Kategorie: Türkei

  • Korankonformes Sparen

    Korankonformes Sparen

    Foto: AFP Der Koran verbietet unschickliche Investitionen, Spekulationsgeschäfte und Zinsen

    Korankonformes Sparen
    15.12.2010
    Islam-Bank eröffnet erste Filiale in Mannheim
    Ein türkisches Geldhaus hat eine erste deutsche Filiale eröffnet. Das Interesse an korankonformen Geldanlagen ist Experten zufolge riesig.
    Glücksspiel, Waffen oder Pornografie – was der Mensch meiden soll, damit soll er keinen Handel treiben. So sieht das auch der Koran. Entsprechend hat sich in der streng islamisch geprägten Welt ein Bankwesen etabliert, das im Einklang mit der muslimischen Rechtslehre steht. Verboten, weil sündhaft, sind danach unschickliche Investitionen, Spekulationsgeschäfte und Zinsen. Nach einigen Startschwierigkeiten könnten islamgerechte Finanzgeschäfte wie Fonds oder die zinslose Baufinanzierung nun auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen.

    15 Prozent der rund vier Millionen in Deutschland lebenden Muslime dürften ein ernsthaftes Interesse daran haben, ihr Geld im Einklang mit dem Koran anzulegen, schätzt Unternehmensberater Philipp Wackerbeck von Booz & Company. Dabei bestünde ein Marktpotenzial von rund 1,6 Milliarden Euro. Der Berater ist nicht der einzige, der an die Zukunft der islamkonformen Branche in Deutschland glaubt. Die Kuveyt Turk Bank hat eine erste deutsche Filiale in Mannheim eröffnet, mit der Absicht, „sobald wie möglich“ die Lizenz zur Vollbank zu erhalten, so Geschäftsführer Ugurlu Soylu. Dann wäre sie die erste islamkonforme Bank in Deutschland. Bisher hat sie lediglich die Erlaubnis, Geld in Drittstaaten einzulagern – die Kunden könnten ein zinsloses Konto in der Türkei eröffnen.

    „Die Quintessenz des Islamic Bankings ist, dass jedem Transfer ein reales Gut zugrunde liegen muss“, erklärt Volkswirt Soylu. Daher erhalte der Anleger keine Zinsen, sondern werde am wirtschaftlichen Erfolg der Bank beteiligt. Das Finanzhaus gestalte im Gegenzug seine Tätigkeiten transparent, vermeide unangemessen riskante Geschäfte und setze nicht auf die Branchen, die der Koran ablehnt. In stark muslimisch geprägten Ländern legt die Kuveyt Turk schariakonforme Fonds im dreistelligen Millionenbereich auf, doch in Deutschland betritt die Bank fast noch unbestellten Boden mit ihrem Vorstoß.
    Einige wenige Finanzdienstleister wie die Schweizer UBS-Bank, die Allianz oder der Vermögensverwalter Meridio führen Fonds, die nach den Regeln des Islam aufgelegt und von einem Scharia-Rat geprüft wurden. Deren Volumina nehmen sich mit unteren zweistelligen Millionenbeträgen aber eher klein aus. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage auch in Deutschland langfristig steigen wird“, erklärt eine Sprecherin der Allianz. Die meisten großen Finanzhäuser zeigen dem Thema jedoch in Deutschland noch die kalte Schulter. Ihre Kunden hätten ihnen bisher kein Interesse an die Filialen herangetragen, erklären Union Investment und Deka, die Investmentfondssparten der Volksbanken und Sparkassen auf Anfrage.
    Deutsche Bank ist im islamkonformen Geschäft aktiv
    Die Deutsche Bank ist im Ausland längst ins islamkonforme Bankgeschäft eingestiegen. Doch für Deutschland verweist sie auf ihre 54 „Bankamiz“-Filialen, welche die Kunden auch auf Türkisch beraten: „Unsere muslimischen Kunden kaufen die klassischen Produkte der Deutschen Bank.“ Soylu von der Kuveyt Turk glaubt, dass viele deutsche Banken kaum Interesse daran haben, eine Nachfrage aktiv bei Kunden zu wecken, denen sie auch konventionelle Produkte verkaufen können.

    Die vorwiegend aus der Türkei stammenden Einwanderer seien ihrerseits eher durch eine pragmatische Rechtslehre des Islam geprägt, die sie gerade bei Finanzen eher auf das vorhandene Angebot zurückgreifen lasse, anstatt islamkonforme Produkte aktiv einzufordern. „Das ist in England mit seinen vielen Einwanderern aus Indien und Pakistan anders.“ Das größte Potenzial sieht Booz-Berater Wackerbeck im Baufinanzierungsgeschäft. „In Deutschland liegt die Immobilienbesitzquote unter Muslimen bei etwa 20 Prozent, in der Türkei dagegen bei 80 Prozent.“ Dies zeige, dass der eigene Hausbesitz sehr wichtig für Bürger mit türkischen Wurzeln sei.
    Durch das Zinsverbot ist beispielsweise ein Hauskauf über ein normales Darlehen aber nicht erlaubt. Ein Investor – oder eine Bank – müsste die Immobilie erwerben, um sie dann mit einem Gewinnaufschlag per Raten an den eigentlichen Käufer weiterzuverkaufen. Doch dabei fiele in Deutschland gleich zweimal die Grunderwerbssteuer an – ein Wettbewerbsnachteil für die islamkonforme Variante.
    Diese und andere steuerliche Details will die Kuveyt Turk Bank noch mit der deutschen Finanzaufsichtsbehörde klären. Auch in Frankreich, so betont Soylu, habe sich der Staat bereits flexibel gezeigt: Hier wurden für islamgerechte Transaktionen steuerliche Sonderregelungen geschaffen. Auch Taoufik Bouhmidi, der Ende 2008 die Finanzberatung für Muslime und Freunde (FMF) gründete, sieht in der Möglichkeit einer schariagerechten Baufinanzierung große Chancen: „Das wäre der Durchbruch.“

    Quelle:

  • Eine andere Türkei

    Eine andere Türkei

    Eine andere Türkei
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    Von Michael Herzog

    Machen wir uns nichts vor. Die türkischen Löschflugzeuge haben das Feuer, das die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel erfasst hat, nicht erstickt. Selbst wenn eine Formulierung gefunden werden sollte, die die Forderung der Türkei nach einer Entschuldigung und Entschädigung für die Opfer der Gaza-Flottille befriedigt, würden wir weiter mit einer von Grund auf problematischen türkischen Außenpolitik zurückbleiben.

    Dies ist nicht die Türkei, die wir gekannt haben. Sie durchläuft einen Wandel, der sich in ihrer Außenpolitik ausdrückt: von einem zuverlässigen NATO-Mitglied und engem Verbündeten Israels hin zu einer Macht mit eigenständiger außenpolitischer Linie, die westliche Interessen hintertreibt, mit radikalen Akteuren flirtet und sich feindselig gegenüber Israel gebärdet.

    Die Gründe hierfür sind vor allem anderen in der Eigenart der Führungsriege der „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“ zu suchen, die seit 2002 in der Türkei regiert. Es ist dies eine Führung mit einer „weichen“ kulturislamischen Weltanschauung, die vom säkular-kemalistischen Erbe abweicht und ein islamisches Solidaritätsgefühl auf dem internationalen Schauplatz pflegt. Auf dieser Grundlage hat der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu eine von wirtschaftlichen und außenpolitischen Ambitionen herrührende Doktrin entwickelt, die darauf angelegt ist, die Türkei zu einer dominanten Macht in ihren historischen Einflusssphären zu machen (eine Art „Neoottomanismus“) und auf dem Prinzip „Null Probleme mit den Nachbarn“ beruht.

    All dies steht hinter Schritten wie der Annäherung der Türkei an Syrien und den Iran, dem Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat gegen die Verhängung von Sanktionen gegen den Iran, dem Widerstand gegen die Anklage gegen den Präsidenten des Sudans wegen Völkermords in Darfur (Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan: „Undenkbar, dass Muslime einen Völkermord begehen“) oder dem – letztlich aufgegebenen – Widerstand gegen die Ernennung des früheren dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen zum NATO-Generalsekretär als „weiche“ Antwort auf die in der dänischen Presse veröffentlichten Mohammed-Karikaturen.

    Israel ist das natürliche Opfer dieses Wandels gewesen. Das Feuer, dass nach der Operation Gegossenes Blei – vor dem Hintergrund einer volkstümlichen türkischen Identifizierung mit den Palästinensern – in den Beziehungen ausgebrochen ist, ist seither angesichts des auf der Stelle tretenden diplomatischen Prozesses noch angefacht worden. Auch Israel hat Fehler begangen, aber die türkische Gaza-Flottille war ein Ergebnis der Krise und nicht deren Grund.

    So ist nur ein Schatten der einst prächtigen sicherheitspolitischen Zusammenarbeit übrig geblieben. Die Türkei hat ihre Teilnahme an dem NATO-Raketenabwehrprogramm davon abhängig gemacht, dass Israel die relevanten Informationen nicht zugänglich gemacht werden, und in der türkischen Denkschrift zu den nationalen Bedrohungen wird Israels Politik als Quelle der regionalen Instabilität bezeichnet, die türkische Interessen bedroht. Erdogan attackiert regelmäßig Israel und seinen Ministerpräsidenten, und gerade sieht es so aus, als werde er der Bitte von Mahmoud Abbas entsprechen, das Vorantreiben der Anerkennung Palästinas durch die europäischen Staaten anzuführen.

    Möglicherweise hat die Türkei die Gelegenheit zu einer humanitären Geste – gegenüber dem israelischen Volk, nicht gegenüber der Regierung – wegen des Preises genutzt, den sie in ihrem Verhältnis mit den USA für ihre Wendung gegen Israel zu entrichten hat. Aber wenn Israel eine Versöhnungsgeste erwägt, sollte es das strategische Bild in den Blick nehmen und sich fragen, wohin die Dinge führen könnten – zu einer kosmetischen Änderung, die Erdogan vor den Wahlen im Juni 2011 auf dem internationalen wie heimischen Schauplatz helfen würde oder zu einer wirklichen Versöhnung, die eine Rückkehr zur Zusammenarbeit ermöglichen würde.

    Die Türkei ist ein großer und wichtiger Staat, und man darf nicht auf Beziehungen mit ihr verzichten. Israel muss der Türkei jedoch, wenn es ihr die Hand reicht, klar machen, dass sie den Stab nicht von beiden Seiten anpacken kann – eine antiisraelische Position einzunehmen und gleichzeitig zu behaupten, nicht die Richtung geändert zu haben, und zwischen Israel und seinen Nachbarn vermitteln zu wollen.

    Brigadegeneral d. Res. Michael Herzog war früher Stabschef des Verteidigungsministers und ist derzeit Fellow am Washington Institute for Near East Policy.

    (Haaretz, 15.12.10)

  • Stellenausschreibung

    Stellenausschreibung

    Ausschreibung

    Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen startet zusammen mit sechs weiteren Partnern eine Initiative zur Prävention von Übergewicht, die sich speziell an türkische Familien richtet. Ziel ist dabei die Förderung von ausgewogener Ernährung und ausreichend Bewegung im Rahmen eines aktiven Lebensstils über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg.
    Dafür werden ab Februar 2011 insgesamt zehn
    Oecotrophologen (m/w)
    für das Gebiet Nordrhein-Westfalen gesucht.
    Ihr Profil: • Abgeschlossenes Studium der Oecotrophologie oder vergleichbare Qualifikation • Beherrschung der deutschen sowie der türkischen Sprache in Wort und Schrift • Erste Erfahrungen im Bereich Ernährungsberatung, bzw. dem Halten von Kursen • Sozialpädagogische, methodische und didaktische Kompetenz • Im Idealfall haben Sie bereits ein bestehendes Netzwerk im Bereich Ernährung
    und Bewegung aus früheren Tätigkeiten
    Im ersten Schritt werden die Fachkräfte in einem 2-tägigen Seminar geschult. Anschließend sollen die Ernährungs- und Bewegungsfachkräfte in regelmäßigen Kursen ihr Wissen an die Zielgruppe weitergeben. Die erste Schulung findet im Februar 2011 statt.
    Alle Informationen rund um Bewerbungsmodalitäten, Termine, Schulungsinhalte etc. erhalten interessierte Ernährungs- und Bewegungsfachkräfte im Projektbüro der Initiative.
    Projektbüro:
    Edelman GmbH Susanne Richter Medienpark Kampnagel / Barmbeker Straße 4 D-22303 Hamburg Telefon: 040 / 37 47 98-49 E-Mail: Susanne.Richter@edelman.com

  • Beitrittsverhandlungen EU-Gespräche mit der Türkei stocken

    Beitrittsverhandlungen EU-Gespräche mit der Türkei stocken

    © Adem Altan/ AFP/ Getty Images
    Leitet auf der türkischen Seite die Beitrittsverhandlungen: Europaminister Egemen Bağış (Mitte)

    Beitrittsverhandlungen EU-Gespräche mit der Türkei stocken
    Die Beitrittsgespräche zwischen der EU und der Türkei stehen möglicherweise vor einem weiteren Rückschlag. In den meisten Verhandlungspunkten gibt es kaum Fortschritte.
    • Von: Albrecht Meier
    • Datum: 13.12.2010

    Wie es aus EU-Kreisen in Brüssel hieß, sei es sehr unwahrscheinlich, dass bei den Gesprächen vor Ende dieses Jahres das Wettbewerbskapitel geöffnet werde. Ursprünglich war die Öffnung des Kapitels für den 22. Dezember vorgesehen. Das Wettbewerbskapitel ist einer von insgesamt 35 Verhandlungsabschnitten, den die Türkei im Rahmen der 2005 begonnenen Beitrittsgespräche abarbeiten muss. Da Ankara noch nicht alle Kriterien erfüllt habe, gelte es eher als wahrscheinlich, dass das fragliche Kapitel erst im kommenden Jahr geöffnet werden könne, hieß es am Wochenende in Brüssel.
    Die Außen- und Europaminister der 27 EU-Staaten wollen sich zu Beginn dieser Woche in Brüssel unter anderem mit der EU-Kandidatur der Türkei befassen. In mehreren Mitgliedsstaaten – darunter Frankreich, Deutschland und Österreich – wird eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei skeptisch gesehen. Andere EU-Länder, beispielsweise Schweden, machen sich hingegen für die Vollmitgliedschaft stark. Wenn das Wettbewerbskapitel in den Verhandlungen zwischen Brüssel und Ankara nicht mehr wie eigentlich geplant in diesem Jahr geöffnet würde, wäre dies ein weiteres negatives Signal für die ohnehin fast zum Stillstand gekommenen Beitrittsgespräche. Das Wettbewerbskapitel gehört zu den wenigen Verhandlungspunkten, bei denen gegenwärtig überhaupt noch Fortschritte erzielt werden könnten.
    In den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurde bislang erst ein Kapitel abgeschlossen. Etliche Kapitel sind blockiert, weil Ankara das EU-Mitglied Zypern nicht anerkennt. Wegen der Weigerung der Türkei, Häfen und Airports für Schiffe und Flugzeuge aus dem Süden der seit 1974 geteilten Insel zu öffnen, legte die Europäische Union acht Kapitel im Jahr 2006 auf Eis. Seither hat es in der Zypernfrage kaum Bewegung gegeben.
    Der Stillstand hängt mit zwei unterschiedlichen Forderungen Ankaras und der Europäischen Union zusammen: Auf der einen Seite verlangt Brüssel von der Türkei, das sogenannte Ankara-Protokoll auch für das EU-Mitglied Zypern anzuwenden und ihre Häfen zu öffnen. Auf der anderen Seite erwartet Ankara Erleichterungen beim Handel zwischen dem von türkischen Truppen besetzten Norden der Insel und der Europäischen Union. Bei ihrem Treffen in Brüssel wollen die EU-Außenminister nun auf Fortschritte in der Zypernfrage dringen – andernfalls soll über die seit vier Jahren blockierten Kapitel auch weiterhin nicht verhandelt werden.
    Aus dem Tagesspiegel.

  • Immer weniger Türken glauben an Europa

    Immer weniger Türken glauben an Europa

    Die Brücke über den Bosporus bei Istanbul verbinden den europäischen und den kleinasiatischen Teil der Metropole, in der rund 15 Millionen Menschen leben.

    13. Dezember 10
    Immer weniger Türken glauben an Europa
    Antalya-Alanya (Weltexpress) – Nur noch 38 Prozent der türkischen Bevölkerung wollIen, dass ihr Land EU-Mitlglied wird. Die Türkei fühlt sich inzwischen so stark, dass für sie der Beitritt nicht mehr wichtig ist.

    Bereits 1959 stellte die Türkei den Antrag, zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft anzugehören, die damals noch EWG hieß und bereits vier Jahre später wurde das Assoziierungsabkommen unterzeichnet. Der damalige EWG-Kommissionspräsident Walter Hallstein (CDU) stellte damals fest: “Die Türkei gehört zu Europa”. Als der Europäische Rat 2004 die Beitrittsverhandlungen aufzunehmen, war dies ein Anlass zu überschäumender Freude und wurde mit Feuerwerk und Konfeti gefeiert. Premierminister Erdogan jubelte: “Wir haben die Kurve gekriegt, der Weg ist frei”. Sechs Jahre später ist der Prozess festgefahren und von 35 Verhandlungskapiteln konnte gerade mal ein einziges abgeschlosssen werden. Inzwischen hat man auch in der Türkei gemerkt, dass der Beitritt in eine unabschätzbare Ferne gerückt ist.
    “Niemand nimmt den EU-Beitrittsprozess mehr ernst”, das schreibt Feral Tinc, Kolumnist in der Zeitung “Hürriyet” und Finanzminister Simsek sagte neulich, es komme auf den Beitritt “letztlich gar nicht an. Mit den Reformen werden wir so oder so weitermachen, für unser Land und seine Menschen”. Auch wenn Außenminister Ahmet Davutoglu versichert, der EU-Beitritt habe Priorität sieht sich die Regierung längst nach anderen Optionen um. Anfang Dezember unterzeichnete sie mit Syrien, Libanon und Jordanien ein Abkommen über engere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der “erste Schritt zu einer Union der Nahost-Staaten” sei damit getan, erläuterte der syrische Transportminister Yaraub Badr – einschließlich einer Zoll- und Währungsunion. In Dokumenten des türkischen Rats für Außenhandel (DEIK) nimmt das Gebilde bereits deutlich Gestalt an: Die Union umfasst neben den vier Gründungsmitgliedern auch Iran, den Irak, Kuweit, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jemen, Oman und Bahreain, eine Region mit 270 Millionen Einwohnern und einem Handelsvolumen von fast 1 000 Milliarden Dollar. Dem türkischen Außenminister schwebt sogar eine “Zone der wirtschaftlichen Integration” von der Türkei bis nach Marokko, dem Sudan und Golf von Aden vor.
    Mögen diese Visionen gegebenenfalls Höhenflüge vermuten lassen, Tatsache ist, dass die neue türkische Ostpolitik stark wirtschaftlich motiviert ist. Die meisten europäischen Volkswirtschaften, in denen die türkischen Exporteure bisher rund 70 Prozent ihrer Waren absetzen, stagnieren. Die türkische Wirtschaft dagegen wuchs im ersten halbjahr um elf Prozent. Die Türkei ist ständig auf der Suche nach neuen Märkten und das tut sie vor allem im Nahen Osten, Mittelasien und Nordafrika. EU-Diplomaten meinen, das müsse nicht im Widerspruch zur europäischen Perspektive stehen und durch ihre engeren Beziehungen zur arabischen Welt gewinne die Türkei für Europa nur noch mehr an Bedeutung.
    Entwürdigend sei es, so äußerte sich Ministerpräsident Erdogan kürzlich, dass die EU “uns seit 50 Jahren vor ihren Toren warten lässt”. Und so sehen es auch viele türkische Bürger. Vor allem jüngere Türken wollen diese Warterei und Demütigungen nicht länger hinnehmen und sind mit der Orientierung ihres Landes nach Osten recht zufrieden und finden: “Bald brauchen wir die EU nicht mehr, aber umso mehr wird die EU uns brauchen!”
    Von Christine Keiner

    Quelle:

  • Studie: Deutsche TV-Nachrichten schüren generelle Angst vor Muslimen

    Studie: Deutsche TV-Nachrichten schüren generelle Angst vor Muslimen

    14.12.2010
    Inszenierte Terrorgefahr

    Studie: Deutsche TV-Nachrichten schüren generelle Angst vor Muslimen
    Wenn in deutschen Fernsehnachrichten über Terrorismus berichtet wird, dann selten über dessen Ursachen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Zudem schüre di…
    Artikellänge: rund 351 Wörter
    Quelle:

  • Bundesweite Durchsuchungsmaßnahmen bei salafistischem Netzwerk

    Bundesweite Durchsuchungsmaßnahmen bei salafistischem Netzwerk

    Internetredaktion des Bundesministeriums des Innern
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    Veröffentlicht am 14.12.2010
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    Bundesweite Durchsuchungsmaßnahmen bei salafistischem Netzwerk
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    Der Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärt:
    „Auf Veranlassung des Bundesministeriums des Innern und auf der Grundlage entsprechender
    Gerichtsbeschlüsse werden seit heute 8 Uhr in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen
    Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei einem bundesweit agierenden salafistischem Netzwerk
    durchgeführt. Hintergrund dieser Maßnahmen ist ein seit längerem vom Bundesministerium des Innern
    gegen die Vereine „Einladung zum Paradies e.V.“ (EZP) in Braunschweig/Mönchengladbach und
    „Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V.“(IKZB) geführtes vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren.
    Die heutigen Exekutivmaßnahmen stehen in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Gefährdungslage
    durch den internationalen Terrorismus. Sie waren seit längerem geplant.
    EZP und IKZB sind verdächtig, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung zu richten, indem sie diese
    zugunsten eines islamischen Gottesstaates in Deutschland beseitigen wollen. Salafisten verstehen
    die islamische Religion als Ideologie, Ordnungs- und Herrschaftssystem und damit als unvereinbaren
    Gegensatz zur parlamentarischen Demokratie. Gesetze können der salafistischen Ideologie zufolge nur
    von Gott (göttliche Souveränität), nicht vom Volke gemacht werden. So fordert auch der
    1. Vorsitzende des EZP, dass auf der Basis der Scharia regiert werden muss und nicht auf Basis von
    Menschen erlassener Gesetze.
    Gegen islamistische Netzwerke wie diese salafistischen Vereine stehen der freiheitlichen Demokratie
    vereinsrechtliche Verbotsmaßnahmen zur Verfügung. Für eine wehrhafte Demokratie ist es so notwendig
    wie geboten, nicht erst den Jihad in Form des bewaffneten Kampfs abzuwarten, um gegen
    verfassungsfeindliche Vereinigungen einzuschreiten.
    Die heutigen zeitgleichen Durchsuchungen in drei Bundesländern werden zeigen, ob sich der bisherige
    Anfangsverdacht bestätigt.“

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    Impressum:
    Bundesministerium des Innern
    E-Mail: poststelle@bmi.bund.de
    Internet:

    Alt-Moabit 101D
    D-10559 Berlin
    Telefon: 030 / 18681 – 0

  • Westerwelle sieht Türkei nicht in der EU

    Westerwelle sieht Türkei nicht in der EU

    Foto: AP

    Wikileaks-Protokoll
    Westerwelle sieht Türkei nicht in der EU
    zuletzt aktualisiert: 12.12.2010
    Berlin (RPO). Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat sich einem Magazinbericht zufolge gegenüber den USA skeptischer über einen EU-Beitritt der Türkei geäußert als sonst in der Öffentlichkeit. Das Mittelmeerland sei nicht modern genug, um zur EU zu gehören, sagte Westerwelle demnach während seines Antrittsbesuchs bei US-Außenministerin Hillary Clinton im vergangenen Jahr.
    Wenn Deutschland jetzt über einen Beitritt der Türkei entscheiden müsste, wäre die Antwort ein klares Nein, zitiert der „Spiegel“ weiter aus dem Protokoll des Gesprächs, das mit dem Schriftverkehr der US-Diplomatie von dem Internetportal Wikileaks veröffentlicht worden sei.
    Der FDP-Politiker sagte demnach zudem, die EU könne ein solch großes Land wie die Türkei nicht integrieren. Grundsätzlich betonte Westerwelle jedoch auch, das Ergebnis der Beitrittsverhandlungen sei offen, wie es der Regierung in Ankara zugesagt worden sei.
    In dem Protokoll wird nicht ausgeschlossen, dass diese Haltung taktisch motiviert sei. Westerwelle habe auch erklärt, seine Partei wolle die EU-Tür für die Türkei offenhalten, um einen Anreiz für Reformen zu geben.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel will im Januar ihre Hilfe bei der Lösung des Zypern-Konflikts anbieten, der zu den Hürden auf dem Weg der Türkei in die EU zählt. Aus EU-Sicht muss die Regierung in Ankara ihre Beziehungen zum griechischen Teil der Mittelmeerinsel normalisieren, der seit langem Mitglied der Gemeinschaft ist.
    Der griechische Nachbar ist jedoch eng mit dem türkischen Nord-Zypern verbündet. Regierungsvertreter in Ankara haben wiederholt den Verdacht geäußert, EU-Staaten benutzten den Konflikt dazu, die Aufnahme der Türkei zu blockieren.

    URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Westerwelle-sieht-Tuerkei-nicht-in-der-EU_aid_941157.html

  • Britische Polizei ermittelt nördlich von London

    Britische Polizei ermittelt nördlich von London

    Seine Karikaturen erzürnen moslemische Gemüter: Lars Vilks

    13.12.2010
    Britische Polizei ermittelt nördlich von London

    Nach dem Selbstmordanschlag von Stockholm hat die britische Polizei nördlich von London ein Haus durchsucht. Festgenommen wurde niemand. Britische Zeitungen berichten, der Attentäter habe dort gelebt und studiert.
    Nach dem Selbstmordanschlag von Stockholm hat auch die britische Polizei Ermittlungen aufgenommen. Am späten Sonntagabend sei in der Grafschaft Bedfordshire nördlich von London ein Haus durchsucht worden, teilte ein Sprecher von Scotland Yard am Montag (13.12.2010) mit. Bei dem Einsatz kurz vor Mitternacht sei kein gefährliches Material entdeckt und auch niemand festgenommen worden.
    Medien: Attentäter lebte zuletzt in Luton
    Ob die Durchsuchung in Luton war, wollte der Sprecher indes nicht bestätigen. Die Zeitungen „The Daily Mail“ und „The Daily Telegraph“ berichteten, der von einer islamistischen Webseite als Attentäter identifizierte Taimur Abdel Wahab habe in den letzten Jahren in Luton gelebt und an der Universität von Bedfordshire studiert. Die Frau und beiden kleinen Töchter des Mannes, der angeblich Ende zwanzig war, leben demnach weiterhin in der Stadt, rund 50 Kilometer nördlich von London. Laut den Berichten studierte er Sporttherapie.
    Behörden halten sich bedeckt
    Auch heißt es, Taimur Abdel Wahab stamme ursprünglich aus dem Irak. 1992 sei er von Bagdad nach Schweden gezogen, bevor er 2001 nach England zum Studium gegangen sei. Nachbarn wollen ihn noch vor gut zwei Wochen in Luton gesehen haben. Das britische Innenministerium wollte die Berichte bislang nicht kommentieren. Man stehe in engem Kontakt mit den schwedischen Stellen. „Es wäre unangebracht, sich zu diesem Zeitpunkt zu ihren laufenden Ermittlungen zu äußern“, sagte ein Ministeriumssprecher in London.
    Vermutlich die Tat eines Einzelnen
    Die schwedische Polizei geht davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Dass der Mann allein gehandelt habe, sei die wahrscheinlichste Erklärung, sagte Carolina Ekeus vom Sicherheitsdienst Säpo. Ein Bombenexperte der Armee nannte sein Vorgehen „technisch gesehen amateurhaft“.
    Mitten im Weihnachtsgeschäft hatte der Mann sich am Samstagnachmittag im Zentrum von Stockholm in die Luft gesprengt. Dabei waren – wie durch ein Wunder – nur zwei Passanten verletzt worden. Der Attentäter war sofort tot. Er hatte einen Rucksack bei sich, der mit Reißnägeln und weiteren Sprengsätzen gefüllt war, die allerdings nicht detonierten. Kurze Zeit vorher war nicht weit entfernt ein Auto explodiert.
    Drohung per E-Mail

    In seinem Abschiedstext erklärte der Mann, dass er sich bei einem Aufenthalt im Nahen Osten für den Dschihad habe ausbilden lassen. Die schwedische Polizei sprach von einem „Terrorakt“. In einer Drohmail hatte ein Mann vorher den Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan und „das Schweigen des schwedischen Volkes“ zu einer Mohammed-Karikatur des Künstlers Lars Vilks verurteilt. Die Drohung per E-Mail spricht nach Ansicht von Experten gegen eine Verbindung zur Terrororganisation Al-Kaida, die sich meist nachträglich zu Anschlägen bekennt.
    Warnungen von Geheimdiensten
    Der Anschlag löste europaweit Besorgnis aus. Denn die Geheimdienste weisen seit Wochen darauf hin, dass bis Weihnachten islamistische Terrorakte in Europa zu befürchten seien. Zuletzt hatten die Sicherheitsdienste vor einem Anschlag in Deutschland bis Ende November gewarnt. Als mögliches Ziel wurden auch Weihnachtsmärkte genannt. Trotz des Attentats in Schweden sieht das Bundesinnenministerium keinen Grund, die Sicherheitsvorkehrungen weiter zu verstärken.
    Autorin: Eleonore Uhlich (dpa,afp,rtr)
    Redaktion: Martin Schrader

    Quelle:

  • Muslime demonstrieren nach Anschlag in Stockholm

    Muslime demonstrieren nach Anschlag in Stockholm

    | 13.12.2010
    Muslime demonstrieren nach Anschlag in Stockholm
    STOCKHOLM: Bei einer von Muslimen organisierten Demonstration gegen den Terroranschlag in Stockholm sind rund 100 Menschen auf die Straße gegangen. Die Muslime befürchten negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Muslimen in Schweden. Nach Medienberichten deutet ein Bekennerschreiben auf einen islamistischen Hintergrund des Anschlags vom Samstag hin. In der Innenstadt war zunächst ein Auto explodiert, kurz darauf kam ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter bei einer weiteren Detonation in der Nähe ums Leben. – Nach Angaben der schwedischen Nachrichtenagentur TT ging in der Redaktion kurz vor dem Anschlag eine E-Mail ein, in der auf den Künstler Lars Vilk Bezug genommen wird, der den muslimischen Propheten Mohammed als Hund gezeichnet hat. Außerdem ist vom Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan die Rede. – Die schwedische Polizei geht von einem „Einzeltäter“ aus.

    Quelle:

  • http://www.integra-netz.de/

    http://www.integra-netz.de/

    Neuvorstellung der Website:

  • Betin Günes konzertiert mit dem *Turkish Chamber Orchestra*

    Betin Günes konzertiert mit dem *Turkish Chamber Orchestra*

    Bildquelle: www.betingunes.de

    Do, 9. Dez. 2010
    Integration gibt den Ton an
    Betin Günes konzertiert mit dem *Turkish Chamber Orchestra*
    Düren.

    Orientalische und okzidentale Klänge werden bald im Haus der Stadt ertönen. Unter Leitung des Pianisten, Komponisten und Dirigenten Betin Günes werden mit dem *Turkish Chamber Orchestra* sinfonische Stücke türkischer Komponisten wie Cemal Resit Rey und Betin Günes selbst sowie Stücke bekannter Vertreter der westlichen Klassik, darunter Wolfgang Amadeus Mozart, gespielt. Als Solistin an der Flöte wird Stephanie Gokus zu hören sein, die Baglama, ein türkisches Seiteninstrument, wird von Süleyman Akkas gespielt. Das Zusammenbringen orientalischer und westlicher Harmonien soll getreu dem Motto *Musik verbindet* auch der Völkerverständigung dienen. *Bei den meisten Veranstaltungen zur Integration steht die Religiösität im Vordergrund*, erklärt Saffet Akkas vom Integrationsausschuss. Dadurch setze man sich zu wenig mit der Kultur des jeweils anderen ausein-ander. Das Konzert soll ein erster Schritt sein, dies zu ändern. Saffet Akkas hatte als Besucher ähnlicher Konzerte gute Erfahrungen gemacht und wollte dies den Dürenern nicht vorenthalten. Mit dem türkischen Generalkonsulat, der Sparkasse Düren, dem Dürener Konzertforum Cappella Villa Duria, Stadt und Kreis Düren, der Kulturinitiative des Kreises Düren, der Ditib-Moschee und dem Eltern-, Sozial- und Kulturverein setzte er die Idee in die Tat um. Das Ergebnis kann sich am 17. Dezember um 19 Uhr im Haus der Stadt hören lassen. Der Eintritt kostet zwölf und 15 Euro, ermäßigt zehn Euro. Karten sind an der Theaterkasse im Haus der Stadt und im Bürgerbüro erhältlich. (bri)

    Quelle: Dürener Zeitung

  • Deutscher Autor Akhanli kommt auf freien Fuß

    Deutscher Autor Akhanli kommt auf freien Fuß

    Bidlquelle: Wikipedia

    Deutscher Autor Akhanli kommt auf freien Fuß
    zuletzt aktualisiert: 08.12.2010
    Istanbul (RPO). Der türkischstämmige deutsche Schriftsteller Dogan Akhanli kommt auf freien Fuß. Wie ein AFP-Reporter am Mittwoch aus dem Prozess in Istanbul berichtete, wird er mit sofortiger Wirkung aus der Untersuchungshaft entlassen.
    Der Prozess gegen ihn geht am 9. März weiter. Dem 53-jährigen Angeklagten wird die Beteiligung an einem Raubüberfall und einem Umsturzversuch im Jahr 1998 vorgeworfen.
    Akhanli, der 1991 nach Deutschland geflohen war, weist die Vorwürfe zurück. Zahlreiche Intellektuelle aus der Türkei und Deutschland hatten seine Freilassung gefordert.
    Bei einer Verurteilung droht Akhanli lebenslange Haft.
    URL: www.rp-online.de/politik/ausland/Deutscher-Autor-Akhanli-kommt-auf-freien-Fuss_aid_939903.html

  • STELLEN-AUSSCHREIBUNG Nr. 09/2010

    STELLEN-AUSSCHREIBUNG Nr. 09/2010

    STELLEN-AUSSCHREIBUNG Nr. 09/2010
    stau 09_10[1]

    stau 09_10[1]

    Im Bereich der Stadtverwaltung Frankfurt am Main sind nachstehende Stellen zu be- setzen, für die ausschließlich städtische Bedienstete, die in einem unbefris- teten Beschäftigungsverhältnis stehen, in Betracht kommen, soweit in der Ein- zelausschreibung kein anders lautender Hinweis erfolgt.
    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verwenden für die Bewerbung den bei den Perso- nalstellen erhältlichen Vordruck (Schlüssel Nr. 22 06 06) in einfacher Ausferti- gung. Das Formular steht zudem im Intranet (Verwaltung Aktuell  Formulare), ebenso wie die Stellen-Ausschreibung selbst zur Verfügung (Verwaltung Aktuell  Veröffentlichungen). Wir weisen darauf hin, dass der Bewerbungsbogen – in Ihrem eigenen Interesse – lückenlos und vollständig auszufüllen ist.
    Die Bewerbung ist unmittelbar an die in der Ausschreibung jeweils genannte Organi- sationseinheit zu richten.
    Wir weisen darauf hin, dass sich unbefristet Beschäftigte auch auf befristete Tätig- keiten bewerben können und im Erfolgsfall weiter unbefristet beschäftigt werden.
    Die Stadt Frankfurt am Main strebt an, den Anteil von Frauen in Bereichen mit Unter- repräsentanz zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen werden daher besonders be- grüßt. Ein entsprechender Hinweis erfolgt in der Einzelausschreibung.
    Bewerbungen für Teilzeitarbeit werden auch bei Vollzeitausschreibungen grundsätz- lich in das Auswahlverfahren einbezogen.
    Schwerbehinderten Menschen steht es frei, zur Wahrung ihrer Rechte nach dem Neunten Sozialgesetzbuch ihre Schwerbehinderteneigenschaft (Grad der Behinderung) in der Bewerbung anzugeben. Bei gleicher Eignung ist ihnen der Vorzug vor anderen Bewerbern/-innen zu geben.
    In einer Großstadtverwaltung wie der Stadtverwaltung Frankfurt am Main gehören Umgang mit Vielfalt, interkulturelle Öffnung und der Erwerb interkultureller Kompe- tenz zu den selbstverständlichen Erfordernissen für alle kommunalen Gremien und die Stadtverwaltung. Die Stadt Frankfurt am Main strebt daher auch an, den Anteil von Migranten/-innen unter ihren Bediensteten zu erhöhen. Bewerbungen von Mig- ranten/-innen werden daher besonders begrüßt.
    Falls zur Übernahme der ausgeschriebenen Tätigkeit zusätzliche Qualifizierungs- oder besondere Einarbeitungsmaßnahmen notwendig werden, können sich interes- sierte Bewerber/innen ebenso wie die ausschreibenden Ämter/Betriebe zur Beratung an unser Sachgebiet 11.32 – Personalentwicklung/Fortbildung – wenden.
    Grundlage für die in den Einzelausschreibungen aufgeführten Entgeltgruppen (EGr.) nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ist die Anlage 3 des Tarif- vertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA).
    Bewerbungen werden bis spätestens 22.12.2010 angenommen, soweit in der Einzelausschreibung kein anderer Annahmeschluss angegeben ist.

  • «Er weiss, dass man eine A-Waffe nicht einsetzen kann»

    «Er weiss, dass man eine A-Waffe nicht einsetzen kann»

    Foto: Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

    «Er weiss, dass man eine A-Waffe nicht einsetzen kann»
    Von Rudolf Burger.

    Mit dem Iran muss verhandelt werden, sagt Volker Perthes. Dass die Saudis dem Iran misstrauen, überrascht den Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin nicht.

    «Eine Friedenslösung ohne die Taliban wird nicht funktionieren», sagt Volker Perthes.

    Volker Perthes, Jahrgang 1958, wurde in Homburg am Niederrhein geboren. Er studierte Politologie in Duisburg, wo er 1990 promovierte und sich 1999 auch habilitierte. Von 1991 bis 1993 war er Assistenzprofessor an der American University in Beirut und lehrte an den Universitäten in Duisburg, München und Münster. Von 1992 an leitete er die Forschungsgruppe «Naher Osten und Afrika» an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, deren Direktor er seit 2005 ist. Perthes, der die deutsche Regierung berät und in vielen Medien als Kommentator in Erscheinung tritt, ist Verfasser zahlreicher Publikationen über Nahost und Arabien. Sein letztes Buch, «Iran – eine politische Herausforderung», erschien 2008 bei Suhrkamp. – Das vorliegende Interview ist im Rahmen eines Vortrags entstanden, den Volker Perthes am vergangenen Dienstag vor dem Schweizerischen Institut für Auslandforschung in Zürich gehalten hat.

    Herr Perthes, «hackt der Schlange den Kopf ab», soll der saudiarabische König Abdallah laut Wikileaks den USA bezüglich des Iran geraten haben. Hat Sie das überrascht?
    Ein Vorbemerkung: Dieses Zitat stammt aus dritter Hand, im Zweifelsfall kann der saudische König sagen, der Botschafter habe das gesagt, nicht er. Aber diese Art von Sprache kennen wir aus dieser Gegend. Ich glaube, auch die Iraner sind nicht wirklich überrascht, dass ihnen die Saudis misstrauen.

    Der Iran und die arabischen Staaten sind sich einig in ihrer Haltung gegen Israel. Wenn sich Saudiarabien so klar gegen den Iran stellt, ist das doch bemerkenswert.
    Das mit der Einigkeit gegen Israel ist relativ. Saudiarabien hat prinzipiell seine Bereitschaft erklärt, Israel anzuerkennen, wenn Israel auf die arabische Friedensinitiative eingeht und die Einrichtung eines palästinensischen Staates erlaubt. Das Gleiche gilt nicht für den Iran. Den gleichen Gegner zu haben, heisst ja nicht, dass man nicht voreinander Angst haben kann. Dass die Saudis, die Emiratis, die Jordanier, die Ägypter und andere mit grosser Skepsis auf das iranische Atomwaffenprogramm schauen, ist bekannt. Und die Saudis sind in grosser Sorge vor einer iranischen Hegemoniestellung am Persischen Golf.

    Ehud Barak, der israelische Verteidigungsminister, hat laut Wikileaks im Juni 2009 erklärt, es gebe ein Zeitfenster von 18 Monaten für einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen. Wie wahrscheinlich ist ein solcher Militärschlag?
    Diese Frist ist ja nun fast abgelaufen. Israel will mit solchen Aussagen auch diplomatischen Druck auf Amerikaner und Europäer ausüben und sagen: Ihr müsst jetzt wirklich aktiv werden.

    Sie halten es also für unwahrscheinlich, dass ein Angriff bevorsteht?
    Ja. Es gibt Zeitdruck. Verhandlungen mit dem Iran, wie sie in den letzten Jahren stattgefunden haben, haben trotz der mageren Ergebnisse immer auch das Ziel gehabt, Zeit zu gewinnen. Schon 2002 gab es Warnungen, der Iran habe in acht Monaten die Atombombe. Heute haben wir das Jahr 2010. Die Verhandlungen haben nicht bewirkt, dass der Iran sein Atomprogramm aufgegeben hat, aber sie haben das Programm verzögert. Die Iraner sagen sich: Wir verhandeln, und in der Zeit bauen wir weitere Zentrifugen. In einem Jahr haben wir noch mehr Zentrifugen und verhandeln auf höherem Niveau.

    Dann wollen also die Iraner die Atombombe effektiv bauen?
    Ich bin sicher, dass die Iraner alle technischen Fertigkeiten haben wollen, um innert kürzester Zeit, falls notwendig, eine atomare Waffe herzustellen. Dass heisst nicht, dass sie die Entscheidung getroffen hätten, diese Waffe zu bauen.

    Würde es nicht der Aggressivität Ahmadinejad widersprechen, nur die Möglichkeit zur Atombombe zu haben, sie aber nicht zu bauen?
    Auch Ahmadinejad und die iranische Elite wissen, dass man eine Atomwaffe eigentlich nicht einsetzen kann. Nicht nur, weil Israel zurückschlagen würde, sondern auch, weil ein Atomschlag in einer dicht besiedelten Gegend Dinge auf Generationen zerstören würde. Eine Atomwaffe ist eine politische Waffe, sie schafft Hegemonie, da reicht es, wenn alle andern wissen, dass man eine Atomwaffe hat.

    Damit trauen Sie dem iranischen Regime zu, rational zu handeln. Wenn man Ahmadinejads Rhetorik ernst nimmt, dass er Israel aus der Region vertreiben will, zweifelt man, ob man es mit einem rational denkenden Politiker zu tun hat.
    Ich denke, dass er das ist. Aber er ist ein Antisemit, ein Populist, er glaubt, dass Israel keinen Platz in dieser Region habe. Gleichwohl hat er nie gesagt, der Iran solle Israel zum Verschwinden bringen. Vielmehr hat er eine Geschichtsphilosophie, wonach Israel nicht hierher gehöre und irgendwann weg sein werde. Das Atomprogramm des Iran dient nicht der Perspektive, wir bauen eine Bombe und greifen übermorgen Israel an. Es geht darum, zu zeigen, wer die Nummer 1 im Nahen Osten ist. Der Iran will das sein, und das gefällt allen Nachbarn gar nicht.

    Sie würden also davon abraten, das iranische Atomprogramm militärisch zu stoppen?
    Eine Reihe von amerikanischen und israelischen Entscheidungsträgern hält laut Wikileaks einen Militärschlag für die schlechteste aller Lösungen, weil er das Problem nur für einige Jahre lösen würde. Wenn dem so ist – und da brauchen wir gar nicht in die Wertediskussion zu gehen, ob Krieg legitim ist oder nicht –, dass ein Militärschlag das iranische Militärprogramm nur um drei Jahre verzögern würde, es aber schon gelungen ist, das iranische Atomprogramm mit Diplomatie um sieben Jahre zu verzögern, dann spricht doch vieles für Diplomatie. Zur Diplomatie gehören Gespräche, die nächste Woche geführt werden, aber auch Elemente robuster Diplomatie wie etwa Sanktionen.

    Im Buch «Iran – eine politische Herausforderung», erschienen 2008, plädieren auch Sie für den Dialog mit dem Iran. Das gilt also weiterhin?
    Ja. Einen grossen Staat, einen der entwickeltsten in seiner Nachbarschaft, einen wichtigen Faktor der Weltökonomie, einen Ölexporteur mit einer eigentlich sehr kosmopolitischen Gesellschaft, den können wir nicht einfach ignorieren.

    Sie werden im Internet kritisiert als einer, der gegenüber dem Iran «Appeasement» predige.
    Wer versucht, politisch verantwortbare Lösungen zu finden, der muss das Instrument des Miteinanderredens als Allererstes nutzen.

    Im Fall des Nahost-Konflikts ist alle Diplomatie vergebens, ein Frieden scheint in weiter Ferne.
    Diesen Eindruck kann man haben. Als Journalist oder Universitätsprofessor könnte ich mir die Antwort leisten, es gehe sowieso nicht weiter, als Politikberater habe ich eine Verantwortung, zu sagen, auch wenn die Chancen klein sind, weiterzukommen, müssen wir sie nutzen. Aber Sie haben recht. Wenn es eine Zweistaatenlösung innerhalb der Amtszeit von Präsident Obama nicht gibt, dann werden wir eine solche Lösung wahrscheinlich nicht mehr schaffen.

    In Israel scheint eine solche Lösung fast nicht mehr durchsetzbar.
    Es ist schwierig. Soeben hat die Knesset beschlossen, dass es für die Abgabe der Golan-Höhen und von Ostjerusalem entweder eine Zweidrittelmehrheit oder ein Referendum braucht. Man baut also zusätzliche Hürden, um einer Mehrheit zu verbieten, einen Frieden auf einer gerechten Grundlage zu schaffen.

    Dazu passt, dass die Siedlungspolitik auch nicht gestoppt wird.
    Viele Leute möchten das aber. Die öffentliche Meinung ist in Israel nach wie vor mehrheitlich bereit, einen fairen Kompromiss zu akzeptieren. Ein Kompromiss, bei dem die 1967 eroberten Gebiete nach Grenzkorrekturen aufgegeben würden und Ostjerusalem zur Hauptstadt der Palästinenser würde, Israel aber die Garantie erhielte, dass keine palästinensischen Flüchtlinge zurückkommen. Dieses Paket ist in Israel nach wie vor mehrheitsfähig. Tatsache ist, dass Ministerpräsident Netanyahu wahrscheinlich eher als andere eine solche Lösung durchzusetzen könnte.

    Dazu brauchte es Druck von den USA, aber man hat nicht den Eindruck, dass Barack Obama auf einen Nahost-Frieden drängt. Wenn er an seine zweite Amtszeit denkt, lässt er seine Finger vom Nahost-Problem.
    Da bin ich anderer Ansicht. Wenn Obama aussenpolitische Erfolge haben will, reicht der Abzug aus dem Irak nicht, viel mehr hat er bis jetzt ja nicht erreicht. Als er Präsident wurde, war es sein Versprechen, dass er sich vom ersten Tag an um den Nahost-Konflikt kümmern werde. Das geschieht im Moment auch, der israelisch-palästinensische Konflikt ist für die Aussenministerin neben aktuellen Herausforderungen wie Korea die wichtigste Aufgabe. Ich nehme schon an, dass es innerhalb eines Jahres eine Chance für eine Form von Abkommen zwischen Israeli und Palästinensern gibt.

    Sie beraten die deutsche Regierung. Noch stehen deutsche Truppen in Afghanistan. Raten Sie zum Abzug?
    Ja, aber nicht sofort. Wir können nicht sagen, die 5000 Bundeswehrsoldaten und 140 000 Nato-Soldaten sollen sofort raus. Das muss mit der afghanischen Regierung abgestimmt werden. Die Übergangsperiode soll bis 2014 dauern.

    Soll mit den Taliban verhandelt werden?
    Ja. Eine Friedenslösung ohne die Taliban wird nicht funktionieren. Die Taliban, oder nennen wir sie die konservativen sunnitischen paschtunischen Kräfte, werden Teil eines Machtteilungs-Arrangements sein müssen.

    Nimmt man also in Kauf, dass dort, wo die Taliban herrschen, der alte religiöse Fanatismus wieder zum Durchbruch kommt und Mädchen nicht mehr zur Schule gehen dürfen?
    Ich fürchte, dass eine Reihe von Errungenschaften, die zum Teil aber heute auch nur auf dem Papier stehen, in den streng paschtunischen Gebieten, etwa in Kandahar, geopfert werden. Nicht im Norden, nicht in Kabul. Aber die Taliban haben sich auch ein Stück weit verändert. Sie sagen heute nicht mehr, sie seien gegen Mädchenschulen, sie wissen auch, dass sie Fehler gemacht haben, als sie allein regiert haben.

    Von aussen gesehen ist Afghanistan ein hoffnungsloser Fall, in dem nach dem Abzug der westlichen Truppen Anarchie herrschen wird.
    Der Abzug der Isaf-Truppen darf nicht heissen, das wir unsere Unterstützung für Afghanistan aufgeben. Wir müssen weiterhin Ausbildungsmassnahmen für afghanische Sicherheitskräfte und die Verwaltung sowie Entwicklungshilfe anbieten. Letztlich können wir uns das leisten: Heute geben wir für unsere Truppen ein Vielfaches von dem aus, was wir ausgeben würden, wenn wir sehr generöse Entwicklungs- und Ausbildungshilfe leisteten.

    So oder so: Ist nicht Pakistan eigentlich der viel gefährlichere Krisenherd als Afghanistan?
    Das ist so. Wenn wir uns in Afghanistan beim Versuch übernommen haben, mithilfe von Truppen das Land sozial zu rekonstruieren, dann können wir das in einem 180-Millionen-Staat wie Pakistan gar nicht. Wir können in Pakistan nur versuchen, wie wenig Vertrauen wir in Militär und Regierung auch haben, mit dem Präsidenten, der jüngeren Generation von Offizieren, mit den Parteien zusammenzuarbeiten. Auch hier können wir nicht sicher sein, ob das gelingt.

    Werden irgendwo Terroristen geschnappt, stellt sich häufig heraus, dass sie in Pakistan ausgebildet wurden – und man weiss nie, ob dabei nicht sogar die Regierung die Hand im Spiel hatte.
    Die Regierung nicht, aber es gibt sicherlich Teile des militärischen Geheimdienstes, die zumindest nicht alles gegen den Terrorismus tun, was sie tun könnten. Sie wollen sich Teile dieser militanten Organisationen gewogen halten, weil sie immer noch glauben, sie könnten oder müssten sie eines Tages in einem Konflikt mit Indien einsetzen. Die grosse Phobie Pakistans ist Indien.

    Ist Pakistan sogar auf dem Weg zu einem «failed state»?
    Zumindest auf Teile des Landes, etwa die Stammesgebiete in Waziristan, trifft das zu. Dort ist staatliche Autorität nur per Gewalt, nur mit einem Einmarsch der Armee, herzustellen. Das haben wir im Swat-Tal gesehen. Mittlerweile herrscht dort wieder Ruhe und Ordnung, aber um einen grossen Preis.

    Der militante Islamismus existiert nach wie vor. Ist für Sie der «Clash of Civilizations» ein Thema?
    Wir und auch viele Regierungen im Nahen und Mittleren Osten haben erkannt, dass das Problem ein Kulturkonflikt innerhalb der islamischen Welt ist, zwischen den Kräften, die ihre Länder in die Globalisierung führen wollen, etwa der Türkei, und jenen, die einer Ideologie anhängen, die einen ewig währenden Konflikt zwischen dem Islam und dem Rest der Welt sehen, bei dem sozusagen die Kreuzzüge und der 11. September zeit- und grenzenlos ineinanderfliessen. Das ist eine Minderheit, die aber durch die Wahl terroristischer Mittel viel Angst und Unsicherheit auslösen konnte.

    Wo sehen Sie da den Iran?
    Eher aufseiten jener, die ihr Land in die Globalisierung führen wollen. Aber der Iran hat eine für die Region und die Welt nur schwer zu akzeptierende Agenda, der Iran will die dominante Macht am Persischen Golf sein und Einfluss im Irak, im Libanon und den Palästinensergebieten ausüben.

    Bei Afghanistan und Pakistan reden wir von «failed states», gleichzeitig wird aber das asiatische Jahrhundert ausgerufen. Ist der westliche Führungsanspruch infrage gestellt?
    Es gibt einen objektiven materiellen Aufstieg Asiens, und der ist gut, weil das heisst, dass in China, aber auch in Indien, Hunderte Millionen Menschen aus der Armut geführt worden sind. Aber wenn die einen aufsteigen, steigen die andern relativ ab. Diese aufsteigenden Mächte wollen ihre Stimme zu Gehör bringen, wenn es um Konflikte in der Welt geht. Sie haben eine andere Agenda als wir saturierten Europäer, wenn es etwa um die CO2-Reduktion geht. Da ist ihre Haltung die: Wenn wir ein bisschen mehr verschmutzen, sind wir immer noch nicht da, wo der Westen ist.

    Ist der Aufstieg Chinas für den Wes-
    ten nicht auch deshalb ein Problem, weil China letztlich sagt: «Seht, es geht auch ohne Demokratie.»
    Ja. Wir haben vor 20 Jahren gedacht, die Geschichte habe bewiesen, dass sich Freiheit und Demokratie durchsetzen und sich nachhaltiges Wachstum, Wohlstand und Zufriedenheit nur mit Marktwirtschaft und Demokratie ergeben. Die Chinesen versuchen zu zeigen, dass Marktwirtschaft auch mit weiser Führung funktioniert. Dieses chinesische Modell hat eine gewisse Überzeugungskraft im Rest der Welt, etwa in Afrika und Lateinamerika. Aber es gibt auch Friktionen in China: Dort fordert eine neue Mittelschicht Mitwirkung und Mitsprache. Die historische Antwort steht noch aus.

    Die Finanz- und Wirtschaftskrise würde ja bestätigen, dass das westliche Modell anfällig ist.
    Zumindest hat der Westen nicht das einzige Modell, das funktioniert. Das sollte uns anspornen im Versuch, unser Modell erfolgreicher zu machen.

    Letztlich läuft der Wettbewerb darauf hinaus, dass die Welt heute mehrere Machtpole kennt.
    Ja. Die USA bleiben aber noch auf Jahrzehnte hinaus der stärkste Pol, aber sie sind nicht mehr der Hegemon, der alles entscheiden kann.

    Auch in Europa ist doch die Skepsis gegen die USA enorm gewachsen.
    Als George W. Bush Präsident war, gab es einen starken Antiamerikanismus, aber unter Obama ist das vorbei: Wir bedauern jetzt, dass er nicht alle Pläne durchsetzen kann. Es geht weniger um Antiamerikanismus als um objektive Faktoren: Für die USA ist Europa nicht mehr das Zentrum der Welt wie während des Ost-West-Konflikts. Obama hat offensichtlich wenig Freude daran, zu EU-US-Gipfeln zu reisen. Die Action ist heute woanders. Auch für uns verliert Amerika an Bedeutung, und Asien gewinnt.

    Sie sind Berater der deutschen Regierung. Wie muss man sich das vorstellen – werden Sie zu Sitzungen mit Herrn Westerwelle eingeladen?
    Wir haben etwa 65 Forscher bei uns, die die Regierung, den Bundestag und auch die Wirtschaft oder die EU beraten. Es gibt Papiere, Studien von uns, die überwiegend öffentlich sind, es gibt Konferenzen und Kolloquien, Hearings, wir reden mit Ministern, Staatssekretären und Verbänden. Nach unserer Überzeugung sollte jeder, der in unserem Land Verantwortung für die Aussen- und Sicherheitspolitik trägt, von uns die bestmögliche Beratung bekommen. Dazu gehört auch die Opposition, die ja die künftige Regierungspartei sein könnte.

    In Ihrem Vortrag in Zürich haben Sie erklärt, Sie müssten eine optimistische Weltsicht haben. Wieso?
    Wenn Sie Politikberatung machen, können Sie nicht mit Entscheidern zusammensitzen und sagen, das Problem ist so kompliziert, dass ihr nichts tun könnt, es geht sowieso alles den Bach runter. Ich muss sagen: Das Problem ist schwierig, es gibt verschiedene Szenarien. Wenn die Chance, eine Lösung zu finden, 10 Prozent ist, lasst uns versuchen, daraus eine 20-Prozent-Chance zu machen. Versuchen wir, die Chancen zu erhöhen und die Risiken zu vermindern. (Der Bund)
    Erstellt: 05.12.2010, 11:32 Uhr

    – kommentar

  • Größere Rentenlücke bei türkischen Migranten

    Größere Rentenlücke bei türkischen Migranten

    Türkische Migranten fallen im Alter öfter unter Armutsgrenze dpa/Hubert Link

    08.12.2010
    Größere Rentenlücke bei türkischen Migranten
    Studie des Zentrums für Türkeistudien: »Finanzielle Lage ist äußerst angespannt«
    Von Robert Luchs

    Die Rentenlücke trifft die rund 2,5 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland härter als die Gesamtbevölkerung, ermittelt eine Studie und untersucht die Unterschiede.

    Bei Migranten aus der Türkei sind die Altersrenten niedriger und es stehen vergleichsweise wenig alternative Einkommensquellen zur Verfügung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Martina Sauer und Dirk Halm von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). Als Migrationshintergrund wird definiert, dass mindestens ein Elternteil in der Türkei geboren wurde. »Die finanzielle Lage der Türkeistämmigen ist äußerst angespannt«, stellen die Autoren der Studie fest, die repräsentativ rund tausend erwachsene Personen befragten.
    Darüber hinaus belegt eine Auswertung von Mikrozensus-Daten für den 5. Altenbericht der Bundesregierung in 2006, dass die ungleiche Verteilung der Einkommen zwischen 1997 und 2002 gewachsen ist. Wie andere Altersgruppen haben türkische Haushalte von über 64-Jährigen unterdurchschnittlich an der Einkommensentwicklung teilgenommen. Ihre Haushalte verfügten 2002 über 1208 Euro Nettoeinkommen (Deutsche 1603 Euro), 1997 noch 1083 Euro (Deutsche 1394 Euro). Die Rentenstatistik weist für Ende 2008 mit Blick auf die Rentner mit türkischer Staatsangehörigkeit eine durchschnittlich ausbezahlte Rente von 574 Euro aus, Rentner ohne Migrationshintergrund erhalten dagegen durchschnittlich 698 Euro monatlich. Nimmt man den durchschnittlichen Rentenbezug nur bei den Männern, so erhalten Türken 703 Euro, Deutsche hingegen 1057 Euro Rente.
    Die vergleichsweise niedrigen Einkommen bei Türkischstämmigen zeigen zugleich, dass die finanziellen Möglichkeiten zu zusätzlicher finanzieller Altersvorsorge begrenzt sind. In 2008 lag die Armutsquote für die türkeistämmigen Haushalte bei 34 Prozent. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung weist demgegenüber für die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund eine Quote von zwölf Prozent aus.
    Noch schlimmer sieht es bei den Älteren aus: Von den türkeistämmigen Haushalten mit Rentnern befinden sich inzwischen 58 Prozent unter der Armutsgrenze. Nach dieser Studie sagt die Hälfte der Befragten – gegenüber 24 Prozent der Gesamtbevölkerung –, sie sei nicht in der Lage, Geld auf die hohe Kante zu legen.
    Wenn gespart wird, werden mit 31,6 Prozent Immobilien bevorzugt. Weit abgeschlagen folgen Sparbücher mit 9,2 Prozent (bei deutschen Haushalten 59 Prozent) und Gold mit lediglich fünf Prozent. Auch wenn 86 Prozent der Befragten Ansprüche an die gesetzliche Rentenversicherung haben, so gehen über zwei Drittel davon aus, dass dies nicht zur Erhaltung des Lebensstandards im Alter ausreichen und zusätzliche Vorsorge notwendig sein wird.
    Von 300 000 Renten zum Jahresende 2008 wurden 47 240 in der Türkei ausbezahlt, also knapp 16 Prozent. »Die Altersvorsorge der Türkeistämmigen ist zumeist transnational orientiert«, wird in der Untersuchung betont. Daraus ergeben sich Besonderheiten wie der häufige Erwerb von Immobilien in der Türkei und die Zurückhaltung etwa bei der Riester-Rente, deren Bezug bei einem Wohnsitz in der Türkei nicht möglich ist, da die staatlichen Zuschüsse nicht außerhalb der Europäischen Union gewährt werden.
    Um drohende Rentenlücken zu schließen, können sich mehr als die Hälfte der über 18-Jährigen einen Lebensabend auch in der preisgünstigeren Türkei vorstellen. Im Rentenalter macht davon momentan jedoch nur jeder Siebte Gebrauch.
    Anders als in der Gesamtbevölkerung beschäftigen sich laut Studie Frauen mit einem türkischen Hintergrund deutlich seltener mit dem Thema Altersvorsorge, sind schlechter informiert und erwarten geringere Renten.
    URL:

  • Beginn des Prozesses gegen Dogan Akhanli

    Beginn des Prozesses gegen Dogan Akhanli

    Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde des KulturForum,

    am Mittwoch, 8. Dezember beginnt der Prozess gegen den türkischen 
Autor Dogan Akhanli.

    Eine internationale Prozessbeobachterdelegation wird das Verfahren vor 
Ort in Istanbul verfolgen.

    Zu den 21 Teilnehmern gehören nach Angaben 
des Vereins Recherche International Journalisten, Politiker, 
Rechtsanwälte, Vertreter von Menschenrechtsorganisationen – und der 
Kölner Journalist Günter Wallraff.

    Beauftragt ist die Delegation unter anderem von folgenden Organisationen:
    PEN-Zentrum Deutschland
Verband Deutscher Schriftsteller (VS)
    Akademie der Künste Berlin
    Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)
    Österreichischer Schriftstellerverband (IG Autorinnen Autoren, Wien)
    KulturForum TürkeiDeutschland
    Tüday,
    Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland
    Grundrechtekomitee Deutschland
    Heinrich-Böll-Stiftung
    Bundestagsfraktion ,,Die Linke“
    Partei ,,Bündnis 90/Die Grünen“
    Stiftung der Freunde der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF)
    Niederlande
IDA Nederland (Association Internationale de Défense des Artistes)
    Amnesty International wird den Prozess ebenfalls beobachten.

    Vor dem Prozesstermin am 8.12. veranstaltet der Verein Recherche 
International um 11 Uhr eine Pressekonferenz (vor dem Gerichtsgebäude 
in Istanbul: Besiktas Istanbul Adliyesi; Yildiz Mahalle, Ciragan 
Caddesi 39; Besiktas, Istanbul)

Im Anschluss an den Prozesstermin wird die internationale Delegation 
am gleichen Ort eine Stellungnahme abgeben.

Um 18 Uhr findet ein Hintergrundgespräch mit Günter Wallraff in den 
Räumen des türkischen Journalistenverbandes „Türkiye Gazeteciler 
Cemiyeti“ statt (Türkocagi Cad. No: 1; Cagaloglu, Istanbul).

Wir bitten um Berichterstattung und Teilnahme.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung. Ansprechpartner vor Ort 
ist Albrecht Kieser: albrecht.kieser@rjb-koeln.de; Tel. 0178/903 99 98.

Presseberichte:
http://www.das-kulturforum.de/archiv/presseschau-dogan-akhanli-verhaftung/

Solidaritätserklärungen:
http://www.das-kulturforum.de/archiv/solidaritaet-dogan-akanli/

Fortlaufende Informationen:
http://gerechtigkeit-fuer-dogan-akhanli.de/blog/
http://www.das-kulturforum.de


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  • »Jüdisch-christliche Kultur« – auf den Spuren eines Begriffs

    »Jüdisch-christliche Kultur« – auf den Spuren eines Begriffs

    Von Andreas Unger 08.12.2010

    Europas Wurzeln
    »Jüdisch-christliche Kultur« – auf den Spuren eines Begriffs

    Jede zweite Kritik an Christian Wulffs Aussage »Der Islam gehört zu Deutschland« hat sich auf die »jüdisch-christliche Tradition« bzw. »Kultur« Deutschlands berufen. Die CDU hat gerade beschlossen, dass Zuwanderer sich an unsere »Leitkultur« zu halten haben, welche insbesondere geprägt sei durch »jüdisch-christliche Tradition«.

    Der Begriff ist vieldeutig.
    Zum einen bezeichnet er Offensichtliches, nämlich, dass das Neue Testament auf der jüdischen Religion fußt. »Jesus war schließlich kein Wikinger«, sagt Umberto Eco dazu. Im religiösen Bereich taucht dieser Begriff daher seit langem auf. Davon zeugen die vielen »jüdisch-christlichen Dialoge« oder, mehr auf das konkrete Zusammenleben bezogen, die zahlreichen »Gesellschaften für jüdisch-christliche Zusammenarbeit«.
    In den Geisteswissenschaften erhält der Begriff eine erweiterte Bedeutung. So versucht Jürgen Habermas, »griechische Metaphysik«, »jüdische Gerechtigkeits- und. christliche Liebesethik« als immer wieder neu angeeignete Wurzeln von Konzepten der säkularisierten Moderne auszumachen. Dabei verwendet er vereinzelt auch den Begriff »jüdisch-christlich«. Er kann aber auch gebraucht werden um auszudrücken, dass die europäische Geschichte von Persönlichkeiten jüdischer Herkunft, von Maimonides über Spinoza, die Mendelssohns, Heine und Marx bis hin zu Einstein, mitgeprägt worden ist.
    Nicht zu vergessen ist dabei allerdings, dass viele von ihnen der jüdischen Religion durchaus kritisch gegenüberstanden. (Im übrigen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob unsere Kultur und damit unser Denken seit Jahrhunderten nicht vielleicht mehr noch von ganz anderen Entwicklungen beeinflusst ist als denen, die sich in religiösen Begriffen fassen lassen: von der Aufklärung und Säkularisierung, von den Naturwissenschaften und der Technik, ja schließlich, wenn man so will, vom Kapitalismus und den Denk- und Verhaltensmustern, die mit ihm einhergehen.)
    Sollte nun aber drittens mit »jüdisch-christlich« eine Tradition des fruchtbaren oder zumindest erträglichen Zusammenlebens von Christen und Juden suggeriert werden, so ist der Begriff schlichtweg falsch. Bekanntermaßen war in der Geschichte im allgemeinen das Gegenteil der Fall. Aus diesem Grunde lehnen ihn auch so verschiedenartige jüdische Persönlichkeiten wie Avi Primor, der ehemalige Botschafter Israels, und Henryk M. Broder kategorisch ab.
    Ein zweifelhafter Begriff also: Wieso kann er eine solche Konjunktur erleben?
    Im öffentlichen Raum tauchte er offenbar zuerst in den USA auf, wo er anfangs noch im theologischen Sinn und dann in Abwehr antisemitischer Tendenzen gebraucht wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnete er dann das Bündel von Tugenden, das die USA
    seit den puritanischen Pilgervätern groß gemacht habe. In diesem Sinn wird er von konservativen Politikern seit Eisenhower gebraucht. In einer Rede vor der Nationalen Vereinigung der evangelikalen Kirchen wendet Ronald Reagan sich 1983 zuerst im Namen der »jüdisch-christlichen Tradition« gegen Tendenzen zur Säkularisierung, die sich in Empfängnisverhütung, Abtreibung und Drogenmissbrauch äußern, bevor er dann
    auf derselben Grundlage die »marxistisch-leninistische« Sowjetunion als »Reich des Bösen« kennzeichnet.
    10 Jahre später ist der Feind ein anderer. In seinem berühmten Aufsatz von 1993 zitiert Samuel P. Huntington den Orientalisten Bernard Lewis »… This is no less than a clash of civilisations – the perhaps irrational but surely historic reaction of an ancient rival (gemeint ist der Islam) against our Judeo-Christian heritage, our secular present, and the world-wide expansion of both«, womit gleichzeitig ein anderes Schlagwort und Denkmodell, nämlich der »Kampf der Kulturen« erfunden war.
    Im Zusammenhang damit, vermutlich befördert durch den 11. September 2001 und den folgenden »Krieg gegen den Terror« mit Israel als »Speerspitze«, breitet sich »jüdisch-christlich« nun auch in Europa im politischen Diskurs aus. Der Zeitpunkt ist deshalb bemerkenswert, weil so eine gängige Vermutung widerlegt wird, die Verwendung des Begriffs im öffentlichen Raum habe in der Nachkriegszeit begonnen – als Reaktion auf den Holocaust.
    Nein, damals, also auch bei der Gründung der EWG als Vorläuferin der EU, war in der BRD das »christliche Abendland« in Mode, mit dem man sich sowohl von den Nazis als auch den Sowjets absetzen konnte. 2003 spricht sich die konservative Fraktion im Europaparlament unter Berufung auf die jüdisch-christliche Kultur« Europas gegen das Beitrittsgesuch der Türkei aus. Gleichzeitig möchte sie die »jüdisch-christlichen Wurzeln« in der Präambel des EU-Verfassungsvertrags verankert sehen, eine Forderung, der sich auch Angela Merkel immer wieder anschließt. Zur selben Zeit bemühte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder neben anderen Fundamenten der deutschen Kultur auch die »christlich-jüdische Religion«, um seine Ablehnung des Tragens von Kopftüchern im Staatsdienst zu begründen.
    Nimmt man zu diesen Stellungnahmen nun die anfangs erwähnten Äußerungen der Wulff-Krititiker und den Leitantrag der CDU hinzu, so wird unschwer erkennbar was der Sinn der Verwendung des Begriffs »jüdisch-christlich« ist: nichts anderes als der Ausschluss des Islam und all dessen, was mit ihm verbunden wird, aus dem Bereich des Zusammenlebens
    und der Gemeinsamkeit.
    Auf die aktuelle Situation bezogen, ist deshalb den Kritikern von Christian Wulff einiges entgegengehalten worden. Wie aber steht es um die Vergangenheit? Gibt es dort eine Gemeinsamkeit mit dem Islam? Anders ausgedrückt, hat auch der Islam zur Entwicklung (West?) Europas beigetragen?
    Timothy Garton Ash hat in der taz vom 8.11. zu Recht darauf hingewiesen, dass man sich bei der Beantwortung dieser Frage ganz besonders vor Voreingenommenheit hüten müsse und hat sie unter Hinweis auf die Tatsache, »dass sich Europa über Jahrhunderte gegen den Islam definiert hat«, dann eher verneint.
    Das eine schließt aber nun das andere nicht aus, im Gegenteil: In seinem Bemühen um Widerlegung des Islam konnte Thomas von Aquin etwa der Fragestellung des spanisch-arabischen Philosophen Averroes, wie sich Offenbarungsreligion mit der Philosophie vereinen lasse, nicht ausweichen, was wiederum nicht ohne Einfluss auf sein theologisches System blieb. Und die Kriege gegen die Muslime in Spanien sowie die Kreuzzüge im Nahen Osten boten den Christen eben auch eine hervorragende Möglichkeit, die breite arabisch-islamische Kultur kennenzulernen – eine Kultur, an der übrigens nicht nur Juden, sondern anfangs auch Christen mitwirkten. und die sich ihrerseits vieles aus der griechisch-hellenistischen, persischen, indischen und chinesischen Kultur zunutze gemacht hat.
    Dass die Europäer sich in der Folge verschiedenartigste Elemente dieser Kultur aus Wissenschaften, Medizin, Technik, und, wie sich in Wolfram von Eschenbachs »Parzival« zeigt, Lebensgewohnheiten der oberen Schichten angeeignet und anverwandelt haben, daran besteht mittlerweile kein Zweifel mehr. In jüngster Zeit haben dies beispielsweise die Bücher von Kurt Flasch über die Auseinandersetzungen in der Philosophie des Mittelalters und von Hans Belting über die Erfindung der Zentralperspektive noch einmal deutlich aufgezeigt.
    Mit anderen Worten: Wenn man sich schon auf das fragwürdige Spiel mit den »Wurzeln« Europas einlässt, dann darf eine kleine arabisch-islamische Wurzel nicht vernachlässigt werden. Damit aber verlöre das »Jüdisch-christliche« seinen Ausschließlichkeitscharakter und wäre somit zum Ausschluss des »Islam« kaum mehr geeignet.
    Andreas Unger arbeitet seit Langem zum Thema »Feindbilder, Kampf oder Zusammenwirken der Kulturen«. Bei Reclam veröffentlichte er das Buch »Von Algebra bis Zucker. Arabische Wörter im Deutschen«.

    Quelle:

  • Fluchtpunkt Antisemitismus

    Fluchtpunkt Antisemitismus

    Wilhelm Heitmeyer

    Bildquelle: taz

    07.12.2010
    Fluchtpunkt Antisemitismus
    Neue Studie: Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer sieht zunehmende Entsolidarisierung des Bürgertums
    Von Jürgen Amendt
    Deutsche Zustände: Fremdenfeindlichkeit breitet sich hierzulande ausgerechnet in der Schicht aus, die bislang als relativ immun gegen Intoleranz galt und die sich selbst gern als liberal und aufgeschlossen bezeichnet – im gehobenen Bürgertum. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer attestiert bei Einkommensbeziehern ab 2600 Euro netto im Monat eine grassierende Angst vor allem Fremden, die sich in Islamfeindlichkeit äußert. Seit vielen Jahren untersucht Heitmeyer die soziale Befindlichkeit der Deutschen und erstmals zeigt sich, dass in der Finanz- und Wirtschaftskrise besonders bei den Wohlhabenden im Land die Ressentiments zugenommen haben. Islamophobie, so Heitmeyer bei der Vorstellung der Studie letzten Freitag, steige auch im politisch sich links von der Mitte verortenden Milieu. Und: In der Krise nimmt auch der Antisemitismus wieder zu. Das Bürgertum verrohe zunehmend, resümierte der Bielefelder Wissenschaftler.
    Für den Philosophen Theodor W. Adorno befand sich unter dem Lack der Zivilisation stets die Barbarei. Aufklärung, Humanität, Nächstenliebe, Empathie – all diese Werte, mit denen sich bürgerliche Gesellschaften versichern, besser zu sein als der archaische, derbe bäuerlich-proletarische Schoß, aus dem sie sich einst entwickelten, sind fragil und stehen zur Disposition, wenn die Zivilgesellschaft, wie die bürgerliche Gesellschaft euphemistisch genannt wird, in Bedrängnis gerät. Wer sich – auch nur scheinbar – nicht einfügt in das »sture Leben, in das man sich schickt« (Adorno), dem wird die bürgerliche Wertschätzung versagt. Eine Mehrheit in der Schweiz hat das vor Wochenfrist mit der Entscheidung demonstriert, straffällig gewordene und verurteilte Ausländer nach Verbüßung der Haft ohne Einzelfallprüfung abzuschieben. Auch in Italien, den Niederlanden, Belgien, also um uns herum, separiert die bürgerliche Gesellschaft in ein »Wir« und »die Anderen«.
    Dass Deutschland bislang keinen Politiker vom Schlage des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders kennt, der die Intoleranz zum alleinigen Programm erhoben hat und damit erfolgreich ist, liegt in erster Linie an einem historisch begründeten moralischen Abwehrreflex gegen alles, was im Ruch steht, Erinnerungen an die NS-Zeit im In- und Ausland wachzurufen. Doch beruhigen kann das nicht. Denn bislang galt auch: Rassismus kommt von unten, wird von oben dann und wann befeuert, nie aber geteilt. Mit dem Pöbel macht man sich nicht gemein! 20 Jahre lang mussten fast ausschließlich glatzköpfige junge Männer aus Ostdeutschland als Sinnbild für jene Verrohung herhalten.
    Diese vornehme Zurückhaltung, die selbst stets nur Schauspiel war, um die dem »Pöbel« attestierte Verrohung bei sich selbst nicht erkennen zu müssen, wird jetzt aufgegeben. Sie kann aufgegeben werden, nachdem die Debatte um die Thesen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin dem dumpfen Ressentiment die bildungsbürgerlichen Weihen verliehen hat. »Man wird doch noch sagen dürfen …« schallt es jetzt nicht mehr von den Stammtischen des gemeinen Biervolkes. Bei einem guten Wein lässt es sich vortrefflich über »kriminelle Ausländer«, »Hartz-IV-Schmarotzer« und die »islamische Gefahr« räsonieren. Bedrohlich ist das vor allem, weil dieses Denken bis in die politische Linke hinein auf Zustimmung stößt – unter den Sympathisanten der Linkspartei findet die Forderung nach einer automatischen Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern nach Schweizer Vorbild mit 85 Prozent die höchste Unterstützung innerhalb des demokratischen Parteienspektrums.
    Der Rassismus des »Pöbels« ist wenig gegen ein Bürgertum, das sich in Selbstaufgabe in den Antisemitismus flüchtet, weil es um seine Privilegien fürchtet. Davor gefeit zu sein, heißt zu erkennen: Aufklärung, Humanität, Nächstenliebe, Empathie rechnen sich ökonomisch nicht, wir brauchen sie aber um unser selbst willen!

    URL:

  • KulturForum TürkeiDeutschland

    KulturForum TürkeiDeutschland

    Asli Erdogan

    Bildquelle: Unionsverlag.com

    Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde des Kulturforum,

    in Kooperation mit dem WDR und dem Museum für Angewandte Kunst lädt 
das KulturForum zu einer Film-Preview ein:
    „Menschenlandschaften. Sechs Autorenportraits der Türkei“ (WDR 2010, 
60m.) von Osman Okkan

mit Porträts von Nazim Hikmet, Yasar Kemal, Orhan Pamuk, Elif Safak, 
Murathan Mungan und Asli Erdogan,

am Donnerstag, 9. Dezember 2010
um 20 Uhr
Veranstaltungssaal, Museum für Angewandte Kunst, An der Rechtschule, 
50667 Köln,

Einleitung: Birgit Keller-Reddemann, WDR.

    Im Anschluss an die Vorführung des Films

“Asli Erdogan – Grenzgängerin zwischen Himmel und Tod“

findet ein Gespräch mit der Autorin Asli Erdogan, Birgit 
Keller-Reddemann (WDR) und dem Filmemacher Osman Okkan statt, 
moderiert von Dorte Huneke (KulturForum TürkeiDeutschland).

    Die sechs Kurzportraits werden am 10. Dezember 2010, um 7.20 Uhr bei 
Planet Schule im WDR Fernsehen ausgestrahlt.

Die Langfassungen der Filme erscheinen Anfang 2011 als sechsteilige 
DVD-Edition im Auftrag der Robert Bosch Stiftung, produziert vom 
KulturForum TürkeiDeutschland, Lighthouse Film & Medien und der 
sonamedia GmbH.
    Die Reihe beinhaltet eine Aktualisierung der beiden 
früheren WDR/ARTE-Portraits von Nazim Hikmet und Yasar Kemal.
    Wir laden Sie ganz herzlich zu dieser Filmvorführung mit Gespräch und 
einem anschließenden Umtrunk ein!

Für Rückfragen und Interviewanfragen an Asli Erdogan stehen wir gerne 
zur Verfügung unter 0221 120 90 680, dorte.huneke@das-kulturforum.de.
    Ihr KulturForum TürkeiDeutschland

    *****************************************

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