Kategorie: Regional

  • KOOPERATION ZWISCHEN DER TÜRKEI UND USA

    KOOPERATION ZWISCHEN DER TÜRKEI UND USA

    Die erste Konferenz zwischen der Türkei und den USA zur ‚Strategischen Kooperation in Wirtschaft und Handel‘ findet in Washington statt. Für den Ausbau der Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern wurde beschlossen gemeinsame Investitionen in Drittländern zu unternehmen. Die Grundlagen für diesen Mechanismus wurden beim Washingtonbesuch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gelegt. Auf der ersten Konferenz wurde die Türkei durch Staatsminister und Vizepremier Ali Babacan sowie Staatminister Zafer Cağlayan vertreten. Caglayan gab bekannt, dass türkische und amerikanische Unternehmer in Drittstaaten in 12 Bereichen gemeinsame Investitionen durchführen werden. Auf der Konferenz wurde auch der letzte Entwurf für die Absichtserklärung zu Auslandsinvestitionen vorbereitet. Die USA wurden auf der Konferenz durch Handelsminister Gary Locke vertreten, der das Ziel der Obama Regierung, die Verdoppelung des Exports in die Türkei bis 2015, bekannt gab. Handelsvertreter Ron Kirk sagte, G-20 Mitglied, Türkei sei auf dem Weg dazu, einer der führenden Wirtschaften zu werden.

  • WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN USA UND DER TÜRKEI

    WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN USA UND DER TÜRKEI

    Staatminister Zafer Caglayan hat gesagt, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Türkei und den USA werde eine neue Phase erreichen.

    Der zu Kontakten in Washington weilende Caglayan vermerkte, die Vereinigten Staaten und die Türkei würden bereits seit Jahren strategisch und militärisch kooperieren.

    Nun soll diese Kooperation auch im wirtschaftlichen Bereich ausgebaut werden. Caglayan nahm anschließend gemeinsam mit Staatsminister und Vize-Ministerpräsident Ali Babacan an der Versammlung für strategische Zusammenarbeit im wirtschaftlichen und kommerziellen Bereich zwischen der Türkei und den USA teil.

    Bei der Versammlung wurden zur Stärkung der bilateralen Beziehungen erste Schritte getan. Zudem entstanden einige wichtige Resultate.

  • Kaum Erwartungen an Wulff – aber an die EU

    Kaum Erwartungen an Wulff – aber an die EU

    Die allerwenigsten Türken kennen ihn – und so richtig erwartet eigentlich niemand etwas von Bundespräsident Wullfs Besuch in der Türkei. Aber ein Thema interessiert dann doch: der Wunsch nach einer EU-Mitgliedschaft. Die deutsche Integrationsdebatte ist hingegen kein Thema.

    Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul

    „Was sagten Sie, der deutsche Präsident? Wulff? Hab‘ ich zuvor nie gehört!“ Die Antwort der jungen Istanbulerin ist typisch: Bundespräsident Christian Wulff ist am Bosporus so gut wie unbekannt. Und dass er in die Türkei reist, ebenfalls.

    Entsprechend geht Dogan Tilic, Soziologieprofessor an der Middle East Technical University in Ankara und Kolumnist der Tageszeitung „Bir Gün“, davon aus, dass die Visite des deutschen Staatsoberhauptes – zumindest aus türkischer Sicht – mit nicht allzu hohen Erwartungen verknüpft ist: Weder in den Medien, noch in der Öffentlichkeit werde der Besuch intensiv wahrgenommen. „Von daher gesehen wird dieser Besuch vor dem Hintergrund der eigenen innenpolitischen Debatte der Türkei wohl eher unspektakulär verlaufen“, meint er.

    Keine Debatte über Integrationsdebatte

    Die deutsche Integrationsdebatte interessiert in der Türkei nur Spezialisten.Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die so genannte Integrationsdebatte in Deutschland – also die Diskussion um die Äußerungen von Thilo Sarrazin und Horst Seehofer sowie die Rede Wulffs zum Nationalfeiertag am 3. Oktober – in der Türkei von der Allgemeinheit so gut wie nicht wahrgenommen wird. Einige Zeitungen haben ihr zwar kleinere Berichte gewidmet, doch die Deutschen mit türkischen Wurzeln interessieren am Bosporus weit weniger als man in Berlin, Hamburg oder München manchmal annimmt.

    Lediglich einige türkische Intellektuelle haben die Debatte in Deutschland verfolgt, beispielsweise der Migrationsforscher Ayhan Kaya: „In der rot-grünen Regierungsperiode wurde die Integrationsfrage oder die Diskussion um den Platz des Islam in der Gesellschaft nicht so hochstilisiert, wie unter der überwiegend christdemokratischen Regierung.“

    Für Kaya ist die momentane Auseinandersetzung um Integration in Deutschland keine Überraschung. Sie sei ein zwangsläufiges Phänomen der immer stärker vernetzten Welt und die Folge von Unsicherheit auf beiden Seiten – sowohl bei denen, die mit fremden Wurzeln in einem neuen Land Heimat suchen, als auch bei den Einheimischen: „Die Welt verändert sich in einem schnellen Tempo und die Menschen klammern sich an traditionelle, bekannte Referenzen und Werte. Sie fürchten ihren Verlust. Das bringt einen Reflex nach dem Motto mit sich: Ich will nur das, was mir vertraut ist. Meiner Meinung nach spielt sich in Deutschland eben genau das ab.“

    Den Türken geht es um die EU

    Streitthema EU-Beitritt: Die Türken sind von Deutschlands Haltung enttäuscht.Dass all diese Aspekte beim Besuch des Bundespräsidenten in der Türkei zur Sprache kommen, ist nicht zu erwarten. Eher dürfte man die vielfältigen und intensiven gegenseitigen Beziehungen unterstreichen. In diesem Rahmen könnte allerdings noch einmal die von Ankara angestrebte Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union thematisiert werden. Denn am Bosporus ist man vom bisherigen Engagement Deutschlands in dieser Frage ziemlich enttäuscht – und das CDU-Mitglied Wulff hatte jüngst für einen fairen Umgang mit der Türkei plädiert.

    Entsprechend betont Soziologieprofessor und Kolumnist Tilic: „Die Türkei wird während des Besuchs des Bundespräsidenten sicherlich noch einmal ihren festen Willen und Glauben an den EU-Beitrittsprozess bekunden.“ Und sie werde unterstreichen, dass man sich von der EU, insbesondere aber von Deutschland wünscht, „dass dieser Prozess nicht durch Vorschläge wie zum Beispiel eine privilegierte Partnerschaft untergraben werden, die nicht in eine Vollmitgliedschaft münden“.

    Die offizielle Visite Wulffs beginnt heute früh mit einer Kranzniederlegung am Mausoleum von Staatsgründer Kemal Atatürk.

  • Der deutsche Integrationspräsident

    Der deutsche Integrationspräsident

    Christian Wulff entfernt sich erstaunlich schnell von seiner Partei. Nirgendwo wird dies deutlicher als auf seiner Reise in die Türkei.

    Wenn man die Unionspolitiker inklusive der Kanzlerin so reden hört, dann ist es eine Erholung, Christian Wulff zuzuhören. Auch hier in der Türkei. Es ist der dritte Besuch des Bundespräsidenten im Ausland, und den stattet er jenem Land ab, aus dem die meisten Einwanderer in Deutschland kommen. Das sieht nach einem ersten Programm seiner Amtszeit aus.

    Erst seine Rede zum Einheitstag, in der er den Islam als Teil der deutschen Realität anerkannte, dann seine Distanzierung vom Türken-Bashing der Union, nun seine Reise in die Türkei. Eine Linie wird erkennbar. Die türkische Presse hat es ihm vorab gedankt, nennt ihn den „Muslim Wulff“ (Taraf), bringt ihn mit einem Interview auf der ersten Seite (Hürriyet) und fast alle drucken das Magazin Focus nach, das Wulff mit Fes und Schnauzbart zeigt.

    Vor dem türkischen Parlament hat Christian Wulff am Dienstagnachmittag eine Rede gehalten, die ihm im Parlament wenig Applaus, aber trotzdem viel Anerkennung unter den Türken eingetragen hat. So wie er in Deutschland das Recht der Muslime betont, gleichberechtigte Bürger zu sein, hat er in Ankara an die Rechte der Christen erinnert. Um die steht es in der Türkei trotz netter Worte der AKP-Regierung nicht so gut. Wulffs Aufruf, die Aussöhnung mit Armenien voranzutreiben, hat die Nationalisten im Parlament gestört. Aber auch dieser lag ganz auf Wulffs Linie. Er konzentriert sich auf Ausgleich statt Polarisierung – ganz im Gegensatz zur Linie der Unionsführung, die mit einer imaginären Konkurrenz von rechts um die Stammtische kämpft.

    Fangen wir mit Multikulti an. Wulff sagte vor dem türkischen Parlament, dass die Einwanderer türkischer Herkunft in Deutschland „in beiden Kulturen zu Hause“ seien. „Sie gehören zu unserem Land.“ Das passt und sitzt. Migranten, das liegt in der Natur der Sache, werden von mehr als einer Kultur geprägt.

    Ist Multikulti also „tot“? Hier liegt das Missverständnis von Angela Merkel und Horst Seehofer. Multikulti ist nicht der „gescheiterte Versuch“ einer Gesellschaft, in einem Kessel Buntes harmonisch zusammen zu leben. Das wurde in Deutschland nie versucht. Und es hätte wohl auch keine Aussicht gehabt. Die friedlichen Beispiele in den Vielvölkerstaaten Europas bis 1918 waren keine harmonischen Kuschelübungen. Man lebte nebeneinander her, ignorierte sich oft. Aber man akzeptierte, wenn es gut ging, dass man als Bürger eines Staates in mehreren Kulturen zu Hause sein kann, und dass das niemand verstecken muss.

    Womit wir gleich beim zweiten Thema sind. Wulff sagte in Ankara, „niemand muss und soll seine kulturelle Identität aufgeben oder seine Herkunft verleugnen“. Es gehe darum, die Regeln und Gesetze zu achten und zu schützen.

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    Schlagworte
    Türkei | Integration | Einwanderung | Christian Wulff | CDU | CSU

    Diesen Satz sollten sich die Kulturkämpfer merken. Deutschland und Europa beruhen nämlich nicht auf der Lüge einer „judäo-christlichen“ Tradition, die es in dieser geheuchelten Eintracht weder vor noch nach Auschwitz je gegeben hat. Sie folgen nicht der Weisung von Priestern und Politikern, die uns ein „christliches Menschenbild“ vorstanzen. Deutschland und Europa gründen auf einer säkularen Rechtsordnung. Glaube ist Privatsache, dessen Inhalte man sich als gläubiger Bürger ungern von oben soufflieren lässt. Das Spitzenpersonal der Union erinnert in seiner Verzweiflung über sinkende Umfragewerte bald an islamische Fundamentalisten, die auf Teufel komm raus Politik, Tradition und Religion verschmelzen wollen.

    Damit kommen wir zur letzten These, welche in der Union gern vor Wahlkämpfen und Sonntagsfragen entstaubt wird: Die Türkei als muslimischer Staat mit „fremder“ Tradition gehöre nicht zu Europa. Christian Wulff hat vor dem türkischen Parlament die Vertragsgrundlage der EU-Türkei-Verhandlungen noch einmal gerade gerückt: „Wir halten an der Entscheidung fest, die Beitrittsverhandlungen in einer fairen und ergebnisoffenen Weise zu führen.“

    Um nicht mehr und nicht weniger geht es. Keine Erniedrigungen namens „privilegierter“ Partnerschaft, keine Versprechungen, die nicht zu halten sind, keine Bierhaus-Pöbelei, die dem deutschen Stammtisch gefällt und die Türken verschreckt. Wenn die Türkei irgendwann einmal alle nötigen europäischen Rechtsgrundsätze übernommen hat, wäre sie reif für den Beitritt, so sie ihn denn dann noch will.

    Christian Wulff entfernt sich als Bundespräsident mit erstaunlicher Geschwindigkeit von seinen Parteikollegen. Das liegt mehr an der Union als an ihm. Horst Seehofer, aber auch Angela Merkel versuchen, ihre schwindenden Wähler über die Türkenfrage zurückzuholen. Es wird ihnen nicht gelingen, weil sie keine positive Vision zu bieten haben. Im Gegensatz zu ihnen erarbeitet sich Wulff – wenn es gut läuft – die Chance, mehr als eine Fußnote im Geschichtsbuch zu hinterlassen. Als deutscher Integrationspräsident.

    • QUELLE: ZEIT ONLINE
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  • Wulff spricht vor dem türkischen Parlament

    Wulff spricht vor dem türkischen Parlament

    Germany's President Christian Wulff addresses the Turkish parliament in Ankara on October 19, 2010, as Turkey's Prime Minister Tayyip Erdogan (2nd R) and his ministers listen.  Germany's president urged Turks and Germans Tuesday to see they "are closely connected" as he sought to ease a simmering debate on whether Berlin had failed in efforts to integrate Muslim immigrants. AFP PHOTO / ADEM ALTAN
    Germany's President Christian Wulff addresses the Turkish parliament in Ankara on October 19, 2010, as Turkey's Prime Minister Tayyip Erdogan (2nd R) and his ministers listen. Germany's president urged Turks and Germans Tuesday to see they "are closely connected" as he sought to ease a simmering debate on whether Berlin had failed in efforts to integrate Muslim immigrants. AFP PHOTO / ADEM ALTAN

    Der 19. Oktober ist ein historischer Tag in den deutsch-türkischen Beziehungen: Bundespräsident Christian Wulff hat als erster deutscher Staatschef eine Rede vor dem türkischen Parlament gehalten.

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  • Wulff kritisiert türkisches „Macho-Gehabe“

    Wulff kritisiert türkisches „Macho-Gehabe“

    Christian Wulff gestern bei seiner Rede im Parlament in Ankara. Er ist der erste Bundespräsident, der vor den türkischen Abgeordneten gesprochen hat. Foto: dpa/DPA
    Christian Wulff gestern bei seiner Rede im Parlament in Ankara. Er ist der erste Bundespräsident, der vor den türkischen Abgeordneten gesprochen hat. Foto: dpa/DPA

    Staatsbesuches veröffentlichte die Zeitung „Hürriyet“ gestern ein Interview mit Christian Wulff. Darin würdigt er die Reformen unter Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei. Am Vormittag, noch vor der Begrüßung mit militärischen Ehren, besucht Wulff in Ankara das Atatürk-Mausoleum. Er legt einen Kranz nieder – und verharrt anschließend schweigend vor dem gewaltigen marmornen Sarkophag. Soldaten geleiten das deutsche Staatsoberhaupt zum Gedenkbuch für Atatürk. „Er war Schöpfer der modernen Türkei und Wegbereiter nach Europa“, trägt Wulff in das Buch ein. Er würdigt Atatürks Werk „in Hochachtung“.

    Lob und Ehrerbietung für Atatürk, den Vorkämpfer des Laizismus und den Gründer der säkularen Türkei, kommen indes ein wenig seltsam daher während dieses Staatsbesuchs. So sehr sich Deutsche und Türken in den vergangenen Jahrzehnten stets hinter Atatürk und dessen Verdiensten versammelt haben, so überholt erscheint heute die beschworene Trennung von Staat und Kirche. Die Religion ist aus ihrer Nische herausgetreten. Zuweilen erscheint sie als das wichtigste Thema zwischen beiden Staaten. Ausgerechnet heute, zur Begrüßung Wulffs, schreitet Hayrünnisa Gül, die Ehefrau des türkischen Staatspräsidenten, die militärische Ehrenformation mit einem Kopftuch ab. Aus laizistischer Sicht begeht die Ehefrau des ersten Mannes im Staate einen Traditionsbruch. Die Kemalisten sind der Ansicht, das Kopftuch habe im öffentlichen Raum nichts verloren. Hayrünnisa Güls Bekenntnis dürfte deshalb in der Türkei Wellen schlagen.

    Doch die Religion erfährt nicht nur über das Kopftuch Aufmerksamkeit. Auch der Bundespräsident widmet Islam und Christentum allerlei Platz. Sein Wort vom 3. Oktober, wonach der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehöre, ist in der Türkei positiv registriert worden. Und so wie Wulff, etwas simplifizierend, in seiner Bremer Rede sagte, Christentum, Judentum und Islam gehörten zu Deutschland, so konstatierte er gestern in Ankara: „Vielleicht wissen wir zu wenig von den Gemeinsamkeiten der drei monotheistischen Weltreligionen.“ Wulff also gibt eine Art Nathan den Weisen des 21. Jahrhunderts ab. Er wirbt für Toleranz wie einst Gotthold Ephraim Lessing in der berühmten Ringparabel. Einen „echten“ Ring, eine „echte“ Religion, gibt es für Christian Wulff nicht. Das ist für manch einstigen Parteifreund starker Tobak. Wenngleich es wohl Wulff amüsieren dürfte, dass konservativ-klerikal argumentierende Landsleute zwar den Islam für seine Rückständigkeit attackieren, aber ebenso fremdeln mit einer Frau an der Spitze von CDU und Regierung. Zumal es sich gar um eine kinderlose Protestantin handelt! Ein solches Denken liegt dem westdeutschen, einstigen CDU-Politiker Wulff fern.

    Den Religionen widmet sich Wulff auch, als er zu seiner Rede vor der türkischen Nationalversammlung ansetzt. Nicht einmal jeder zweite orangefarbene Sessel im Parlament zu Ankara ist besetzt. Nur sehr gemächlich erheben sich die Abgeordneten, während der Bundespräsident den Saal betritt – und wieder, als er ihn 22 Minuten später verlässt. Wulff ist der erste Bundespräsident, der hier spricht. Während der Rede klingeln allerlei Mobiltelefone. Wie üblich eilt Wulff so schnell durch sein Manuskript, dass er manch klugen Gedanken unter Wert verkauft. Nur an einer Stelle bleibt Raum für einen Zwischenapplaus, als er der Türkei dankt, von den Nationalsozialisten verfolgte Deutsche aufgenommen zu haben.

    Zur Beruhigung im eigenen Land benennt der Bundespräsident in Ankara Probleme etwas prägnanter, als er es am 3. Oktober tat. Über „Verharren in Staatshilfe“ und „Machogehabe“ klagt er, mit dem Zusatz, dies gebe es nicht nur bei Einwanderern. Von „multikulturellen Illusionen“ spricht Wulff, bezieht diese aber, rhetorisch geschickt, auf die Vergangenheit. Er scheut sich nicht, ausgerechnet seinen stark kritisierten Satz vom Islam zu paraphrasieren, indem er heute feststellt: „Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei.“ Wulff lässt aber ebenso unerwähnt, dass der Apostel Paulus auf heute türkischem Boden, in Tarsus, geboren wurde. Die christlichen Wurzeln der heutigen Türkei liegen auf der Hand. Konstantinopel galt als das östliche Rom. Die Türkei war christlich, bevor sie von den Muslimen erobert wurde. Die Christen wurden hier verfolgt und vertrieben.

    In Tarsus werde er, kündigt Wulff an, morgen einen ökumenischen Gottesdienst mitfeiern. Die dortige Paulus-Kirche ist ein Museum, soll aber wieder zur Kirche werden. „Wir erwarten“, sagt Wulff selbstgewiss, „dass Christen in islamischen Ländern das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, ihren eigenen theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen.“ Den Kemalisten gefällt solch ein Satz nicht. Doch auch in Deutschland, in der traditionell kirchenfernen FDP, dürfte Wulffs Akzent auf dem Religiösen nicht auf Beifall stoßen.

    Bei all seinen Sätzen zu Christen und Muslimen, zu Kirchen und Moscheen spricht Wulff am Ende seiner Rede von seiner Hoffnung auf eine friedliche Welt im 21. Jahrhundert. „Frieden im Lande und Frieden in der Welt“, beendet er seine Rede mit einem Zitat. Erst auf Deutsch, dann auf Türkisch. Das Zitat stammt von – Mustafa Kemal Atatürk.

  • Das türkische Parlament

    Das türkische Parlament

    Die Große Türkische Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meclisi) – das türkische Parlament – besteht aus 550 Abgeordneten. Sie werden für vier Jahre vom Volk gewählt.

    Bürger ab 18 Jahren sind wahlberechtigt und auch wahlpflichtig, Kandidaten müssen aber mindestens 30 Jahre alt sein. Für den Einzug ins Parlament gilt eine Zehn-Prozent-Hürde. Das ist europaweit die höchste Sperrklausel. Kandidaten, deren Parteien die zehn Prozent nicht schaffen, werden auch nicht berücksichtigt.

    Parteien können sich aber zu Bündnissen zusammenschließen. Derzeit hat die islamisch-konservative Regierungspartei AKP mit 337 Sitzen die absolute Mehrheit.

    Das erste Parlament der Türkei („Generalversammlung“) nahm seine Arbeit 1877 auf. Am 29. Oktober 1923 rief Mustafa Kemal Pascha, genannt Atatürk (Vater der Türken), die Republik aus. Im Zuge weiterer Reformen wurde in der Türkei 1930 das aktive Frauenwahlrecht eingeführt, und seit 1934 dürfen sich Frauen auch selbst zur Wahl stellen. 1960 und 1980 putschte das Militär gegen die Regierung. Seine Macht wird zunehmend eingeschränkt.

  • Bundespräsident Wulff im Atatürk-Mausoleum

    Bundespräsident Wulff im Atatürk-Mausoleum

    Bundespräsident Wulff im Atatürk-Mausoleum und bei Präsident Gül

    Gestern besuchte Bundespräsident Wulff das Atatürk-Mausoleum. Dort legte er einen Blumenkranz nieder und trug sich in das Gedenkbuch ein. Anschließend wurde er mit militärischen Ehren durch den türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül empfangen. Die Ehefrau des Bundespräsidenten, Bettina Wulff und Hayrünnisa Gül schritten ebenfalls über den roten Teppich.

    Photo: Deutsche Botschaft Ankara
    Photo: Deutsche Botschaft Ankara

    Deutsche Botschaft Ankara

  • Wulff setzt Türkei-Reise mit Wirtschaftsgesprächen fort

    Wulff setzt Türkei-Reise mit Wirtschaftsgesprächen fort

    Wulff mit Präsident Gül
    Wulff mit Präsident Gül

    Ankara — Bundespräsident Christian Wulff setzt heute seine Türkeireise fort: Im Mittelpunkt stehen Gespräche mit deutschen und türkischen Unternehmern und Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft. Am Dienstag hatte Wulff in einer von muslimischen Verbänden in Deutschland gelobten Rede vor dem Parlament in Ankara mehr Toleranz gegenüber den Christen gefordert und die Integrationsdebatte in Deutschland aufgegriffen.

    „Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei“, sagte Wulff. „Die Religionsfreiheit ist Teil unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft.“ In Deutschland könnten Muslime ihren Glauben „in würdigem Rahmen praktizieren“, was an der wachsenden Zahl der Moscheen in der Bundesrepublik ablesbar sei. „Gleichzeitig erwarten wir, dass Christen in islamischen Ländern das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen“, sagte Wulff, der damit auf die rechtlichen Probleme der Christen anspielte, die weniger als ein Prozent der Menschen in dem 70-Millionen-Land Türkei ausmachen.

    Wulff ging in seiner Rede auch auf die Integrationsdebatte in Deutschland ein. Die türkischen Zuwanderer in der Bundesrepublik „gehören zu unserem Land“, machte er deutlich. „Einwanderer haben Deutschland vielfältiger, offener und der Welt zugewandter gemacht.“ Es gebe aber Integrationsprobleme wie „das Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung“.

    Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte der „Passauer Neuen Presse“, Wulff habe in der Türkei deutlich gemacht, „dass Integration zu den großen gesellschaftspolitischen Aufgaben gehört“. Wichtig sei Integrationsbereitschaft auf beiden Seiten: „Wir setzen jetzt positive Zeichen, wenn wir über die bessere Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse beraten, an unseren Universitäten islamisch-theologische Lehrstühle einrichten und bessere Bildungs- und Integrationsangebote prüfen.“ Gleichzeitig müssten die Migranten in Deutschland Integrationsbereitschaft zeigen.

    Der Chef der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, lobte, dass Wulff die türkischen Einwanderer in Deutschland willkommen geheißen habe. Er forderte Wulff auf, sich nun auch in Deutschland mit Vertretern der türkischen Gemeinde zu treffen. Positiv reagierte auch der Zentralrat der Muslime (ZMD) in Deutschland.

  • Muslime in Deutschland loben Rede

    Muslime in Deutschland loben Rede

    Die Rede von Bundespräsident Christian Wulff vor dem türkischen Parlament ist auf positive Resonanz beim Zentralrat der Muslime in Deutschland gestoßen. Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung würdigte, dass Wulff Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen und Türken betone.

    Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat positiv auf die Rede von Bundespräsident Christian Wulff vor dem türkischen Parlament in Ankara reagiert. Wie die WAZ-Mediengruppe (Mittwochausgabe) berichtet, lobte der Vorsitzende Aiman Mazyek die Worte Wulffs als „klug gewählt“. Mazyek verglich die Integrationsdebatte in Deutschland mit der um religiöse Minderheiten in der Türkei: „Genau so, wie in der Türkei Christen von Ultra-Nationalisten als Gefahr für die Einheit des Landes betrachtet werden, sehen Rechte in Deutschland hinter jedem Muslim den Untergang des christlichen Abendlandes.“

    Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung, Haci Halil Uslucan, würdigte, dass Wulff Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen und Türken betone, statt „unnötige Distanzen zwischen Mehrheit und Minderheit entstehen zu lassen“.

    Focus

  • Solidaritätsveranstaltung für Dogan Akhanli

    Solidaritätsveranstaltung für Dogan Akhanli

    Solidaritätsveranstaltung zur Freilassung des Menschenrechtlers und Schriftstellers Dogan Akhanli

    Liebe Freunde und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
    seit dem 10. August 2010 befindet sich der Kölner Schriftsteller und Menschenrechtler Dogan Akhanl? in der Türkei in Haft ? zu Unrecht!

    Für eine sofortige Freilassung Akhanlis haben sich unter anderem ausgesprochen: Günter Grass, Edgar Hilsenrath, Yasar Kemal, Zülfü Livaneli, Orhan Pamuk und Mikis Theodorakis.Dogan-Akhanli-Flugblatt-31.10.Soli-web

    Am 31. Oktober findet im Forum der VHS im Museum am Neumarkt/Köln unter dem Motto ?
    Kölner Autoren und Autorinnen lesen für die Freiheit?
    um 18:00 Uhr eine Solidaritätsveranstaltung statt mit

    Günter Wallraff, Navid Kermani, Renan Demirkan, Lale Akgün, Fatih Cevikkollu und Tanya Ury.

    Für den musikalischen Rahmen sorgt Mehmet Akbas und seine Band.

    Veranstalter sind das Kölner Literaturhaus in Kooperation mit dem NS-Dokumentationszentrum, das KulturForum Türkei-Deutschland (u.W.) sowie die Heinrich-Böll-Stiftung.

    Wir laden Euch/Sie herzlich ein, sich über den aktuellen Stand zu informieren und Eure/Ihre Solidarität zu bekunden.

    Weitere Informationen erhalten Sie auf der Homepage www.das-kulturforum.de[http://www.das-kulturforum.de] und demnächst außerdem auf der eigenen Website, die gerade erarbeitet wird: www.gerechtigkeit-fuer-dogan-akhanli.de

    Der Eintritt ist frei. Eine Voranmeldung ist nicht nötig, allerdings sollten Sie rechtzeitig dort sein, weil der Andrang groß sein wird.

    Solidarische Grüße
    Lale Konuk
    Interkulturelle Beratung, Kommunikation und Organisation Brüsseler Platz 18 50674 Köln
    lale.konuk@web.de
    Tel. 0221.16866122

  • Türkei – der Tiger vom Bosporus

    Türkei – der Tiger vom Bosporus

    Foto: AFP
    Bundespräsident Christian Wulff auf Staatsbesuch in der Türkei: Am Vormittag empfingen sein türkischer Amtskollege Abdullah Gül und seine Frau Hayrünnissa das deutsche Staatsoberhaupt nebst Gattin Bettina auf seinem Amtssitz in Ankara.

    Wirtschaftsboom
    Türkei – der Tiger vom Bosporus

    VON NILS DIETRICH –
    zuletzt aktualisiert: 19.10.2010 – 13:44

    Düsseldorf/Ankara (RPO). Bislang wurde kein Staatsbesuch von Bundespräsident Christian Wulff so sehr beachtet wie seine Visite in der Türkei. Die laufende Integrationsdebatte überschattet alle anderen Themen. Dabei hat die Türkei in den letzten zehn Jahren einen enormen Wandel vollzogen. Aus dem Armenhaus an der Südostflanke Europas ist ein politisch stabiler und wirtschaftlich prosperierender Staat geworden.
    Bei dem Empfang von Bundespräsident Christian Wulff am Dienstagmorgen in Ankara war alles ein wenig anders. Als Staatspräsident Abdullah Gül zusammen mit seinem Gast mit militärischen Ehren die Ehrengarde abschreitet, folgen ihnen die Ehefrauen. Darauf hatte Gül seit dem Amtsantritt vor drei Jahren mit Rücksichtnahme auf das laizistische Militär verzichtet, denn seine Frau Hayrünnissa trägt das islamische Kopftuch.
    Bis vor zwei Wochen wäre das in der Türkei ein Problem gewesen. Seinerzeit hatte die Hochschulbehörde den Studentinnen des Landes grundsätzlich erlaubt, das Kopftuch in den Hörsälen der Universitäten zu tragen – und hierdurch mit einer kemalistischen Tradition gebrochen. Diese Entscheidung zeigt, dass sich die Türkei im Wandel befindet. Das ist nicht nur im politischen, sondern auch im wirtschaftlichen Sinne der Fall.
    10,3 Prozent Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal – die Rede ist nicht von China, sondern von der Türkei. In den letzten Jahren hat das Land zwischen Bosporus und Araratgebirge einen grandiosen wirtschaftlichen Aufschwung hingelegt. Das nominale Pro-Kopf-Einkommen Einkommen der Türken hat sich auf über 10.000 US-Dollar mehr als vervierfacht. Die Arbeitslosigkeit ging deutlich zurück, lag 2009 aber noch bei 12,4 Prozent.
    Recep Tayyip Erdogan ist ein einer der Macher des türkischen Aufschwungs der letzten Jahre. Seine AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) wird von den säkular orientierten Eliten des Landes und den Militärs, die die Trennung von Staat und Religion überwachen, kritisch beäugt. Die Aufweichung des Kopftuchverbotes in Universitäten und öffentlichen Gebäuden war eines von Erdogans zentralen Anliegen, das seine Gegner eine Aufweichung der laizistischen Staatsordnung fürchten lässt.
    Reformen brachten Wirtschaftsboom
    Doch es ist nicht in erster Linie die Frömmigkeit, durch die sich die AKP auszeichnet – auch wenn viele Kritiker die Partei darauf reduzieren. Viel mehr hat sich die konservative Gruppierung seit ihrer Machtübernahme 2002 durch einen wirtschaftsfreundlichen Reformkurs ausgezeichnet, der den Aufstieg erst möglich machte. Erdogan dämmte die Inflation ein und privatisierte Staatsbetriebe, die vorher als unantastbar galten. Außerdem intensivierte die Regierung den Handel mit Russland, China und dem Nahen Osten.
    Doch nicht nur das: Die AKP brachte der Türkei die lang ersehnte politische Stabilität. Immerhin hatte das Militär nach dem Zweiten Weltkrieg dreimal geputscht. Unter den lange Zeit regierenden Kemalisten herrschten zudem Vetternwirtschaft und Korruption. Erst Erdogans Vor-Vorgänger Bülent Ecevit packte Ende der 90er Jahre tiefgreifende Reformen an: Todesstrafe und Folter wurden verboten, die Rechte der kurdischen Minderheit gestärkt. Unter der AKP wurde dieser Kurs fortgesetzt und der politische Einfluss des Militärs sukzessive zurückgedrängt.
    Dabei handelte es sich auch um Vorbedingungen für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen. In einem Interview mit der „Hürriyet“ bekräftigte Wulff, die Gespräche müssten „fair und ergebnisoffen“ geführt werden. Doch in der türkischen Politik wächst der Unmut über die Hinhaltetaktik der Brüsseler Diplomaten. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten sich sogar offen gegen einen Beitritt ausgesprochen.
    Führungsrolle in Nahost
    Ewig wird Ankara sicherlich nicht warten. Dabei gilt die Türkei als ein Bindeglied zwischen Orient und Okzident. Erdogan spricht ebenso mit syrischen, iranischen und israelischen Politikern, was ihm eine gewisse Mittlerrolle ermöglicht. Außerdem ist das Land mit seiner Wirtschaftskraft, den 72 Millionen größtenteils jungen Einwohnern und der strategischen Lage für eine Führungsrolle prädestiniert.
    Der Bundespräsident betonte die Bedeutung der Türkei als Land zwischen Ost und West. Viele Menschen setzten ihre „Hoffnungen auf die Türkei als Modell eines modernen säkularen Staates, der sich seiner Wurzeln bewusst ist“. Gleichzeitig mahnte er mit der religiösen Toleranz einen wunden Punkt an: „Wenn die Türkei als ein Land mit überwiegend muslimischer Bevölkerung zeigen kann, dass sie Toleranz und Religionsfreiheit nicht nur für den Islam, sondern auch für andere Religionen wie Christentum und Judentum in vollem Umfang verwirklichen kann“, dann werde sie eine „wichtige Vorbildfunktion erfüllen“.
    URL: www.rp-online.de/politik/ausland/Tuerkei-der-Tiger-vom-Bosporus_aid_920129.html

  • „Das Christentum gehört zur Türkei“

    „Das Christentum gehört zur Türkei“

    Foto: AFP

    Bundespräsident spricht vor Parlament
    „Das Christentum gehört zur Türkei“
    19.10.2010

    Ankara (RPO). In der ersten Rede eines Bundespräsidenten vor dem türkischen Parlament hat Christian Wulff die Türkei zu mehr Toleranz gegenüber den Christen aufgerufen. „Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei“, sagte Wulff am Dienstag in Ankara. Aus Deutschland erntet Wulff Lob. In der Türkei sieht dies ein wenig anders aus.
    Es war ein historischer Tag in Ankara. Und Wulff wählte bei seiner Rede vor dem Parlament deutlich Worte. „Die Religionsfreiheit ist Teil unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft“, sagte Wulff. In Deutschland könnten Muslime ihren Glauben „in würdigem Rahmen praktizieren“, was an der wachsenden Zahl der Moscheen in der Bundesrepublik ablesbar sei.
    Klare Worte an die Türkei
    „Gleichzeitig erwarten wir, dass Christen in islamischen Ländern das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen“, sagte Wulff, der damit auf die rechtlichen Probleme der Christen anspielte, die weniger als ein Prozent der Menschen in dem 70-Millionen-Land Türkei ausmachen.
    In der Türkei stoßen diese Aussagen offenbar auf ein gemischtes Echo. Beobachter sprechen von einem „eisigen Schweigen“, das bei diesen Passagen im Parlament geherrscht habe. Staatspräsident Abdullah Gül rang in der anschließenden Pressekonferenz lange nach Worten und gab dann eine ausladende Stellungnahme ab. Am Ende rang sich Gül zu der Aussage durch, er sei natürlich das Staatsoberhaupt für alle Christen im Land.
    Die Grünen feiern Wulff
    Bei den Grünen in Deutschland stieß Wulffs Rede auf ein positives Echo. „Der Bundespräsident hat eine wichtige Rede gehalten“, erklärte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin in Berlin. „Erfreulich klar“ habe Wulff unterstrichen, dass er der Präsident aller in Deutschland lebender Bürger sei. „Der Beitrag türkischer Zuwanderer für Deutschland ist nicht wegzudenken, und wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet“, ergänzte Trittin. Der Grünen-Politiker lobte außerdem die Äußerungen Wulffs zu Toleranz und Religionsfreiheit: „Damit hat er dem unseligen Gerede von Leitkultur eine deutliche Absage erteilt.“
    Der Bundespräsident hatte zuvor in einem Interview mit der Zeitung „Hürriyet“ an Ankara appelliert, Toleranz und Religionsfreiheit nicht nur für den Islam, sondern auch für andere Religionen wie Christentum und Judentum „in vollem Umfang“ zu verwirklichen. Am Donnerstag will der Bundespräsident an einem ökumenischen Gottesdienst in der Paulus-Kirche im südtürkischen Tarsus teilnehmen, um sein Engagement bei diesem Thema zu unterstreichen. Am Freitag steht ein Treffen in Istanbul mit dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I. auf dem Programm, der symbolisches Oberhaupt von rund 300 Millionen orthodoxen Christen in aller Welt ist.
    Problem türkischer Nationalisten
    Türkische Nationalisten betrachten die Christen als potenzielle Gefahr für die Einheit des Landes. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren einige Reformen zugunsten der Christen auf den Weg gebracht, doch gibt es erhebliche Probleme bei der Umsetzung. Gül sagte bei einer Pressekonferenz mit Wulff, dass es in der Türkei natürlich auch christliche und jüdische Staatsbürger gebe: „Ich bin auch deren Präsident.“
    Wulff ging in seiner Rede auch auf die Integrationsdebatte in Deutschland ein. Die türkischen Zuwanderer in der Bundesrepublik „gehören zu unserem Land“, machte er deutlich. „Einwanderer haben Deutschland vielfältiger, offener und der Welt zugewandter gemacht. “ Es gebe aber Integrationsprobleme wie „das Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung“, sagte der Bundespräsident. Bei der Pressekonferenz mit Gül rief Wulff Deutsche und Türken auf, bei allen Problemen nicht die Gemeinsamkeiten zu vergessen: „Das Verbindende ist mehr als das Trennende“.

    URL: www.rp-online.de/politik/ausland/Das-Christentum-gehoert-zur-Tuerkei_aid_920339.html

  • Türkei: Große Hoffnungen in Wulff

    Türkei: Große Hoffnungen in Wulff

    VON THOMAS SEIBERT – zuletzt aktualisiert: 19.10.2010 – 02:30

    Der erste Türkei-Besuch eines Bundespräsidenten seit zehn Jahren weckt in dem Land am Bosporus die Hoffnung auf einen neuen Schub für die Beziehungen beider Länder. Als Garant gilt dafür neben Wulff der Gastgeber, Präsident Abdullah Gül.

    Istanbul Die Türkei erhofft sich von dem heute offiziell beginnenden Besuch von Bundespräsident Christian Wulff wichtige Impulse für die deutsch-türkischen Beziehungen. Wulffs Äußerungen zum Islam und sein Bekenntnis zu den türkischen EU-Beitrittsverhandlungen wurden in der Türkei positiv aufgenommen. Nun wird während des ersten Besuches eines deutschen Präsidenten in der Türkei seit zehn Jahren ein neuer Schub für das bilaterale Verhältnis erwartet.

    Eine große Rolle spielt dabei Wulffs Gastgeber, der türkische Präsident Abdullah Gül. Nach türkischen Presseberichten verspricht sich die türkische Seite viel vom persönlichen Kontakt zwischen den beiden Präsidenten, die während des Besuches viel Zeit miteinander verbringen werden: Gül und Wulff sehen sich in dieser Woche in Ankara, in Kayseri und in Istanbul. In der regierungsnahen Zeitung „Zaman“ war bereits von der „Achse Gül-Wulff“ die Rede, die den Beziehungen neuen Schwung verschaffen könnte. Schließlich könne Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen innerparteilicher Widerstände in der Union in der Fortentwicklung der Beziehungen nicht mehr viel weiter gehen, hieß es.

    Einen Ansatz für die neue „Achse“ sieht die Türkei vor allem in Wulffs Islam-Äußerungen. In den vergangenen Tagen hatte Gül den deutschen Präsidenten gegen Kritik aus den deutschen Unionsparteien in Schutz genommen. Es ist zu erwarten, dass beide Präsidenten bei ihrer ersten Begegnung in Ankara heute die Menschen in beiden Ländern zu mehr Toleranz und Miteinander aufrufen werden.

    Anlass dazu haben beide Politiker. So fremd sich Deutsche und Türken manchmal scheinen mögen, so ähnlich sind sie sich doch zumindest bei ihrer durchschnittlichen Intoleranz. Das legen jedenfalls demoskopische Studien nahe – in Deutschland die in der vergangenen Woche vorgelegte Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung zur „Mitte in der Krise“, in der Türkei verschiedene Studien renommierter Universitäten aus den vergangenen Monaten. Bei völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Problemen kommen Mehrheiten beider Völker zu dem Schluss: Die jeweilige religiöse Minderheit sei eine arge Gefahr. Fast 60 Prozent der Deutschen finden, dass die Religionsausübung für Muslime in Deutschland „erheblich eingeschränkt“ werden solle. Fast ebenso viele Türken sind nach einer Erhebung der Istanbuler Sabanci-Universität dafür, öffentliche Kundgebungen von nicht-muslimischen Religionen in der Türkei zu untersagen. Ebenfalls 59 Prozent sind nach einer Studie der Istanbuler Bosporus-Universität der Meinung, dass Atheisten ihre Überzeugungen für sich behalten sollten.

    Mehr als 55 Prozent der Deutschen geben laut Ebert-Studie an, dass sie Araber als unangenehm empfinden oder das zumindest verstehen können. In der Türkei bekennen sich laut einer Studie 35 Prozent der Bevölkerung dazu, keine Christen als Nachbarn haben zu wollen. Juden als Nachbarn lehnen 42 Prozent der Türken ab, Atheisten im Nachbarhaus gar 57 Prozent. Ausländer sind im Vergleich noch relativ gut gelitten, gegen ausländische Nachbarn haben nur 18 Prozent etwas einzuwenden. Ein harter Kern von 13 Prozent lehnt als Nachbarn sogar solche Moslems ab, die einer anderen islamischen Glaubensrichtung angehören als sie selbst.

    Eine deutliche Mehrheit der Türken von 55 Prozent lehnt dieser Studie zufolge eine Beschäftigung von Angehörigen der nicht-moslemischen Minderheiten – also Christen und Juden – bei der Justiz oder den Sicherheitskräften ab. Selbst im Gesundheitswesen wollen 44 Prozent der türkischen Bevölkerung keine christlichen oder jüdischen Ärzte oder Krankenschwestern sehen. Fast jeder zweite Türke würde nach Erhebung der Sabanci-Uni keinen andersgläubigen Politiker wählen.

    Quelle: Rheinische Post

  • Die Türkei ist unser wichtigster Partner

    Die Türkei ist unser wichtigster Partner

    Bundespräsident Christian Wulff (r) und der Präsident der Republik Türkei, Abdullah Gül gehen am Dienstag (19.10.2010) nach den militärischen Ehren zum Präsidentenpalast in Ankara (Türkei). Wulff ist mit seiner Frau zu seinem viertägigen Besuch in die Türkei gereist.
    Bundespräsident Christian Wulff (r) und der Präsident der Republik Türkei, Abdullah Gül gehen am Dienstag (19.10.2010) nach den militärischen Ehren zum Präsidentenpalast in Ankara (Türkei). Wulff ist mit seiner Frau zu seinem viertägigen Besuch in die Türkei gereist.

    In der deutschen Presse bekam die Türkei-Reise von Bundespräsident Wulff einen großen Platz. Es wird behauptet, dass es für Wulff, die schwierigste Auslandsreise sein wird.Am Dienstag sind zunächst Gespräche mit Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan geplant. Als erster Bundespräsident spricht er an diesem Dienstag vor dem türkischen Parlament in Ankara. Wulff sagte der türkischen Zeitung Hürriyet, er wende sich gegen jedes Pauschalurteil. «Staat und Gesellschaft müssen die Möglichkeit zur Integration bieten», sagte er. Diese Angebote müssen dann im Gegenzug von Einzelnen auch angenommen werden. Zuwanderung nach Deutschland sei auch mit Problemen verbunden. «In streng religiösen Milieus gibt es bei diesem wichtigen Thema nicht akzeptable Abschottungen und Auffassungen, die mit unserer Rechtsordnung nicht vereinbar sind», sagte Wulff.

    (Diese Pressemitteilung ist vom Presse- und Informationsamt der Republik Türkei entnommen.)

  • Wulff nimmt Türken in Schutz und rügt Seehofer

    Wulff nimmt Türken in Schutz und rügt Seehofer

    Zum Auftakt seines Türkei-Besuchs hat Bundespräsident Christian Wulff vor Pauschalurteilen in der Integrationsdebatte gewarnt.

    Zum Auftakt seines Türkei-Besuchs hat Bundespräsident Christian Wulff der These von der mangelnden Integrationsfähigkeit von Türken widersprochen. „Zu behaupten, eine ganze Gruppe könne und wolle sich nicht integrieren, halte ich für falsch“, sagte Wulff nach Angaben des Bundespräsidialamtes in einem Interview der türkischen Zeitung „Hürriyet“. „Ich wende mich gegen jedes Pauschalurteil.“ Wulff rief die in Deutschland lebenden Türken auf, die deutsche Sprache zu lernen, das Grundgesetz anzuerkennen und Respekt vor der deutschen Gesellschaftsordnung zu haben.

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  • Sind Kanada und Australien Vorbild?

    Sind Kanada und Australien Vorbild?

    Seehofers Sieben-Punkte-Plan

    Deutschland streitet über Integration
    Sind Kanada und Australien Vorbild?
    VON DANA SCHÜLBE –
    zuletzt aktualisiert: 18.10.2010

    Berlin (RPO). Im Streit um die Integration von Ausländern in Deutschland mischt sich jetzt der Wirtschaftsminister ein. Rainer Brüderle möchte eine gezielte Einwanderung, indem er ein Punktesystem einführen will. Eine Regelung, die es in Australien und Kanada schon lange gibt. Und die Hürden werden auch dort von mal zu mal höher.

    Ein Aufschrei war unter den Migranten zu hören, als die australische Regierung im Sommer ihre Einwanderungsregeln erneut verschärft hat. Doch die Regierung blieb von dem Protest unbeeindruckt. Hintergrund war die „skilled Occupation List“. Auf dieser steht, welche Berufe in Australien gerade gesucht werden und welche nicht. Und diese wurde extrem gekürzt.

    Eigentlich gilt Australien als ein Beispiel für eine gelungene Einwanderungspolitik. Denn Immigranten gehörten seit jeher zu dem Land, so wie auch zu Kanada. Und so wurde das System über Jahre immer wieder geändert – je nach wirtschaftlicher Lage verschärft oder gelockert. Und die wichtigste Grundlage bietet dabei eben jenes Punktesystem.

    Wer ins Outback auswandern will, hat zwei Möglichkeiten. Wenn er sich direkt von einer australischen Firma anwerben lässt, dann kann er das Punktesystem umgehen. Allerdings ist das Visum dann befristet – auf maximal vier Jahre.

    Australien bepunktet seit 1972

    Das Punktesystem selbst wurde 1972 eingeführt. Bis dahin, so erläutert das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung auf seiner Webseite, gab es die „White-Australia“-Politik, die Einwanderern aus Europa den Vorzug gab. Dann sei der Markt auch für den asiatischen Raum geöffnet worden.

    Nachdem es zunächst nur wenige Punkte gab, ist das System nun auch umfänglicher geworden. Qualifikation, Alter, Englisch-Kenntnisse – all das wird berücksichtigt und dürfte damit auch dem Bundeswirtschaftsminister imponieren. Schließlich wird bei den Migranten in der Bundesrepublik vor allem eines bemängelt: dass sie nur schlecht Deutsch können. Und eben solche Sprachanforderungen wurden laut dem Berlin-Institut auch immer wieder in Australien verschärft.

    Doch das Wichtigste ist auch weiterhin oben genannte Liste. Denn Menschen mit Berufen, die nicht gesucht werden – also auch nicht auf der Liste stehen – haben keine Chance, auf den fünften Kontinent zu kommen.

    Für Kanada mindestens 67 Punkte nötig

    Auch in Kanada muss nachgewiesen werden, dass man einen Job hat, der gerade in dem Land gebraucht wird. Und auch in dem nordamerikanischen Land gibt es ein strenges Punktesystem, bei dem ebenfalls großer Wert auf Englisch-Kenntnisse und berufliche Qualifikation gelegt wird.

    1967 war das Jahr, seit dem Kanada die Einwanderung per Punktvergabe regelt. Und so ist es auch seitdem völlig unterschiedlich, wie viele Punkte man tatsächlich braucht, um eine Chance auf Immigration zu haben. Wohl bemerkt kann sich dieses Verfahren zudem bis zu zwei Jahre hinziehen.

    100 Punkte vergibt Kanada insgesamt, derzeit hat man nur eine Chance, wenn man 67 Punkte erlangt. So kann man für einen Doktortitel logischerweise mehr Punkte bekommen als für einen Realschulabschluss. Auch eine Jobzusage bringt noch einmal extra Punkte. Zudem spielen Sprachkenntnisse ebenfalls eine sehr große Rolle.

    Laut Berlin-Institut gibt es aber auch in Kanada Probleme, denn es sei nicht immer sicher, ob eine Ausbildung aus einem anderen Land in dem Staat tatsächlich anerkannt wird.

    Übrigens darf in beiden Ländern die Familie mitreisen, ohne dass es Bedingungen dafür gibt. Da sind die Regeln in Deutschland schon jetzt schärfer. Denn Ehefrauen etwa müssen ebenfalls Sprachkenntnisse nachweisen.

    Die Diskussion um die Einführung eines Punktesystems jedenfalls könnte ein Ansatz sein, tatsächlich benötigte Fachkräfte ins Land zu bekommen, wenn es sich bewährt.

    URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Sind-Kanada-und-Australien-Vorbild_aid_919742.html

  • Härtere Maßnahmen gegen Integrationsverweigerer geplant

    Härtere Maßnahmen gegen Integrationsverweigerer geplant

    Härtere Maßnahmen gegen Integrationsverweigerer geplant

    BERLIN: Die Bundesregierung will gegen sogenannte Integrations-Verweigerer eine härtere Gangart einlegen. Das Kabinett werde in der kommenden Woche mehrere Neuregelungen im Zuwanderungsrecht beschließen, kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin an. Unter anderem sollen die Behörden künftig leichter Informationen über Migranten austauschen können, die einen obligatorischen Sprachkurs nicht besuchen. Als mögliche Sanktionen in solchen Fällen nannte ein Sprecher des Innenministeriums eine Beendigung des Aufenthaltsrechts oder eine Kürzung staatlicher Hilfen für die Betroffenen. Außerdem sollen Zwangsheiraten zu einem Straftatbestand gemacht und Scheinehen effektiver bekämpft werden.
    Quelle: Newsletter Deutsche Welle, 18.10.2010, 18.15 UTC

  • Die Erwartungen an Wulff sind riesig

    Die Erwartungen an Wulff sind riesig

    Auf dem Höhepunkt der Integrationsdebatte in Deutschland besucht Bundespräsident Christian Wulff die Türkei. Foto: dapd, dapd

    Türkei-Besuch startet Dienstag
    Die Erwartungen an Wulff sind riesig
    zuletzt aktualisiert: 18.10.2010

    Ankara (RPO). Bundespräsident Christian Wulff trifft am Dienstag bei seinem ersten Staatsbesuch in der Türkei mit Staatspräsident Abdullah Gül und Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zusammen. Am Nachmittag soll Wulff als erstes deutsches Staatsoberhaupt eine Rede vor dem türkischen Parlament in Ankara halten. Die Erwartungen an Wulff sind riesig.
    Außerdem steht eine Kranzniederlegung am Mausoleum des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk sowie ein Treffen mit dem Chef der türkischen Religionsbehörde auf dem Programm. Die bis Freitag dauernde Türkei-Reise des Bundespräsidenten wird vor allem wegen der Integrationsdebatte in Deutschland mit Spannung verfolgt.
    Grünen-Chef Cem Özdemir (Grüne) forderte Wulff am Montag auf, konstruktiv über die Integration zu reden und sich von „Rechtspopulisten“ wie Horst Seehofer (CSU) zu distanzieren. Özdemir sagte dem „Hamburger Abendblatt“, der Bundespräsident müsse deutlich machen, dass in Deutschland ein parteiübergreifendes Interesse an einer rationalen Debatte bestehe.
    Der integrationspolitische Sprecher der SPD, Rüdiger Veit, sagte der Zeitung, Wulff solle „den Türken sagen, dass sie hier in Deutschland willkommen sind“. Außerdem sei Panik vor einem Zuviel an Zuwanderung unangebracht, so Veit. Die Zahl der Türken, die wieder in ihre Heimat zurückkehren, sei höher als die Zahl der Einwanderer.
    Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), appellierte an den Bundespräsidenten, er solle auf bessere Bedingungen für Christen in der Türkei drängen. Der Bundespräsident könne seinen Gastgebern vermitteln, dass sie „stolz sein können auf ihr christliches Erbe“, sagte Polenz der unserer Redaktion. Wesentliche Wirkstätten des Urchristentums lägen in der Türkei. Wulff müsse die Türkei dazu ermuntern, ihr christliches Erbe als Schatz zu pflegen. Damit könne sie auch näher an Europa heranwachsen.
    Der Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV), Tilman Zülch, sieht den Bundespräsidenten auch bei der Kurdenfrage gefordert. Denn gleichzeitig mit der Ankunft Wulffs in der Türkei beginne auch der Prozess gegen 151 kurdische Politiker, schreibt Zülch in einem Brief an den Bundespräsidenten. Wulff solle spürbare Fortschritte bei der Durchsetzung der Rechte der Kurden einfordern und so die schwindenden Hoffnungen auf eine friedliche Lösung der Kurdenfrage wiederbeleben.
    Die muslimischen Verbände in Deutschland erhoffen sich vom Besuch des Bundespräsidenten in der Türkei Impulse für die Integration des Islam in Deutschland. Wulff könne dabei die Beziehungen Deutschlands mit der islamischen Welt erweitern und fördern, sagte der Beauftragte für interreligiösen Dialog der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DITIB), Bekir Alboga, dem Berliner „Tagesspiegel“.
    Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek, erwartet von Wulffs Besuch auch Auswirkungen auf die Frage des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union: „So wie der Islam Teil Deutschlands ist, ist die Türkei Teil Europas“, sagte er der Zeitung. Er freue sich, „dass der Bundespräsident mit seinem Besuch die deutsch-türkische Freundschaft festigt“.
    Der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, betonte „wenn die Integration des Islam in Deutschland auch Thema während seines Besuchs in der Türkei ist, freut uns das“ entschieden werde die Frage nach der Integration in Deutschland selbst, so Kizilkaya.

    Quelle:

  • „Deutsch steht an erster Stelle“

    „Deutsch steht an erster Stelle“

    erstellt am: 18.10.2010

    URL: www.rp-online.de/duesseldorf/duesseldorf-stadt/nachrichten/Deutsch-steht-an-erster-Stelle_aid_919587.html

    Türkischer Generalkonsul Firat Sunel

    zuletzt aktualisiert: 18.10.2010 – 08:30

    Düsseldorf (RP) Firat Sunel, Generalkonsul der Republik Türkei, lobt die Landeshauptstadt: Düsseldorf sei die schönste Stadt Deutschlands und in Fragen der Integration führend. Eine bilinguale Schule würde Sunel unterstützen.

    Herr Sunel, Sie haben vor einem Jahr das Amt des Türkischen Generalkonsuls in Düsseldorf angetreten. Was bringt 2011?

    Sunel Ich denke, dass das Jahr 2011 ein sehr bewegtes Jahr sein wird. Als Düsseldorfer bin ich sehr erfreut, dass der Eurovision Song-Contest in Düsseldorf ausgetragen wird. Aus der Sicht der Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland wird 2011 ein bedeutsames Jahr. Nächstes Jahr wird das 50-jährige Jubiläum der Migration türkischer Arbeitskräfte aus der Türkei nach Deutschland gefeiert. In diesem Rahmen möchten wir in Zusammenarbeit mit dem Landtag und der Landesregierung eine Veranstaltung zu organisieren, die Eindruck hinterlassen wird.

    Ihre Frau, die ebenfalls im Diplomatischen Corps steht, arbeitet in Köln. Welche der beiden Städte gefällt Ihnen eigentlich besser?

    Sunel Ja, meine Frau ist gleichzeitig meine Kollegin. Sie ist eine ältere Düsseldorferin als ich. Sie war hier in den Jahren 1997 bis 2000 als Vizekonsulin tätig. Seit dem 1. September 2010 arbeitet sie im Türkischen Generalkonsulat Köln. Als Düsseldorfer bevorzuge ich natürlich Düsseldorf. Ich finde sogar, dass Düsseldorf die schönste Stadt Deutschlands ist. Die Rheinpromenade ist einfach unvergleichlich schön. Orte wie die Altstadt und die Königsallee symbolisieren diese Schönheit. Im Gegenzug hat Köln einen reicheren historischen Hintergrund. Und wenn abends Düsseldorf einschläft, lebt in Köln die Nacht weiter. Da ich in Düsseldorf arbeite und meine Frau in Köln tätig ist, möchte ich, um einen Ehestreit zu vermeiden, diese Debatte hier lieber beenden. . .

    Würden Sie eine Türkische Schule, wie es sie in Köln gibt, in Düsseldorf begrüßen?

    Sunel Als Weltstadt hat Düsseldorf eine internationale sowie eine griechische, eine französische und eine japanische Schule. Es wäre natürlich schön, wenn wie in Köln auch hier eine türkische Schule eröffnet werden würde. Hierbei möchte ich betonen, dass die deutsche Sprache für Menschen, die hier leben, an erster Stelle stehen muss. Deshalb darf in solchen Schulen die deutsche Sprache nicht nachrangig sein. Es reicht nicht aus, dass unsere Kinder und Jugendlichen die deutsche Sprache soeben sprechen können, sie müssen „Herr“ über die Sprache sein. Eine bilinguale Schule, die der deutschen Sprache einen grundsätzlichen Vorrang gewährt, jedoch auch die Förderung der Muttersprache ermöglicht, wäre eine ideale Bildungsstätte. Es ist ja ohnehin bewiesen, dass Kinder, die ihre Muttersprache beherrschen, eine zweite Sprache schneller und besser erlernen können.

    In Düsseldorf hat jeder Dritte eine Zuwanderungsgeschichte. Armin Laschet, der ehemalige Integrationsminister des Landes, hat der Stadt einmal eine hervorragende Integrationsleistung bescheinigt. Sehen Sie das ähnlich – schließlich leben Sie hier und haben selbst zwei Kinder im Kindergarten beziehungsweise in der Schule: Wie zufrieden sind Sie mit den Einrichtungen?

    Sunel Düsseldorf ist in Sachen Integration eine der erfolgreichsten Städte. Ich denke, dass die weit entwickelte Kulturtoleranz dieser Stadt dabei eine wichtige Rolle spielt. Düsseldorf ist eine Stadt, deren Türe und Tore der Welt geöffnet sind. Ich habe zwei Kinder: mein Sohn Ege ist vier Jahre alt und geht in den Kindergarten, meine Tochter Deniz ist zehn Jahre alt und besucht einen Intensiv-Deutschkursus an einem Gymnasium. Allgemein sind wir mit den Bildungsmöglichkeiten, die uns angeboten werden, sehr zufrieden. Aber das bedeutet nicht, dass das allgemeine Bildungssystem keine Probleme hat. Meines Erachtens können Kinder mit Migrationshintergrund von der Chancengleichheit in der Bildung nicht ausreichend profitieren.

    Inzwischen wird darüber debattiert, dass viele Qualifizierte von Deutschland in die Türkei auswandern. Was sind die Gründe dafür?

    Sunel Die Zahlen zeigen, dass in letzter Zeit insbesondere die gut ausgebildeten türkischstämmigen Menschen in die Türkei auswandern. Der äußerlich sichtbare Grund ist, dass Menschen, die mit Türkisch und Deutsch mindestens zwei Sprachen gut beherrschen, die Türkei mit ihrem 15. Platz in der Weltrangliste der Wirtschaft als eine gute Gelegenheit für sich sehen. Aber es wäre nicht richtig, wenn die Auswanderung ausschließlich auf wirtschaftliche Aspekte zurückgeführt wird.

    Welche Gründe gibt es zudem?

    Sunel Insbesondere qualifizierte junge Türken empfinden den Stil und Inhalt der Integrationsdebatte als verletzend. Junge Türkischstämmige beklagen sich darüber, dass, auch wenn sie erfolgreich sind, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und keine Probleme hinsichtlich der Integration haben, sie von der deutschen Gesellschaft keine Anerkennung finden und weiterhin als Fremde angesehen werden. Sie können es nicht nachvollziehen, dass sie trotz der Erfüllung aller eingeforderten Voraussetzungen im Zentrum der Diskussionen stehen. Somit kehrt eine Gruppe von Menschen, die sich hier als unerwünscht sieht, in das Land zurück, wo einst ihre Eltern hergekommen sind. Diese Auswanderung ist sicher nicht zum Vorteil von Deutschland, das ohnehin großen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften hat.

    Zurück zur Einwanderung: Wie gut integriert, erleben Sie die Türkische Gemeinde in Düsseldorf? Wie lässt sich ein Zusammenleben enger, noch aufgeklärter gestalten?

    Sunel Ich denke nicht, dass die türkische Gemeinde in Düsseldorf hinsichtlich der Integration erwähnenswerte Probleme hat. Integration bedeutet Harmonie, und um diese Harmonie zu erleben, müssen sich sowohl die Minderheit als auch die Mehrheit einer Gesellschaft darum bemühen. Solange den Migranten nicht das Gefühl der Dazugehörigkeit vermittelt wird, ist eine erfolgreiche Integration nicht möglich. Ähnlich müssen auch die Migranten sich mehr Mühe hinsichtlich der Integration geben.

    Was kann verbessert werden?

    Sunel Der Schlüssel zur Integration ist die Sprache. Hierzu könnte bereits in den Kitas eine gezieltere Sprachförderung stattfinden und der Deutschunterricht in den Schulen intensiviert werden. Weil sie mit der Zukunftsgestaltung einer Gesellschaft in direktem Zusammenhang steht, ist eine erfolgreiche Integration von lebenswichtiger Bedeutung. Die Diskussionen um Integration dürfen die Migranten nicht ausschließen. Lösungen gibt es nur zusammen mit den Migranten und mit einer gezielten Anhörung ihrer Probleme.

    Sie selbst sprechen ausgezeichnetes Deutsch. . .

    Sunel Ein Diplomat muss zwar kein Deutsch können. Aber in meinem Fall macht es mich und meine Aufforderungen an Migranten vielleicht noch glaubwürdiger.

    G. Stenzel führte das Interview