewonnen werden können. »Zu sagen, was ist«, ist keineswegs eine theoretische Selbstbeschäftigung oder wie von Robert Misik belächelte »scharfe Fürsprache des Radikalismus«. In diesem Zusammenhang schreibt Misik: »Um die klassische und wunderbare Formel von Michel Foucault zu gebrauchen: Die Bürger erheben sich, weil sie so nicht mehr regiert werden wollen. That’s it. So einfach und doch so fundamental. Ob wir das jetzt Revolution nennen oder nicht, ist dem historischen Prozess schnurzegal. Aber vielleicht sollten wir es bedenken: Es sieht aus wie eine Revolution, es riecht wie eine Revolution. Es wird wohl eine Revolution sein.« (Der Freitag vom 11. Februar 2011)
Wegen meines Einwandes auf Dyab Abou Jahjahs Feststellung (http://murat-cakir.blogspot.com/2011/01/tunesien-eine-echte-revolution.html), dass der Aufstand in Tunesien »eine echte Revolution« sei, wurde ich von manchen Genossen aus Deutschland und der Türkei getadelt. Aber, die rasanten Entwicklungen in der arabischen Welt versuchen zu deuten und mit dem Begriff »Revolution« vorsichtig umzugehen, ist kein Beharren auf irgendwelche »doktrinären Vorstellungen von der Revolution«, ein »Luxus der idealen Welt« von Theoretikern – ich bin noch nicht mal Akademiker, geschweige denn ein Theoretiker. Es ist eher ein Nachfragen, ein Versuch zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen für die eigene politische Bewertung zu ziehen.
»Luxus« wäre, wenn wir aus der Bequemlichkeit unserer privilegierten Geographie heraus meinen, »die Araber hätten gerne unsere Probleme« und vergessen würden, dass die Aufrechterhaltung der vermeintlichen Freiheiten, des Wohlstands und der bürgerlichen Demokratien des Westens für den Nahen Osten und anderswo in der Welt Diktaturen, tyrannische Regime, Krieg, Zensur und Massenmord produziert hat. »Luxus« ist, mit eurozentristischer Brille über den »unzeitgemäßen Imperialismusbegriff« oder über die »Friedenspotentiale des Kapitalismus« zu sinnieren, während Bomben auf Menschen fallen.
Natürlich wollen die TunesierInnen und ÄgypterInnen oder andere, eine Gesellschaft haben wie unsere, »mit intakten Institutionen, mit Parlament und unabhängigen Gerichten und freier Presse«. (Robert Misik) Und wie gerne hätten sie sich mit unseren Problemen herumgeschlagen. Wer würde es ihnen verdenken können, angesichts der rund 1 Milliarde Menschen, die am Tag mit einem Euro oder weniger auskommen müssen oder der Kinder, die alle 6 Sekunden wegen den Folgen des Kriegs, der Armut, Krankheiten oder ökologischen Katastrophen einfach wegsterben? Die tunesischen Bootsflüchtlinge auf Lampedusa haben ja nicht aus Jux und Tollerei ihre Heimat verlassen. Wenn man bedenkt, wie sie inzwischen von den EU-PolitikerInnen behandelt werden, wäre es interessant zu erfahren, was sie jetzt über die Werte europäischer Demokratien, wie Menschenrechte, Gleichberechtigung und Gleichheit – für deren »Durchsetzung« sich Europa überall an Kriegen beteiligt – denken. Ausmalen könnten wir uns das, oder?
In Tunesien und Ägypten haben sich die Menschen erhoben, weil sie nicht mehr gewillt sind, so wie bisher zu leben und unterjocht zu werden. Ob sie ihrem Protest weiter Luft verschaffen und für weitergehende Forderungen auf die Straße gehen wollen, wird von ihren Entscheidungen abhängen. Unsere Aufgabe kann nur sein, sie dabei zu unterstützen und zu versuchen, die »Weiter-So-Politik« unserer Regierungen zu verhindern. Was ja eigentlich die ureigene Aufgabe der europäischen Gesellschaften ist.
Aber wenn wir meinen, dass das, was bisher erreicht worden ist, eine »Revolution« sei und paternalistisch wie wir im Westen so sind, den Völkern im Nahen Osten einreden, die bürgerlichen Demokratien nach europäischem Vorbild würden all ihre Probleme lösen, dann erweisen wir ihnen einen Bärendienst. Damit würden wir nur dazu beitragen, dass sich die gegenwärtigen Machtverhältnisse – von denen ja wir überzeugt sind, dass sie nicht gut für diese Länder sind –, selbst bei der Durchführung demokratischer Wahlen wieder festigen würden.
Schlussfolgerungen für europäische Linke
Jetzt gilt es, alle relevanten Gruppen der Opposition in Ägypten darin zu unterstützen, dass sie gegenüber der Militärjunta nicht schutzlos bleiben. Für sie wird es schwer sein, eine Dauermobilisierung gegen die militärischen Machthaber zu organisieren. Die Verhältnisse in Ägypten erlauben derzeit nur einen auszuhandelnden Übergang, in der die gegenwärtigen Machthaber und die oppositionellen Kräfte gegenüber stehen werden. Gerade darum brauchen die oppositionellen Kräfte Zeit und Unterstützung, sich organisieren zu können. Und sie brauchen deutliche Signale der demokratischen Weltöffentlichkeit.
Aus diesem Grund kann ich beispielsweise die stumme Haltung der deutschen Gewerkschaften nicht nachvollziehen. Die Militärs haben unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die derzeitigen Streiks für die Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen nicht dulden werden. Die Aufgabe der europäischen Gewerkschaftsbewegungen wäre hier und jetzt, zugunsten der streikenden ArbeiterInnen in Ägypten Partei zu ergreifen und einen öffentlichen Druck auf die eigenen Regierungen zu organisieren.
Die gesellschaftliche wie politische Linke in Europa ist gehalten, ihre Solidarität mit den demokratischen Kräften Ägyptens mit einer klaren Absage an die bisherige Politik der EU-Regierungen, mit der sie den Nahen Osten als eine geostrategische Verfügungsmasse behandeln, zu manifestieren und für einen Politikwechsel in Europa zu kämpfen. Vorhandene parlamentarische und organisatorische Möglichkeiten müssen zur Unterstützung der Organisierung der oppositionellen Kräfte in Ägypten genutzt werden. Jede praktische Solidarität, jede Unterstützung der Opposition ist dringlich und wäre ein wichtiger Beitrag für die Demokratisierung des Landes. Für die Linke muss gelten, die Bekämpfung der Machtstrukturen in Ägypten als vordringlich zu sehen – selbst wenn dafür notwendig sein sollte, die Beteiligung von Teilen der alten Machthaber an einer neuen Regierung zu akzeptieren. Eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Demokratisierung wird womöglich noch Jahre andauern. Das Aufdecken der, von geostrategischen Vorteilen und Wirtschaftsinteressen geleitete Politik der EU-Eliten, die Aufklärung der europäischen Öffentlichkeit über wie wahren Ursachen der Probleme im Nahen Osten und eine praktizierte Solidarität auf gleicher Augenhöhe mit den demokratischen Kräften Ägyptens, ist das mindeste an Bringschuld der europäischen Linken.
Und eine klare Positionierung in dem israelisch-palästinensischen Konflikt! Dass ohne die Unterstützung des Mubarak-Regimes die Repressions- und Besatzungspolitik der israelischen Regierungen, welche ja bekanntlich allen UN-Resolutionen und dem Völkerrecht widersprechen, so nicht möglich gewesen wäre, sagen nicht nur israelkritische Stimmen. Es wäre mühselig und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, hier darauf hinzuweisen, dass das Schicksal der palästinensischen Gebiete die zentrale Frage der Konflikte im Nahen Osten ist. Oder wie zigmal geschehen, die Tragödie der PalästinenserInnen zu beschreiben, denen das Recht auf freie Reise auf eigenem Grund und Boden verwehrt wird.
Nein, die eigentliche Problematik liegt darin, dass die europäische Linke, die mit einem Lineal gezogenen Grenzen im Nahen Osten und das künstliche Produkt des Kapitalismus, die Nation und den Nationalstaat an sich als Gottgegeben hin nimmt. Müsste nicht die Linke, die ihre radikale, also an die Wurzel gehende und zugleich reale, also auf die Probleme im hier und jetzt orientierte Politik, stets aus der Perspektive der Schwächsten heraus formulieren? Darf dann eine solche linke Politik, monoethnisch bzw. monoreligiös ausgerichtete Nationalstaaten, die keinen Raum für ethnische und religiöse Minderheiten lassen, akzeptieren? Waren es nicht immer linke, die die Demokratie, als sich immer zu erneuernden Demokratisierungsprozess verstehend, daran gemessen haben, wie sozial, wie gerecht, wie emanzipatorisch sie aufgebaut und wie sie auf Frieden ausgerichtet ist? Wie kann dann die europäische Linke einen Staat, der den eigenen arabischen Staatsangehörigen die vollen BürgerInnenrechte verwehrt; aus religiöser Motivation heraus den Grund und Boden seiner Nachbarn zu israelischem Eigentum erklärt; nicht gewillt ist, UN-Resolutionen umzusetzen und sein nukleares Arsenal unter internationaler Kontrolle zu stellen; jegliche rechtsstaatliche Standards missachtend, gezielt »Staatsfeinde« exekutiert; Tausende ohne einen Gerichtsbeschluss inhaftiert; in den Besatzungsgebieten ein offenes Willkür- und Apartheidregime installiert hat und den Friedensvertrag mit Ägypten als ein reines strategisches Instrument seiner weiteren Militarisierung sieht, überhaupt als einen »demokratischen Staat« bezeichnen und für den Erhalt des, von westlichen Interessen diktierten Status quo sein?
Wenn die europäische Linke, die deutsche Linke im Besonderen, glaubhaft bleiben will, muss sie sich vor allem an ihren eigenen Werten messen lassen: Geschwisterlichkeit, Gleichheit, Gerechtigkeit, freie und selbstbestimmte Entfaltung eines jeden Individuums und last but not least, ein Mehr an Demokratie. Und wer Antisemitismus, Judenfeindlichkeit, rassistische und religiös-fundamentalistische Bewegungen wirksam bekämpfen will, der muss sich für die sozial gerechte, gleichberechtigte und demokratische Teilhabe aller Menschen und für den Frieden einsetzen.
Daher bin der Auffassung – und das ist meine These –, dass die Schlüsselfrage der Konflikte im Nahen Osten die Freiheit des palästinensischen Volkes ist. Der beste Garant für die Sicherheit in der Region wird eine demokratische Union (oder Konföderation oder wie es auch immer heißen mag) sein, in der jüdische wie palästinensische Bevölkerungsteile frei, gleichberechtigt und selbstbestimmend zusammenleben, die Wunden der Vergangenheit heilen und die gemeinsame, friedliche Zukunft gestalten können.
Naiv? Unrealistisch? Wie naiv und unrealistisch müssen dann unter den gegebenen Verhältnissen unsere Vorstellungen von einem demokratischen Sozialismus sein! Im Gegenteil; erst aus dieser Perspektive sind wir in der Lage, die aktuellen sozialen Kämpfe zu führen und für reale Verbesserungen in den gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaften zu streiten. So lassen sich auch mit der Vorstellung eines demokratischen Nahen Ostens, kleinere, aber nicht unwichtigere Schritte in Richtung eines Friedens bewerkstelligen.
Meines Erachtens gilt dieses auch für die aktuellen Bemühungen um die Demokratisierung Ägyptens. Es war bezeichnend, dass just an dem Donnerstagnacht, als Mubarak angekündigt hatte, nicht zurücktreten zu wollen, auf dem Tahrir Platz kaum jemand beachtet hat, dass die BewohnerInnen des Gaza Streifens wieder einmal Opfer von Bombardierungen der israelischen Armee wurden. Daher stellt sich m. M. n. heraus, dass solange die Protestbewegungen nationalstaatlich eingegrenzt bleiben und die Bewegungen sich der palästinensischen Frage nicht annehmen, solange die errungenen Freiheiten und demokratische Rechte keine echten Freiheiten und Rechte sein werden. Bei allem Respekt vor den Bewegungen in Tunesien und Ägypten, ist es eine Notwendigkeit hierauf hinzuweisen.
Im übrigen: es wäre eine wahre Revolution, wenn das neue, demokratische Ägypten die Grenze zum Gaza Streifen öffnen und den BewohnerInnen des Gaza Streifens die gleichen Freizügigkeitsrechte, wie die der ägyptischen StaatsbürgerInnen gewähren würde. Ich bin mir sicher, dass dann die Verhältnisse in der ganzen Region beginnen würden, sich grundlegend zu verändern.
Foto: dapd
SPD und Grüne wollen Streichung beantragen
Regierung hält an Extremismus-Klausel fest
zuletzt aktualisiert: 10.02.2011 – 09:08
Köln (RPO). Die Bundesregierung hält an der umstrittenen Extremismusklausel für Initiativen gegen Rassismus fest. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte eine Regelung eingeführt, dass Aktivisten eine Erklärung unterzeichnen müssen, dass sie selbst demokratischer Gesinnung sind.
(…)
Einladung_Sonntag_der_Orthodoxie_2011
EINLADUNG ZUM SONNTAG DER ORTHODOXIE 2011
Frankfurt & Islam
Burka-Verbot in der Stadtverwaltung
Eine Mitarbeiterin der Stadt Frankfurt will mit Ganzkörperschleier zur Arbeit erscheinen. Notfalls soll das Tragen einer Burka per Gerichtsbeschluss verboten werden.
(…)
Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Zoni Weisz (r.) mit Kanzlerin Merkel und Bundestagspräsident Lammert
27.01.2011
Bundestag gedenkt der Holocaust-Opfer
Am internationalen Holocaust-Gedenktag hat der Bundestag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Mit dem Holocaust-Überlebenden Zoni Weisz war erstmals ein Vertreter der Sinti und Roma als Gastredner geladen.
“Cover des Buches von Ahmet Toprak;
Quelle:Lambertus-Verlag”
Kultur + Social Media
Muslime, integrationsunwillig? – Ein Milieubericht von Ahmet Toprak
Sonntag, den 12. September 2010 um 19:41 Uhr von Claus-Dieter Stille
Es schmerzt schon sehr, dass die kruden – auch durch den ihnen verpassten pseudowissenschaftlichen Anstrich nicht besser gewordenen und für einen vernünftigen gesellschaftliche Diskurs untauglichen (außer vielleicht für bestimmte Stammtische) – Thesen des “Hobby-Genforschers” Thilo Sarrazin so entsetzlich viel Aufmerksamkeit zuteil werden. Eines wegen haarsträubender Äußerungen zu gesellschaftlichen Problemen schon lange umstrittenen und mehrfach negativ aufgefallenen Mannes, der die Gesellschaft offenbar nur aus der Sicht des Volkswirtschaftlers sieht und von daher die Menschen in ausschließlich ökonomisch nützliche und weniger nützliche (von daher überflüssige?) einteilt.
Sicherlich ist eine Debatte um die Integration von Migranten wichtig und auch (nach jahrzehntelanger Vernachlässigung) dringend notwendig. Doch so wie Sarrazin sie betreibt, spaltet er die Gesellschaft nur. Vor allem dann, wenn man nur von oben herab über die Migranten und nicht auf Augenhöhe mit ihnen über ihre Probleme und ihr Leben bei uns spricht. Und dabei Kritik übt (”Was man ja wohl noch tun darf!”, Volksmund) mit pseudowissenschaftlichen Begründungen vermengt, um so ohnehin bestehende Vorurteile zu untermauern. Ein Vorgehen, was aber letztlich nur zu einem verzerrten Bild von der Wirklichkeit führt.
Ahmet Toprak befragte für seinen Milieubericht 124 vermeintlich integrationsunwillige Muslime
Bedauernswert ist, dass im Gegensatz zu den von Thilo Sarrazins fragwürdigen in Buchform vorliegenden Ergüssen, eine andere, ähnliche Themen behandelnde, aber wissenschaftsbasierte Veröffentlichung vermutlich nie eine derartige mediale Aufmerksamkeit bzw. quantitativ hohe Rezeption durch Leserinnen und Leser erfahren wird. Gerade deshalb aber möchte ich sie hier zur Lektüre empfehlen. Es handelt sich hierbei um einen Milieubericht. Er trägt den Titel “Integrationsunwillige Muslime?” Verfasst hat den Bericht Dr. phil. Ahmet Toprak. Ein Diplompädagoge, welcher Professor für Erziehungswissenschaften an der Fachhochschule Dortmund ist. Toprak hat für seinen Bericht 124 vermeintlich “integrationsunwillige” Muslime im Alter von 15 bis 74 Jahren (unter ihnen 71 Männer und 53 Frauen) in den Großstädten Berlin, Dortmund und München interviewt. Befragt wurden die Probanden u. a. zu den Themen Kopftuch, Zwangsheirat, Gewalt, “Ehrenmord”, Sexualität, Homophobie sowie zu Islamismus und Terrorismus. Allein schon beim Thema Kopftuch wird durch Topraks Arbeit deutlich, wie sehr eine differenzierte Betrachtung im Einzelfall von nötig ist. Denn es kommt heraus, wie unterschiedlich das Tragen des Kopftuchs seitens ihrer Trägerinnen gehandhabt bzw. im Einzelnen begründet wird. Dieses “Stückchen Stoff” ist beileibe nicht immer “ein Zeichen für die Unterdrückung” der Frau. Das Kopftuch wurde oder wird durchaus auch aus Gewohnheit, Tradition oder dem Schutz vor Umwelteinflüssen getragen. Es wird aber sicher in anderen Fällen auch als politisches, bzw. Zeichen von Selbstbewusstsein benutzt. Es gibt fast nichts, was es nichts gibt.
Bahar
So trägt etwa die 23-jährige Bahar (sie studiert im siebten Semester Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München) Kopftuch, obwohl in ihrer Familie traditionell kein Kopftuch getragen wird. Ihre Familie akzeptierte dies Entscheidung. Verstanden hat sie diese jedoch nicht. Aufgrund eines entsprechenden Verbots könnte Bahar in der Türkei nicht studieren. In Deutschland ist es hingegen möglich. Doch wird sie hier mit einem qualifiziertem Abschluss auch eine adäquate Stelle bekommen? Für Bahar steht fest: Nein. Bahar: “Ja, ich wollte Staatsanwältin werden. Aber das kann ich nicht, weil ich mein Kopftuch nicht ablegen möchte.” Bahar wird wohl Rechtsanwältin werden oder in die freie Wirtschaft gehen. Ist die Kopftuch tragende Bahar ein Beispiel von Desintegration? Mitnichten. Ihr Beispiel zeigt wie wichtig es ist immer genau zu differenzieren. Leute wie Sarrazin jedoch sorgen mit dem Geplapper über “türkische und arabische Migranten in Berlin, die außer der Reproduktion von ‘Kopftuchmädchen’ keinen weiteren gesellschaftlichen Beitrag leisten würden, dafür (…), (…)dass das Kopftuch in der Wahrnehmung eindeutig für Desintegration steht…” (Ahmet Toprak).
Osman
Berührend auch die Geschichte des 17-jährigen Osman. Als jüngster in der Familie wird er von seinem Vater und dem älteren Bruder beauftragt seine “Lieblingsschwester” – die für ihn so etwas wie eine zweite Mutter war – umzubringen (denn Osman hätte als jugendlicher Täter für Mord nur die Höchststrafe von 10 Jahren Haft zu erwarten), weil die ihren Ehemann verlassen hat, welcher sie regelmäßig schlug. Die Tat jedoch schlägt fehl, weil Osman zu aufgeregt war und die Schwester lediglich am Oberschenkel verletzte, weil er beim Zustechen stürzte. Später erfährt Osman von seiner Schwester, dass der Vater sie früher missbrauchte. Er bricht mit dem Vater. Er bedauert seine Tat zutiefst. Heute sind beide nicht mehr nur Geschwister, sondern Freunde. Nebenbei bemerkt: Osman schloss die Hauptschule mit einem Notendurchschnitt von 1,7 ab…
Problem Islam?
Schnell wird dank Topraks Buch offenbar, dass viele Erscheinungen und Problematiken im Leben muslimischer Migranten gar nicht ursächlich mit dem Islam in Verbindung stehen bzw. überhaupt in dieser Religion gründen. Vielmehr geht manch heute als kritikwürdig betrachtete Verhaltensweise auf archaische Traditionen zurück. Und wird von einem bestimmten Teil von Migranten hierzulande hauptsächlich zwecks der Selbstvergewisserung in der Fremde unhinterfragt weiter fortgeführt. Was vor allem auch mit dem Bildungsstand der Familie zutun hat. Schließlich hat Deutschland vor vierzig Jahren hauptsächlich ungebildete “Gastarbeiter” ins Land geholt. Das wirkt bis heute nach. Jedenfalls dann, wenn nachfolgende Generationen nicht aus diesen archaischen Traditionen ausbrechen können oder wollen.
Auch Zwangsheiraten werden mit dem Islam in Verbindung gebracht, wie Imam Abdullah, 41, Berlin im Buch zitiert wird. “Es soll” deshalb “darüber aufgeklärt werden, dass einige eher archaisch und patriarchalisch geprägte Traditionen, wie zum Beispiel Zwangsheirat und Ehrenmorde, die mit dem Islam in Verbindung gebracht werden, differenziert gesehen werden müssen, da der Islam Zwangsverheiratung und Gewalt ablehnt.” Was allerdings nicht immer einfach sein dürfte, da in vielen Moscheevereinen kein ausgebildeter – sondern nur ein selbsternannter (sogenannter) – Imam zur Verfügung steht.
Soziale Herkunft und Bildung
Die von Ahmet Toprak befragten Menschen haben ihre familiären Wurzeln vor allem in ärmlichen und ländlichen Gebieten der Türkei, Syriens, Iraks und des Libanons. Es sind Schüler, Studenten, Arbeiter, Angestellte oder Erwerbslose bzw. Hausfrauen. Neun von ihnen haben einen Universität- bzw. Fachhochschulabschluss. Allein 60 haben keine abgeschlossen Berufsausbildung.
Die Integration und der Gemüsehändler
Für pure Integrationsunwilligkeit von Muslimen hierzulande zeigen sich in Ahmet Topraks Buch keine Beispiele. Um davon zu sprechen, muss nämlich erst einmal geklärt werden, was unter Integration überhaupt zu verstehen ist. Integriert sind doch im Grunde genommen diejenigen, welche eine gute Arbeit haben, um sich und ihre Familie gut ernähren und die Wohnung gut einrichten zu können. Auch gerechte Bildungschancen gehören freilich dazu. Bei alldem haben Migranten nicht immer gute Karten. Deshalb ärgern sie sich, wenn sie, deren Eltern nur einfache bildungsferne Leute waren, hören Muslime wollten sich nicht integrieren. Toprak: “Erstens wird deutlich, dass ein Großteil der muslimischen Migranten durch wirtschaftliche Zwänge gar nicht in der Lage ist, sich auf das Umfeld einzulassen. Aufgrund der Bildungsbenachteiligung oder fehlender Bildungsabschlüsse haben sie nicht einmal die Gelegenheit Deutsch zu lernen.” So ging es auch Yusuf, 45 Jahre aus Dortmund. Mangels anderer Chancen machte er sich als Gemüsehändler selbstständig. Dafür muss er sich von Thilo Sarrazin verhöhnen lassen…
Integration ist soziale und wirtschaftliche Partizipation
Ahmet Toprak stelle fest, dass “die Migranten mit der Integration in erster Linie die soziale und wirtschaftliche Partizipation” verbinden. Damit dürften sie sich kaum von Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft unterscheiden. Toprak: “Ein Großteil der muslimischen Migranten fühlt sich in Deutschland integriert.” Fehlende Integrationsbereitschaft in Teilen der muslimischen Gemeinde sehen Muslime “primär mit destruktiven Grundbedingungen in Deutschland oder mit persönlichen Misserfolgen der Betroffenen begründet”. Mit Toprak erkennen wir, “dass der Integrationsbegriff mehr umfasst, als nur das Vorhandensein oder Fehlen deutscher Sprachkenntnisse. Aber: Nicht nur in der Mehrheitsgesellschaft wird Integration falsch interpretiert, sondern auch bei den Muslimen.” Was wohl auch damit zu tun haben könnte, wie der Autor schreibt, dass “mit der identifikatorischen Integration Assimilation in Verbindung gebracht” wird. Nicht wenige in Deutschland geborene türkeistämmige Migranten betrachten ihren Geburtsort als Heimat. Dennoch bleiben sie im Herzen Türkinnen oder Türken. Und sie sehen keinen Widerspruch darin.
Das Verbindende in den Mittelpunkt stellen
Ahmet Toprak weist daraufhin, “dass allein mit Symbolpolitik (Integrationsgipfel oder Deutsche Islam-Konferenz) die gesellschaftliche Teilhabe nicht erreicht werden kann.” Zwar dürfte inzwischen allgemein Konsens darüber bestehen, dass die BRD ein Einwanderungsland ist; dessen ungeachtet scheint jedoch Vielfalt noch immer als Bedrohung begriffen zu werden. “Sondern” eben nicht “als Ressource oder Chance für Deutschland, zumal Deutschland mittel- und langfristig aufgrund des demografischen Wandels auf den Zuzug aus dem Ausland angewiesen ist” (Toprak). Dafür spricht wohl auch, die Tatsache, dass laut einer Studie aus dem Jahre 2009 von Info GmbH und Liljeberg Research International, “fast die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken und türkeistämmigen Migranten sich in Deutschland unerwünscht fühlt, 42 Prozent planen sogar eine Rückkehr in die Türkei.” Aber Toprak sieht auch auf Seiten der muslimischen Bevölkerung Defizite. Es bedürfe einer vorurteilsfreien Annäherung an die deutsche Gesellschaft ohne dabei “die eigenen Werte, Normen, Traditionen und seine religiöse Einstellung über Bord” werfen zu müssen. Schließlich, so der Autor, hätten Muslime und Christen “mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen”. Deshalb sollte “nicht das Trennende, sondern das Verbindende” in den Mittelpunkt gestellt werden. Ahmet Toprak: “Weder mit dem Feindbild ‘Islam” noch mit dem Feindbild ‘Mehrheitsgesellschaft’ kann integrationspolitisch etwas erreicht werden.” Es müssten vorhandene positive Tendenzen betreffs des Eintretens in einen Dialog und dem Schaffen eines Kommunikationswerks “nicht über die Presse und Talkshows, sondern im Alltag” genutzt bzw. aktiviert werden. Toprak sieht einen gangbaren Weg dahin zunächst auf kommunaler Ebene möglich, um die Migranten so in gesellschaftliche Entscheidungen einzubeziehen. Ein erster und wichtiger Schritt könnte das Gewähren eines kommunalen Wahlrechts “für Migranten, die nicht aus einem EU-Land stammen”, sein.
Vorurteile ablegen
Zuallererst plädiert Ahmet Toprak “für einen Dialog auf Augenhöhe”. Und unverzichtbar sei überdies – auf Seiten der Aufnahmegesellschaft, wie bei den Migranten – das Ablegen von Vorurteilen, sowie der Verzicht auf Konfrontation. “Denn”, so gibt Toprak zu bedenken, “weder ist jedes deutsche Mädchen, das über die Straße läuft, eine Schlampe, noch ist jeder muslimische Junge ein Gewalttäter oder Verfechter des Patriarchats.” Was geboten ist, sei eben “eine vorurteilsfreie Anerkennung des ‘Anderen’ und ein Umgang mit Ambivalenzen”, was Toprak “die wichtigsten Prinzipien zu sein” scheinen, “um einen gesellschaftlichen Konsens zwischen den Muslimen und der Mehrheitsgesellschaft jenseits vom Grundgesetz zu finden”.
Die Misere hat zumeist soziale Ursachen
Auch ist sich Ahmet Toprak sicher: “Wenn die sogenannte ‘Integrationsunwilligkeit’ in Deutschland existiert, dann ist das eine Folge der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, die in Deutschland immer schlechter werden.” Weshalb nicht zuletzt der “Rückzug in die eigenethnischen Milieus erfolgt, weil eine immer größer werdende Minderheit sich in Deutschland wirtschaftlich, sozial und bildungspolitisch abgehängt fühlt.” Was natürlich gleichermaßen auch viele Menschen deutscher Abstammung betrifft. Aus dem Grund zieht eben nicht – wie manches Mal behauptet – die Religion als Motiv für den Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben. Sondern eine immer prekärer werdende soziale und wirtschaftliche Lage. Ein unleugbare Tatsache: Die Misere, in der sich Migranten wie Menschen deutscher Abstammung gleichermaßen befinden können, hat zumeist soziale Ursachen. Es ist eine Frage des Unten und des Oben. Und der immer weiter aufgehenden Schere zwischen arm und reich. Sowie von Chancen- und Bildungsgerechtigkeit, bzw. deren Mangel. Davon aber ist bei Herrn Sarrazin nicht die Rede. Warum wohl?
Integration als offener Prozess, der Zeit und Geduld braucht
Es bedarf, schreibt Ahmet Toprak in seinem tief schürfenden, bestens recherchierten Milieubericht, des Aushandelns eines sicherlich anspruchsvollen Kompromisses. “Weil die Integration ein offener Prozess ist, der nie abgeschlossen sein wird, braucht es auch mehr Zeit und Geduld. Aber: es lohnt sich, darüber nachzudenken.”
Volkswirtschaftler und Hobbywissenschaftler Thilo Sarrazin – so vermittelt es sich mir wenigstens – hat genau das nicht getan. Deshalb, das muss ihm ins Stammbuch geschrieben werden, hat er mit seinem Buch der Integration hierzulande mit ziemlicher Sicherheit einen Bärendienst erwiesen.
Ich empfehle Ahmet Topraks Buch zur Hand zu nehmen. Lesen! Es ist zwar wesentlich schlanker als Sarrazins 400-Seiten-Wälzer für den deutschen Stammtisch, hat aber dennoch mehr Gewicht.
Ahmet Toprak: Integrationsunwillige Muslime? Ein Milieubericht.
Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau, 2010, 180 Seiten, kartoniert., 20,90 Euro/SFr 31,90; ISBN 978-3-7841-1959-5
Quelle:
„Wir sind alle Hrant Dink, wir sind alle Armenier“
Demonstranten erinnern an Dink
Pressefreiheit | 19.01.2011
Gedenken an ermordeten Journalisten Dink
Der armenisch-türkische Reporter Hrant Dink wurde vor vier Jahren, am 19. Januar 2007, vor seinem Zeitungsgebäude in Istanbul erschossen. Der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter kommt nur schleppend voran.
„Ja, ich mag mich unruhig fühlen wie eine Taube, aber ich weiß, dass in diesem Land kein Mensch einer Taube etwas zuleide tut.“ So drückte Hrant Dink, der Chefredakteur und Herausgeber der armenisch-türkischen Zeitung AGOS, seine Gefühle in seinem letzten Artikel aus. Kurz danach wurde er auf der Straße von einem minderjährigen Ultranationalisten erschossen.
Der mutmaßliche Täter wurde kurze Zeit später erfasst und der Prozess begann. Gegen dutzende mutmaßliche Hintermänner wurde ermittelt, zwei von ihnen sitzen ebenfalls in Haft und sind mitangeklagt. Zu einem Urteil ist das Gericht nach 15 Verhandlungstagen noch nicht gekommen. Dr. Raffi Kantian, verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift der deutsch-armenischen Gesellschaft, hat den Verlauf des Prozesses verfolgt: „Bislang ist ja nicht viel passiert. Man hat im Prinzip an der Oberfläche ein bisschen gekratzt, aber von den tiefen Schichten, also wer stand wirklich dahinter, ist bis heute nichts rausgekommen.“
Morddrohungen gegen Dink
Hrant Dink hat sich in den radikal-nationalistischen Kreisen unbeliebt gemacht, weil er Tabuthemen wie die Massaker gegen Armenier 1915 und Minderheitenrechte angesprochen hatte. Deshalb musste sich Dink ständig vor Gericht verantworten. Dink war wegen einiger Äußerungen in seinen Artikeln zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Straftat lautete: „Verunglimpfung des Türkentums“. Der Obergerichtshof hatte 2006 diese Entscheidung bestätigt. Daraufhin wurde Hrant Dink in der Öffentlichkeit bekannter und bekam mehrere Morddrohungen.
Straßburg verurteilt die Türkei
Nach seiner Ermordung befasste sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit seinem Fall und kam zu dem Schluss, dass der türkische Staat ihm nicht genug Schutz gewährleistet hatte. Obwohl die Polizei von den Drohungen gegen Dink wusste unternahm sie nichts. Außerdem sei seine Meinungsfreiheit nicht respektiert worden und in seinem Fall sei nicht lückenlos ermittelt worden. Osman Okkan, Regisseur des Dokumentarfilms „Mordakte Hrant Dink – Armenier in der Türkei“, ist der Auffassung, dass sich die Situation immer noch nicht gebessert hat. Er meint, bisher sei kein Schritt getan worden, um gegen einige Beamte, die ihre Schutzpflicht vernachlässigten, zu ermitteln. „Obwohl es von der Untersuchungskommission der Regierung Berichte gab, wurde gegen sie nichts unternommen. Einige von ihnen wurden sogar befördert. Das ist für die Türkei eine Schande“, betont der Regisseur.
„Wir sind alle Hrant Dink, wir sind alle Armenier“
Die Zivilgesellschaft in der Türkei vergisst Hrant Dink allerdings nicht. Einige Journalisten schreiben regelmäßig über den Prozess und eine Gruppe von Menschen, die sich als „Freunde von Hrant Dink“ bezeichnen, stehen bei jedem Prozess vor der Gerichtstür.
Außerdem gründete seine Familie eine Stiftung. Sie verleiht jedes Jahr drei Personen, die sich mit ihrer Arbeit für eine friedvollere, freiere und faire Welt einsetzen, den „Internationalen Hrant Dink Preis“.
Osman Okkan zufolge haben viele Bürger ihren Protest offen gezeigt: „Nach der Ermordung von Hrant Dink sind hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen und es ist etwas passiert, was man sich nie hätte vorstellen können. Sie haben gesagt: „Wir sind alle Armenier“. Dadurch haben sie klare Solidarität mit den Armeniern gezeigt. Dadurch wurde es möglich, über die geschlossenen Kapitel der Geschichte zu sprechen. Das ist eine sehr wichtige Entwicklung.“
Hrant Dink, der für den Dialog und für die Verständigung der Völker war, geriet auch am vierten Jahrestag seines Todes nicht in Vergessenheit.
Autorin: Başak Özay
Redaktion: Gero Rueter
Migrationsgespräche Februar 2011
Nordrhein-Westfälische Migrationsgespräche im DOMFORUM „…und raus bist Du“
Vom Blick der Deutschen auf Migranten und Arme Vortrag und Gespräch Prof. Paul Mecheril, Universität Innsbruck Gabriele Gillen, Journalistin und Autorin
Moderation: Isabel Schayani
Über die Folgen von Rassismus für Menschen mit (oder mit angedichtetem) Migrationshintergrund und den Zusammenhang von Rassenkonzeptionen und Machtverhältnissen, spricht an diesem Abend der Psychologe Prof. Dr.Paul Mecheril.
Individuelle, institutionelle und kulturelle Diskriminierung und Unterdrückung erfahren auch Menschen ohne Migrationshintergrund, die in Armutsverhältnissen leben. Nicht selten wird ihnen stereotyp gewalttätiges und ihren Kindern schädigendes Verhalten oder Alkoholismus unterstellt. WDR-Redakteurin und Schriftstellerin Gabriele Gillen („Hartz IV. Eine Abrechnung“) berichtet im Domforum über ihre aktuellen Recherchen zum Thema Armut.
Beide ReferentInnen befassen sich zudem mit den medial inszenierten Bildern, mit denen Zugehörigkeit und Ausgrenzung legitimiert werden.
Wer gehört zu „uns“, wen wollen „wir“ nur dulden? Wie verläuft der Prozess des Ein – und Ausschließens, der die Gesellschaft auseinanderdriften lässt?
Wem nützen diese Strategien des Ausschließens aus der Gesellschaft?
Diese Fragen möchten wir mit Ihnen und den ReferentInnen am 3. Februar im Kölner Domforum diskutieren.
Nordrhein-Westfälische Migrationsgespräche im DOMFORUM „…und raus bist Du“ Vom Blick der Deutschen auf Migranten und Arme Vortrag und Gespräch Prof. Paul Mecheril, Universität Innsbruck Gabriele Gillen, Journalistin und Autorin
Moderation: Isabel Schayani
Donnerstag, 03. Februar 2011, 19.30 Uhr
DOMFORUM
Domkloster 3, 50667 Köln (Zentrum)
Katholisches Bildungswerk Köln,
Landeszentrale für politische Bildung,
Integrationsagentur AWO Bezirksverband Mittelrhein e.V.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen. Bitte leiten Sie diese Einladung an weitere Interessierte weiter
Arbeiterwohlfahrt
Bezirksverband Mittelrhein e.V.
i.A. Mercedes Pascual Iglesias
Integrationsagentur
Bild: Ruprecht Polenz
Die Deutsch-Türkische Gesellschaft e. V. Bonn
Die Südosteuropa-Gesellschaft e. V., Zweigstelle Köln/Bonn
laden ein zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema
„Gehört die Türkei in die EU?“
Ruprecht Polenz, MdB, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Axt, Jean-Monnet-Lehrstuhl für Europäische Integration und Europa-Politik an der Universität Duisburg-Essen
Moderation: Baha Güngör, Leiter der Türkischen Redaktion der Deutschen Welle
am Donnerstag, 3. Februar 2011, 18.00 Uhr,
Deutsche Welle, Kurt-Schumacher-Straße 3, Bonn, Gremiensaal
Ruprecht Polenz, CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag, seit 2005 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, gilt über seine Partei hinaus als einer der profiliertesten deutschen Außenpolitiker. Das Interesse des studierten Juristen gilt außer allen Europa-Fragen vor allem dem Nahen und Mittleren Osten, namentlich der Türkei und dem Iran sowie der politischen Dimension des Islam. Er ist u. a. Vorsitzender der Christlich-Muslimischen Friedensinitiative. Er wird die Thesen aus seinem viel beachteten Buch „Besser für beide – Die Türkei gehört in die EU“, edition Körber-Stiftung, Hamburg 2010, zur Diskussion stellen. www.Ruprecht-Polenz.de
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Axt befasst sich innerhalb seines Forschungsgebiets Europa als Schwerpunkt auch mit der Region Türkei-Griechenland-Zypern, über die er mehrere Bücher und wissenschaftliche Studien verfasst hat und Vorträge hält. Er ist u. a. Vizepräsident der Südosteuropa-Gesellschaft und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Kölner Forums für Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik e. V. www.uni-due.de/politik/axt.php
Baha Güngör leitet seit 1999 die Türkische Redaktion der Deutschen Welle. Zuvor war er Türkei-Korrespondent des Griechenland-Türkei-Pools der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und danach Türkei-Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Ein breites Echo fand sein Buch „Die Angst der Deutschen vor den Türken und ihrem Beitritt zur EU“, München 2004. www.dw-world.de/turkish
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
am 11.02.2011 von 13:00 – 18:00 Uhr laden Monika Düker MdL (Flüchtlingspolitische Sprecherin) und Arif Ünal MdL (Migrationspolitischer Sprecher)
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in NRW zur Veranstaltung „NRW – Wegbereiter einer modernen Migrationspolitik!“ in den Landtag ein.
Der Bundesvorsitzende der Grünen Cem Özdemir wird neben weiteren höchstinteressanten Gästen an dieser Veranstaltung teilnehmen.
Merken Sie sich jetzt schon mal diesen Termin in Ihrem Kalender vor.
Wir werden Ihnen in einer 2. E-Mail den detaillierten Ablauf mit weiteren Informationen zukommen lassen.
Arif Ünal
Arif Ünal, MdL
Sprecher für Integrationspolitik, Gesundheitspolitik
und interreligiösen Dialog
Fraktion Grüne im Landtag NRW
Platz des Landtages 1
40221 Düsseldorf
Fon 0211-884-2286
Fax 0211-884-3513
mail: arif.uenal@landtag.nrw.de
Hrant Dink Gedenkfeier am 16. Januar um 18 Uhr in der Alten Feuerwache in Köln
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde des Kulturforum,
im Ausblick auf das neue Jahr laden wir ein zu einer
Veranstaltungsreihe zum Gedenken an den armenischen Journalisten
Hrant Dink im Januar 2011 in Köln und Berlin:
Das Hrant Dink Forum Köln veranstaltet eine zentrale Gedenkfeier am
Sonntag, den 16. Januar um 18 Uhr in der Alten Feuerwache in Köln, mit
Rakel Dink, Dogan Akhanli, Tuba Candar und Dr. Raffi Kantian. Außerdem
sind Lesungen und Gespräche geplant. Mehr dazu in Kürze auf unserer
Website.
In Kooperation mit der Berliner Hrant Dink Initiative veranstaltet das
KulturForum mehrere Veranstaltungen in Berlin, unter anderem mit
Rakel Dink und Tuba Candar.
Das Jahr 2010 bescherte uns zum Ende zwei freudige Ereignisse:
Dogan Akhanli wurde am 8. Dezember von einem Istanbuler Gericht
freigelassen. Wir schließen nicht aus, dass die breite öffentliche
Aufmerksamkeit und der persönliche Einsatz namhafter Kollegen in
Deutschland und der Türkei dazu beigetragen haben, dass er nach
Deutschland reisen darf und hoffentlich auch die Fortsetzung des
Prozesses am 9. März 2011 einen fairen Verlauf nimmt.
Und: Die WDR-Filmreihe „Menschenlandschaften. Sechs Autorenportraits
der Türkei“ von Osman Okkan wurde im Dezember in Köln präsentiert und im
WDR-Fernsehen ausgestrahlt. Im Frühjahr 2011 erscheint eine Langfassung der
Filme im Auftrag der Robert Bosch Stiftung als DVD-Edition.
Mehr dazu und anderes in unserem Newsletter im Anhang und unter
www.das-kulturforum.de
Wir wünschen allen, die uns auch in diesem Jahr gut oder Gutes getan
haben und uns wohl gesonnen sind, von ganzem Herzen ein gesundes,
fröhliches, ereignisreiches Jahr 2011!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr KulturForum-Team
Wenn Sie diesen Newsletter abbestellen wollen, antworten Sie auf diese Mail (redakion@das-kulturforum.de) mit dem Betreff „abbestellen“. Vielen Dank!
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KulturForum TürkeiDeutschland e.V. Turkish-German Forum of Culture TürkiyeAlmanya KültürForumu Ehrenvorsitz/Hon.Pres.: Günter Grass, Yasar Kemal Freundschaftsinitiative GriechenlandTürkei Greek-Turkish Initiative for Friendship YunanistanTürkiye Dostluk Girisimi Ehrenvorsitz/Hon.Pres.: Mikis Theodorakis, Zülfü Livaneli Niederichstr. 23 50668 Köln info@das-kulturforum.de Fon +49 221 120 90 68-0 Fax +49 221 139 29 03 www.das-kulturforum.de
Foto: AFP
04.01.2011
Weltweite Jagd auf Christen
Vertrieben, eingesperrt, getötet
VON MATTHIAS BEERMANN
(RP) Immer mehr Christen werden wegen ihres Glaubens eingesperrt, vertrieben oder getötet. Die in Europa wenig beachtete Verfolgung findet weltweit statt, vor allem aber in muslimischen Ländern.
Die vorläufig letzte Schreckensmeldung kam aus Indien: In der Stadt Davangere haben hinduistische Fanatiker am Sonntagabend einen christlichen Geistlichen während einer Andacht mit einem Beil angegriffen und schwer verletzt. Immer häufiger werden Christen in aller Welt zur Zielscheibe von Übergriffen.
In Alexandria sind bei dem Selbstmord-Anschlag in der Silvesternacht mehr als 20 Christen ums Leben gekommen. Schon Anfang Januar 2010 waren bei einer Attacke auf eine koptische Kirche im mittelägyptischen Nag Hamadi sieben Menschen getötet worden. Ein Racheakt wegen einer Vergewaltigung, so hieß es damals. Aber die kleine koptische Minderheit ist es leidvoll gewohnt, wegen ihres Glaubens angegriffen zu werden. Sie ist nicht allein. Weltweit, so schätzt die überkonfessionelle Organisation „Open Doors“, werden 100 Millionen Christen verfolgt. In mehr als 50 Staaten würden Gottesdienste gestört oder verhindert, Christen zusammengeschlagen, in Gefängnisse gebracht und unter Druck gesetzt, ihren Glauben an Jesus zu verleugnen, kritisiert das 1995 in den Niederlanden gegründete Hilfswerk für verfolgte Christen. Und eine Besserung sei nicht in Sicht.
Die düstere Liste der Länder, in denen Christen besonders brutal unterdrückt werden, wird demnach von Nordkorea angeführt. Das dortige Regime gehe gegen Mitglieder von Untergrund-Gemeinden, denen mindestens 200.000 Menschen angehörten, mit Verhaftungen, Folter oder Hinrichtungen vor, schreibt „Open Doors“ in ihrem aktuellen Jahresbericht. Bis zu 70.000 Christen würden in über 30 Arbeits- und Straflagern gefangen gehalten. Auch im Nachbarland China drangsaliere der Staat seine 70 Millionen Christen, vor allem jene, die sich nicht den offiziellen Kirchen anschließen mögen.
Am unsichersten aber sieht es für Christen aus, die in der islamischen Welt leben. Drei von vier Ländern, in denen Christen verfolgt werden, sind laut „Open Doors“ islamisch geprägt. So herrscht in Ländern wie Iran und Saudi-Arabien nackte Unterdrückung. Gottesdienste sind strikt untersagt, christliche Literatur verboten, Missionierung sowieso: Der Übertritt eines Muslims zum christlichen Glauben gilt als todeswürdiges Verbrechen. Häufiger aber noch geht die Gewalt von fundamentalistischen Moscheen aus oder vom Mob, der sich seine Opfer wahllos auf der Straße sucht. Auch das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ verweist darauf, dass in einigen islamischen Ländern wie Ägypten, Indonesien oder Pakistan die von „privaten“ Gruppen ausgehende Bedrohung zunehme. Oft genießen diese Gruppen allerdings die stillschweigende Unterstützung der Machthaber oder profitieren von deren Tatenlosigkeit.
Die Attentate in Alexandria und davor in Bagdad scheinen das zu bestätigen. Die Erstürmung einer syrisch-katholischen Kirche in der irakischen Hauptstadt durch islamische Extremisten Ende Oktober, bei der es 60 Todesopfer gegeben hatte, war das bisher erschütterndste Beispiel der seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 wachsenden Gewalt gegen Christen. Viele von ihnen suchen ihr Heil in der Flucht. Die Zahl der Christen im Irak soll von einst 1,2 Millionen auf unter 400.000 gesunken sein.
Dazu kommen vielfältige Formen der Diskriminierung. Christen werden bei der Ausbildung und am Arbeitsplatz benachteiligt oder von Ämtern ausgeschlossen. Es gibt freilich auch Staaten, in denen Christen und Muslime friedlich nebeneinander leben. Der Vergleich zeigt, dass die Lage meist erst dann explosiv wird, wenn zu den religiösen Differenzen auch ethnische kommen. Häufig spielen auch Rivalitäten zwischen Clans oder Konflikte um Ressourcen ein Rolle.
URL: www.rp-online.de/politik/ausland/Vertrieben-eingesperrt-getoetet_aid_948841.html
04.01.2011
Umfrage unter Deutschen und Franzosen
40 Prozent sagen: Muslime sind eine Bedrohung
Paris (RPO). Deutsche und Franzosen unterscheiden sich kaum bei der Einschätzung des Islam. Laut einer Umfrage des französischen IFOP-Instituts, die die Zeitung „Le Monde“ am Dienstag veröffentlichte, sehen 40 Prozent der Deutschen und 42 Prozent der Franzosen die muslimische Gemeinde in ihrem Land als „Bedrohung“ an.
68 Prozent der Franzosen und 75 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, dass die Muslime nicht gut integriert sind. Der Grund dafür ist laut 61 Prozent der Franzosen und 67 Prozent der Deutschen die Weigerung der Muslime, sich in die Gesellschaft einzugliedern.
„Trotz einer unterschiedlichen Kolonialgeschichte, Einwanderung und Integration ist es auffällig, dass die harte und eindeutige Bilanz in beiden Ländern dieselbe ist“, sagte Jérôme Fourquet vom IFOP-Institut. In der Frage der Verschleierung muslimischer Frauen gehen allerdings die Meinungen auseinander: In Frankreich sagten nur 32 Prozent der Befragten, dass ihnen die Verschleierung egal sei, 59 Prozent lehnten sie ab. In Deutschland war es dagegen 45 Prozent der Befragten gleichgültig, ob Musliminnen sich verschleiern. Das französische Parlament hatte im vergangenen Jahr den Ganzkörperschleier verboten. Das so genannte Burka-Verbot soll im April in Kraft treten.
Frankreich hat mit mehr als fünf Millionen Gläubigen die größte muslimische Gemeinde in Europa. Die rechtsextreme Front National warnt immer wieder vor einer „Islamisierung des Landes“. Vize-Chefin Marine Le Pen verglich die Straßengebete der Muslime im Dezember mit der Nazi-Besatzung, was zu einem Aufschrei der Empörung bei Regierung und linksgerichteter Opposition führte. In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime.
URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/40-Prozent-sagen-Muslime-sind-eine-Bedrohung_aid_948848.html
05.01.2011
Meinungsfreiheit auch für Nazis
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hebt fünfjähriges Publikationsverbot auf
Karlsruhe (dpa/ND). Die Bundesverfassungsrichter haben erneut ein Zeichen für die Meinungsfreiheit gesetzt. Dieses Grundrecht gelte auch für Rechtsextreme, heißt es in einer am Dienstag in Karlsruhe v…
Artikellänge: rund 266 Wörter
FROHE WEIHNACHTEN UND EIN GESUNDES und GLÜCKLICHES NEUES JAHR 2011
Wishing you MERRY CHRISTMAS AND A HEALTHY and HAPPY NEW YEAR 2011
YENI YILINIZ KUTLU OLSUN 2011
interkulturpro informiert: Eröffnung WELTENKINDER
Mit „Weltenkinder“ eröffnet das Kindermuseum mondo mio! im kommenden
Jahr die bundesweit erste Ausstellung zur Vielfalt der Kulturen, die
gezielt auf Kinder zwischen drei bis sechs Jahren ausgerichtet ist.
Interkulturelle Kompetenzen bereits bei Kindern im Vorschulalter zu
fördern, ist besonders wichtig, da die Wertebildung und die Entstehung
von Vorurteilsstrukturen schon in diesem Lebensabschnitt geprägt werden.
Genau hier setzt die Ausstellung „WELTENKINDER“ an: Sie bringt deutsche
und zugewanderte Familien in einen Dialog über Unterschiede und
Gemeinsamkeiten und stellt generations- und kulturübergreifende
Sichtweisen dar.
Gefördert wird die Ausstellung von der Aktion Mensch,
der NRW-Landesregierung, der Robert Bosch Stiftung und der
Bundeszentrale für politische Bildung.
Eröffnung der Ausstellung „Weltenkinder“
durch Ute Schäfer, Familienministerin des Landes NRW
und Ullrich Sierau, Oberbürgermeister der Stadt Dortmund
am Samstag, den 12.02.2011
um 14:00 Uhr
im Kindermuseum mondo mio!
Florianstr. 2
44139 Dortmund
Mit den besten Wünschen für eine besinnliche Weihnachtszeit und ein
gesundes und erfolgreiches Jahr 2011!
www.interkulturpro.de