Kategorie: Regional

  • Rezension: Islamverherrlichung

    Rezension: Islamverherrlichung

     

    Rezension

    Schneiders, Thorsten (Hrsg.), 2010: Islamverherrlichung. Wenn die Kritik zum Tabu wird. 401 S. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, ISBN 978-3-531-16258-4.

    „In den Dialog treten heißt, eingestehen, dass auch der Andere Recht haben kann“ (Hans Georg Gadamer) mit diesem Zitat endet Haci-Halil Uslucan seinen Beitrag innerhalb des umfangreichen Sammelbandes von Gerald Schneiders. Auch in diesem Band liest sich das „Who is Who“ der Islam- und Integrations-Gallionsfiguren Deutschlands, wie etwa Katajun Amirpur, Hartmut Bobzin, Kemal Bozay, Rainer Brunner, Rabeya Müller u.a.

    Der gesamte Band ist aufgeteilt in drei große Kapitel:

    • Grundlagen des theoretischen Diskurses,
    • Gegenwärtiger Umgang mit dem islamischen Erbe in Europa
    • Verhalten und Eigendarstellung von Muslimen in Deutschland

     

    Ein Vierhundertseitenwerk zu rezensieren stellt eine besondere Herausforderung dar, wenn die wissenschaftlich besonders wertvollen Erkenntnisse kurz und knapp dargestellt werden sollen. An dieser Stelle kann lediglich eine Auswahl aus den vielfältigen Erkenntnissen wiedergegeben werden.

    Wussten Sie, dass es drei Hauptansätze zur Interpretation der frühen Quellen zum Islam gibt? David Kiltz verdeutlicht dies mittels des traditionalistischen, des revisionistischen und des integrativen Ansatzes. (Vgl. S. 19 ff.) In seinem Beitrag „Schatten über den Anfängen – Was sagen frühe Quellen zum Islam über das aus, was wirklich war?“ geht er – vereinfacht ausgedrückt – drei Erklärungsansätzen früherer Quellen nach. Hierbei unterscheidet er innerislamische literarische Quellen, außerislamische literarische Quellen und Realien bzw. Inschriften und bildliche Darstellungen.

    Die „Traditionalisten“ in der islamischen Welt folgen nach Kiltz im Wesentlichen der innerislamischen Überlieferung, d.h. der Tradition. Dabei wird diese als weitgehend historisch korrekt angesehen. In der traditionellen westlichen Islamwissenschaft werden nach Kiltz die klassischen islamischen Werke nach kritischer Sichtung ebenfalls als wesentliche Basis für die frühislamische Geschichte verwendet. (Vgl. S. 20) Zu den Vertretern der „klassischen Schule“ werden bspw. William Montgomery Watt und Rudi Paret gezählt.

    Im revisionistischen Ansatz werden die islamischen Prophetenbiographien und Erzählungen zu historischen Ereignissen als „heilsgeschichtliche“ Konstrukte abgelehnt. John Wansbrough, Patricia Crone und Michael Cook werden  hierbei zu den bekannten Vertretern dieser Richtung gezählt. Crone habe sogar versucht, ganz ohne traditionelle islamische Quellen  eine Rekonstruktion der frühislamischen Geschichte vorzunehmen und sich dabei nur mit außerislamischen Quellen befasst. (vgl. S. 21). Der vor allem bekannteste Vertreter der revisionistischen Richtung ist der Islamwissenschaftler Muhammad Sven Kalisch, der die Existenz des Propheten „Muhhammad“ gemäß dieser Richtung negiert. Seiner Ansicht nach hat es den Propheten nicht gegeben. (Vgl. S. 21)

    Der dritte als „integrative“ Schule bezeichnete Ansatz erachtet die Herkunft des Propheten Muhammed aus Mekka als wahrscheinlich und versucht die verschiedenen Quellen zu harmonisieren. Hierbei soll der Blick „von außen“ helfen, den Koran nicht als historisch unmittelbar auswertbare Quelle zu sehen, sondern als literarisch-kodierte Aussage über seine Zeit und über seine Genese. Zu den Vertretern dieses Ansatzes werden u.a. Angelika Neuwirth, Gabriel Said Reynolds, Michael Cuypers etc. gezählt. (Vgl. S. 26)

    Im Beitrag von Felix Körner „Der Koran ist mehr als die Aufforderung, anständig zu sein. Hermeneutische Neuansätze zur historisch-kritischen Auslegung in der Türkei“ werden türkische Theologen und ihre historisch-kritische Schriftauslegung näher betrachtet. (Vgl. S. 29 ff.) Er versucht dies am Beispiel der Neuansätze von zwei türkischen Wissenschaftlern namens Mehmet Pacaci und Ömer Özsoy darzustellen. Beide haben beachtliche akademisch-theologische Karrieren. Mehmet Pacaci arbeitet im türkischen Staatsdienst als Religionsattaché in Washington D.C. und Ömer Özsoy als Professor für Islamische Religion an der Universität Frankfurt. Körner konstatiert den beiden „ein hohes Maß an historisch-kritischem Denken“: sie berücksichtigen u.a.

    • das Bezogenheitskriterium, d.h. der Koran ist kontextbezogen zu verstehen, auszulegen und zu rekonstruieren;
    • das Beschränktheitskriterium, d.h. der Koran kann hinsichtlich seiner Botschaft und Formulierung unterschiedlich verstanden werden. Damit ist ein Verständnis für die Beschränktheit von Formulierungen zu zeigen.
    • das Abstands-Kriterium, d.h. Skepsis gegenüber der Verschriftlichung des Koran dahingehend zu zeigen als dass der Leser den Appell im Koran, die angestrebte Suggestion wie auch den Unterscheid zwischen zeitgenössischem und dem koranischen Arabisch bewusst und mit geschichtlichem Abstand versteht.

    Die kritische Reflexion der Historizität und der Gegenwart in der theologischen Auslegung sei mittels der beiden Wissenschaftler in der türkischen islamischen Theologie nachvollziehbar geworden. (Vgl. S. 43) Dies habe Aussicht auf großen Erfolg für die Zukunft.

    In diesem Sinne kann das Zitat von Thomas Morus im Beitrag von Ömer Özsoy und Serdar Günes wiedergegeben werden, wonach die Tradition nicht das Halten der Asche, „sondern das Weitergeben der Flamme“ (S. 82) der neuen islamisch-theologischen Erkenntnisse ist. Im Sammelband wird deutlich, dass ein geistiger Aufbruch in ein neues Zeitalter im gegenseitigen Austausch der Religionen und Kulturen schon längst begonnen hat.  Denn wie Özsoy/Günes schreiben, ist das, was uns als fertiges Produkt der islamischen Tradition vorliegt, die gewachsene Interaktion mit dem Abendland. (Vgl. S. 81)

    Die Überschrift des Sammelbandes verweist nach eingehendem Studium der einzelnen Beiträge darauf,  dass in diesem Band solche Kritiker zu Worte kommen, die ihren Beitrag für die Weiterentwicklung der islamischen Theologie, Kultur etc. durch wertvolle Kritik leisten. Daher passt die Überschrift der „Islamfreundlichkeit“ und ihre Gegenüberstellung zum ersten Sammelband „Islamfeindlichkeit“: im ersten Sammelband geht es um die Darstellung teilweise nicht konstruktiver bis hin zu vernichtender Kritik; im zweiten Sammelband um die Darstellung einer eher als wohlwollend zu bezeichnenden Kritik am Islam. Beide Sammelbände verdienen eine exzeptionelle Stellung innerhalb der Wissenschaft.

    Askim Müller-Bozkurt, Kerpen

  • Die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei ist bedroht

    Die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei ist bedroht

    Aufruf an die Öffentlichkeit !

    Die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei ist bedroht – regierungskritische Journalisten werden mit Hilfe von Sondergerichten verfolgt und eingeschüchtert!

    11. März 2011

    Wir, als europäische Politiker/innen, die aus der Türkei stammen, sind wir tief besorgt über die systematische Verfolgung kritischer Journalist/innen und über die Missachtung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Grundprinzipien in der Türkei.

    Die Sondergerichte, die nur für Ausnahmesituationen und für schwere politische Straftaten errichtet wurden und deren Auflösung die EU seit Jahren verlangt, haben bisher 63 Journalisten wegen ihrer kritischen Berichterstattung und Publikationen inhaftiert. Die Inhaftierungen finden im Rahmen der Ermittlungen gegen das mutmaßliche Terrornetzwerk „Ergenekon“ statt. Die jüngste Inhaftierung der Journalisten Nedim Şener und Ahmet Şık, allseits als politisch unabhängige und stets sachliche Berichterstatter und Autoren bekannte Journalisten, zeigt das Ausmaß der Gefahr, der regierungskritische Journalisten und Autoren ausgesetzt sind.

    Der ehemalige Polizeipräsident der Provinzstadt Eskişehir Hanefi Avcı, wurde nach dem Erscheinen seines Bestsellers inhaftiert, weil er in seinem Buch die rechtswidrigen Aktivitäten der islamistischen „Gülen Bewegung“, insbesondere deren Versuch, den Geheimdienst und den Polizeiapparat der Türkei im Sinne ihrer Organisation zu unterwandern, ausführlich belegte.

    Die im Rahmen der „Ergenekon-Ermittlungen“ in Nacht- und Nebelaktionen inhaftierten bekannten Journalisten Mustafa Balbay und Tuncay Özkan befinden sich ebenso wie hunderte weitere Personen seit rund drei Jahren ohne eine rechtsgültige Verurteilung in Untersuchungshaft.

    Jeder Staat hat das Recht, mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen Straftäter vorzugehen. Dies darf jedoch nicht als Vorwand für die Verfolgung und Unterdrückung von Regierungskritikern und der Opposition missbraucht werden.

    Die Regierung des Ministerpräsidenten Erdoğan hat offensichtlich Schwierigkeiten mit kritische Presse, will keine Kritik von Wissenschaft, Gewerkschaften, ja nicht einmal von Arbeitgeberverbänden zulassen.

    Eine Reihe von Tageszeitungen und Fernsehanstalten wurden mit Staatskrediten von regierungsnahen Kreisen bereits übernommen. Unter dem systematischen Druck der Regierung wurden namhafte Kolumnisten, u.a. der meistgelesenen Tageszeitung Hürriyet, entlassen, zum Beispiel Emin Çölaşan, Bekir Coşkun und Oktay Ekşi. Zahlreiche kritische Fernsehsendungen wurden auf Druck der Regierung ebenfalls aus dem Programm genommen, so auch die sonntägliche Talkrunde der Journalistin Ruhat Mengi bei Star-TV. Der Journalistenverband der Türkei hat bereits in vielen Großstädten des Landes gegen diese massive Einschränkung der Pressefreiheit protestiert.

    Diese Verfolgungsmaßnahmen und Einschüchterungsversuche der AKP-Regierung gehen selbst dem US-Botschafter in Ankara zu weit: „Hier wird von Pressefreiheit gesprochen, aber die Journalisten werden inhaftiert, dies kann ich nicht verstehen“, sagte er kürzlich und erntete prompt heftige Kritik vom Ministerpräsidenten Erdogan.

    Ministerpräsident Erdoğan versuchte sogar den größten Industrie- und Arbeitgeberverband der Türkei (TÜSIAD) mit der Drohung einzuschüchtern: „Wer nicht auf unser Seite steht, wird beiseite gefegt“.

    Laut offiziellen Angaben werden die Telefone von 80.000 Menschen abgehört, viele davon illegal und ohne jegliche Rechtsgrundlage. Die Abhörprotokolle dienen dann als Hauptbeweismittel bei Prozessen oder werden regierungsnahen Medien zugespielt, ohne Rücksicht auf die Privatsphäre der Betroffenen.

    In der Türkei wird von einem „Angst- und Polizeistaat“ gesprochen. Jeder, der sich regierungskritisch äußert, kann jeder Zeit willkürlich unter dem Verdacht der „Volksverhetzung und der Mitgliedschaft im mutmaßlichen „Ergenekon-Netzwerk“ festgenommen und jahrelang ohne Verurteilung inhaftiert werden. So erging es bereits mehreren Hundert Menschen, die seit Monaten und teilweise Jahren in Untersuchungshaft sitzen.

    Der Verband der türkischen Richter und Staatsanwälte, die Rechtsanwaltskammer und viele namhafte Juristen warnen vor einer Aufhebung der Gewaltenteilung und Politisierung des Justizwesens. Damit ist die Unabhängigkeit der Justiz extrem bedroht.

    Die Türkei erlebt derzeit eine zunehmende Polarisierung und Spaltung, die uns große Sorgen bereitet. Sie gefährdet die politische Stabilität und vor allem die Achtung der Menschenrechte, der Presse- und Meinungsfreiheit und die Zukunft der Demokratie und des Rechtsstaates.

    Menschenrechte sind universale Rechte und sie sind nicht teilbar. Deshalb bitten wir vor allem die Menschenrechtsorganisationen, die Menschenrechtsausschüsse der Parlamente. amnesty international, die Journalisten-Verbände, die Medien, aber auch die Freunde der Türkei, die Entwicklung kritisch aufmerksam zu verfolgen.

    Zeigen Sie sich solidarisch und ergreifen Sie Partei für die Achtung der Menschenrechte, der Presse- und Meinungsfreiheit und für einen funktionierenden demokratischen Rechtsstaat! Diese Rechte sind nicht verhandelbar!

    Unterzeichner des Aufrufes:

    Hüseyin Arac, Abgeordneter des Dänischen Parlaments

    Filiz Demirel, Abgeordneter der Bürgerschaft von Hamburg

    Hasan O. Kamber, Abgeordneter des Kantons Basel

    Prof. Dr. Hakkı Keskin, 2005-2009 MdB und Mitglied des Europarates

    Dilek Kolat, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin

    Alev Korun, Abgeordnete des Wiener Parlaments

    Özcan Mutlu, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin

    Mustafa Kemal Öztürk, Mitglied der Bürgerschaft von Bremen

    Filiz Polat, Abgeordneter des Parlaments von Niedersachsen

    Ülker Radziwill, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin

    Serkan Tören, Mitglied des deutschen Bundestages

    Arif Ünal, Abgeordneter desLandtages NRW

    Turgut Yüksel, ehm. Mitglied des Hessischen Landtages.

  • Einladung zum Nevruz-Newroz

    Einladung zum Nevruz-Newroz

    Nevruz-Newroz

    Newroz, oder auch Nevruz geschrieben, ist ein besonderer „Tag“, der von vielen Völkern in Zentralasien, Kaukasus und im Nahen und Mittleren Osten gefeiert wird. Dieser Tag ist der 21. März eines jeden Jahres. Für die Völker steht dieser Tag symbolisch für „das Neue“ und „das Schöne“.
    Die Völker begrüßen an diesem Tag den Beginn des Frühlings und andere beginnen damit ein neues Jahr.

    Feiern Sie mit uns den Tag des Frühlingsbeginns am Sonntag, den 20.3.2011, um 12.00 Uhr beim Alevitisch-Bektaschitischen Kulturinsitut in Hausen e.V. )

    Zeit: Sonntag, 20.3.2011
    Beginn: um 12.00 Uhr
    Ort: Malberg 1, 53547 Hausen (Wied)

    Für Interessierte gibt es auch Informationen und Erklärungen zu diesem Tag.

    Diese Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Forschungsinsitut für Wirtschaft, Politik und Bildung (IFWPB) e.V. (www.ifwpb.eu) und mittels der Förderung der Stiftung für Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen ) durchgeführt.

    Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig.

  • Freikarten fürs Kino in Düren

    Freikarten fürs Kino in Düren

    EinladungKinoabend

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    am Freitag, den 11. März 2011, 20.00 Uhr wird im Comet-Cinema in Düren der Film „Almanya – Willkommen in Deutschland“ gezeigt. Als Dank für Ihren Einsatz im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens im Kreis Düren lädt der Landrat des Kreises Düren 200 Aktive zu einem Filmabend ein. Siehe angehängtes Anschreiben des Landrates. Die Karten können Sie im Sekretariat der Stabsstelle Migration erhalten – solange der Vorrat reicht!

    Bitte beachten Sie, dass die Kreisverwaltung am Rosenmontag geschlossen ist und auch heute, am Freitag, die Stabsstelle nur bis 13.00 Uhr besetzt ist. Hier ein Link zum Trailer des Films: . Der Film ist ab 6 Jahren freigegeben.

    Bitte geben Sie die Information auch an andere Engagierte in der Integrationsarbeit weiter.

    Dieser Filmabend wird möglich durch die freundliche Unterstützung der Sparkasse Düren.

    Mit freundlichen Grüßen
    Sybille Haußmann
    Kreisverwaltung Düren

    Leiterin der Stabsstelle für Migrationsangelegenheiten
    Bismarckstr. 16 52351 Düren
    Raum A 62, Tel.: 02421-22-2148 (Sekretariat) Mail: raa@kreis-dueren.de

  • „Manche Europäer verstehen die neue Türkei nicht“

    „Manche Europäer verstehen die neue Türkei nicht“

    Autor: Boris Kálnoky| 06.03.2011

    „Manche Europäer verstehen die neue Türkei nicht“

    Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu spricht mit der „Welt am Sonntag“ über die EU und die Türkei. Er fordert: Europa muss Selbstkritik üben.

    Davutoglu  Foto: picture-alliance/ dpa/dpa Ahmet Davutoglu ist Außenminister der Türkei
    Davutoglu Foto: picture-alliance/ dpa/dpa Ahmet Davutoglu ist Außenminister der Türkei

    Ahmet Davutoglu gilt nicht nur dem Amt nach als einer der führenden Köpfe in der türkischen Regierung, die seit acht Jahren von der islamischen AK-Partei gestellt wird. Der 52-jährige Politikwissenschaftler mit erfolgreicher Unikarriere gilt als Vertreter einer Denkschule, die bisweilen als „Neo-Osmanismus“ bezeichnet wird und die Beziehungen zu den nahöstlichen Nachbarn der Türkei im Gebiet des untergegangenen osmanischen Reiches in den Mittelpunkt rückt.

    Welt am Sonntag: Herr Minister, mein Beileid zum Tod von Necmettin Erbakan, dem Gründer des politischen Islam in der Türkei, den Sie kürzlich zu Grabe trugen. Wie schätzen Sie sein politisches Erbe ein? Er war ja der politische Ziehvater des heutigen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und von Staatspräsident Abdullah Gül.

    Ahmet Davutoglu: Er hat mit seinen verschiedenen Parteien seit 1970, die der Reihe nach vom Militär verboten wurden, und mit seiner Milli-Görüs-Bewegung eine bedeutende Rolle bei der demokratischen Transformation der Türkei gespielt. Eine weitere Dimension war seine Synthese von Modernität und Tradition und sein wirtschaftliches Entwicklungsmodell, das auf Industrialisierung beruhte. Also ja, er hat aus verschiedenen Perspektiven zu dieser Transformation beigetragen.

    via Ahmet Davutoglu: „Manche Europäer verstehen die neue Türkei nicht“ – Nachrichten Politik – Ausland – WELT ONLINE.

  • Zweisprachigkeit ist ein Gewinn – egal wie

    Zweisprachigkeit ist ein Gewinn – egal wie

    Türkisch Zweisprachigkeit ist ein Gewinn – egal wie

    Ob türkische Kinder in Deutschland erst Türkisch oder Deutsch lernen, hängt von den Eltern ab. Wichtiger ist: Sie sollen beide Sprachen richtig lernen. Ein Kommentar

    Stellen Sie sich vor, Sie halten Ihr soeben geborenes Baby im Arm und sprechen es auf Chinesisch an – könnte ja besser sein für seine berufliche Zukunft. Wie absurd würde sich das für Sie anfühlen. Wie viel Distanz würden Sie aufbauen, obwohl doch gerade nur Nähe und Gefühl zählen.

    Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in seiner Rede in Düsseldorf unter anderem gesagt, türkische Eltern sollten ihren Kindern erst Türkisch beibringen, bevor sie das Deutsche fördern. Empört hat zum Beispiel die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer daraufhin gesagt, die Sprache des Landes, in dem man auf Dauer bleibt, müsse Vorrang haben.

    Was auch immer Erdogan sonst noch bezweckt, er hat den türkischstämmigen Deutschen jedenfalls nicht empfohlen, in Deutschland nicht heimisch zu werden, wie es der Europa-Politiker Martin Schulz von der SPD unterstellt. Im Gegenteil: Er fordert sie auf, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren, dabei aber ihre Muttersprache und Ursprungskultur nicht zu verleugnen. Das ist nicht sonderlich empörungswürdig, sondern ganz gesund. Denn alles andere wäre widersinnig für die Bindung zwischen Eltern und Kind – und auch für das Selbstbewusstsein der Heranwachsenden.

    via Türkisch: Zweisprachigkeit ist ein Gewinn – egal wie | Gesellschaft | ZEIT ONLINE.

  • Medienkampagne soll Integration von Einwanderern verbessern

    Medienkampagne soll Integration von Einwanderern verbessern

    Berlin (dapd-bln). Eine neue Medienkampagne soll in Berlin die Integration von Einwanderern verbessern. In der deutschen Hauptstadt lebten derzeit Menschen aus 190 Ländern, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsförderer Berlin Partner GmbH am Mittwoch vor Journalisten. Die neue Aktion „be Berlinternational“ mache die Multikulturalität Berlins zum Thema.

    Für die Aktion sollen die Berliner auf der Kampagnenwebsite sei.berlin.de Beiträge einreichen, wie sie Internationalität in ihrer Stadt erleben. Davon sollen den Angaben zufolge 140 Beiträge ausgewählt werden, deren Autoren im Mai auf zwei Großplakaten an der Staatsoper Unter den Linden abgebildet werden sollen. Das Budget für die Kampagne umfasse für das laufende Jahr 230.000 Euro, sagte der Sprecher.

    via Medienkampagne soll Integration von Einwanderern verbessern.

  • DTG-Einladung: „Die Frauen im türkischen Exil“

    DTG-Einladung: „Die Frauen im türkischen Exil“

    Die Deutsch-Türkische Gesellschaft e. V. Bonn
    Die Synagogen-Gemeinde Bonn

    laden ein zu einem Vortrag von

    Regine Erichsen:

    „Die Frauen im türkischen Exil
    und ihr Beitrag zur türkischen Hochschulreform“

    am Mittwoch, 16. März 2011, 19.30 Uhr, im Vortragssaal der Synagogen-Gemeinde, Tempelstraße 2—4

    (da es an der Synagoge keine Parkplätze gibt, empfiehlt sich die Benutzung der U-Bahn Linien 16,63,66 bis zur Haltestelle „Museum König“.

    Deutsche und österreichische Wissenschaftlerinnen, Ärztinnen, Technikerinnen und Künstlerinnen emigrierten in den dreißiger und vierziger Jahren aus Gründen rassistischer und politischer Verfolgung durch die Nationalsozialisten in die Türkei. Dort fanden sie nicht nur Zuflucht, sondern sie erfüllten in einem groß angelegten Projekt der türkischen Wissenschaftsreform ab 1933 eine besondere Vermittlerfunktion und bildeten ein unverzichtbares Element der Wissenschaftsemigration in die Türkei. Es waren vor allem junge Akademikerinnen und Technikerinnen, die im türkischen Exil die entsprechende Pionierarbeit im Aufbau moderner Forschung und Lehre geleistet haben. Für einige Frauen bedeutete die Emigration dabei den Abbruch der wissenschaftlichen Karriere daheim oder zumindest eine Veränderung ihres beruflichen Profils. Für andere war die Türkei eine erfahrungsreiche Zwischenstation ihrer dann in den USA fortgesetzten Laufbahn. Wie auch immer der individuelle Emigrationsweg verlief – die Beteiligung am Projekt der türkischen Bildungs- und Wissenschaftsreform gab diesen Frauen die Chance zur positiven Ausgestaltung ihres Emigrationsschicksals. Die Referentin wird diesen breiten, in der Exilforschung bisher vernachlässigten Themenkreis mit der Schilderung einzelner, zum Teil auch sehr bewegender Biographien aufhellen.

    Regine Erichsen verbrachte einen Teil ihrer Jugend in der Türkei und besuchte einige Jahre das Alman Lisesi in İstanbul. Nach dem Studium der Sozialwissenschaften an der Bonner Universität widmete sie sich der modernen sozialwissenschaftlichen Türkei-Forschung. Aus einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt zur deutsch-türkischen Wissenschaftsgeschichte und der „Medizin-Emigration“ in die Türkei nach 1933 gingen zahlreiche Publikationen hervor. Eine Liste stellt Frau Erichsen Interessenten Zuhörern gern zur Verfügung. Ihren am 24. Juni 2008 bei der DTG und der Synagogen-Gemeinde gehaltenen Vortrag „Zur Wirkungsgeschichte der deutschsprachigen akademischen Emigration nach 1933“ findet sich auf der DTG-Homepage www.dtgbonn.de, die wir ohnehin Ihrer Beachtung empfehlen.

    Hinweis: Wegen der leider noch notwendigen Sicherheitsvorkehrungen wird um pünktliches Erscheinen gebeten. Bitte bringen Sie keine großen Taschen mit.

  • KRK: Gemeinsame Erklärung der Muslime

    KRK: Gemeinsame Erklärung der Muslime

    Gemeinsame Erklaerung

    Gemeinsame Erklaerung

    KRK: Gemeinsame Erklärung der Muslime

  • EINLADUNG

    EINLADUNG

    EINLADUNG

    Wir laden Sie herzlich ein zur internationalen Konferenz httpasts://digitalmemoryonthenet“ vom 14. bis 16. April in Berlin, veranstaltet von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb in Kooperation mit der deutschen Kinemathek und dem Medienpartner 3Sat Kulturzeit.

    Auschwitz bei Facebook. Anne Frank auf YouTube. Ein Tweet aus dem Holocaust Museum – die Erinnerung an die Vergangenheit ist längst Teil der virtuellen Welt. Digitale Medien prägen somit nicht nur die heutige gesellschaftliche Kommunikation, sie bestimmen auch zunehmend unser Verständnis der Vergangenheit und schaffen neue Formen des Erinnerns und der Vermittlung von Geschichte: Hat das Geschichtsbuch bald ausgedient? Werden Gedenkstättenbesuche überflüssig? Wird es künftig ausschließlich virtuelle Zeitzeugenbegegnungen geben?

    Das Internet bietet zahlreiche multimediale Angebote zur Geschichte und es werden täglich mehr. Ob das Yad Vashem Museum in Israel, das Anne Frank Zentrum in den Niederlanden oder das US Holocaust Memorial Museum in Washington – sie alle nutzen die digitalen Kanäle im Netz. Auf der internationalen Konferenz httpasts://digitalmememoryonthenet diskutieren Referenten dieser Institutionen sowie aus Großbritannien, Polen, Österreich und der Schweiz über folgende Fragen:

    Wie verändert das Internet die heutige Erinnerungskultur?
    Wie und was wird im Netz erinnert?
    Welche Chancen und Risiken sind mit dieser Entwicklung verbunden?
    Welche Angebote gibt es bereits in Deutschland, Europa und international?

    Termin
    14.04.2011 bis 16.04.2011

    Ort
    Deutsche Kinemathek. Museum für Film und Fernsehen
    Potsdamer Straße 2
    10785 Berlin

    Anmeldung
    Teilnahmebeitrag: 30,00 EUR (ermäßigt 15,00 EUR)
    Anmeldung unter: www.bpb.de/popup/erinnerungskultur_online/anmeldung.html
    Bitte melden Sie sich bis zum 07.04.2011 an.

    Kontakt bei Rückfragen:
    Bundeszentrale für politische Bildung
    Hanna Huhtasaari
    Adenauerallee 86
    53113 Bonn
    Tel +49 (0)228 99515-226
    Huhtasaari@bpb.bund.de

    Weitere Informationen unter: www.bpb.de/digitalmemoryonthenet

    Bundeszentrale für politische Bildung
    Stabsstelle Kommunikation
    Adenauerallee 86
    53113 Bonn
    Tel +49 (0)228 99515-200
    Fax +49 (0)228 99515-293
    presse@bpb.de
    www.bpb.de/presse

  • Kulturforum

    Kulturforum

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    liebe Freunde des KulturForum,

    der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters lud unseren Freund Dogan Akhanli gestern zu einem Empfang ins Rathaus. Den Dank des OB an die Vertreter der Solidaritätskampagne, die zur Freilassung Akhanlis beigetragen haben, möchten wir hiermit an alle Unterstützer weitergeben! Das Video dazu unter: www.ksta.de

    Der Prozess gegen Dogan Akhanli wird am 9. März in Istanbul fortgesetzt. Akhanli wird wegen seines einjährigen Einreiseverbots in die Türkei nicht an seinem Prozess teilnehmen können.

    Am 20. April veranstaltet das Literaturhaus Köln in Kooperation mit dem KulturForum eine Lesung & Musik mit Dogan Akhanli.

    ***

    Ein Schwurgericht in Istanbul bekräftigte Anfang Februar den Freispruch für die Soziologin Pinar Selek und widersprach damit dem Obersten Berufungsgericht in Ankara, das eine Verurteilung der Angeklagten wegen siebenfachen Mordes verlangt hatte. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Einspruch gegen den zum dritten Mal bekräftigten Freispruch für Selek ein. Damit geht der Fall erneut zum Obersten Berufungsgerichtshof in Ankara. Über dreißig Menschen aus Deutschland waren als Prozessbeobachter nach Istanbul gereist, darunter Günter Wallraff, Christa Schuenke (PEN-Deutschland) und Vertreter des KulturForum. Auch Yasar Kemal und Rakel Dink waren vor Ort.

    ***

    Vier Jahre nach der Ermordung des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink leiten die türkischen Behörden Ermittlungen gegen mehr als zwei Dutzend hohe Beamte ein, darunter der ehemalige Gouverneur und der Polizeipräsident Istanbuls. Die Entscheidung fiel Anfang Februar vor einem Istanbuler Gericht.

    ***

    +++TERMINE+++

    Vom 4.-6. März findet an der Katholischen Akademie Schwerte in Kooperation mit dem KulturForum die Tagung „Die Türkei und Deutschland. Diagnosen zu einem schwierigen Verhältnis“ statt, mit Prof. Dr. Haci-Halil Uslucan (Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung), Ulrich Pick (ARD), Prof. Dr. Barbara John (Berliner Senat) u.a. Im Rahmen der Tagung wird die KulturForum-Ausstellung „Erinnerungen an eine neue Heimat. Aus dem Leben deutscher Istanbulerinnen und türkischer Berlinerinnen“ vorgestellt.
    Anmeldung und mehr Informationen unter: Telefon 02304/755-325, Email u.pietsch@kircheundgesellschaft.de

    ***

    Vom 17.-27. März findet in Nürnberg das 16. Filmfestival Türkei/Deutschland statt. Den Ehrenpreis des Festivals erhält Starregisseur Fatih Akin. Im Programm: Die WDR-Filmreihe „Menschenlandschaften. Sechs Autorenportraits aus der Türkei“ von Osman Okkan. Mehr unter: www.fftd.net

    ***

    Ebenfalls vom 17.-27. März läuft in Ankara das 22. Internationale Filmfestival. Im Programm: Die Dokumentation „Mordakte Hrant Dink. Armenier in der Türkei“ (WDR/ARTE 2009) von Osman Okkan und Simone Sitte. Mehr unter: www.filmfestankara.org.tr/en/

    ***

    Am 31. März um 20 Uhr wird im Rahmen eines türkischen Literaturfestivals die WDR-Filmreihe „Menschenlandschaften“ mit Portraits der Autoren Nazim Hikmet, Yasar Kemal, Orhan Pamuk, Elif Safak, Murathan Mungan und Asli Erdogan im Roten Salon der Berliner Volksbühne gezeigt. Anschließend findet ein Gespräch mit dem Regisseur Osman Okkan statt.

    Die Filme erscheinen Anfang April im Auftrag der Robert Bosch Stiftung als DVD-Edition.

    ***

    JETZT BEWERBEN: Journalistenprogramme des KulturForum und der Robert Bosch Stiftung

    Bewerbungen für das Programm 2011 werden noch bis 28. Februar angenommen unter: 
Email journalistenprogramm@das-kulturforum.de. Mehr Infos auf der Internetseite des KulturForum.

    ***

    KÜNSTLERWETTBEWERB
    Zum 50. Jahrestag des Anwerbeabkommens mit der Türkei organisiert das KulturForum mit weiteren Organisationen und Institutionen aus Deutschland und der Türkei mehrere Veranstaltungen. An den zentralen Abfahrts- und Ankunftsbahnhöfen der ehemaligen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter soll ein künstlerisches Zeichen der Anerkennung angebracht und feierlich enthüllt werden.

    Künstlerinnen und Künstler aus der Türkei und Deutschland sind ab sofort eingeladen, Entwürfe für ein solches Kunst-Objekt einzureichen. Eine namhaft besetzte internationale Jury prämiert den Sieger-Entwurf.
    Einsendeschluss ist der 30. Juni 2011.

    Mehr Informationen zu diesen und weiteren Veranstaltungen unter: www.das-kulturforum.de

    Mit herzlichen Grüßen aus der Niederichstraße

    Ihr KulturForum-Team

    Wenn Sie diesen Newsletter abbestellen wollen, antworten Sie auf diese 
Mail (redakion@das-kulturforum.de) mit dem Betreff „abbestellen“. 
Vielen Dank!

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    KulturForum TürkeiDeutschland e.V.
Turkish-German Forum of Culture
TürkiyeAlmanya KültürForumu
Ehrenvorsitz/Hon.Pres.: Günter Grass, Yasar Kemal

Freundschaftsinitiative GriechenlandTürkei
Greek-Turkish Initiative for Friendship
YunanistanTürkiye Dostluk Girisimi
Ehrenvorsitz/Hon.Pres.: Mikis Theodorakis, Zülfü Livaneli

Niederichstr. 23
50668 Köln
info@das-kulturforum.de
    Fon +49 221 120 90 68-0
Fax +49 221 139 29 03
www.das-kulturforum.de

  • Einladung Migration und Integration, 12.3.2011 in Bonn

    Einladung Migration und Integration, 12.3.2011 in Bonn

    Migration und Integration 12_03_2011 Bonn

    Einladung Migration und Integration, 12.3.2011 in Bonn

  • Milli Görüs lässt Mäßigung vermissen

    Milli Görüs lässt Mäßigung vermissen

    erstellt am: 17.02.2011
    Verfassungsschutz
    Milli Görüs lässt Mäßigung vermissen
    zuletzt aktualisiert: 17.02.2011 – 19:52
    Berlin (RPO). Bei der größten Islamistenorganisation in der Bundesrepublik, der türkischen „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG)“, ist nach Ansicht des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, keine Mäßigung in Sicht.

    URL: www.rp-online.de/politik/deutschland/Milli-Goerues-laesst-Maessigung-vermissen_aid_966303.html

  • Diskriminierungsschutz

    Diskriminierungsschutz

    Rückblick: Seminar mit der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben e. V. zum Thema Diskriminierungsschutz
    „Aktiv gegen Diskriminierung: Was Verbände vor Gericht erreichen können“ – unter diesem Motto veranstaltete das Deutsche Institut für Menschenrechte in Kooperation mit der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben e. V. (ISL) vom 28. bis 30. Januar 2011 ein Seminar in Kassel. Thema des Seminars waren die Rechte und Beteiligungsmöglichkeiten von Verbänden in Gerichtsverfahren nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dem Sozialgesetzbuch IX und dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). 15 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende der ISL aus ganz Deutschland nahmen teil. Das Seminar fand im Rahmen des Projektes „Diskriminierungsschutz: Handlungskompetenz für Verbände“ statt. Ein Follow-Up-Seminar ist für April 2011 geplant.

  • Freilassung von Hizbullah-Aktivisten in die Türkei

    Freilassung von Hizbullah-Aktivisten in die Türkei

    Freilassung von Hizbullah-Aktivisten in die Türkei
    Tauziehen zwischen Justiz und Regierung

    Die umstrittene Entscheidung, zehn Mitglieder der türkischen Hizbullah aus der Haft zu entlassen, hat den schwelenden Konflikt zwischen der Regierung und der Justiz neu angeheizt, wie Ayşe Karabat aus Ankara berichtet.

    (…)

  • Frauenfrühstück in Kerpen

    Frauenfrühstück in Kerpen

    Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kerpen lädt ein:

    FRAUENFRÜHSTÜCK am15.3.2011 unter dem Motto:

    100. Internationaler Frauentag – Frauen bauen Brücken
    Datum:    15.03.2011
    Uhrzeit:    von 09:30 bis 12:30 Uhr
    Ortschaft:    Kerpen
    Veranstaltungsort:    Jahnhalle, Alte Landstraße, 50171 Kerpen
    Geboten wird ein üppiges Buffet mit Spezialitäten aus vielen Ländern mit einem Rahmenprogramm. Im Vordergrund stehen die Gespräche zwischen Frauen unterschiedlicher Nationalitäten.

  • Murat Çakır Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?

    Murat Çakır Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?

    Murat Çakır
    Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?
    Einige Gedanken über das neue Ägypten nach Mubarak
    16. Februar 2011
    Nach 1989 ist es wohl das zweite Mal, in der die Zeit in einem solch rasanten Tempo voranschreitet. Wenn Massen in Bewegung geraten, scheint es so, als ob die Welt aus ihren Fugen geraten ist. Nachrichten veralten in Minutentakt. Analysen und Kommentare sind schon überholt, noch ehe sie gedruckt werden können.
    Genau daran musste ich denken, als ich meine Gedanken über die Ereignisse nach dem Flucht Hüsnü Mubaraks aus Kairo niederschreiben wollte. Agenturen meldeten schon seinen Rücktritt. In den Fernsehnachrichten wurden Liveaufnahmen von Menschen gezeigt, die auf dem Tahrir Platz, welcher zu einem Ehrenmonument des ägyptischen Volkes geworden war, sangen und feierten. Von den Ereignissen überwältigte JournalistInnen kommentierten enthusiastisch die Bilder: »Das ägyptische Volk hat das Regime niedergerissen«.
    Ohne Zweifel ist der Abgang eines weiteren Despoten im arabischen Raum ein Grund zur Freude. Die Siegesfreude der Millionen ist allzu berechtigt. Jedoch ist auch die Frage berechtigt, ob das Regime wirklich »niedergerissen« wurde und wie das neue Ägypten nach Mubarak nun aussehen wird. Denn wohin die Reise geht, ist noch offen.
    Die Entwicklung in Ägypten wird den gesamten Nahen Osten verändern – darin sind sich wohl alle Nahost – ExpertInnen einig. Festzustellen ist zuerst, dass für die Völker im Nahen Osten eine psychologische Hemmschwelle überwunden ist, welches quasi eine Ewigkeitsklausel für die arabischen Herrscher markierte. Die Proteste z.B. in Jemen, Jordanien oder Algerien zeigen, dass sich die arabischen Herrscher ihrer Sache nicht mehr ganz sicher sein können und diese Entwicklung für die übrigen Länder der Region nicht ohne Wirkung bleiben wird.
    Genau diese Tatsache ist aber m. E. der Grund dafür, dass der weitere Prozess in Ägypten ab sofort nicht alleine von den inneren Dynamiken, sondern vor allem von den Einflüssen der internationalen Politik wesentlich bestimmt sein wird. Wie die Bevölkerungsmassen und die noch nicht gefestigte Opposition darauf reagieren werden, steht noch nicht fest. Dennoch lohnt sich, jetzt eine Zwischenbilanz zu ziehen.
    Ein grandioser Sieg der Spontaneität
    Das ägyptische Volk ist für seinen Sieg über Mubarak zu beglückwünschen. Chapeau! In den Ereignissen der letzten Wochen hat die arabische Welt eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Bevölkerungsmassen, denen im Westen allzu gern die Demokratiefähigkeit abgesprochen und im sarrazinischen Manier ein Hang zum Fundamentalismus bescheinigt wird, ohne Gewaltanwendung, friedlich und ohne die Unterstützung westlicher Regierungen, langjährige Tyrannen binnen kurzer Zeit entthronen können. Mit ihren, in der arabischen Welt selten beobachteten Beharrungsvermögen hat die ägyptische Bevölkerung einen Präzedenzfall geschaffen, der für den gesamten Nahen Osten ein Vorbild und Aufbegehrungsmotivation sein wird.
    Der ägyptische Aufstand hat m. M. n. zudem zwei Krisen zu Tage gefördert, die für die Deutung des weiteren Prozessverlaufs von Bedeutung sind: die Hegemoniekrise des Westens und die Einflusskrise des politischen Islams. Zahlreiche Kommentare von DemonstrantInnen auf dem Tahrir Platz und anderen Orten belegen das erstere: »Der Westen soll sich nicht einmischen. Es reicht, wenn sie Mubarak und anderen Despoten die Unterstützung verweigern« war überall zu hören. Ähnliches konnte man aus den Interviews mit ägyptischen Intellektuellen vernehmen. Die Tatsache, dass die USA und die europäischen Regierungen die tyrannischen Regime Jahrzehntelang unterstützt und gemästet haben, und den arabischen Völkern islamistische Tendenzen zusprachen, kann mit Solidarisierungserklärungen westlicher Staatsoberhäupter oder den Versprechungen, die Gelder aus den Konten der gestürzten Herrschern, die eh den Völker gehören, an sie zurückgeben zu wollen, nicht einfach aus dem Gedächtnis des Nahen Ostens getilgt werden. Der Westen hat seine Chance verpasst, wie der ägyptische Politikwissenschaftler Amr Hamzawy am 10. Februar 2011 in der taz betonte.
    Eine Studie des Brookings Institute vom August 2010 belegt, wie sehr die Bevölkerungen in den arabischen Ländern dem Westen misstrauen. Laut dieser Studie sollen rund 88 Prozent der befragten Personen Israel und 77 Prozent die USA als eine Bedrohung für ihre Zukunft ansehen. Eine große Mehrheit (57 Prozent) seien zudem der Auffassung, dass eine mögliche nukleare Bewaffnung Irans ein Sicherheitsschirm gegen die aggressive US-Politik bedeuten könnte. (Quelle: Noam Chomsky, http://zcommunikations.org) Selbst wenn der Westen alte und neue Autokraten, Diktaturen und Monarchien nicht weiter unterstützt, wird ihre von Wirtschaftsinteressen geleitete Politik die Sympathien der arabischen Bevölkerung nicht wieder erlangen können.
    Entgegen den im Westen geäußerten Befürchtungen konnten islamistische Kräfte keinen Boden gewinnen. Sowohl in Tunesien, als auch in Ägypten, wo die Organisation der Muslimbrüder sich erst am dritten Tag und sehr zögerlich zu den Demonstrationen gesellte, war eine »Islamisierung« der Bewegung nicht möglich. Im Gegenteil; die überwiegende Mehrheit lehnte es ab, von islamistischen Kräften geführt zu werden. Koptische ChristInnen und MuslimInnen standen Schulter an Schulter und bewiesen so, dass der Anschlag auf die koptische Kirche in der Silvesternacht keine Zustimmung in der Mehrheitsbevölkerung findet.
    Gerade die Muslimbrüder, die es versäumt haben, sich um die sozialen Probleme der Menschen zu kümmern, bekamen von der Bevölkerung die Rechnung dafür präsentiert. Die ägyptische Öffentlichkeit hatte nicht vergessen, dass die Muslimbrüder, während sie die Korruption, Armut und prekäre Arbeitsverhältnisse nicht ein einziges Mal öffentlich anprangerten, gleichzeitig den seit 2007 in den Bereichen der Post, Finanz- und Textilwirtschaft entstandenen ArbeiterInnenbewegung und ihren Streiks stets die kalte Schulter gezeigt haben. Meines Erachtens ist das der eigentliche Grund dafür, weshalb sie trotz ihrer organisierten Anhängerschaft keinen Führungsanspruch stellen wollten bzw. konnten. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass der politische Islam, der in Ägypten die sozialen Forderungen der Bevölkerung nicht angemessen vertrat und sich damit begnügte, im eigenen Milieu neue Mittelschichten zu produzieren, sich entzaubert hat und es nicht einfach haben wird, im weiteren Prozess ihren Einfluss zu erhöhen. Dies ist im Übrigen auch der beste Beweis dafür, dass mit der einfachen Aussicht auf demokratische Freiheiten, sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung jede antidemokratische, autoritäre und fundamentalistische Bewegung von der Bevölkerung selbst in seine Schranken verwiesen werden kann.
    Aus den Ereignissen in Ägypten lassen sich auch Erkenntnisse über die Spontaneität von Massenbewegungen gewinnen. Selbst aus einer fernen Betrachtung werden die Stärken und Schwächen der Bewegung deutlich. Glaubt man der Berichterstattung unterschiedlicher Quellen, waren vor allem unorganisierte, gut ausgebildete und nach demokratischen Freiheiten hungrige junge Menschen der Motor der Veränderungen. So wie es aussieht, sind das junge AraberInnen, die die neuen Kommunikationstechnologien bestens nutzen können, diese als Instrument der Organisation von Demonstrationen einsetzen, mindestens eine Fremdsprache sprechen und die Entwicklungen weltweit verfolgen. Ihr Freiheitsdrang und die Suche nach Auswegen aus der Perspektivlosigkeit wurden mit den Bildern aus Tunesien schlagartig zum Katalysator für ihr öffentliches Aufbegehren. So motivierten und ermutigten sie die ägyptischen Mittelschichten und ArbeiterInnen, mit denen die Protestbewegung eine ungeahnte Dynamik gewann.
    Dem gegenüber konnten die, vom Regime Jahrelang in Schach gehaltenen Oppositionskräfte, besonders die marginale ägyptische Linke, die schwache Gewerkschaftsbewegung, aber auch die starken Muslimbrüder, die Führung der Bewegung nicht übernehmen. Das gilt übrigens auch für die Vertreter der bürgerlichen Kräfte wie Muhammed El Baradei oder dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Musa. Obwohl die letztgenannten international bekannt sind und auch in der ägyptischen Öffentlichkeit durchaus geschätzt werden, konnten sie sich nicht an die Spitze der Bewegung setzen. Aber auch die Jugendbewegung 6. April, die 2008 als Solidarisierungsaktion mit den TextilarbeiterInnen in Mahalla El Kubra gegründet wurde und die 2004 von unterschiedlichen Gruppen gegründete Kefaye (»Es reicht«) Bewegung konnten, obwohl sie von Anfang an auf den Straßen waren, die Massen nicht kontrollieren.
    Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in der ägyptischen Öffentlichkeit gegen die »Jugendbewegung 6. April« und »Kefaye Bewegung« Beschuldigungen laut geworden sind, mit denen ihnen Zusammenarbeit mit US-Behörden vorgeworfen werden. Der türkische Kolumnist Ahmet Kaplan, ein Kenner Ägyptens, wies in diesem Zusammenhang auf die Wikileaks-Veröffentlichungen hin. ) Laut Kaplan sollen die Führungspersönlichkeiten des »6. April« engen Kontakt zum US-Botschafter in Kairo unterhalten. Seit ihrer Gründung in 2008 gäbe es Unterstützung des US-Außenministeriums. Ihre Teilnahme an dem Alliance of Youth Movements und die Ausbildung ihrer AktivistInnen durch das CIA-Institut Freedom House wären seit langem bekannt. Kaplan zu Folge würde die Website des »6. April« über Alliance of Youth Movements von der US-Administration finanziert.
    Auch die »Kefaye Bewegung« würde auf US-Unterstützung zählen. So bekämen sie von Peter Ackermann, eine Führungspersönlichkeit im Counsil of Foreign Relations und des CATO-Instituts, große Unterstützung. Laut eines Bericht des Freedom House ) nahmen mehrere NGO-AktivistInnen aus Ägypten an Seminaren mit hochrangigen US-amerikanischen und europäischen Persönlichkeiten teil. Gespräche habe es auch mit den damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice und anderen Regierungsbeamten gegeben, die den AktivistInnen finanzielle Hilfen zugesagt hätten. (Quelle: http://sendika.org)
    Dass in der Bevölkerung diese Organisationen misstrauisch beobachtet werden, hat wohl seine guten Gründe.
    Letztendlich kann der Sturz Mubaraks als ein grandioser Sieg der Spontaneität bezeichnet werden. Aber, das was alle zusammengehalten hatte, war eben diese Forderung nach dem Rücktritt des Präsidenten. Jetzt, wo diese Forderung erfüllt worden ist, wird der »Kitt«, der die Bewegung zusammen hielt, nun spröde und verliert an Kraft. Das Fehlen einer von der Mehrheit akzeptierten Führungsfigur bzw. einer politischen Formation, die mit weitergehenden Forderungen die »Lokomotive« der Bewegung sein könnte, offenbart die Schwäche der Bewegung. Und das wiederum stärkt die Armeeführung, die jetzt alleine an den Schalthebeln der Macht Platz genommen hat. Denn die Armee ist die einzige Kraft, die innerhalb der Bevölkerung und in allen gesellschaftlichen Schichten ein großes Maß an Vertrauen genießt – mit einer Einschränkung: Noch!
    Der Bock wird zum Gärtner…
    Nach dem Rücktritt des Präsidenten ist die gesamte Macht im Staate, über den Hohen Militärrat in die Hände der ägyptischen Generalität gegangen. Als erstes hat der Militärrat die Verfassung außer Kraft gesetzt und das Parlament aufgelöst. In den ersten Kommuniqués wurde mitgeteilt, dass innerhalb von sechs Monaten »freie und demokratische Wahlen« stattfinden werden und Ägypten sich weiterhin allen »regionalen wie internationalen Verträgen verpflichtet fühlt«. Auch eine Kommission zur Veränderung der Verfassung sei eingesetzt, wobei ein Zeitrahmen dafür nicht genannt wurde.
    Diese Erklärungen und die Aussicht, dass der dreißigjährige Ausnahmezustand aufgehoben werden könnte, scheint die Mehrheit der Bevölkerung fürs erste beruhigt zu haben. Ob aber die Armeeführung eine vollständige Änderung des politischen Systems will und die Macht einer, wie auch gearteten zivilen Regierung gänzlich geben wird, halte ich für unwahrscheinlich. Ein kurzer Blick in die Strukturen der Armee belegt dies.
    Während die Internetseite http://wapedia/mobi.de die ägyptischen Streitkräfte mit 450.000 aktiven Soldaten und rund 250.000 paramilitärischen Einheiten als elftstärkste Armee der Welt bezeichnet, geht Prof. Dr. Dietmar Herz (Uni Erfurt) davon aus, dass knapp 1 Million Soldaten unter Waffen stehen. (FAZ vom 12. Februar 2011). Das Militärbudget beträgt 2,4 Milliarden US-Dollar. Diese gewaltige Militärmaschinerie steht unter den Befehlen des Generalfeldmarschalls Muhammed Hussein Tantawi Suleyman und des Stabchefs Sami Hafez Enan.
    Die ägyptische Armee, vornehmlich als »Staat im Staate« bezeichnet, unterhält enge Kontakte zur USA, der EU und zur NATO. Die ägyptischen Streitkräfte sind – genau wie die tunesische Armee – seit 1994 Mitglied des NATO-Programms »Mittelmeer Dialog«. (siehe: Gleichzeitig ist Ägypten Teil der Mittelmeer Union der EU. (siehe: Beide Programme haben viele gleichlautende Ziele: »Zusammenarbeit für den Frieden, Offiziersausbildung, Rüstungskontrolle, Zusammenarbeit der Dienste« und natürlich »Kampf gegen den Terrorismus«. Wie dieser »Kampf« inzwischen aussieht, braucht wohl hier nicht ausgeführt zu werden.
    Für die am 13. Juli 2008 in Paris gegründete Mittelmeer Union der EU spielen zudem das 450 Milliarden Euro schwere »Desertec-Projekt« ) mit dem rund 15 Prozent des jährlichen Strombedarfs Europas gedeckt werden soll und die Kontrolle der illegalen Migrationsströme eine wesentliche Rolle.
    Die Armeeführung, die bis in die letzten Tage die wichtigste Stütze von Hüsnü Mubarak war, gilt auch als Garant des Camp-David-Friedensvertrages von 1978. Seither bestehen zum Pentagon enge Kontakte. Noch vor einer Woche hatte der US-Außenminister Robert Gates erklärt, dass die US-Administration vom Befehlshaber der ägyptischen Armee und stellv. Ministerpräsident Tantawi Suleyman minutiös über die Entwicklungen informiert werde. Dass dabei die jährlichen Transferleistungen der USA von über 1,3 Milliarden US-Dollar an die ägyptische Armee eine gewichtige Rolle spielen, sagen nicht nur die gehässigen Mäuler.
    Genau wie die türkische Generalität ist die ägyptische Armeeführung, mit ihren weitgehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Privilegien zu uniformierten Kapitalisten mutiert. Die ägyptischen Generäle profitieren über zahlreiche Firmen in vielen Wirtschaftszweigen von den Segnungen des kapitalistischen Wirtschaftens. Die politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Privilegien der Armeeführung sind immense Pfründe, auf die sie keineswegs verzichten werden. (Unter dem Titel »Die ägyptische Armee AG« hat Welt am Sonntag einen ausführlichen und eindrucksvollen Bericht über das Wirtschaftsimperium der Generalität veröffentlicht. Dieser Bericht zeigt, welche Interessen für die Armeeführung von höchster Priorität sind und keineswegs diese einer Demokratie opfern würden: https://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article12524461/Die-aegyptische-Armee-AG.html
    Dass die Armeeführung ihren verfassungsmäßigen Oberbefehlshaber Mubarak fallen ließ und gegenüber der protestierenden Massen nicht mit Gewalt vorgegangen ist, hat m. M. n. zwei wichtige Gründe: Zum einen war Mubarak nicht mehr zu halten. Ihn zu stützen hätte bedeutet, dass sie alle Sympathien in der Bevölkerung verspielen würden. Dann wären mit Mubaraks Abgang auch ihre Privilegien gefährdet. Zum anderen ist die ägyptische Armee eine Armee von Wehrpflichtigen. Die Wehrpflicht dauert, je nach Ausbildungssituation der Wehrpflichtigen, 12 bis 36 Monate. Soldaten und Unteroffiziere auf Zeit spiegeln die Gesellschaft wieder. Viele von ihnen haben Verwandte und Freunde unter den DemonstrantInnen. Hätten die Generäle ihnen gewaltsames Vorgehen befehligt, dann hätten sie riskieren müssen, dass Teile der Armee zu den DemonstrantInnen überlaufen wären.
    Jetzt aber können sich die Generäle als Vollstrecker des Volkswillens präsentieren. Mit Zugeständnissen, die im Grunde genommen ihre starke Position nicht tangieren, und kurzfristigen Maßnahmen, wie die Herabsetzung der Preise für die Grundnahrungsmittel oder Erhöhung der Löhne der staatlichen Angestellten (siehe: Junge Welt vom 14. Februar 2011) haben sie zusätzliches »Kredit« bei der Bevölkerung erkaufen können. Die Tatsache, dass die wenigen DemonstrantInnen, die schnelle und weitergehende demokratische Schritte von Hohen Militärrat forderten, von vielen Passanten zur Räumung des, inzwischen für den Verkehr wiedereröffneten Tahrir Platzes aufgefordert wurden, zeigt, dass sich die Protestbewegung längst auseinander zu dividieren begonnen hat.
    Der Hohe Militärrat, eigentlich nichts anderes als eine Junta, hat jetzt die Legitimität ggf. hart durchzugreifen – sie hat auch alle Mittel dazu. Den hunderttausenden Soldaten unter Waffen kommt noch ein Millionenheer von Angehörigen und Ehemaligen, die ökonomisch von der Armee abhängig sind. (Dietmar Herz) – die Mitglieder der Sicherheitskräfte sowie die Anhänger des Regimes nicht mitgezählt. Deshalb ist Dietmar Herz zuzustimmen, wenn er, wenn es hart auf hart kommt, den DemonstrantInnen, die mehr an Demokratie fordern, gegen die Phalanx der staatstragenden Kräfte keine Chance einräumt.
    Was demnächst folgen wird, ist abzusehen. Die oppositionellen Kräfte werden kaum in der Lage sein, innerhalb der nächsten sechs Monate landesweit und flächendeckend sich auf die Parlamentswahlen vorzubereiten. Die historischen Erfahrungen zeigen: je kurzfristiger Wahlen anberaumt werden, desto mehr nutzen sie den alten Regimeeliten. (Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Berlin) In den Nachrichten kann man schon jetzt nachlesen, wie die früheren Kader des Regimes sich für höchste Ämter bereit machen. So meldet beispielsweise die Tagesschau am 14. Februar 2011, dass sich der ehemalige Vize-Außenminister Abdullah al-Aschal, der sich einst mit Mubarak überworfen hatte, als Kandidat für die Präsidentschaftswahl empfiehlt. Auch Amr Musa, der zwischen 1991 und 2001 Mubaraks Außenminister war oder der ehemalige Ministerpräsident Kemal al-Ganzuri stünden für die Kandidatur bereit.
    Ob bei den nächsten Wahlen eines der ehemaligen Kader des Regimes oder ein neuer, vielleicht unverbrauchter Name als Präsident gewählt werden kann, ist jetzt nicht vorauszusagen. Aber, dass die Armeeführung die sog. »Übergangsphase« ganz im Sinne der USA, der EU und der NATO zur Verfestigung ihrer Machtstellung nutzen und nur kosmetische Korrekturen am Regime zulassen wird, scheint mehr als sicher zu sein. Die zentrale Frage ist, ob sich dagegen eine Protestbewegung formieren kann, welcher nahezu die gleiche Kraft aufbringen vermag, wie vorher gegen Mubarak.
    Vorbild Türkei?
    In den zahlreichen Kommentaren europäischer Zeitungen war in den letzten Tagen immer wieder zu lesen, dass womöglich die Türkei für Ägypten und die anderen arabischen Staaten »ein Vorbild« sein könnte. Sogar im kritischen Neuen Deutschland wurde ein Artikel veröffentlicht (Jürgen Gottschlich, 4. Februar 2011), der das Modell der Türkei als »goldenen Mittelweg« bezeichnete.
    Jürgen Gottschlich beruft sich dabei auf eine Studie der liberalen Stiftung TESEV (Stiftung für wirtschaftliche und soziale Forschungen), die im September 2010 in Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Libanon, Syrien und Irak rund 2.500 Menschen befragt hat. So sei die Türkei, »eine echte Inspiration für den Nahen Osten (…) nach dem die islamisch grundierte AKP 2002 an die Macht kam«. Nach der scharfen Rhetorik des AKP-Regierungschefs Erdogan seien »seine Popularitätswerte in der arabischen Bevölkerung erst recht in die Höhe geschossen«. Zitiert wird auch Prof. Fadi Huruka aus London, demzufolge es aufgrund zahlreicher arabischen Istanbul-Touristen und den türkischen Seifenopern in arabischen Fernsehsendern nahe liegt, dass »sich viele Araber durch die Türkei inspirieren lassen«.
    Nun, ob der Istanbul-Tourismus arabischer Mittelschichten oder türkische Seifenoper der Grund für diese »Inspiration« sein können, kann ich nicht sagen. Aber die scheinbare Konfrontation Erdogans gegen die israelische Regierung könnte, besonders für die Unterschichten, eine wesentliche Rolle gespielt haben. Ohne Frage, bei einer oberflächlichen Betrachtung aus den Metropolen des Nahen Ostens wird ein Türkei-Bild gesehen, in der die laizistisch-kemalistischen Kräfte zurückgedrängt werden, dem gegenüber konservativ-islamische Kreise über demokratische (!) Wahlen Parlamentsmehrheiten erringen und ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5 Prozent notiert wird. Islam und Demokratie, Wohlstand und Freiheiten auf einem goldenen Tablett, könnte man sagen.
    Aber das ist das Problem mit der oberflächlichen Betrachtung: man sieht nur aus einer unscharfen Perspektive. So wird auch deshalb nicht deutlich, dass Erdogan trotz seiner scharfen, öffentlich inszenierten Kritik an der israelischen Regierung weiterhin an der strategischen Partnerschaft mit dem Staate Israel und der militärischen sowie rüstungspolitischen Zusammenarbeit festhält. Es wird nicht deutlich vernommen, dass die AKP-Regierung mit ihrer neoliberalen Politik weite Teile der Bevölkerung in die Armut und das Land in die Fänge der internationalen Finanzmärkte gestürzt hat und gleichzeitig in neoosmanischer Manier, imperialen Gelüsten nacheifert. (siehe: http://murat-cakir.blogspot.com/2010/07/die-imperialen-geluste-der-neo-osmanen.html)
    Die oberflächliche Betrachtung verdeckt vor allem die Tatsache, dass das »Modelland Türkei« seit 30 Jahren einen schmutzigen Krieg gegen die eigene kurdische Bevölkerung führt und trotz kosmetischen Veränderungen im Rahmen des sog. »Heranführungsprozesses an die EU« sich nichts daran geändert hat, dass antidemokratische Maßnahmen, polizeistaatliche Übergriffe, massive Menschenrechtsverletzungen, tausendfache politische Inhaftierungen und Folter immer noch auf der Tagesordnung stehen. (Dabei bräuchte man nur die zahlreichen Urteilbegründungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Türkei zu lesen). Und man sieht nicht, dass die Türkei innerhalb ihrer Grenzen längst in zwei, von einander politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell völlig unterschiedliche Länder gespalten ist.
    Wenn jene, die sich gerne von der Türkei inspirieren lassen wollen, sich bemühen würden, in die Landesteile östlich des Euphrats zu schauen, dann würden sie ein Land sehen, in der die Bevölkerung verarmt ist, rund 80 Prozent Arbeitslosigkeit die Menschen verzweifeln lässt, die vom Militarismus traumatisiert sind und in der der Ausnahmezustand eine Normalität ist. Vom Euphrat aus beginnt die verbrannte Erde. Hätten sie Zeit, die oppositionellen Medien zu durchstöbern, würden sie die Fotos von den Überresten der Menschen sehen (laut Menschenrechtsstiftung der Türkei 17.000 an der Zahl), die in den letzen Jahren von paramilitärischen Einheiten und den Sicherheitskräften exekutiert und erst vor kurzem aus Massengräbern herausgeholt wurden. Ein genauer Blick in die Türkei würde ihnen deutlich machen, dass die »vorbildhafte« Souveränität der Türkei eine eingeschränkte und von Gnaden des Westen abhängige ist und die militärischen oder bürokratischen Eliten der Türkei, jenen aus dem Nahen Osten in keiner Weise nachstehen. Wahrscheinlich wäre dann zu erkennen, dass nicht die »islamisch grundierte« neoliberale AKP-Regierung, sondern vielmehr die kurdische Befreiungsbewegung mit ihren demokratischen Rätestrukturen, praktizierten Geschlechterdemokratie und vom kurdischen Volk selbst geschaffenen Freiheitsräumen ein Modell sein könnte.
    Es ist m. M. n. keineswegs so, dass der Vorschlag, man solle die Türkei als Vorbild nehmen, nur ein naives Gedankenspiel ist. Im Gegenteil; den westlichen Regierungen liegt viel daran, warum die Völker den »goldenen Mittelweg« der Türkei einschlagen sollten. Zum einen ist den Westen das Misstrauen der arabischen Welt ihr gegenüber nicht unbekannt. Zum anderen ist die Türkei, als ein westlich orientierter, islamisch geprägtes Land, das ein sicherer Energieumschlagplatz geworden ist und über eine schlagkräftige Armee verfügt, ein wichtiger politischer und geostrategischer Partner – Ein NATO-Mitglied, auf deren Territorium Nuklearwaffen der USA stationiert sind, dessen sich islamisch gebende Regierung und die israelische Regierung im scheinbaren Clinch stehen, eben ein Land, der ein Labor des Neoliberalismus und inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsstandort westlicher Konzerne geworden ist. Was liegt näher dran, eine solche Türkei, die für die weitere Einflussnahme des Westens von unschätzbarem Wert ist, als ein Vorbild für den Nahen Osten zu präsentieren?
    Die europäische Heuchelei
    Die Reaktion europäischer Regierungen auf die Ereignisse im Nahen Osten ist heuchlerisch. Während die Türkei, der man eigentlich die »Europareife« nicht bescheinigen will, als Vorbild angepriesen wird, achtet man penibel darauf, den Konflikt zwischen den türkischen und israelischen Regierungen nicht zu nennen. Gleichzeitig stellen sich jene PolitikerInnen, die immer zu sozialstaatliche Errungenschaften in Europa als »sozialistische Pranger der Wirtschaft« diskreditieren, nun als willige Unterstützer von »Revolutionen« dar. Zwar wirkt die Revolutionsrhetorik gerade aus den Mündern der neoliberalen Eliten Europas mehr als lächerlich, aber das hat m. E. ein höheres Ziel: das ständige herbeireden von einer Revolution ist nur der plumpe Versuch die eigentliche Revolution, nämlich wirklich demokratische und souveräne Regierungen, die das Selbstbestimmungsrecht ihrer Bevölkerungen achten und von Westen unabhängig agieren können, zu verhindern.
    Es dürfte nicht falsch sein, zu behaupten, dass sowohl die USA als auch die EU-Regierungen auf das Ausmaß der Aufstände unvorbereitet waren und überrascht worden sind. Anders ist deren zögerliche Haltung zu Beginn der Aufstände nicht zu erklären. Aber immerhin, sie haben sich schnell gefasst: nur eine halbe Stunde nach dem Rücktritt Mubaraks stand die deutsche Kanzlerin vor den Fernsehkameras und erklärte die »Solidarität der Bundesregierung mit dem ägyptischen Volk«, der sie die »Unterstützung Deutschlands« zusicherte. Sie vergaß aber nicht darauf hinzuweisen, dass die »Übergangsregierung sich unbedingt an den Friedensvertrag mit Israel halten müsse«. Ähnliche Statements folgten aus den anderen NATO-Hauptstädten. Es war allzu offensichtlich, dass die »Paten« der Diktaturen und der »Mafia-Regime« sich nun anstellten, für einen »Übergang« in ihrem Sinne zu sorgen und den weiteren Prozess in Ägypten mitzubestimmen.
    Knut Mellenthin, der der Auffassung ist, dass wir in den arabischen Staaten einen Rückgriff auf die Doktrin der »eingeschränkter Souveränität« erleben werden, stellte am 11. Februar 2011 in der Jungen Welt diesbezüglich die Frage, »ob es Ägypten erlaubt werden darf, seine bisherige außenpolitische Orientierung zu überprüfen und auf demokratischer Grundlage neu zu bestimmen«. In seinem Artikel fragt er weiterhin: »Dürfen die Ägypter eine Regierung bilden, an der Kräfte beteiligt sind, die dem Westen und ihrem nördlichen Nachbarn Israel gegenüber weniger devot eingestellt sind als das Mubarak-Regime, das seit 1981 mit terroristischen Mitteln jede Opposition unterdrückt hat? Oder würde der Westen eine solche Regierung ähnlich behandeln, nämlich brutal isolieren und aushungern, wie er es mit jener getan hat, die im Januar 2006 aus den Wahlen in den Palästinensergebieten hervorging? Würden die USA gar ihren Sturz inszenieren, wie sie es 1953 im Iran und 1973 in Chile getan oder 1961 in Kuba vergeblich versucht haben?«
    Nun mag man Mellenthin oder die Junge Welt als Linksradikalinski bezeichnen oder ihnen das Widerholen von »überholten antiimperialistischen Phrasen aus dem 20. Jahrhundert« vorwerfen – wozu mache Linke in Deutschland ja allzu schnell bereit sind – oder sagen, dass der heutige Nahe Osten weder mit dem Iran der 1950er Jahre noch mit Chile zu vergleichen ist. Das letztere stimmt sicher, dennoch ist es notwendig, über diese Fragen, die eine linke Antwort bedürfen, nachzudenken. Selbst wenn die europäische Linke den Begriff »imperialistische Interessenpolitik« ad acta legen will, so ist sie doch gehalten, die Jahrzehntelange Nahost-Politik des Westens nachvollziehbar zu erklären.
    Ich bin der Auffassung, dass aus linker Sicht notwendig ist, die Ereignisse im Nahen Osten so zu deuten, so dass daraus neue Erkenntnisse für das politische Handeln gewonnen werden können. »Zu sagen, was ist«, ist keineswegs eine theoretische Selbstbeschäftigung oder wie von Robert Misik belächelte »scharfe Fürsprache des Radikalismus«. In diesem Zusammenhang schreibt Misik: »Um die klassische und wunderbare Formel von Michel Foucault zu gebrauchen: Die Bürger erheben sich, weil sie so nicht mehr regiert werden wollen. That’s it. So einfach und doch so fundamental. Ob wir das jetzt Revolution nennen oder nicht, ist dem historischen Prozess schnurzegal. Aber vielleicht sollten wir es bedenken: Es sieht aus wie eine Revolution, es riecht wie eine Revolution. Es wird wohl eine Revolution sein.« (Der Freitag vom 11. Februar 2011)
    Wegen meines Einwandes auf Dyab Abou Jahjahs Feststellung (http://murat-cakir.blogspot.com/2011/01/tunesien-eine-echte-revolution.html), dass der Aufstand in Tunesien »eine echte Revolution« sei, wurde ich von manchen Genossen aus Deutschland und der Türkei getadelt. Aber, die rasanten Entwicklungen in der arabischen Welt versuchen zu deuten und mit dem Begriff »Revolution« vorsichtig umzugehen, ist kein Beharren auf irgendwelche »doktrinären Vorstellungen von der Revolution«, ein »Luxus der idealen Welt« von Theoretikern – ich bin noch nicht mal Akademiker, geschweige denn ein Theoretiker. Es ist eher ein Nachfragen, ein Versuch zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen für die eigene politische Bewertung zu ziehen.
    »Luxus« wäre, wenn wir aus der Bequemlichkeit unserer privilegierten Geographie heraus meinen, »die Araber hätten gerne unsere Probleme« und vergessen würden, dass die Aufrechterhaltung der vermeintlichen Freiheiten, des Wohlstands und der bürgerlichen Demokratien des Westens für den Nahen Osten und anderswo in der Welt Diktaturen, tyrannische Regime, Krieg, Zensur und Massenmord produziert hat. »Luxus« ist, mit eurozentristischer Brille über den »unzeitgemäßen Imperialismusbegriff« oder über die »Friedenspotentiale des Kapitalismus« zu sinnieren, während Bomben auf Menschen fallen.
    Natürlich wollen die TunesierInnen und ÄgypterInnen oder andere, eine Gesellschaft haben wie unsere, »mit intakten Institutionen, mit Parlament und unabhängigen Gerichten und freier Presse«. (Robert Misik) Und wie gerne hätten sie sich mit unseren Problemen herumgeschlagen. Wer würde es ihnen verdenken können, angesichts der rund 1 Milliarde Menschen, die am Tag mit einem Euro oder weniger auskommen müssen oder der Kinder, die alle 6 Sekunden wegen den Folgen des Kriegs, der Armut, Krankheiten oder ökologischen Katastrophen einfach wegsterben? Die tunesischen Bootsflüchtlinge auf Lampedusa haben ja nicht aus Jux und Tollerei ihre Heimat verlassen. Wenn man bedenkt, wie sie inzwischen von den EU-PolitikerInnen behandelt werden, wäre es interessant zu erfahren, was sie jetzt über die Werte europäischer Demokratien, wie Menschenrechte, Gleichberechtigung und Gleichheit – für deren »Durchsetzung« sich Europa überall an Kriegen beteiligt – denken. Ausmalen könnten wir uns das, oder?
    In Tunesien und Ägypten haben sich die Menschen erhoben, weil sie nicht mehr gewillt sind, so wie bisher zu leben und unterjocht zu werden. Ob sie ihrem Protest weiter Luft verschaffen und für weitergehende Forderungen auf die Straße gehen wollen, wird von ihren Entscheidungen abhängen. Unsere Aufgabe kann nur sein, sie dabei zu unterstützen und zu versuchen, die »Weiter-So-Politik« unserer Regierungen zu verhindern. Was ja eigentlich die ureigene Aufgabe der europäischen Gesellschaften ist.
    Aber wenn wir meinen, dass das, was bisher erreicht worden ist, eine »Revolution« sei und paternalistisch wie wir im Westen so sind, den Völkern im Nahen Osten einreden, die bürgerlichen Demokratien nach europäischem Vorbild würden all ihre Probleme lösen, dann erweisen wir ihnen einen Bärendienst. Damit würden wir nur dazu beitragen, dass sich die gegenwärtigen Machtverhältnisse – von denen ja wir überzeugt sind, dass sie nicht gut für diese Länder sind –, selbst bei der Durchführung demokratischer Wahlen wieder festigen würden.
    Schlussfolgerungen für europäische Linke
    Jetzt gilt es, alle relevanten Gruppen der Opposition in Ägypten darin zu unterstützen, dass sie gegenüber der Militärjunta nicht schutzlos bleiben. Für sie wird es schwer sein, eine Dauermobilisierung gegen die militärischen Machthaber zu organisieren. Die Verhältnisse in Ägypten erlauben derzeit nur einen auszuhandelnden Übergang, in der die gegenwärtigen Machthaber und die oppositionellen Kräfte gegenüber stehen werden. Gerade darum brauchen die oppositionellen Kräfte Zeit und Unterstützung, sich organisieren zu können. Und sie brauchen deutliche Signale der demokratischen Weltöffentlichkeit.
    Aus diesem Grund kann ich beispielsweise die stumme Haltung der deutschen Gewerkschaften nicht nachvollziehen. Die Militärs haben unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die derzeitigen Streiks für die Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen nicht dulden werden. Die Aufgabe der europäischen Gewerkschaftsbewegungen wäre hier und jetzt, zugunsten der streikenden ArbeiterInnen in Ägypten Partei zu ergreifen und einen öffentlichen Druck auf die eigenen Regierungen zu organisieren.
    Die gesellschaftliche wie politische Linke in Europa ist gehalten, ihre Solidarität mit den demokratischen Kräften Ägyptens mit einer klaren Absage an die bisherige Politik der EU-Regierungen, mit der sie den Nahen Osten als eine geostrategische Verfügungsmasse behandeln, zu manifestieren und für einen Politikwechsel in Europa zu kämpfen. Vorhandene parlamentarische und organisatorische Möglichkeiten müssen zur Unterstützung der Organisierung der oppositionellen Kräfte in Ägypten genutzt werden. Jede praktische Solidarität, jede Unterstützung der Opposition ist dringlich und wäre ein wichtiger Beitrag für die Demokratisierung des Landes. Für die Linke muss gelten, die Bekämpfung der Machtstrukturen in Ägypten als vordringlich zu sehen – selbst wenn dafür notwendig sein sollte, die Beteiligung von Teilen der alten Machthaber an einer neuen Regierung zu akzeptieren. Eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Demokratisierung wird womöglich noch Jahre andauern. Das Aufdecken der, von geostrategischen Vorteilen und Wirtschaftsinteressen geleitete Politik der EU-Eliten, die Aufklärung der europäischen Öffentlichkeit über wie wahren Ursachen der Probleme im Nahen Osten und eine praktizierte Solidarität auf gleicher Augenhöhe mit den demokratischen Kräften Ägyptens, ist das mindeste an Bringschuld der europäischen Linken.
    Und eine klare Positionierung in dem israelisch-palästinensischen Konflikt! Dass ohne die Unterstützung des Mubarak-Regimes die Repressions- und Besatzungspolitik der israelischen Regierungen, welche ja bekanntlich allen UN-Resolutionen und dem Völkerrecht widersprechen, so nicht möglich gewesen wäre, sagen nicht nur israelkritische Stimmen. Es wäre mühselig und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, hier darauf hinzuweisen, dass das Schicksal der palästinensischen Gebiete die zentrale Frage der Konflikte im Nahen Osten ist. Oder wie zigmal geschehen, die Tragödie der PalästinenserInnen zu beschreiben, denen das Recht auf freie Reise auf eigenem Grund und Boden verwehrt wird.
    Nein, die eigentliche Problematik liegt darin, dass die europäische Linke, die mit einem Lineal gezogenen Grenzen im Nahen Osten und das künstliche Produkt des Kapitalismus, die Nation und den Nationalstaat an sich als Gottgegeben hin nimmt. Müsste nicht die Linke, die ihre radikale, also an die Wurzel gehende und zugleich reale, also auf die Probleme im hier und jetzt orientierte Politik, stets aus der Perspektive der Schwächsten heraus formulieren? Darf dann eine solche linke Politik, monoethnisch bzw. monoreligiös ausgerichtete Nationalstaaten, die keinen Raum für ethnische und religiöse Minderheiten lassen, akzeptieren? Waren es nicht immer linke, die die Demokratie, als sich immer zu erneuernden Demokratisierungsprozess verstehend, daran gemessen haben, wie sozial, wie gerecht, wie emanzipatorisch sie aufgebaut und wie sie auf Frieden ausgerichtet ist? Wie kann dann die europäische Linke einen Staat, der den eigenen arabischen Staatsangehörigen die vollen BürgerInnenrechte verwehrt; aus religiöser Motivation heraus den Grund und Boden seiner Nachbarn zu israelischem Eigentum erklärt; nicht gewillt ist, UN-Resolutionen umzusetzen und sein nukleares Arsenal unter internationaler Kontrolle zu stellen; jegliche rechtsstaatliche Standards missachtend, gezielt »Staatsfeinde« exekutiert; Tausende ohne einen Gerichtsbeschluss inhaftiert; in den Besatzungsgebieten ein offenes Willkür- und Apartheidregime installiert hat und den Friedensvertrag mit Ägypten als ein reines strategisches Instrument seiner weiteren Militarisierung sieht, überhaupt als einen »demokratischen Staat« bezeichnen und für den Erhalt des, von westlichen Interessen diktierten Status quo sein?
    Wenn die europäische Linke, die deutsche Linke im Besonderen, glaubhaft bleiben will, muss sie sich vor allem an ihren eigenen Werten messen lassen: Geschwisterlichkeit, Gleichheit, Gerechtigkeit, freie und selbstbestimmte Entfaltung eines jeden Individuums und last but not least, ein Mehr an Demokratie. Und wer Antisemitismus, Judenfeindlichkeit, rassistische und religiös-fundamentalistische Bewegungen wirksam bekämpfen will, der muss sich für die sozial gerechte, gleichberechtigte und demokratische Teilhabe aller Menschen und für den Frieden einsetzen.
    Daher bin der Auffassung – und das ist meine These –, dass die Schlüsselfrage der Konflikte im Nahen Osten die Freiheit des palästinensischen Volkes ist. Der beste Garant für die Sicherheit in der Region wird eine demokratische Union (oder Konföderation oder wie es auch immer heißen mag) sein, in der jüdische wie palästinensische Bevölkerungsteile frei, gleichberechtigt und selbstbestimmend zusammenleben, die Wunden der Vergangenheit heilen und die gemeinsame, friedliche Zukunft gestalten können.
    Naiv? Unrealistisch? Wie naiv und unrealistisch müssen dann unter den gegebenen Verhältnissen unsere Vorstellungen von einem demokratischen Sozialismus sein! Im Gegenteil; erst aus dieser Perspektive sind wir in der Lage, die aktuellen sozialen Kämpfe zu führen und für reale Verbesserungen in den gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaften zu streiten. So lassen sich auch mit der Vorstellung eines demokratischen Nahen Ostens, kleinere, aber nicht unwichtigere Schritte in Richtung eines Friedens bewerkstelligen.
    Meines Erachtens gilt dieses auch für die aktuellen Bemühungen um die Demokratisierung Ägyptens. Es war bezeichnend, dass just an dem Donnerstagnacht, als Mubarak angekündigt hatte, nicht zurücktreten zu wollen, auf dem Tahrir Platz kaum jemand beachtet hat, dass die BewohnerInnen des Gaza Streifens wieder einmal Opfer von Bombardierungen der israelischen Armee wurden. Daher stellt sich m. M. n. heraus, dass solange die Protestbewegungen nationalstaatlich eingegrenzt bleiben und die Bewegungen sich der palästinensischen Frage nicht annehmen, solange die errungenen Freiheiten und demokratische Rechte keine echten Freiheiten und Rechte sein werden. Bei allem Respekt vor den Bewegungen in Tunesien und Ägypten, ist es eine Notwendigkeit hierauf hinzuweisen.
    Im übrigen: es wäre eine wahre Revolution, wenn das neue, demokratische Ägypten die Grenze zum Gaza Streifen öffnen und den BewohnerInnen des Gaza Streifens die gleichen Freizügigkeitsrechte, wie die der ägyptischen StaatsbürgerInnen gewähren würde. Ich bin mir sicher, dass dann die Verhältnisse in der ganzen Region beginnen würden, sich grundlegend zu verändern.

  • Zypern leidet unter Erdoğan

    Zypern leidet unter Erdoğan

    Simerini – Zypern
    Zypern leidet unter Erdoğan
    Die geplanten Kürzungen von Finanzhilfen der Türkei für den türkischen Teil Zyperns haben Ende Januar zu Großdemonstrationen im Nordteil der zyprischen Hauptstadt Nikosia geführt. Das wiederum hat den türkischen Premier Recep Tayyip Erdoğan erzürnt und das zeigt nach Ansicht der konservativen griechisch-zyprischen Tageszeitung Simerini das wahre Gesicht der Türkei: „Was in den besetzten Gebieten passiert oder passieren wird, schafft die geeigneten Bedingungen um uns an unsere EU-Partner und die internationale Gemeinschaft zu wenden. … Wir haben Beweise für die wahren Absichten der Türkei und ihre dunklen Pläne. Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt um all denjenigen, die sich angeblich so um die Rechte der Zyperntürken sorgen, zu sagen, wer die Täter und wer die Opfer auf Zypern sind. Wir sollten sie daran erinnern, dass … der gemeinsame Feind der Zyperngriechen und der Zyperntürken die türkischen Besatzer sind. … Die Türkei, ein Land auf dem Weg in die EU, darf nicht ungeschoren davonkommen.“ (15.02.2011)

    Quelle: Eurotopics
    Europäische Presseschau vom 16/02/2011

  • Die NRW-Polizei setzt verstärkt auf junge Leute mit Zuwanderungshintergrund

    Die NRW-Polizei setzt verstärkt auf junge Leute mit Zuwanderungshintergrund

    Die NRW-Polizei setzt verstärkt auf junge Leute mit Zuwanderungshintergrund. „Sie besitzen durch ihre Sprachkenntnisse und kulturellen Hintergründe besondere Kompetenzen. Das wird im täglichen Polizeidienst immer wichtiger“, sagte Innenminister Ralf Jäger heute (17.Februar) in Essen. Dort wurden 1.100 neue Polizeianwärterinnen und -anwärter – erstmalig in der neuen blauen Uniform – vereidigt; 124 von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Das sind mehr als 11 Prozent. „Der beste Weg zur Integration führt über Bildung. Diese 124 angehenden Polizistinnen und Polizisten sind Vorbilder dafür, dass jeder, unabhängig von seiner Herkunft, die Chance hat, erfolgreich zu sein“, bekräftigte der Minister. „Wir wollen den Anteil der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bei der Polizei weiter erhöhen und werben deshalb gezielt um sie.“

    Für den Einstellungsjahrgang 2010 hatten sich 7.100 junge Leute beworben. „Das zeigt, dass der Polizeiberuf nach wie vor interessant und begehrt ist. Aber es ist auch eine verantwortungsvolle Aufgabe und stellt hohe Anforderungen an jeden Einzelnen“, betonte der Innenminister und
    sagte an die Anwärterinnen und Anwärter gewandt: „Mit dem Eid verpflichten Sie sich dem Grundgesetz, der Verfassung des Landes NRW und damit den Menschen- und Freiheitsrechten.“ Der Schwur sei eine Versicherung gegenüber den Menschen, die Gesetze zu wahren und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben. Jäger wies darauf hin, dass die Bürgerinnen und Bürger von der Polizei Hilfe und Schutz, aber auch konsequentes Einschreiten erwarteten.

    Der Polizeinachwuchs hat im September 2010 sein dreijähriges Bachelor-Studium begonnen und wird nach Abschluss der Ausbildung im Wachdienst und den Ermittlungskommissariaten eingesetzt. „Wir wollen ab diesem Jahr die Zahl der Neueinsteiger auf 1.400 erhöhen, kündigte der Minister an. “ Mit unserem bundesweit einmaligen vorbildlichen Konzept erreichen wir eine kontinuierliche und nachhaltige Personalverjüngung.“

    Mehr Informationen zum Polizeiberuf gibt es im Internet unter www.polizei.nrw.de.

  • Vatikan: »Multikulti« ist gescheitert

    Vatikan: »Multikulti« ist gescheitert

    12.02.2011
    Vatikan: »Multikulti« ist gescheitert
    Dialog starker Identitäten gefordert
    Der Vatikan hat das als »Multikulti« bezeichnete Zusammenleben verschiedener Kulturen in westlichen Ländern für gescheitert erklärt. Damit liegt er auf einer Linie mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy.
    Rom/Paris (epd/AFP/ND). An Stelle des Multikulturalismus müsse »ein respektvoller Dialog starker kultureller Identitäten« treten, forderte der vatikanische Kulturminister, Kardinal Gianfranco Ravasi, laut einem Bericht der Mailänder Tageszeitung »Corriere della Sera« vom Freitag. Der Präsident des Päpstlichen Kulturrates kündigte in diesem Zusammenhang ein offizielles Vatikandokument an.
    Seit der Antike hätten Kulturen nebeneinander existiert, sagte der Kardinal. Vor allem in Großstädten habe das Zusammenleben jedoch mittlerweile zum Zusammenstoß unterschiedlicher Formen von Fundamentalismus geführt. »Man muss für Auseinandersetzungen sorgen, die nicht zum Zusammenstoß führen«, betonte Ravasi, der im Auftrag des Papstes bei hochkarätig besetzten Begegnungen an Universitäten das Gespräch mit Nichtgläubigen sucht.
    Der Kurienkardinal warnte vor einer »doppelten Krankheit« in Europa, die einerseits durch eine aggressiv vertretene Identität auch von Christen bedingt sei, andererseits von »kulturellem Synkretismus, Oberflächlichkeit, Banalität, Dummheit, mangelnder Moral, Farblosigkeit und einem herrschenden kulturellen Nebel«. »Multikulti« habe zu einem »Duell« um Vormacht geführt, so Ravasi. Die von ihm geforderte »Interkulturalität« verglich er mit einem »Duett«, bei dem zwei starke aber unterschiedliche Identitäten sich nicht einander angleichen, sondern in einen Dialog treten.
    Auch Frankreichs Staatschef Sarkozy hat den Multikulturalismus in Europa für gescheitert erklärt. »In allen Demokratien hat man sich zu sehr mit der Identität desjenigen beschäftigt, der zu uns kam, und nicht genug mit der Identität des Landes, das ihn aufgenommen hat«, sagte Sarkozy im französischen Fernsehsender TF1.
    »Wir wollen keine Gesellschaft, in der eine Gemeinschaft neben der anderen besteht.« Wer nach Frankreich komme, müsse »in einer einzigen Gesellschaft, der nationalen Gesellschaft« aufgehen, forderte der Präsident. »Wenn man das nicht akzeptiert, kommt man nicht nach Frankreich.« Im Übrigen könne Frankreich nicht jeden aufnehmen, »sonst explodiert unser Immigrationssystem«.
    Die muslimischen Mitbürger müssten ganz normal leben und ihre Religion ausüben können wie etwa christliche oder jüdische Staatsbürger, so Sarkozy. Aber »wir sind ein laizistisches Land«, Kirche und Staat seien getrennt. »Wir wollen nicht, dass auf demonstrative Weise auf der Straße gebetet wird.« Frankreich wolle, dass Männer und Frauen gleichgestellt seien, dass auch kleine Mädchen zur Schule gehen dürften und dass Prediger nicht zu Gewalt aufriefen, betonte der Staatschef.
    »Meine Antwort ist eindeutig«, sagte Sarkozy auf die Frage, ob der Multikulturalismus gescheitert sei. »Ja, es ist ein Scheitern.« Er sei in dieser Frage der gleichen Meinung wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und der britische Premierminister David Cameron.
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