Kategorie: Türkei

  • «Migranten sind Wohlstandsvernichter»

    «Migranten sind Wohlstandsvernichter»

    Foto: dpa

    Der nächste Sarrazin
    «Migranten sind Wohlstandsvernichter»

    Von news.de-Redakteur Björn Menzel, Berlin

    Der Publizist Udo Ulfkotte setzt den Sarrazin-Thesen noch eins drauf. In seinem neuen Buch trägt er die Kosten der Migration zusammen, die höher sein sollen als ihr Nutzen. Und er bricht mit seinen Aussagen weitere Tabus.
    Zu Beginn der Veranstaltung verteilt Udo Ulfkotte Baldriantropfen. Die sollen die Zuhörer beruhigen. Falls sie sich gleich aufregen, wenn der Publizist und Islamwissenschaftler sein neuestes Buch vorstellt. Kein Schwarz. Kein Rot. Kein Gold. – Armut für alle im «Lustigen Migrantenstadl» schlägt in die Kerbe der aktuellen Debatte um die Thesen des Thilo Sarrazins.

    Des neueste Werk von Ulfkotte lebt hauptsächlich von einer These: Migranten kosten die Einwanderungsländer mehr als sie ihnen nutzen. Der Autor versucht, dies anhand von Quellen zu belegen. Unter anderem zieht er einen Spiegel-Titel aus dem Jahr 1973 heran, in dem bereits von Integrationskosten pro Einwanderer in Höhe von umgerechnet 100.000 Euro gesprochen wird. «Heute sind es statistisch bis zu 400.000 Euro», sagt Ulfkotte und fragt: «Ist das eine Bereicherung, wie es uns die Politiker immer wieder weismachen wollen?» Ein Staat auf Pump wie Deutschland könne sich diese Kosten nicht leisten. «Migranten sind Wohlstandsvernichter», sagt Ulfkotte.

    Herr Ulfkotte, hatten Sie schon die Gelegenheit, sich bei Herrn Sarrazin zu bedanken? Schließlich kann seine Debatte auch den Verkauf Ihres neuen Buches ankurbeln.

    Ulfkotte: Ich habe mich noch nicht bedankt. Denn es gibt zurzeit mindestens fünf Bücher zur gleichen Thematik, die, ohne dass die Autoren davon gewusst haben, gleichzeitig erscheinen. Sie wurden wohl auch alle zur gleichen Zeit geschrieben. Unter anderem erscheint Ende September eines von Alice Schwarzer. Die Schreiber stammen übrigens nicht alle aus der politisch rechten Ecke. Die Thematik scheint viele Autoren zu beschäftigen.

    Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen?

    Ulfkotte: Offenkundig spiegeln Politik und Medien bei diesem Thema nicht mehr die Stimmung in der Bevölkerung wider. Eines der letzten Ventile ist, dass sich Publizisten damit befassen. Beispielsweise ist die Mehrheit der Bevölkerung für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, aber die Politik ignoriert das. So ist es auch beim sogenannten Sarrazin-Thema, also wenn es um Zuwanderung und Integration geht. Die Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen meint, man sollte das Thema anders anfassen

    Warum setzen Sie sich mit dem Thema Migration so ausführlich auseinander?

    Ulfkotte: Es war die Finanzkrise. Wir haben da sehr viel über die Heuschrecken der Finanzindustrie gesprochen, die gigantische Schäden angerichtet haben. Da wurden Menschen unwidersprochen mit Tieren verglichen. In der Finanzkrise wurde alles aufgerechnet, die Milliarden wurden addiert. Alle sind sich einig, dass die Branche die angerichteten Schäden wieder gut machen muss. Aber wie ist es im Vergleich dazu mit den Heuschrecken der Migrations- und Zuwanderungsindustrie? Gibt es sie und wenn ja, welche Schäden richten sie an? Und warum spricht man darüber nicht?

    Sie sagen selbst, dass derartige Diskussionen Ausländerfeindlichkeit erzeugen. Was wollen Sie mit Ihren Aussagen erreichen?

    Ulfkotte: Wenn es Probleme gibt, egal auf welchem Gebiet, müssen diese möglichst frühzeitig angegangen werden. Also, wir sollten darüber sprechen und aufklären, unabhängig, wo man politisch steht. Ich versuche das und frage: Wollen wir es eigentlich erst eskalieren lassen?

    Viele Migranten leben in Deutschland und wir sollten mit ihnen umgehen lernen. Was schlagen Sie vor?

    Ulfkotte: Ich rechne die finanziellen Schäden vor. Zum Beispiel steht in einem FAZ-Bericht, dass Migranten eine Billion Euro mehr aus dem deutschen Sozialsystem bekommen, als sie eingezahlt haben. Das ist eine von vielen Zahlen. Man kann das gut oder schlecht finden, darum geht es mir nicht. Aber wir müssen darüber sprechen und fragen, wie gehen wir damit um? Ich sage Ihnen, wie andere damit umgehen. Wenn ein Ausländer in den USA seinen Arbeitsplatz verliert, hat er genau sechs Wochen, um das Land zu verlassen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat ein Ausländer dafür vier Wochen Zeit.

    Fordern Sie das auch für Deutschland?

    Ulfkotte: Ich will nur zeigen, wie andere Länder mit Menschen umgehen, die sie in ihrem Land nicht mehr ernähren oder versorgen können. Trotzdem würde zum Beispiel niemand behaupten, Barack Obama wäre ein Rechtsextremer. Meine Quintessenz heißt, wenn ich in Deutschland jeden Monat finanzielle Schäden durch bestimmte Migrantengruppen habe, muss ich darüber nachdenken, woher diese Schäden kommen. Ich kann nicht der eigenen Bevölkerung die Sozialhilfesätze kürzen, um zu sagen, wir möchten eine Art Weltsozialamt sein. Das kann man auch keinem Steuerzahler mehr erklären.

    Wie heißt denn Ihre Lösung, immerhin leben in Deutschland auch Migranten der zweiten und dritten Generation?

    Ulfkotte: Es gibt eine Abteilung, die sich um die Zuwanderung kümmert. Sie ist defizitär. Also muss man darüber diskutieren dürfen und nicht sagen: Deckel drauf und weiter zahlen. Man muss sich fragen, wie lösen wir das Problem? In der Vergangenheit haben wir immer mehr Geld hinein gesteckt und die Integrationsbereitschaft ist geringer und nicht besser geworden.

    Glauben Sie denn, dass die aktuelle Debatte zu mehr Integration beiträgt?

    Ulfkotte: Jetzt sieht man sogar im Kanzleramt und im Innenministerium, wie sehr die Debatte den Menschen unter den Nägeln brennt. Jetzt holen sie Studien heraus und sagen, es ist alles gar nicht so schlimm und wir machen schnell ein paar Integrationspläne. Zum Beispiel: Migranten werden Lehrer. Aber damit wird nichts besser.

    Über Udo Ulfkotte selbst gehen die Meinungen auseinander. Er hat Rechts- und Politikwissenschaften studiert und promovierte über den Nahen Osten. Viele Jahre lebte Ulfkotte in islamischen Ländern, wie Afghanistan oder dem Irak, war Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Heute publiziert er im Kopp-Verlag, der sich unter anderem auf Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaften spezialisiert hat. Der Verlag gilt als rechtskonservativ. Ulfkotte distanziert sich immer wieder von den Rechtsextremen, nimmt aber bei islamkritischen Themen kein Blatt vor den Mund. «Nur wer provoziert, wird überhaupt noch gehört», sagt er zu news.de.
    Quelle:

  • Besuch der DITIB-Moschee in Kerpen

    Besuch der DITIB-Moschee in Kerpen

    Besuch einer Moschee
    Der Kerpener Kirchturm der Stiftskirche St. Martinus ist mit 78 m
    der höchste Kirchturm im Rheinland nach dem Kölner Dom. Vor 150
    Jahren bauten ca. 200 m weiter westlich die preußischen
    Protestanten im Filzengraben eine kleine, unscheinbare Kirche – sie
    durfte nicht aussehen wie eine „richtige“ Kirche. Etwa 100 m weiter
    südlich gab es seit 1836 eine jüdische Synagoge – sie wurde 1938
    von deutschen Fanatikern verwüstet.
    Seit nun 40 Jahren gibt es muslimische Türken in Kerpen. Die
    allgemein anerkannte DITIB baute nun, 50 m von der Stiftskirche
    entfernt, eine Moschee mit orientalischen Elementen am Stiftsplatz.
    Wir wollen sie besuchen und damit zur Verständigung beitragen.
    Aufeinander zugehen, voneinander lernen, einfach etwas lernen.
    Alle Väter sind mit ihren Kindern eingeladen daran teilzunehmen.

  • Referendum offenbart eine gespaltene Türkei

    Referendum offenbart eine gespaltene Türkei

    Referendum offenbart eine gespaltene Türkei

    Westen gegen Osten, erste Klagen – Premier Erdogan verbessert seine Aussichten auf eine dritte Amtszeit
    Von Boris Kálnoky

    Istanbul – Nach dem Sieg beim Verfassungsreferendum hat die türkische Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, ihre Reformpläne voranzutreiben. Die Regierungspartei AKP werde nun mit den Arbeiten an einer völlig neuen Verfassung beginnen, sagte Erdogan. 57,9 Prozent der Wähler hatten am Sonntag für die Verfassungsänderungen gestimmt. In Berlin, Brüssel und Washington wurde dies als Schritt in Richtung Demokratie gepriesen.

    Ein Blick auf die Wahlkarte offenbart ein Paradoxon: Der westliche Teil des Landes, traditionell „aufgeklärt“, im Vergleich zum Osten viel gebildeter, säkularer und an Europa orientiert, stimmte gegen die Reformen, obwohl diese doch europäische, demokratische Standards einführen. Der anatolische Osten, weniger gebildet, isolierter, konservativ und religiös gesinnt, tendenziell antieuropäisch, stimmte dafür. Die Zustimmung war dort am größten, wo auch die Analphabetenrate am größten war.

    Das mag daran liegen, dass die Wähler etwas anderes im Reformpaket erblickten als die Beobachter in Brüssel. Die frommen Muslime im Osten stimmten nicht dafür, um die Emanzipation der Frau zu fördern. Und die säkularen Wähler im Westen waren nicht deswegen dagegen, weil sie Behinderte benachteiligen wollten. Für die meisten Wähler ging es vor allem um die Frage, ob es der religiös geprägten Regierungspartei AKP gestattet werden soll, die Justiz zu dominieren und das bisher säkulare Militär zu unterwandern. Diese Frage beantworteten die säkular gesinnten Wähler mit Nein, all die anderen Punkte der Reform waren zweitrangig. Die religiös gesinnten Wähler im Osten stimmten jedoch dafür.

    Einzige, aber wichtige Ausnahme der West-Ost-Trennung war Istanbul, das durch massenhafte Migration zu einer Art Osten im Westen geworden ist. Die Stadt mit 15 Millionen Einwohnern, die etwa die Hälfte der türkischen Wirtschaftskraft darstellt, stimmte für die Reform.

    Die Kluft zwischen Ost und West wirft auch ein Schlaglicht auf die Hintergründe des seit 2001 fortschreitenden politischen Machtwechsels in der Türkei. Die AKP, die nach zwei erfolgreichen Legislaturperioden nun mit einer dritten nach den Parlamentswahlen im Juli 2011 rechnen kann, ist die Stimme der religiösen anatolischen Bevölkerung. Deren Geburtenraten sind seit Jahrzehnten deutlich höher als die der westlichen „europäischeren“ Bevölkerungsschichten, von denen der Islam eher als Modernisierungsbremse empfunden wird.

    Wirtschaftlich gesehen stimmt das nicht, zumindest nicht für den Islam der AKP. Sie ist eine Geldpartei, geboren aus der Mentalität des sogenannten anatolischen Calvinismus, eine Partei der frommen Händler und Geschäftemacher, die im wirtschaftlichen Erfolg einen Fingerzeig Gottes sehen. Die Börse jedenfalls reagierte mit einem Höhenflug auf das Wahlergebnis. Die Beteiligung war mit 77 Prozent angesichts eines Boykottaufrufs der Kurdenpartei BDP (politischer Arm der Terrorgruppe PKK) relativ hoch. In der östlichsten Provinz Hakkari gingen nur 9000 Wähler an die Urnen, in der Kurdenmetropole Diyarbakir und Umland lag die Beteiligung bei nur 35 Prozent.

    Die beiden großen kemalistischen Oppositionsparteien, die sozialdemokratische CHP und die nationalistische MHP, hielten ihren bisherigen gemeinsamen Stimmenanteil. Sie tun sich schwer gegen eine AKP, die sich nicht nur religiös, sondern auch sozial und nationalistisch gebärdet.

    Die EU-Kommission lobte die Zustimmung zu den Reformen als wichtigen Schritt, die EU-Beitrittskriterien zu erfüllen. Allerdings werde „eine ganze Reihe von Ausführungsgesetzen“ nötig sein, und „wir werden deren Ausarbeitung genau beobachten“, hieß es.

    US-Präsident Barack Obama begrüßte die hohe Beteiligung an der Abstimmung beim Nato-Verbündeten Türkei. Diese belege die „Vitalität der türkischen Demokratie“. Wie vital, das zeigte der Tag nach dem Referendum: Türkische Politiker und Schriftsteller stellten Strafanzeige gegen die Putschisten vom 12. September 1980. Die frühere Militärführung unter General Kenan Evren (93) müsse wegen illegalen Staatsstreichs angeklagt werden.

    Quelle:

    eine-gespaltene-Tuerkei.html

  • Referendum in der Türkei

    Referendum in der Türkei

    14.09.2010

    Referendum in der Türkei
    Chance vertan

    Von Gastkommentar. Von Sevim Dagdelen

    Das Referendum über die Verfassungsreform in der Türkei ist in zweierlei Hinsicht eine vertane Chance. Das angegebene Ziel der Regierungspartei AKP, durch die Verfassungsreform mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erreichen zu wollen, wird nicht erreicht. 30 Jahre nach dem letzten Militärputsch in der Türkei wird die damals von der Junta dem Land und der Bevölkerung aufgezwungene Verfassung im wesentlichen beibehalten. Zwar werden die Rechte von Kindern, Frauen, Menschen mit Behinderungen und Senioren gestärkt, doch die von den Militärs damals verankerten antidemokratischen Institutionen wie der Nationale Sicherheitsrat, der Oberste Hochschulverwaltungsrat oder der Fernseh- und Rundfunkrat bleiben unangetastet. Die uneingeschränkte Wahrung der Gewerkschaftsrechte, das Streikrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen werden mit dem Referendum nicht sichergestellt. Und die dringend notwendigen kulturellen Rechte von Minderheiten werden ebenfalls nicht verfassungsrechtlich verankert. Große Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Effektivität der Justiz bleiben weiterhin, und mit den neuen Kompetenzen des Präsidenten sind die Sorgen und Ängste bezüglich einer zunehmenden Islamisierung der Türkei nicht von der Hand zu weisen.

    Neben den größten Oppositionsparteien, der republikanischen CHP und der nationalistischen Rechten MHP, die zur Ablehnung des Referendums aufriefen, hatte sich ein breites linkes Bündnis aus Parteien und Organisationen, Berufsverbänden und Gewerkschaften gebildet, die eine gemeinsame Nein-Kampagne führten. Mit 42 zu 58 Prozent unterliegen die – unterschiedlich motivierten – Gegner der Verfassungsreform. Daß sie es nicht geschafft haben, den Osten des Landes für ein Nein zu gewinnen, offenbart die Schwäche der Linken in der Türkei. Mit einer zwar niedrigen Wahlbeteiligung, aber im Durchschnitt fast 90prozentigen Zustimmung in den vor allem als kurdische Provinzen bekannten Gebieten hat sich die Boykottkampagne der kurdischen Partei BDP negativ auf das Nein-Lager und somit das Endergebnis ausgewirkt. Ein Blick auf die Wahlkarte ergibt das Bild, daß der Osten für die Verfassungsreform gestimmt hat, obwohl der Boykott dort teilweise sogar befolgt wurde. Der BDP-Boykott wurde unterschiedlich begründet. Unter anderem hieß es, man wolle sich nicht in einem Lager mit der rechten MHP befinden. Bleibt die Frage, wem diese Haltung mehr genutzt hat?
    Zur Erinnerung: Daß nationalistische oder rechte Parteien in Frankreich zum Nein-Lager beim Referendum über die EU-Verfassung 2005 gehörten, tat der politischen Linken in Frankreich, die ebenfalls zum Nein aufriefen, keinen Abbruch. Und dem Ergebnis, der Ablehnung der EU-Verfassung, schon gar nicht.

    Die Autorin ist stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe und für die Linksfraktion Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages
    Quelle:

  • Verfassungsreferendum

    Verfassungsreferendum

    Foto: AFP

    Verfassungsreferendum
    Türken stimmen für mehr Demokratie
    zuletzt aktualisiert: 12.09.2010 – 19:04

    Istanbul (RPO). Die Türken haben mit deutlicher Mehrheit für eine Änderung ihrer Verfassung gestimmt. Hochrechnungen zufolge votierten zwischen 58 und 60 Prozent für das Reformpaket. Nun soll die Verfassung geändert werden. Für das Land bringt das einen Zuwachs an Bürgerrechten und Demokratie. Die EU könnte in den Beitrittsverhandlungen unter Zugzwang geraten.

    Grundlage für die ersten Hochrechnungen waren Daten aus rund 76 Prozent der Wahlbezirke im ganzen Land. Das Ergebnis: eindeutig. Eine klare Mehrheit ist für Änderungen in der Verfassung. Dr türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der sich entschieden für die Änderungen stark gemacht hatte, ist damit klarer Sieger des Referendums. Rund 50 Millionen Stimmberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen.

    Der Fernsehsender NTV berichtete, 60 Prozent unterstützten die von der Regierung beworbenen Reformen, 40 Prozent hätten sich dagegen ausgesprochen. Der Sender CNN-Türk meldete ähnliche Zahlen. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warb mit Blick auf den erhofften EU-Beitritt damit, die insgesamt 26 Änderungen sollten die Türkei demokratischer machen. Geplant ist unter anderem, die Streitkräfte stärker der zivilen Gerichtsbarkeit zu unterstellen.

    Der Sieg bei der Volksabstimmung ist ein großer politischer Erfolg für Erdogan. Seine Regierungspartei AKP hatte im Wahlkampf vor dem Referendum einen Block aus allen wichtigen Oppositionsparteien gegen sich. Die Volksabstimmung galt zudem als wichtiger Stimmungstest zehn Monate vor den nächsten Parlamentswahlen im kommenden Sommer.

    Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warb mit Blick auf den erhofften EU-Beitritt damit, das die insgesamt 26 Änderungen die Türkei demokratischer machen sollten.

    Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

    Streitkräfte Beschlüsse des Obersten Militärrates, der über Beförderungen und Entlassungen in der Armee entscheidet, unterliegen künftig der Kontrolle durch die zivile Justiz. Die Anführer des Putsches von 1980 verlieren ihre bisherige Immunität vor Strafverfolgung und dürfen wegen der vielen Menschenrechtsverletzungen nach dem Staatsstreich vor Gericht gestellt werden.

    Dies ist nicht unumstritten. Die Opposition sieht darin den Versuch der islamisch orientierten Regierung, die weltlichen Prinzipien der Türkei zu untergraben und ihren Einfluss auf die Justiz zu vergrößern.

    Positive Diskriminierung: Fördermaßnahmen für Frauen, Kinder, Behinderte und Kriegsversehrte werden verfassungsrechtlich abgesichert. Damit sollen die Arbeitsmarktchancen dieser Gruppen verbessert werden.

    Gewerkschafts- und Beamtenrechte: Die Türken erhalten das Recht, gleichzeitig Mitglied in mehr als einer Gewerkschaft zu sein. Das Streikrecht wird ausgeweitet.

    Ombudsmann: Das türkische Parlament soll künftig alle vier Jahre einen Ombudsmann wählen, der die Kontrolle über die Verwaltung verbessern und Beschwerden von Bürgern nachgehen soll.

    Justiz: Die Zahl der Verfassungsrichter wird von elf auf 17 erhöht. Die Rolle von Staatspräsident und Parlament bei der Auswahl neuer Verfassungsrichter wird gestärkt. Auch der Richterrat, ein Gremium zur Ernennung und Entlassung von Richtern und Staatsanwälten, wird von sieben auf 22 Mitglieder erweitert. Die Vertreter der höchsten Justizorgane, die als besonders erbitterte Gegner der Erdogan-Regierung gelten, verlieren an Einfluss.

    EU-Beitritt bleibt umstritten

    Die Regierung hat für ihre Reformen die Unterstützung der Europäischen Union bekommen und einen möglichen EU-Beitritt auch in der öffentlichen Diskussion immer wieder als Argeument für eine Demokratisierung der Türkei vorgetragen.

    Doch ob sich der erhoffte Erfolg, der Beitritt zur Europäischen Union, einstellen wird, bleibt höchst fraglich. Der wachsenden weltpolitischen Bedeutung Ankaras zum Trotz bleibt die Europäische Union in der Türkei-Politik gespalten.

    Außenminister Guido Westerwelle warb am Wochenende für eine Partnerschaft ohne EU-Ticket: „Die Türkei erwartet nicht, dass man ihr irgendwelche Zusagen macht, sie sei bald Mitglied“, sagte Westerwelle am Samstag. Entscheidend sei das Signal, dass der Prozess fair ablaufe und man Ankara als Partner „auf Augenhöhe“ ernst nehme.

    Diplomaten warnen vor einem Abdriften

    Die meinungen innerhalb der EU gehen auseinander. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kam auf einer Außenministerkonferenz am Wochenende ihrem Ziel, die EU auf einen einheitlichen Kurs einzuschwören, keinen Schritt näher. Es sei wichtig, den Beitrittsprozess fortzusetzen, sagte sie auf der Abschlusspressekonferenz und mahnte „Handlungen auf beiden Seiten“ an.

    Ohne Durchbruch drohen die Verhandlungen steckenzubleiben. Der Start der Gespräche liegt fünf Jahre zurück, doch erst 13 von 33 Verhandlungskapitel sind eröffnet. Und bis auf drei werden alle übrigen noch geschlossenen Kapitel derzeit von Frankreich und Zypern blockiert. Sollte es der belgischen Ratspräsidentschaft nicht gelingen, bis Ende des Jahres zumindest für einen weiteren Bereich Gespräche aufzunehmen, wäre der Prozess in einer Sackgasse gefangen. Angesichts der jüngsten Hinwendungen Ankaras zur islamischen Welt warnen Diplomaten bereits vor einem „Abdriften“ der Türkei.

    URL: www.rp-online.de/politik/ausland/Tuerken-stimmen-fuer-mehr-Demokratie_aid_905518.html

  • Türkische Verfassungsreform begrüßt

    Türkische Verfassungsreform begrüßt

    Verfassung
    Türkische Verfassungsreform begrüßt

    Datum: 13.9.2010 – 07:38 Uhr

    Washington/Berlin/Istanbul (dpa) – Das Ergebnis des Referendums über die Reform der türkischen Verfassung ist international begrüßt worden.

    US-Präsident Barack Obama sagte am Sonntag nach Angaben des Weißen Hauses in Washington Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bei einem Telefongespräch, die Beteiligung an der Abstimmung sei ein Zeichen für die Lebendigkeit der türkischen Demokratie.

    Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich am Abend erfreut über den Erfolg des Referendums. «Die Verfassungsreform ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Türkei nach Europa.» Die Debatte sei aber «sicher noch nicht beendet. Ich bin zuversichtlich, dass der Reformprozess in der Türkei im Sinne einer weiteren Öffnung der Gesellschaft fortgeführt wird.»

    Auch die Europäische Union (EU) begrüßte die Annahme von Verfassungsänderungen, forderte zugleich jedoch weitreichendere Reformen. Die geplanten Neuerungen seien «ein Schritt in die richtige Richtung», hieß es in einer Erklärung von EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle. Die tatsächliche Bedeutung für die Lebenswirklichkeit in der Türkei werde von der Umsetzung der Verfassungsänderungen abhängen.

    Etwa 58 Prozent der Wähler hätten für das Paket aus 26 Änderungen gestimmt, sagte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Sonntag vor jubelnden Anhängern. Verlierer seien diejenigen, die Eingriffe des Militärs in die Demokratie unterstützten.

    Erdogan sagte, sein Land habe einen historischen Schritt gemacht, dem weitere Reformen folgen würden. «Unsere Demokratie ist nun stärker geworden. Die Demokratie ist der Gewinner.» Die Wahlbeteiligung betrug mehr als 77 Prozent. Devlet Bahceli, der Vorsitzende der rechtsextremen Oppositionspartei MHP, forderte Erdogan zu Neuwahlen auf. Er warf der Regierung vor, das Referendum mit Drohungen und Bestechung manipuliert zu haben.

    Erdogan will die Macht des Parlamentes stärken und verspricht mehr Demokratie und Freiheit. So soll nun der Schutz persönlicher Daten der Bürger verbessert werden. Der Gleichheitsgrundsatz wurde ergänzt, so dass staatliche Vorteile für benachteiligte Bevölkerungsgruppen ausdrücklich möglich werden. Dafür will die Regierung Befugnisse der Militärjustiz einschränken und mehr Einfluss des Parlaments bei der Ernennung höchster Richter sichern. Kritiker aus der Opposition werfen Erdogan und seiner AKP vor, sie wollten so die türkische Justiz unter Kontrolle bringen.

    Erdogans AKP und die oppositionelle Republikanische Volkspartei CHP, die sich als Hüterin des säkularen Erbes von Republiksgründer Mustafa Kemal Atatürk versteht, hatten sich in den vergangenen Wochen einen heftigen politischen Schlagabtausch geliefert.

    In den von Kurden bewohnten Provinzen im Osten der Türkei war der Anteil abgegebener Ja-Stimmen besonders groß. Allerdings war die Wahlbeteiligung dort nach Boykottaufrufen kurdischer Parteien teilweise auch besonders gering, was das Meinungsbild verzerrte. In den Kurdengebieten gab es am Sonntag vereinzelt Zusammenstöße. So attackierten Demonstranten, die Slogans der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK riefen, ein Wahllokal in der Provinz Mersin angegriffen und warfen zwei Brandsätze.

    * Quelle: dpa
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  • EU: »Dialog« mit Ankara

    EU: »Dialog« mit Ankara

    13.09.2010

    EU: »Dialog« mit Ankara

    Brüssel (dpa/ND). Die EU will stärker und enger als je zuvor mit der immer wichtiger werdenden Türkei zusammenarbeiten. Die Außenminister der 27 EU-Staaten boten Ankara am Samstag in Brüssel einen »strategischen Dialog« vor allem zu den Krisenthemen Nahost, Iran, Westbalkan und Afghanistan an.

    Bundesaußenminister Guido Westerwelle verwies auf ein großes Interesse Europas daran, »dass die Blickrichtung der Türkei der Westen ist und bleibt«. Derzeit müsse aber nicht über den Beitritt des Landes entschieden werden.

    Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte in Brüssel, der neu angebotene strategische Dialog könne kein Ersatz für die Beitrittsverhandlungen sein. »Ohne Bewegung in den Beitrittsverhandlungen ist es schwierig, eine solche strategische Vision zu entwickeln.«

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  • Westerwelle begrüßt Erfolg des Verfassungsreferendums in der Türkei

    Westerwelle begrüßt Erfolg des Verfassungsreferendums in der Türkei

    12.09.2010

    Bundesaußenminister Westerwelle begrüßt Erfolg des Verfassungsreferendums in der Türkei


    Zum Ausgang des Verfassungsreferendums in der Türkei erklärte Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle heute (12.09.):

    „Ich begrüße den Erfolg des Referendums. Die Verfassungsreform ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Türkei nach Europa.
    Die Inhalte des Reformpakets wurden intensiv in der Türkei diskutiert. Diese zivilgesellschaftliche Diskussion – auch über die konkrete Ausgestaltung der Machtbalance im Staat – ist sehr zu begrüßen. Sie ist sicher noch nicht beendet.
    Ich bin zuversichtlich, dass der Reformprozess in der Türkei im Sinne einer weiteren Öffnung der Gesellschaft fortgeführt wird.“
    Quelle: Pressemittelung des Auswärtigen Amtes

  • Universität Tübingen soll Imame ausbilden

    Universität Tübingen soll Imame ausbilden

    13.09.2010 /
    Universität Tübingen soll Imame ausbilden
    Bundesregierung unterstützt Studiengang

    München/Stuttgart (dpa/ND). Baden-Württemberg soll das erste Bundesland werden, in dem mit Unterstützung der Bundesregierung Imame für die Moscheen ausgebildet werden. (…)

    Quelle:

  • Zweifel an Demokratisierung der Türkei

    Zweifel an Demokratisierung der Türkei

    Le Monde – Frankreich
    Zweifel an Demokratisierung der Türkei
    Rund 50 Millionen türkische Wähler sind aufgerufen, am kommenden Sonntag über eine Verfassungsreform abzustimmen. In der Tageszeitung Le Monde zweifelt die Oppositionspolitikerin Didem Engin von der Republikanischen Volkspartei CHP jedoch am Demokratisierungsprozess ihres Landes: „Im Widerspruch zu seinen antidemokratischen Äußerungen der Vergangenheit behauptet der Ministerpräsident heute, er habe sich verändert. Seine Äußerungen und seine Handlungen widersprechen sich und er wird immer intoleranter gegenüber jeglicher Kritik an seinen Entscheidungen. Die von der AKP regierte Türkei wird schon seit einiger Zeit durch Einschränkungen der Pressefreiheit zermürbt. Illegale Telefonüberwachungen nehmen zu. Die Regierungspartei versucht, die Justiz zu kontrollieren. Der Staat wird von Korruptionsvorwürfen erschüttert. … Kann man von einer echten Demokratisierung in der Türkei sprechen, oder handelt es sich nur um eine Täuschung?“ (09.09.2010)

    Quelle:

  • Einladung: Polizei – Muslime – Stadt Düsseldorf

    Einladung: Polizei – Muslime – Stadt Düsseldorf

    Einladung zur Fachtagung am 25.9.2010 zum Thema:


    „Sicherheit und Ordnung in Düsseldorf“ Polizei – Muslime – Stadt Düsseldorf

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich freue mich, Sie im Namen der Mitglieder des Runden Tisches zur Fachtagung zum Thema: „Sicherheit und Ordnung in Düsseldorf“ Polizei – Muslime – Stadt Düsseldorf“ am Samstag, 25. Septemebr 2010, ab 11.00 Uhr, ins Bürgerhaus Bilker Arkaden, Friedrichstr./ Ecke Bachstr 145 Bilk, einladen zu dürfen.

    Folgendes Programm ist vorgesehen:

    Ab 11.00 Uhr    Stehempfang

    11.30 Uhr Begrüßung

    Vertreter der Muslime des Runden Tisches, Herr Bekim Rukaj
    Kontaktbeamter Islamische Institutionen (KMI) der Polizei, Düsseldorf, Herr PHK Dirk Sauerborn

    11.45 Uhr    Blick aufs Programm,  Aufgaben des KMI

    12.00 Uhr    Aufgaben des Ordnungs- und Servicedienstes, Herr Holger Körber, Am 32/12)

    12.30 Uhr    Aufgaben der Verkehrsüberwachung der Stadt Düsseldorf, Herr Norbert Preiwuss, Amt 32/2

    13.00 – 14.00 Uhr Mittagspause

    14.00 Uhr    Ordnungsamt: Themenkreis „Schächten“, Herr Klaus Meyer, Amt für Verbraucherschutz  –  39/1 / Abt. Veterinärwesen u. Lebensmittelüberwachung

    14.30 Uhr    Umgang mit Sterbefällen von Muslimen, NN

    15.00 Uhr    Kurzer „historischer Abriss des „Runden Tisches“; Herr Rukaj / Sauerborn Moscheevereine in Düsseldorf aus Sicht der Muslime  – Problempunkte; was läuft gut?

    gegen
    16.00 Uhr    Verabschiedung

    Nach jedem Kurzvortrag ist ausreichend Gelegenheit für Fragen und zur Diskussion.
    Für das Mittagsgebet steht ein besonderer Raum zur Verfügung, der von den Vereinen mit Teppichen ausgestattet wird.

    Für den Runden Tisch

    Bekim Rukaj

    Info: Bekim Rukaj, 01741050180 oder Dirk Sauerborn 01703210576

  • Das verzerrte Bild der Deutschen

    Das verzerrte Bild der Deutschen

    Foto: AFP

    Das verzerrte Bild der Deutschen

    VON DANA SCHÜLBE – zuletzt aktualisiert: 09.09.2010

    Berlin (RPO). Während sich die Gemüter um Thilo Sarrazins Thesen nur allmählich abkühlen, sorgen schon wieder neue Ereignisse für Unmut in der Welt. Erika Steinbach legt sich erneut mit den Polen an. Und die Kanzlerin bemüht sich um Weltoffenheit, erntet dafür aber von muslimischer Seite Kritik. Die Häufung solcher Ereignisse verzerrt das Bild der Deutschen im Ausland.

    „Die Welt zu Gast bei Freunden“ – so begrüßte Deutschland im Jahr 2006 zur Fußball-Weltmeisterschaft seine Besucher. Und konnte damit punkten. Denn das riesige Fan-Fest von Hamburg über Berlin bis Stuttgart gab dem Image der Bundesrepublik einen gehörigen Auftrieb. Die Deutschen können feiern, sind lustig – und eben auch aufgeschlossen gegenüber anderen Nationen.

    Doch das Bild der Deutschen hat durch die jüngsten Äußerungen einiger Politiker stark gelitten. Gerade die Thesen von Noch-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin haben nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland für Aufruhr gesorgt. So bezeichneten ihn etwa viele türkische Zeitungen als „Rassisten“.

    Das Ansehen in der Welt schien so stark in Mitleidenschaft gezogen zu sein, dass sich Kanzlerin Angela Merkel sogar dazu verleitet sah, ein Interview in der türkischen Zeitung „Hürriyet“ zu geben, um sich von Sarrazins Äußerungen zu distanzieren.

    Medienpreis für Karikaturisten

    Die Diskussion um die Integration ebbt derweil nicht ab – und sie ist sicherlich auch nötig. Doch die Gemüter haben sich noch nicht einmal beruhigt, da weht schon wieder ein rauer Wind. Hintergrund ist die Verleihung eines Medienpreises durch Merkel an den dänischen Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard, mit dem sie eigentlich ein Zeichen für die Pressefreiheit setzen wollte.

    So warf der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, gegenüber unserer Redaktion Merkel einen Mangel an „interkultureller Kompetenz“ vorgeworfen. „Natürlich muss die Pressefreiheit verteidigt werden, aber der Zeitpunkt der Preisverleihung war mehr als unglücklich“, sagte Kolat. Damit werde die aktuelle, von Thilo Sarrazin angestoßene muslimfeindliche Debatte weiter befeuert.

    Und auch vom Zentralrat der Muslime in Deutschland kommt Kritik. „Damit wird nur wieder Öl ins Feuer gegossen“, sagte der Vorsitzende Ayyub Axel Köhker der „Mitteldeutschen Zeitung“. Mit der Auszeichnung gebe Merkel der Islamfeindlichkeit neue Nahrung.

    Es ist bekannt, dass die muslimische Welt sehr empfindlich auf Westergaards Zeichnungen, die unter anderem den Propheten Mohammed mit einer Bombe im Turban zeigten, reagiert. Ob die Ehrung gerechtfertigt ist oder nicht, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

    Empörung über BdV-Funktionäre

    Doch damit nicht genug. Während Sarrazin über Migranten und Juden herzieht und die Auszeichnung Westergaards für Ärger sorgt, legt nun auch noch der Bund der Vertriebenen und deren Vorsitzende Erika Steinbach nach. Die Funktionäre Arnold Tölg und Hartmut Saenger sorgten für Empörung in der Union. So hatte Tölg etwa davon gesprochen, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hatte und der deutsche Angriff auf Polen nur der zweite Schritt gewesen sei.

    Und Steinbach nahm die beiden in Schutz, legte sogar noch nach. Nach einem Bericht der „Welt“ bestätigte sie, dass sie in der Vorstandssitzung der Unionsfraktion gesagt habe: „Und ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht habe“ Sie legte demnach aber Wert darauf, dass sie damit nicht die Kriegsschuld Deutschlands bestreiten wollte.

    Und dennoch haben die Äußerungen der BdV-Funktionäre mehr als nur ein kleines Geschmäckle. Denn Fakt ist: Tölg greift mit seiner Aussage die Argumentation und Rechtfertigung Hitlers für den Einmarsch am 1. September 1939 in Polen auf. Ein Umstand, der nicht nur die Polen aufhorchen lassen wird.

    Fakt ist, dass Hitler angebliche Schüsse Polens auf deutschem Territorium inszenierte, um der Wehrmacht einen Grund zu geben, in das Land einzumarschieren. Denn ihm fehlte noch ein Anlass, um den Krieg, der Millionen tötete und der mit diesem Überfall begann, zu starten.

    Ein skeptischer Blick auf die Republik

    Dementsprechend wird durch die Äußerungen das Verhältnis zu Polen nicht besser. Denn schon die Diskussion um die Berufung Steinbachs in die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung hatte für ein angespanntes Verhältnis mit den Nachbarn gesorgt. Und so ist auch diesmal zu erwarten, dass die polnische Seite mit Empörung reagieren wird.

    Aber genau das kann Deutschland nicht gebrauchen. Und auch wenn Sarrazin und Steinbach zunächst nur als Einzelstimmen vernommen werden, so haben die letzten Tage gerade im Fall des Bundesbank-Vorstands gezeigt, wie sehr populistische Äußerungen doch ihre Wirkung in der Bevölkerung ausbreiten. Dabei sollte eigentlich in Richtung Zukunft geschaut und die Probleme der Integration auf politischem Wege gelöst werden – ohne weitere Ressentiments hervorzurufen.

    Dass das Ausland dementsprechend mit Argwohn und Skepsis auf die Geschehnisse in der Bundesrepublik schaut, ist nicht verwunderlich – und sollte auch zu denken geben. Denn alle Bemühungen um Toleranz, Kampf gegen Rechts und Integration werden dadurch in den Schatten gestellt und weniger wahrgenommen, als sie es sollten.

    Der Blick zurück auf falsche historische Argumentationen und die populistische Darstellung von gesellschaftlichen Problemen wirft daher Deutschland einen gewaltigen Schritt zurück in der Bemühung, das zeigen zu wollen, was die Bundesrepublik in großen Teilen ist – nämlich weltoffen und tolerant.
    URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Das-verzerrte-Bild-der-

    Deutschen_aid_904360.html

  • Türkei streitet über Verfassungsreform

    Türkei streitet über Verfassungsreform

    Bildquelle: AFP

    Türkei streitet über Verfassungsreform

    VON THOMAS SEIBERT

    Ein Galgen, Folterwerkzeuge, Bilder der Opfer: Eindringlich erinnert ein neues Museum in der türkischen Hauptstadt Ankara an den Militärputsch vom 12. September 1980. Mehr als 600 000 Menschen wurden damals festgenommen, Tausende wurden gefoltert und getötet. Die Folgen des Putsches sind bis heute spürbar, denn die Generäle hinterließen eine Verfassung, die der Demokratie strenge Fesseln anlegt. Am 30. Jahrestag des Putsches stimmen die Türken am Sonntag über Verfassungsreformen ab, die einige dieser Fesseln lösen sollen. Das sagt zumindest die Regierung. Die Opposition sieht das anders und will das Projekt ablehnen. So wird das Verfassungsreferendum zu einer einer Vertrauensabstimmung über die Regierung.

    Im Wahlkampf beharkten sich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu mit schweren Vorwürfen. Erdogan bezeichnete alle Gegner seiner Verfassungsreform als „Putschisten“. Kilicdaroglu warf Erdogan vor, aus der Türkei einen Polizeistaat machen zu sollen. Wenn die Verfassungsreform angenommen werden sollte, schärfte der Oppositionschef seinen Zuhörern bei einer Rede in Antalya ein, „können Sie eines Morgens von der Polizei abgeholt werden und für Monate im Gefängnis verschwinden“.

    Die Umfragen sagen ein knappes Ergebnis voraus. Erdogan rechnet mit 55 Prozent Ja-Stimmen. Das würde reichen, wäre aber ein Zeichen für die Spaltung der Türkei. Vielen falle es schwer, sich trotz der Verbesserungen durch die Reformen zu einem Ja durchzuringen, weil sie fürchteten, dass Erdogans AKP alle Macht im Land an sich reißen wolle, sagt der Istanbuler Soziologe Ferhat Kentel: „Auf der einen Seite steht die Hoffnung auf Veränderung, auf der anderen Seite die Frage, ob man Erdogan vertrauen soll.“ Der AKP stehen die größten Oppositionsparteien gegenüber: Kilicdaroglus linksnationale CHP und die rechtsgerichtete MHP ebenso wie die Kurdenpartei BDP.

    Dabei würde eine große Mehrheit der Türken einigen Änderungen in Erdogans Paket sofort zustimmen. So sollen die Rechte von Frauen, Kindern, Behinderten und Gewerkschaften gestärkt, die politische Macht der Militärs eingeschränkt werden. Die Türken können allerdings nur über das Gesamtpaket abstimmen.

    Nicht nur daran stößt sich die Opposition. Die CHP als Vertreterin der traditionellen Eliten der Türkei kritisiert eine geplante Justizreform. Erdogan will den Aufbau des Verfassungsgerichts und eines Gremiums zur Ernennung von Richtern und Staatsanwälten neu ordnen. Gegner sehen das als Versuch des Premiers, die als regierungskritisch bekannte Justiz an die Kandare zu nehmen; im Hintergrund steht der Dauervorwurf, Erdogans AKP bereite die islamistische Machtergreifung vor.

    Quelle: URL:

    verfassungsreform-1.99544

  • USA sollen Pastor Jones stoppen

    USA sollen Pastor Jones stoppen

    10.09.2010 /
    USA sollen Pastor Jones stoppen
    Weltweiter Protest gegen Koran-Verbrennung

    Jakarta (AFP/ND). Mehrere asiatische Staaten haben die USA aufgefordert, die von radikalen Christen in Florida geplante Koran-Verbrennung zu unterbinden. Indonesiens Staatschef Susilo Bambang Yodhoyono forderte Präsident Barack Obama am Donnerstag in einem Brief auf, die Aktion zu stoppen. Pakistans Präsident Asif Ali Zardari erklärte, die Aktion werde »bei Muslimen auf der ganzen Welt Gefühle entfachen und der Harmonie zwischen den Religionen sowie dem Weltfrieden einen irreparablen Schaden zufügen«. Obama sagte dem Fernsehsender ABC, die geplante Koran-Verbrennung sei »eine destruktive Geste«, die »den Werten Amerikas völlig widerspricht«. Sie sei ein »Glücksfall für Al Qaida, um Leute anzuwerben« und »könnte schwere Gewalt in Pakistan oder Afghanistan nach sich ziehen«. In Afghanistan demonstrierten gestern bereits mehrere tausend Menschen wegen der angekündigten Koran-Verbrennung. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Der Kommandeur der deutschen Truppen am Hindukusch, Brigadegeneral Hans-Werner Fritz, warnte vor möglichen Racheakten an Bundeswehrsoldaten. Auch US-Autor John Grisham hat das Vorhaben als Aktion eines religiöser Fanatikers scharf kritisiert.

    Quelle:

    jones-stoppen.html

  • Die Türkei wird nie eine westliche Demokratie

    Die Türkei wird nie eine westliche Demokratie

    Aydin Findikçi fordert einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der türkischen Regierungspartei, weil sie das Land islamisiere.

    Die Türkei ist bekanntlich ein wunderschönes Land. Dieses Land wurde in Form einer Republik am 29.Oktober 1923 von Mustafa Kemal Atatürk ins Leben gerufen. Seit ihrer Gründung verfolgte die Türkei bis zu den Wahlen im November 2002 eine nach Westen ausgerichtete Politik.

    Das Jahr 2002, in dem die AKP „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“ von Recep Tayyip Erdogan im November 2002 die Wahlen gewann, ist für die gesamte Türkei ein Wendepunkt. Seit dieser Zeit wird die türkische Gesellschaft in jeder Form verändert, manipuliert und islamisiert. Die von der AKP-Regierung vorgenommenen grundlegenden Veränderungen der türkischen Gesellschaft dienen nicht zu weiteren Europäisierung und Modernisierung, wie dies fälschlicher Weise öfter in Teilen der europäischen Medien dargestellt wird, sondern zur vollständigen Islamisierung der türkischen Gesellschaft und Totalisierung des Landes.

    Und diese Entwicklung ist die Hauptgefahr des Friedens mit fatalen Folgen für Europa. Gerade diese Entwicklung stellt das Haupthindernis des Landes auf dem Weg der Etablierung der Demokratie nach westlichen Normen dar. Ein Land, wie die Türkei, das mit seiner eigenen Kraft es nicht schafft, sich zu einer Demokratie im westlichen Sinne zu entwickeln und sich bewusst von der westlichen Welt abzukoppelt, kann auch keinen Anspruch darauf haben, Mitglied der Europäischen Union (EU) zu werden und eine Regionalmacht zu sein.

    Türkei ist wichtig für die westliche Welt

    Es steht außer Zweifel, dass die Türkei sowohl in ihrer Region als auch für die Interessen der westlichen Welt ein wichtiges Land ist. Aufgrund ihrer strategischen Stellung war und ist die Türkei immer für die westliche Welt von erheblicher Bedeutung. Mittlerweile befindet sich die Türkei von Atatürk in einer sehr schwierigen Lage, die in erster Linie dadurch gekennzeichnet ist, dass sie von der AKP-Regierung von Tag zu Tag von der westlichen Welt abgekoppelt und folglich in einen ethnisch motivierten Bürgerkrieg getrieben wird.

    Die Abkopplung der Türkei von der westlichen Welt und von ihren Normen liegt sicherlich weder in ihrem eigenen Interesse noch im Interesse ihrer Region noch im Interesse des Westens.

    Es steht mittlerweile fest, dass es der Türkei aufgrund der Abkoppelungspolitik der AKP-Regierung und ihrem Führer nicht gelingt, sich als eine westliche Demokratie zu etablieren. Das türkische Volk ist eigentlich bereit, sich an die westlichen Normen zu orientieren und sich noch mehr stärker dafür einzusetzen, wenn die politische Führung des Landes aufgrund ihrer antiwestlichen und antisemitischen Haltung den Westausrichtungsprozess von Atatürk nicht bremsen würde. Und das ist auch die eigentliche Ursache, warum es seit der Machtübernahme der APK-Regierung und ihrem Führer Recep Tayyip Erdogan im Jahre 2002 Ankara nicht gelingt, die türkische Gesellschaft zu modernisieren.

    Atatürk wollte das Land aus dem Orient führen

    Der Orient und der Osten waren für Atatürk gleichbedeutend mit mittelalterlicher Rückständigkeit. Die Absicht von Atatürk war die Etablierung einer demokratischen, laizistischen und europäischen Türkei, die als Teil des Westens in der Welt ihre Verantwortung übernehmen sollte. Aus diesem Grund standen Europa und der Westen für das Moderne.

    Die Modernisierung der türkischen Gesellschaft nach westlichen Normen war das erklärte Ziel der Politik von Atatürk. An dieser Grundausrichtung der am 29. Oktober 1923 gegründeten Republik hat in den letzten Jahren, insbesondere seit dem Regierungsantritt der AKP und ihres Führers Recep Tayyip Erdogan vieles geändert.

    Atatürk hat mit dem Ziel, die Türkei zu einem modernen Staat zu entwickeln, eine Reihe von Umgestaltungen durchgeführt. Dazu gehörte in erster Linie die Aufhebung des Sultanats (1.November 1922) und die Abschaffung des Amtes des Kalifen (3. März 1924).

    Bruch mit den Kalifen

    Und Ali Yüksel, der seit kurzem Berater vom AKP-Führer Erdogan geworden ist, wurde in Deuschland von der Milli Görüs und ihren Sympathisanten als Kalife gewählt. Und dieser kalifa, der mit drei Frauen verheiratet ist, berät die türkische Regierung. Daher ist die Wiederherstellung dieses religiösen Amtes das erklärte Ziel der gesamten türkischen Islamisten weltweit.

    Atatürk ersetzte als wöchentlichen Ruhetag den Freitag durch den Sonntag. Die Wiedereinführung des Freitags als Ruhetag ist ebenfalls das erklärte Ziel der Islamisten, weil aus deren Sicht der Sonntag der christliche Ruhetag ist. Atatürk schaffte am 1.11.1928 die arabische Schrift ab und verordnete den türkischen Staatsbürgern das lateinische Alphabet, er verbot die osmanische Kopfbedeckung Fez am 25. November 1925 und ordnete stattdessen das Tragen westlicher Hüte an.

    In Deutschland tragen immer mehr Frauen das sogenannte Kopftuch (Turban), das ihre Integration beeinträchtigt und hemmt. In diversen Jugendheimen, die vom politischen Islam in zahlreichen Städten getrieben werden, wird Koran in arabischer Sprache auswendig gelehrt.

    Streben in die EU

    Die Atatürk’sche Revolution war der Beginn des modernen türkischen Europa-Strebens. Aus diesem Grund entscheid sich die Türkei für die Vollmitgliedschaft in der NATO schon 1952 – drei Jahre früher als Deutschland – und 1963 für die Assoziierung mit der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der Vorläuferin der heutigen EU. Aufgrund dieser Assoziierung ist die Türkei seit dem 1.1.1996 durch die Errichtung der Zollunion wirtschaftlich eng an der EU angebunden.

    Die Türkei hat auf dem EU-Gipfel im Dezember 1999 in Helsinki die Erklärung der EU akzeptiert, mit der das Land in den Status eines Beitrittskandidaten erhoben wurde. „Auf diesem Gipfel wurde die Türkei als Beitrittskandidat für die EU benannt und somit das korrigiert, was ihr auf dem Luxemburger EU-Gipfel zwei Jahre zuvor im Dezember 1997 verwehrt worden war.

    Nunmehr hat sich die Türkei in die Pflicht nehmen lassen, tief greifende Reformen zu vollziehen – Reformen, welche die Annäherung und Angleichung an die EU-Normen betreffen, die zu erfüllenden Voraussetzungen für die Vollmitgliedschaft. Der Annäherungsprozess ist durch die Unterzeichnung der Beitrittspartnerschaft auf dem Gipfel in Nizza am 7.Dezember 2000 nunmehr in eine neue Phase getreten, in der die Türkei zügig und entschlossen das Reformwerk vollziehen muss“, so Faruk Sen in einem Aufsatz 2001.

    „Es gibt nur eine Zivilisation – die westliche“

    n diesem Zusammenhang ist aber die Analyse von Stefan Hibberler von erheblicher Bedeutung, um die Rolle und die Stellung der modernen Türkei von Atatürk für den Westen sowie die Veränderungen der letzten Jahre in der Gegenwart besser zu verstehen.

    „Bereits im 18. Jahrhundert setzten Reformbewegungen ein, die sich an westeuropäischen Vorbildern orientierten. Neben Reformen auf militärischem Gebiet begann bereits im 19. Jahrhundert die Übernahme westlichen Rechts, das zunehmend das osmanische ablöste.

    Nach dem Befreiungskrieg unter Mustafa Kemal Atatürk und der Gründung der Türkischen Republik 1923 beschleunigte sich das Reformtempo, wobei sich die Zielrichtung des Prozesses mit einem Satz Atatürks umreißen lässt: „Es gibt nur eine Zivilisation – die westliche“.

    Die kemalistische Außenpolitik ist pragmatisch geprägt und setzt auf friedliche Koexistenz mit allen Nachbarn. Sie trägt zugleich die Tendenz zur Neutralität, d.h. das Bemühen, zu allen großen Mächten gute (und nützliche) Beziehungen zu unterhalten. Auf der Grundlage dieser Politik beispielsweise ist die Türkei nicht aktiv in den Zweiten Weltkrieg eingetreten“.

    Gesetze nach europäischem Vorbild

    Die Gesetze der neuen Türkei wurden nach europäischen Vorbildern geschneidert. Die gleichen Rechte für Frauen und Männern wurden von 1926 an stufenweise gewährleistet. Zur Beschäftigungssituation der türkischen Frauen seit der AKP-Regierung stellt die Welt Online in ihrer Ausgabe vom 01.06.2007 folgendes fest: „Es gibt immer weniger Frauen in verantwortungsvollen Positionen, seit die AKP regiert…

    Fairerweise muss gesagt werden, dass der Frauenanteil in der Verwaltung im Vergleich zu den meisten westlichen Ländern, etwa Deutschland, recht hoch ist und annähernd dem EU-Durchschnitt entspricht. Das hat aber nicht die AKP durchgesetzt. Der hohe Frauenanteil ist Teil der kemalistischen Staatskultur.“ (hier)

    Nach Angaben von Ertugrul Özkök gibt es in der Türkei insgesamt 7283 Richter, wovon 5006 männlich und 2277 weiblich sind. Die Gleichberechtigung von Frau und Mann wurde mit dem aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen im Jahre 1934 eingeführt. Am 18.Juli 2010 hat Recep Tayyip Erdogan eine Delegation aus diverser Frauenorganisation in Istanbul empfangen und ihnen sehr stolz mitgeteilt, dass er an der Gleichberechtigung von Frau und Mann nicht glaube, so Karakol Baki.

    Die AKP dreht alles um

    In der Türkei ist seit dem Regierungsantritt der AKP eine völlig andere Entwicklung zu verzeichnen. Seit dem Regierungsantritt der AKP von Recep Tayyip Erdogan im November 2002 befindet sich die Türkei in einer völlig neuen Situation, die durch zahlreiche besorgniserregende Entwicklungen sowohl für die gesamte türkische Wohnbevölkerung als auch für die westliche Welt gekennzeichnet ist: Die türkische Gesellschaft wird gespalten und manipuliert.

    So wird z.B. in der Türkei die Bevölkerung am 12.September 2010 in einem Referendum über die Verfassungsreform abstimmen. Wer sich noch nicht im Sinne der AKP und ihres Führers zur Farbe bekennt und „Nein“ zu Verfassungsänderungen sagt, wird von Recep Tayip Erdogan hart bestraft, beleidigt und beschimpft.

    Der erste Europaminister seines Landes Egemen Ba bezeichnet die türkischen Wähler in der Zeitung „Cumhuriyet“ als diejenigen „die entweder nicht alle Tassen im Schrank oder ein Problem mit der Liebe des Landes haben, wenn sie „Nein“ zu Verfassungsänderungen sagen würden“.

    Erdogan mit Goebels und Hitler verglichen

    Der Vorsitzende der Oppositionspartei, der CHP (Republikanische Volkspartei) Kemal Kiliçdaroglu wird aufgrund seines alawitischen Glaubens von Recep Tayip Erdogan massiv angegriffen und beleidigt. Diese Beleidigung seiner Person vergleicht Kiliçdaroglu in der „Hürriyet“ mit Goebbels aus Hitler-Deutschland und betont: „Was Goebbels nicht geschafft hat, machen sie das. Und das nennt man Faschismus“.

    Der Vergleich von Erdoan mit Goebbels durch Kiliçdaroilu wird auch vom türkischen Verfassungsrechtlern Prof. Dr. Süheyl Batum geteilt. Prof. Batum weist in seinem Aufsatz „Sözden Yaziya “ (vom mündlichen zu schriftlichen) in einer Zeitung vom 23.August 2010 wie folgt darauf hin: „die Türkei rückt immer in Richtung des Hitler-Faschismus. Telefonabhören und unrechtstaatliche Taten belegen das“.

    Nach Angaben des türkischen Journalisten Oktay Ekci droht Recep Tayyip Erdogan allen Wählern, Organisationen, Vereinen, Verbänden und Gewerkschaften folgendermaßen: „Entweder unterstützt ihr uns mit „Ja“ bei unserer Kampagne für die Volksabstimmung zur Verfassungsänderung, oder ihr müsst nach der Volksabstimmung mit Eurem Schicksal zurecht kommen“ So eine Drohung der Verbände durch den Ministerpräsident eines EU-Mitgliedsstaates ist überhaupt nicht vorstellbar und in jeder Form abzulehnen.

    Premier will aus der Demokratie „aussteigen“

    Orhan Bursal analysiert in seinem Aufsatz vom 19. August 2010 in der türkischen Tageszeitung „Cumhuriyet“ die politische Entwicklung des Landes im Hinblick auf die Haltung von Ministerpräsident Erdogan mit folgenden Worten: “Wir haben in der letzten Zeit bisher niemandem als Ministerpräsidenten erlebt, der seinen Sessel gegen die Demokratie so vehement missbraucht, wie er“. Nun hat Erdogan in der „Neuen Züricher Zeitung“ selbst zugegeben, dass die Demokratie wie eine Straßenbahn sei, in die man einsteige, bis man am Ziel sei, um sie dann wieder zu verlassen.

    Die türkische Gesellschaft wird seit Jahren immer undemokratischer, konservativer und einschüchternder. Die Theologisierung der Politik und die Islamisierung der Gesellschaft haben enorm zugenommen. Die religiösen Strömungen werden immer sichtbarer und mächtiger.

    Überall entstehen in der Türkei religiösen Schulen, Jugendheime, Hochschulen, Krankenhäusern, Jugendheime etc. von religiösen Sekten wie von Fetullah Gül, Süleymancilar, Ismail Aga usw., die in der Regierung und somit auch in der Gesellschaft erheblichen Einfluss gewonnen haben.

    Islamisierung schreitet voran

    So wurde seit dem Regierungsantritt der AKP auch die Stellung des türkischen Militärs erheblich geschwächt. Die Haftbefehle gegen mehr als 100 hohe Offiziere und Ex-Generäle wegen Putschverdacht in den vergangenen Wochen vertiefen die Gräben in der türkischen Gesellschaft. Die Generäle und ein erheblicher Teil der türkischen Gesellschaft „sehen in den Ereignissen keinen demokratischen Befreiungsschlag, sondern die Vorboten eines Unrechtsstaates. Diese Spaltung des Landes dürfte dringend nötige Reformen in dem EU-Bewerberland erschweren…

    Die Festnahme der Offiziere und die damit verbundene Schwächung der Armee, so wichtig sie für die Demokratisierung des Landes auch gewesen sein mögen, bedeuten also nicht automatisch eine Stärkung der Reformpolitik in der Türkei, wie es der Berliner Tagesspiegel schrieb. Jede Schwächung des türkischen Militärs trägt zur Stärkung der Islamisierung der türkischen Gesellschaft bei.

    Und mit dieser türkischen Regierungspartei führt die EU seit dem 3.Oktober 2005 die sogenannten Beitrittsgespräche durch, die von der AKP nicht nur für die vollständige Islamisierung der türkischen Gesellschaft, sondern auch für die Abkoppelung der Türkei vom Westen instrumentalisiert werden. Daher ist die Stimme der EU zu Recht von erheblicher Bedeutung, dass sie sich besorgt über die Festnahme von türkischen Armeeangehörigen wegen möglicher Putschpläne gezeigt hat. (hier)

    Verschwörungstheorien gegenüber Dissidenten

    Die türkische Armee gilt seit Bestehen der Republik als Hüter der Verfassung, der Demokratie und des Laizismus nach westlichem Vorbild. Aufgrund der gegen das türkische Militär gerichteten AKP-Politik herrscht in der türkischen Öffentlichkeit die breite Ansicht, dass der Recep Tayyip Erdogan und seine AKP anscheinend aus der laizistischer Republik einer gemäßigte „Islamischer Republik der Türkei“ schaffen will.

    Die stufenweise Abkoppelung der Türkei vom Westen höhlt den von Atatürk eingeleiteten Westausrichtungsprozess aus. Er wollte aus den Trümmern des Osmanischen Reiches eine moderne und eine westlich orientierte Republik schaffen.

    Es werden nicht nur Armeeangehörige wegen angeblicher Putschpläne verhaftet, sondern auch Dutzende von prominenten Kritikern der Regierungspartei wegen angeblicher Mitgliedschaft in der so genannten „Terrororganisation Ergenekon“. Diese angebliche „Terrororganisation Erkenekon“ „ist der Deckname für einen geheimen Zusammenschluss von Militärs, Bürokraten, Journalisten, Professoren und Richtern, die alle gemeinsam das Ziel hatten, die Regierung der islamischen AKP zu stürzen“, wie Jürgen Gottschlich es beschreibt.

    Verhaftungen türkischer Intellektueller

    Unter den Festgenommenen befanden und befinden sich auch der 83-jährige, Chefredakteur und Verleger der Tageszeitung „Cumhuriyet“, Ilhan Selçuk (bereits verstorben), einer der bekanntesten türkischen Journalisten, der ehemalige Rektor der Universität Istanbul, Kemal Alemdaroilu und Doiu Perinçek, der Vorsitzende der türkischen Arbeiterpartei.

    Seit knapp zwei Jahren sind der Bürochef der wichtigsten Oppositionszeitung „Cumhuriyet“, Mustafa Balbay, sowieTuncay Özkan, ein Parteivorsitzender und ein weltweit angesehener Chirurg und Rektor der Universität Baskent in Ankara ,Professor Mehmet Haberal, eingesperrt, ohne dass ihnen der Grund ihrer Verhaftung offiziell mitgeteilt wurde. Alle diese türkischen Intellektuellen sind Kritiker der AKP-Regierung.

    Recep Tayyip Erdogan verträgt überhaupt keine Kritik. „Er hat Karikaturisten vor Gericht gezerrt, weil sie ihn als Frosch oder als Ente gezeichnet haben. Seine Regierung verfolgt die ihm kritisch gesinnte Dogan-Mediengruppe mit einer existenzbedrohenden Steuerstrafe“.

    AKP richtet den „Tiefen Staat“ ein

    Am 20. Oktober 2008 begann vor dem Gericht von Silivri der Prozess gegen zahlreiche Angeklagte der vermeintlichen „Organisation Ergenekon“. Universitätsdekane, Hochschullehrer, oppositionelle Politiker, Anwaltskammern und türkische Tageszeitungen kritisieren zu Recht die harte Vorgehensweise gegen vermutete Mitglieder dieser Organisation.

    Sie werfen aus berechtigten Gründen der AKP-Regierung vor, auch unschuldige Fürsprecher eines liberalen, säkularen Staates in die Ermittlungen hineinzubeziehen, um sie einzuschüchtern. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Die Ermittlungen werden absichtlicht hinausgezögert und politisch missbraucht, wie Esra Alus in der Zeitung Milliyet eindrucksvoll zeigt.

    Daher herrscht in der türkischen Öffentlichkeit mittlerweile die Überzeugung, dass die AKP ihren eigenen „Tiefen Staat“ errichtet. Es ist mittlerweile bekannt geworden, dass sich einige Anklagepunkte auf Zeugen stützen, deren Identität die Staatsanwaltschaft geheim hält. Zudem werden fragwürdige abgehörte Telefongespräche als Beweismittel verwendet. Es gibt in der Türkei niemanden mehr, der keine Bedenken hat, abgehört zu werden.

    Fetullah Gülen und ihre Ziele

    Jeder Bürger in der Türkei rechnet damit, jederzeit willkürlich verhaftet zu werden, wenn er die Regierungspartei und ihre Politik auf demokratischer Art und Weise kritisiert. „Als treibende Kraft hinter den Verhaftungen wird die islamische Sekte von Fethullah Gülen vermutet, die mittlerweile über erheblichen Einfluss in der Polizei verfügen soll.“, vermutet der österreichische „Standard“.

    Fetullah Gülen lebt in den USA, wird von der Türkei per Haftbefehl gesucht und unterhält weltweit mehrere Schulen. Serap Çileli beschreibt in einem Gespräch mit dem Bayernkurier vom 9. April 2010, wie die Gülen-Bewegung ideologisch einzuordnen ist und welche Ziele sie verfolgt:

    „Die Gülen-Gemeinde unterstützt die islamisch-konservative Regierungspartei AKP. Sowohl die AKP-Oligarchie (Herrschaft einer Minderheit) als auch die Gülen-Sekte haben eine Empathie (Sympathie) für die osmanische Ideologie. In Gülen-Schulen in der Türkei wie im Ausland wird weltweit die türkisch-islamische Synthese verbreitet und gelehrt. Der türkische Staatspräsident Gül lobt die Aktivitäten der Gemeinde Gülens und hält Reden zur Eröffnung der Gülen-Schulen, aktuell in Bangladesch. Zu Recht wurden jedoch in Russland oder in Usbekistan die Gülen-Schulen geschlossen und alle Aktivitäten der Nurcu-Bruderschaft verboten. Das staatliche usbekische Fernsehen beschuldigte die Gülen-Sekte sogar, durch die Verbreitung pantürkischer Propaganda die usbekische Kultur zu zerstören…

    Gülen will die Theokratie

    Gülen lebt seit mehreren Jahren im selbstgewählten Exil in den USA und wird streng vom FBI bewacht. 1996/97 leitete die türkische Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Es hieß, Gülen beabsichtige die Beseitigung der demokratisch-laizistischen Türkei (Laizismus bedeutet die Trennung von Religion und Politik) und strebe die Errichtung eines theokratischen Staates auf religiöser Grundlage an (Scharia).

    Und genau diesen Aspekt dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, auch wenn Gülen im Westen als jemand gilt, der islamische Lehren mit liberalen Ideen verbindet und den interreligiösen Dialog propagiert, als „gemäßigter Islamist“ mit seinen tränenreichen „Toleranz- und Friedensbotschaften“. Der Schein trügt. Die Gülen-Bewegung ist eine Glaubensgemeinschaft mit missionarischen Zwecken…

    Es gibt rund 150 Nachhilfe-Institute und zwölf Schulen in Deutschland, die der Gülen-Gemeinde angehören oder ihr nahe stehen. Demnächst soll im schwäbischen Jettingen-Scheppach die erste Gülen-Schule mit Internat erbaut werden.

    Der große Dschihad ist Bildung

    „Unser großer Dschihad ist die Bildung“, lautet Fethullah Gülens Botschaft. Er gibt sich gern als besonnener, harmoniebedürftiger Geistlicher. Seine Anhänger nennen ihn Hodscha-Efendi. Allein in der Türkei sollen ihm sechs Millionen Menschen folgen. Die heute extrem einflussreiche Gülen-Bewegung wurde in den 1970er-Jahren gegründet und gründete zahlreiche Schulen, Universitäten, Sozialeinrichtungen, Studentenheime, Kulturzentren oder Wirtschaftsunternehmen in mehr als 50 Ländern, auch in Deutschland.

    Eng verbunden damit ist die Nurcu-Bruderschaft. Außerdem gehören dazu zahlreiche Medien, allein in der Türkei über 20 Radiostationen, dazu TV-Sender und Zeitungen. Der Wert des Gülen-Imperiums wird auf 26 Milliarden Dollar geschätzt“, sagt Serap Çileli im Bayernkurier.

    In der Türkei gibt es eine „defekte“ Demokratie, die als Haupthindernis im Wege der Stabilisierung des inneren und äußeren Verhältnisses des Landes steht. Und von dieser defekten Demokratie profitieren nur die Islamisten. Aus diesem Grund muss sich die Türkei endgültig zu einen Rechtssaat entwickeln.

    Die EU muss den türkischen Demokraten helfen

    Die Etablierung der westlichen Demokratie gefährdet den politischen Islam und führt das Land in den Fortschritt. Daher muss die Türkei in ihrem eigenen Interesse das Transition zu einer konsolidierten Demokratie bewerkstelligen, um sich als Teil der westlichen Welt zu etwablieren.

    In diesem Zusammenhang ist aber eine massive Unterstützung der demokratischen und westlich orientierten türkischen Kräfte, die sich für den Säkularismus, die Modernisierung und Europäisierung ihres Landes und ihre Gesellschaft einsetzen, durch die EU unbedingt erforderlich. Ohne mithilfe des Westens ist es leider nicht möglich, gegen den politischen Islam und ihren Einfluss auf demokratischer Art und Weise vorzugehen und die Bevölkerung aufzuklären.

    Mittlerweile befindet sich die Türkei aufgrund ihrer Islamisierungspolitik und anti-westliche Haltung durch die AKP-Regierung in einer Lage, in der eine mit den Grundwerten des Westens und der modernen Türkei, wie z.B. westlich orientierte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, laizistische Staatsordnung usw. abgerechnet wird.

    Aus diesem Grund ist es angebracht, mit der Türkei unter der Führung von AKP und ihrer Führer Erdogan Beitrittsgespräche abzubrechen, weil die EU als ein Bündel von westlichen Normen und Werte ist, die nur mit demokratischen, laizistischen und europäischen Staaten Beitrittsverhandlungen durchführen darf.

    Quelle: welt.de

  • Anklage fordert Höchststrafe für deutschen Autor

    Anklage fordert Höchststrafe für deutschen Autor

    9.9.2010
    Türkei
    Anklage fordert Höchststrafe für deutschen Autor

    Der in der Türkei verhaftete Kölner Autor Dogan Akhanli soll nun in Istanbul auch wegen eines politisch motivierten Verbrechens vor Gericht gestellt werden. Sein Anwalt spricht von einer späten Abrechnung des Staates mit der politischen Linken.
    Der türkischstämmige deutsche Autor Dogan Akhanli. Foto: Raimond Spekking / Wikimedia Commons / CC-BY-SA-3.0 & GFDL
    Istanbul –

    Der zuständige Staatsanwalt habe eine Anklage wegen Raubs und Totschlags um den Vorwurf ergänzt, Akhanli habe mit den Taten die verfassungsmäßige Ordnung der Türkei ändern wollen, sagte sein Rechtsanwalt Haydar Erol am Mittwoch in Istanbul. Ein Gericht im Istanbuler Stadtteil Besiktas habe die Anklage angenommen, ohne einen Termin für den Prozessbeginn festzulegen.

    Der türkischstämmige Autor wird beschuldigt, vor 21 Jahren an einem Raubüberfall auf eine Wechselstube in Istanbul beteiligt gewesen zu sein, bei dem ein Mensch starb. Sein Anwalt erklärte, Zeugenaussagen seien damals konstruiert und unter Folter erpresst worden, um den in der Türkei politisch missliebigen Akhanli hinter Gitter zu bringen. Akhanlis Festnahme sei nun eine späte Abrechnung mit der politischen Linken.

    Für Akhanli entlastende Zeugenaussagen seien von der Staatsanwaltschaft ignoriert worden. „Ich habe mit vielem gerechnet, bin aber davon ausgegangen, dass es Grenzen gibt“, zitierte Erol seinen Mandanten. „Ich habe mich getäuscht.“ Die Kölner Organisation „Recherche International“, bei der Akhanli mitarbeitet, sprach von einem „absurden Schauspiel“.

    Der Autor, der seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland lebt, die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und sich unter anderem in der für die Türkei sehr heiklen Armenierfrage engagiert, war Mitte August bei der Einreise in die Türkei verhaftet worden, als er seinen kranken Vater besuchen wollte. Er weist die Vorwürfe der Anklage zurück. (dpa/afp)

    Quelle:

    4627426/-/view/asFirstTeaser/-/index.html

  • De Maiziere stellt Integrationsprogramm vor

    De Maiziere stellt Integrationsprogramm vor

    Foto: dapd
    De Maiziere stellt Integrationsprogramm vor
    „Ein Beitrag zur Sachlichkeit“
    zuletzt aktualisiert: 08.09.2010

    Berlin (RPO). Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat am Mittwoch ein bundesweites Integrationsprogramm vorgestellt. Darin finden sich Hinweise, Vorschläge und jede Menge Fakten. De Maiziere geht es darum, die aufgeheizte Debatte zu versachlichen. Die Probleme in der Bundesrepublik seien in weniger als zehn Jahren lösbar, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.

    Etwa zehn bis 15 Prozent der Menschen in Deutschland mit ausländischem Hintergrund seien integrationsunwillig, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. Sie verweigerten etwa die Teilnahme an Integrationskursen, schotteten sich ab oder lehnten den deutschen Staat ab. „Das ist im internationalen Vergleich durchaus eine Zahl, die nicht so schlecht ist. Zum ganzen Bild gehören aber auch die anderen 90 Prozent“, sagte de Maiziere. Eine Kindergartenpflicht lehnte der Minister ab, schlug aber vor, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis von der Teilnahme an einem Integrationskurs abhängig zu machen.

    Der Präsident des Bundesamtes für Migration, Albert Maximilian Schmid, warf dem Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin wegen dessen Thesen zur Ausländerintegration Stimmungsmache vor. „Mich ärgert, dass Probleme benannt werden, ohne dass Lösungen beschrieben werden“, sagte Schmid. „Das schafft Angst.“ Die Probleme seien aber lösbar. „Das ist machbar in weniger als einer Dekade“, sagte Schmid. Auch Sarrazins Annahmen zur Demografie und zur Zahl der Muslime in Deutschland zeugten von der „Stimmungsmache dieses Papiers“.

    De Maiziere und Schmidt stellten das „Bundesweite Integrationsprogramm“ vor. Darin hat das Bundesamt für Migration auf 200 Seien die Integrationsangebote zusammengetragen und Vorschläge für ihre Weiterentwicklung gemacht.

    De Maiziere machte klar, dass der Auftrag dafür Jahre zurückliege und dass dies keine Reaktion auf den Wirbel um die Sarrazin-Äußerungen sei. Der Berliner Ex-Finanzsenator steht in der Bundesbank wie auch in der SPD vor dem Rauswurf. Buchautoren und andere hätten die Aufgabe, den Finger in die Wunde zu liegen, sagte de Maiziere: „Eine Regierung ist dazu da, Probleme zu beschreiben und zu lösen und nicht verbal zu verstärken.“

    Größte Herausforderung ist nach seinen Worten die Sprache. Etwa 1,1 Millionen Erwachsene aus Drittstaaten beherrschten nicht ausreichend Deutsch. Die allgemeinbildenden Schulen verließen 6,2 Prozent der Deutschen ohne Abschluss. Bei den Ausländern seien es mit 15 Prozent mehr als doppelt so viele. Wichtigstes Instrument für den Bund seien die Integrationskurse, in denen 600 Stunden Deutsch unterrichtet würden und in 45 Stunden über Recht und die Kultur informiert werde. Seit ihrer Einführung 2005 hätten daran rund 600.000 Menschen teilgenommen. Zudem sieht das Programm unter anderem vor, künftig mehr Lehrer mit Migrationshintergrund einzustellen.

    De Maiziere warnte davor, Religion vorschnell als Ursache mangelnder Integration auszumachen. Im Rahmen der Islamkonferenz diskutieren die Muslime, ob etwa die Gleichbehandlung der Frauen eine Frage der Kultur oder des Islam sei. „Die christlichen Kirchen haben das auch sehr lange diskutiert in Europa“, sagte der Minister. Ein Teil der Muslime sage, für einen Krieg könne sich niemand auf den Islam berufen. „Die Debatte ist richtig, sie findet im Islam statt“, sagte de Maiziere. „Einfach das Ergebnis vorwegzunehmen und zu behaupten, das ist in Wahrheit ein Religionsproblem, das halte ich allerdings für grundfalsch.“

    Nach Einschätzung des Ministers hat es in der Vergangenheit Versäumnisse auf allen Ebenen gegeben, indem Integration auf die leichte Schulter genommen worden sei. Damit sei seit vier bis sechs Jahren Schluss. Problematisch seien weder die ganz frühen Zuwanderer noch die Migranten seit den 90er Jahren, sondern die Generation dazwischen. „Da ist im Grunde zwei Jahrzehnte nichts oder zuwenig gemacht worden“, sagte de Maiziere. Diese „nachholende Integration“ sei die eigentliche Herausforderung.

    erstellt am: 08.09.2010
    URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Ein-Beitrag-zur-Sachlichkeit_aid_903990.html

  • US-Pastor will Koran verbrennen

    US-Pastor will Koran verbrennen

    Auf der Website seiner Gemeinde in Florida predigt Terry Jones wider den Islam. Foto: AFP

    US-Pastor will Koran verbrennen
    Terry Jones – ein Prediger des Hasses
    VON PETER WÜTHERICH, AFP – zuletzt aktualisiert: 08.09.2010

    Washington (RPO). Ein Kleinstadtprediger lehrt die Welt das Fürchten. Terry Jones will öffentlich den Koran verbrennen. Die Mächtigen der Welt sind entsetzt und machtlos. Der 58-Jährige Pastor hat schon während seiner Zeit in Deutschland mit radikalem Denken provoziert. Weggefährten von damals attestieren ihm ein übersteigertes Geltungsbedürfnis.
    Mit seinem Aufruf zur öffentlichen Koran-Verbrennung am Jahrestag der Anschläge vom 11. September lässt Terry Jones, der Pastor einer kleinen fundamentalistischen Christengemeinde in Florida, die mächtigsten Amtsträger der Welt machtlos aussehen. Das Weiße Haus, das US-Außenministerium, die Militärallianz Nato – sie alle warnen vor den wütenden Gegenreaktionen, die Jones‘ Aktion in muslimischen Ländern hervorrufen könnte. Verhindern können sie sie nicht. Der weltweite Wirbel steht in gewissem Missverhältnis zur Anhängerschaft des Mannes: Jones‘ Gemeinde zählt nur etwa 50 Mitglieder.

    Der 58-jährige Jones trotzt den Warnungen, mit seiner Standhaftigkeit sieht er sich in der Tradition biblischer Propheten. Ihn treibt die Furcht vor einer Abkehr der USA vom wahren christlichen Glauben. Insbesondere den Islam sieht Jones als dämonische Kraft, die es auf die Schwächung seines Landes abgesehen habe. Seine Botschaft: Der Islam selbst – und nicht nur dessen verzerrte Auslegung durch Radikale – führe zu Gewalt und erfordere deshalb Gegenwehr. „Wenn Ihr uns angreift, greifen wir Euch an“, sagt Jones den Muslimen.
    Wenig deutete auf Jones‘ bisherigem Lebensweg darauf hin, dass er einmal im Zentrum einer internationalen Kontroverse stehen könnte. Jones arbeitete laut US-Medien früher als Hotelmanager. In den vergangenen 30 Jahren reiste er immer wieder als Missionar nach Europa. Anfang der 80er Jahre gründete er auch in Deutschland, in Köln, eine freikirchliche Glaubensgemeinschaft. Erst 2008 kam es zur Trennung. Ursache dafür waren vor allem Unstimmigkeiten mit der Finanzierung. Seitdem hat es offenbar keinen Kontakt mehr zwischen der Gruppe und Jones gegeben.

    Die Glaubensgemeinschaft distanzierte sich gleichzeitig entschieden von den Plänen ihres Gründers zur Koran-Verbrennung. „Wir sind absolut bestürzt darüber. Das ist völlig unchristlich“, sagte Sprecher Thomas Müller. Die Pläne von Jones seien eine Gefahr für die Christen in aller Welt. „Er hat ein übersteigertes Geltungsbedürfnis. Nur daraus kann ich mir diese Aktion erklären“, fügte er hinzu.
    Seit 1996 leitet er die kleine Gemeinde Dove World Outreach Center in Gainesville in Florida. Auf dem 20-Hektar-Anwesen der Kirche ist er oft mit einer Pistole am Gürtel zu sehen, wie Lokalmedien berichten.

    Mit ein paar Dutzend Anhängern ist Jones‘ Gemeinde klein – zu klein für die Ambitionen des Pastors. Er sieht es als sein Ziel, die Gemeinde von einer „örtlichen Kirche zu einer Kirche mit weltweiter Vision“ zu machen, wie er es auf seiner Internetseite formuliert. Erreichen will er dies offenbar mit einem persönlichen Feldzug gegen die Weltreligion Islam. Im Netz veröffentlichte Jones eine Reihe von Videopredigten gegen den Islam, mit denen er ein größeres Publikum erreichen will. Auch in einem Buch dämonisierte Jones den Islam. „Der Islam ist des Teufels“, lautet der Titel.
    Mit der geplanten Koran-Verbrennung begeht Jones‘ Kirche einen Tabubruch, der von vielen christlichen Gemeinden in den USA scharf verurteilt wird. In ihrer demonstrativen Rückbesinnung auf das, was als wahrer und ursprünglicher Glaube wahrgenommen wird, steht Jones‘ Gruppe aber durchaus exemplarisch für eine Vielzahl unabhängiger Kleingemeinden in den USA, die sich um charismatische Pastoren gruppieren und sich im Kampf um die Anwerbung von Gläubigen mit fundamentalistischen Heilsbotschaften profilieren.

    Jones‘ Kirche etwa verspricht den Gläubigen eine „Rückkehr zur Wahrheit“. Sie fordert ein „Ende des Versteckens“ des christlichen Glauben. Abtreibung bezeichnet sie als „Mord“, Homosexualität ist für sie „Sünde“. Und der Islam, heißt es auf der Internetseite der Kirche, führe „die Menschen direkt in die Hölle“. Ihrem Selbstverständnis nach sieht sich Jones‘ Gemeinde als „neue Generation“ im Dienst Gottes, als Vorhut im Kampf um den wahren Glauben.
    Wer sich als Träger göttlicher Wahrheit sieht, tut sich freilich schwer mit Kompromissen. Die Warnung von Afghanistan-Kommandeur David Petraeus, dass die Koran-Verbrennung Muslime beleidigen und das Leben von US-Soldaten gefährden könnte, nehme er „sehr ernst“, sagte Jones. „Die Botschaft, die wir aussenden wollen, ist aber viel wichtiger als die Tatsache, dass einige Leute beleidigt sein könnten“, sagte der Pastor weiter. „Wir glauben, dass wir vor den Gefahren des Islam nicht zurückweichen dürfen.“

    Quelle:

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  • Merkel ehrt Mohammed-Karikaturisten

    Merkel ehrt Mohammed-Karikaturisten

    Foto: dapd

    Scharfe Sicherheitsvorkehrungen in Potsdam
    Merkel ehrt Mohammed-Karikaturisten
    zuletzt aktualisiert: 08.09.2010 – 21:39

    Potsdam (RP/RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard mit dem Medienpreis der Potsdamer Journalisten-Vereinigung M 100 ausgezeichnet. Eine von Westergaards Zeichnungen in der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ 2005 hatte den Propheten mit einer Bombe im Turban gezeigt. Der Zentralrat der Muslime kritisierte die Preisverleihung.
    Auf Westergaard haben Islamisten angeblich ein Kopfgeld von mehreren Millionen Dollar ausgesetzt. Im November 2007 vereitelte der dänische Geheimdienst einen Mordanschlag auf ihn. Seither stehen der Zeichner und seine Familie unter Polizeischutz. Vor der Preisverleihung in Potsdam hatte die Polizei scharfe Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Auf umliegenden Dächern waren Scharfschützen zu sehen.

    Die Veröffentlichung von Westergaards Karikatur hatte einen internationalen Streit um Meinungsfreiheit und gewalttätige Demonstrationen von Muslimen in der ganzen Welt ausgelöst, die sich durch die Abbildungen beleidigt fühlten. Muslimen sind bildliche Darstellungen Mohammeds verboten.
    Merkel sagte, als Zeichner dürfe Westergaard derartige Karikaturen fertigen. Die europäischen Staaten seien ein Ort, wo dies möglich sei. „Die Folgen für den Zeichner sollten uns mahnen“, fügte sie hinzu.

    Vor der Ehrung hatte Westergaard seine Kritik am Islam erneuert. „Nach meinem Empfinden kann man den Islam nicht mit dem Christentum vergleichen. Es ist keine sympathische Religion, sondern in vielerlei Hinsicht eine reaktionäre Religion“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

    Der Zeichner begründet seine Meinung unter anderem mit den Strafen für Homosexuelle in islamischen Ländern, die er als „barbarisch“ bezeichnet. Trotz dieser Vorbehalte werde er „immer dafür eintreten, dass Menschen das Recht darauf haben, auch diese Religion auszuüben“, betonte der Karikaturist.

    Quelle:

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  • DIW-Präsident Zimmermann: „Wir müssen die Grenzen zur Türkei öffnen“

    DIW-Präsident Zimmermann: „Wir müssen die Grenzen zur Türkei öffnen“

    Wirtschaft

    DIW-Präsident Zimmermann
    „Wir müssen die Grenzen zur Türkei öffnen“

    8. September 2010

    Massiver Fachkräftemangel bedroht von 2015 an den deutschen Wohlstand. DIW-Präsident Klaus F. Zimmermann im Abendblatt-Interview.

    Hamburg. Klaus F. Zimmermann gehört in der Wirtschaftsforschung zu den renommierten Experten für den Arbeitsmarkt, die Migration und Konjunktur. Der Volkswirtschaftsprofessor ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sowie Direktor des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA). Das Abendblatt sprach mit dem 57-Jährigen über die Zeitenwende am Arbeitsmarkt, notwendige Zuwanderung sowie Fehlprognosen der Ökonomen.

    Hamburger Abendblatt:

    Alle Ökonomen haben ihre Prognosen für Deutschland erhöht. Auch Ihr Institut – von 1,9 auf mittlerweile 3,0 Prozent Wachstum für das laufende Jahr. Was stimmt Sie so optimistisch?

    Klaus F. Zimmermann:

    Die deutsche Wirtschaft hat sich deutlich erholt, die Exporte sind infolge der weltwirtschaftlichen Erholung kräftig gestiegen. Angesichts des Zuwachses im ersten Halbjahr ist es schon rein rechnerisch kaum mehr möglich, unter drei Prozent zu wachsen. Der Schwung hält auch 2011 an, nimmt aber an Stärke ab.

    Wirtschaftsforscher lagen in den vergangenen Jahren mit ihren Prognosen oft deutlich daneben. Selbst die größte Finanzmarktkrise wurde von niemandem präzise vorausgesagt. Wie sicher sind Sie, dass Sie diesmal nicht irren?

    Zimmermann:

    Außergewöhnliche Ereignisse sind schwer voraussagbar. Und wer sie prognostiziert, hat meist nur zufällig recht. Hier geht es uns wie Erdbebenforschern. Auch sie wissen nur, es kommt, aber nicht wann.

    Die wissenschaftlichen Instrumente reichen nicht für genaue Prognosen?

    Zimmermann:

    Als Wissenschaftler vertrauen wir auf systematische Zusammenhänge, die sich immer wiederholen. Geschieht dies nicht, wie bei starken Krisen, ist keine sichere Aussage mehr möglich. Werden in solchen Phasen dennoch Prognosen erstellt, so handelt es sich bestenfalls um gehobene Unterhaltung oder Kaffeesatzleserei, aber nicht um Wissenschaft.

    Ist die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise bereits überwunden?

    Zimmermann:

    Nein, das dauert noch einige Jahre. Deutschlands Wirtschaft wird 2011 wieder so stark sein wie vor der Krise. Allerdings erwarte ich auch keinen Double-Dip, etwa einen erneuten Rückfall der USA in die Rezession.

    Wo lauern die größten Gefahren?

    Zimmermann:

    Ein Risiko geht von China aus. Noch ist China Weltmotor für die Wirtschaft, doch dies wird nicht so bleiben. Zudem könnte es zu einem Zusammenbruch des dortigen Immobilienmarktes kommen. In den USA gibt es Ängste vor einer Rezession. Aber das größte Risiko geht unverändert vom Finanzmarkt aus, der immer noch zu wenig reguliert wird.

    Was müssten die Regierungen ändern?

    Zimmermann:

    Nach den USA müssten auch die Europäer eine Aufsichtsbehörde für Geldinstitute schaffen. Produkte müssten künftig bezüglich ihrer Risiken zertifiziert werden. Zudem muss das Eigenkapital der Banken erhöht werden.

    Die Krise hat die Staaten viel Geld gekostet. Bekommen wir mittelfristig hohe Inflationsraten?

    Zimmermann:

    Angesichts der niedrigen Zinsen und des hohen Geldumlaufs besteht grundsätzlich ein Inflationsrisiko. Gelingt es der EZB, das Geld dem Markt geregelt zu entziehen, sehe ich nur eine mäßige Inflation. Für den Euro-Raum erwarte ich 2012 eine Inflation von drei Prozent.

    Ist Griechenland trotz der hohen Schulden noch zu retten?

    Zimmermann:

    Die Griechen können sich nicht selbst retten. Ich hätte eine geregelte Insolvenz des Staates für die beste Lösung gehalten, bei der die Investoren mit zur Kasse gebeten werden. Stattdessen wurde der Maastricht-Vertrag ausgehebelt und die Gelder der Banken, die in dem Land investiert wurden, waren gerettet. Ein Austritt eines Landes aus der Euro-Zone wäre allerdings der Anfang vom Ende Europas.

    Die IG Metall verlangt für die Stahlbranche sechs Prozent mehr Lohn. Ist diese Forderung angemessen?

    Zimmermann:

    Die Forderung ist ein schlechtes Signal für die Gesamtwirtschaft. Ich halte maximal ein Niveau von zwei bis drei Prozent für vertretbar. Branchen mit höheren Gewinnen sollten ihre Mitarbeiter mit Einmalzahlungen an ihrem Erfolg beteiligen. Gerade die Lohnzurückhaltung hat der deutschen Wirtschaft geholfen, die Krise besser zu bestehen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

    Deutschland gehen durch die Überalterung die Arbeitskräfte aus. Wann droht ein erster drastischer Einbruch?

    Zimmermann:

    Von 2015 an verlieren wir jedes Jahr rund 250 000 Mitarbeiter. Dann fehlen bereits drei Millionen Arbeitskräfte am Markt – insbesondere Fachkräfte. Zugleich werden die Arbeitenden immer älter, und der Anteil wenig Qualifizierter nimmt zu.

    Welche Folgen hat der Bevölkerungsrückgang für die Wirtschaftskraft?

    Zimmermann:

    Das Bruttoinlandsprodukt sinkt. Der Wohlstand nimmt ab, insbesondere in einwohnerschwächeren Gebieten wie Mecklenburg-Vorpommern. Unsere sozialen Sicherungssysteme wie Renten müssen von immer weniger Arbeitenden finanziert werden, was uns vor immense Finanzprobleme stellt. Es bedeutet, dass die Lebensarbeitszeit verlängert werden muss – auf rund 70 Jahre. Und selbst das wird nicht ausreichen. Wir brauchen dringend Arbeitskräfte und Zuwanderer aus dem Ausland – und zwar mindestens netto 500 000 mehr Menschen pro Jahr, um unsere Wirtschaftskraft dauerhaft zu sichern.

    Deutschland gilt derzeit aber nicht gerade als Magnet für Fachkräfte aus dem Ausland. Was muss sich an der Einwanderungspolitik ändern?

    Zimmermann:

    Deutschland muss international offensiv signalisieren, dass Fachkräfte aus dem Ausland hierzulande stark erwünscht sind. Die Einwanderung sollte künftig einerseits arbeitsmarktorientiert auf den kurzfristigen Bedarf abgestimmt werden: Wer einen Job hat, darf bis zu fünf Jahre kommen. Andererseits brauchen wir ein Punktesystem für dauerhafte Zuwanderung, wie es beispielsweise Australien oder Kanada praktizieren, bei dem es vor allem auf die Ausbildung ankommt.

    Haben wir in den vergangenen Jahren die falschen Zuwanderer geholt?

    Zimmermann:

    Ja, wir haben die Zuwanderung bisher nicht über den Arbeitsmarkt gelenkt. Hinzu kommt, dass uns die Integration von Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt nicht ideal geglückt ist. Insbesondere die zweite und dritte Generation der Migranten sucht in ähnlichen Bereichen Arbeit wie ihre Eltern, doch diese Berufe sind heute nicht mehr gleichermaßen gefragt.

    Inwieweit ist die von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin losgetretene Debatte förderlich?

    Zimmermann:

    Die Versäumnisse in der Migrationspolitik, die Sarrazin beschreibt, haben bereits viele Experten vor ihm beschrieben. Seine Schlussfolgerung ist aber aus meiner Sicht falsch. Es handelt sich nicht um ein Problem der Religion, sondern eher um eines der Bildung und Herkunft. Die Türkei ist groß. Nach Deutschland kamen vor allem Einwanderer vom Land, während besser gebildete Türken aus Istanbul vor allem in die USA auswandern. Kämen die Istanbuler nach Deutschland, wäre sicher auch Herr Sarrazin erfreut. Ich teile die Analyse von Sarrazin, dass wir ein Problem haben, und wer das Gegenteil behauptet, ist ein Ignorant. Mein Fazit lautet aber anders: Die Situation wird erst besser, wenn wir die Grenzen zur Türkei öffnen und das Land in die EU aufnehmen. Sicher müssen wir auch die Migranten zu mehr Weiterbildung und Eingliederung auffordern, aber auch wir müssen mehr anbieten, damit die Integration gelingt.

    Können Sie verstehen, dass man Sarrazin als Vorstand ablösen will?

    Zimmermann:

    Ich kann verstehen, dass eine Institution wie die Bundesbank, deren Arbeit auf feine Zurückhaltung basiert, mit gesellschaftspolitischen Akteuren in ihren Reihen Schwierigkeiten hat. Umgekehrt nutzt Herr Sarrazin nur sein Recht auf freie Meinungsäußerung. Sarrazin äußert sich oft überspitzt, aber er ist kein Rassist. Das Gespräch führten Matthias Iken, Beate Kranz und Oliver Schade

    Quelle:

    Tuerkei-oeffnen.html