Türkischer Journalist Mehmet Fatih Oztarsu ist in der Tageszeitung “Zaman” auf die armenisch-türkischen Beziehungen eingegangen, unter der Berücksichtigung der vorübergehenden Imperative. (mehr …)
Kategorie: Regional
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Importierte Ehemänner
Dr. Umut Bespinar (l.) und ihr Mitarbeiter Görken Dagdelen bei einem Interview in der Volkshochschule. Die Forscherin will herausfinden, wie es den „importierten Ehemännern“ aus der Türkei in Deutschland ergeht. Foto: Lammertz, Thomas
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Krefeld
Importierte Ehemänner
VON CAROLA PUVOGEL – zuletzt aktualisiert: 13.07.2011 – 15:00 Krefeld (RP).
Viele Türken kommen ohne Job und Sprachkenntnisse durch Heirat einer Türkin aus Krefeld in die Stadt. Eine Soziologin aus Ankara befragt jetzt Betroffene in den Integrationskursen der VHS Krefeld. Die Forscherin will herausfinden, wie es den *importierten Ehemännern* aus der Türkei in Deutschland ergeht. Die Volkshochschule Krefeld unterstützt ein Forschungsprojekt der türkischen *Middle East Technical University* in Ankara. Zu Gast ist derzeit die Wissenschaftlerin Dr. Umut Bespinar. Sie untersucht in einer Feldstudie, wie es in der Türkei aufgewachsenen Männern geht, die sich mit Frauen verheiraten, die ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht haben. Dazu führt die Soziologin rund 30 mehrstündige Interviews mit ausgewählten Probanden. Alle Interviewpartner sind Teilnehmer von Integrationskursen der VHS Krefeld. *Für türkische Männer ist eine Heirat die einzige Möglichkeit, nach Deutschland zu kommen und hier zu arbeiten*, erklärt die Wissenschaftlerin. Meist seien es schlecht ausgebildete junge Türken, die sich Hoffnung auf ein besseres Leben machten. Die Volkshochschule ist der größte Anbieter von Integrationssprachkursen in Krefeld. In 16 parallel laufenden Kursen lernen rund 320 Migranten Deutsch, davon sind rund 30 Prozent türkischer Abstammung. Die meisten türkischen Männer kommen im Zuge einer Familienzusammenführung nach Deutschland, nachdem sie eine in Deutschland aufgewachsene Türkin geheiratet haben. Mit einem Vorurteil räumt Umut Bespinar gründlich auf: Es seien nicht die Familien, die ihre Töchter mit diesen türkischen Männern verkuppelten. *In der Regel lernen sich die Paare im Internet kennen, zum Beispiel über Facebook*, sagt Bespinar. Auch hätten die in Deutschland aufgewachsenen Türkinnen nicht etwa einen stark religiös oder traditionell geprägten Hintergrund, sondern seien meist moderne, berufstätige Frauen. *Oft haben sie bereits eine gescheiterte Ehe hinter sich und hoffen, dass der Bräutigam so stark in türkischen Traditionen verwurzelt ist, dass er sich dem Eheversprechen mehr verpflichtet fühlt*, sucht die Soziologin eine Erklärung, warum die Frauen sich einen Ehemann importieren. *Importierter Ehemann* ist tatsächlich auch der Fachbegriff, den Umut Bespinar für das Phänomen verwendet. Die Forscherin interessiert sich nun dafür, wie es den Männern in Deutschland ergeht. Denn ohne Job und ohne Sprachkenntnisse müssen sie sich erst mal mit einer Umkehr des gewohnten Rollenverständnisses abfinden: *Die Frauen dominieren ihre Männer, sind besser gebildet, verdienen mehr Geld*, erklärt Bespinar. *Ich hatte zuerst Bedenken, ob die Männer sich mir, einer Frau, in einem Gespräch überhaupt öffnen würden. Tatsächlich war jedes Interview dann fast eine Psychotherapie.* Die Probanden seien froh gewesen, ihre Probleme endlich einmal loswerden zu können. *Viele haben gesagt, dass sie sich nicht mehr wie ein richtiger Mann fühlen. Andere fühlten sich sehr verletzlich. Und manche bedauerten den Schritt, hatten sich den Neustart in Deutschland nicht so schwierig vorgestellt.* Ergebnisse der Forschungsarbeiten sollen im kommenden Jahr veröffentlicht werden. Doch die Wissenschaftlerin ist sich jetzt schon sicher: *Ein Rücktausch der Rollen würde viele dieser Ehen scheitern lassen.* Quelle:
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Neuer Förderschwerpunkt der Gerda Henkel Stiftung: „Islam, moderner Nationalstaat und transnationale Bewegungen“
Neuer Förderschwerpunkt der Gerda Henkel Stiftung: „Islam, moderner Nationalstaat und transnationale Bewegungen“
Der Förderschwerpunkt richtet sich an Forscherinnen und Forscher, die mit Blick auf gegenwärtige Entwicklungen die Entstehung politischer Bewegungen in der islamischen Welt auf nationaler und/oder transnationaler Ebene untersuchen. Angeregt und gefördert werden historische Studien sowie religions-, kultur- oder politikwissenschaftliche Projekte: Welche emanzipatorischen, welche modernen Elemente verspricht und integriert der politische Islam? Welche Entwicklungen, welche Zusammenhänge, welche Ähnlichkeiten in den Schlüsselkategorien, Interpretationen und Forderungen sind zwischen dem Pan-Arabismus und Pan-Islamismus am Ausgang des 19. Jahrhunderts und den heutigen Bewegungen festzustellen? Welche historischen Selbstbeschreibungen sind in den Konzepten erkennbar? Über welche spezifischen Vorstellungen von Vergemeinschaftung können gesellschaftliche Radikalisierungen und Mobilisierungen zur Gewalt legitimiert werden?
Der Förderschwerpunkt lenkt den Blick auf Dynamiken zwischen islamischer Lehre, Islamismus, Nationalismus und transnationalen Orientierungen und Lebenswelten. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Ländern und Regionen des islamischen Raums soll regionalbezogene und thematisch fokussierte Erkenntnisse zusammenführen, um Konfliktfelder gerade hinsichtlich globaler Einflüsse und kultureller Austauschprozesse problematisieren zu können.
Beantragt werden können Mittel zur Durchführung von Forschungsprojekten, wissenschaftlichen Konferenzen und Veranstaltungen. Promotions- und Forschungsstipendien werden im Rahmen des Förderschwerpunktes nur bei Einbindung in ein Forschungsprojekt gewährt.
Die nächste Bewerbungsfrist endet am 29. Juni 2012. Weitere Informationen:
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Einladung zum 4. multikulturellen Nordstadtfest Düren
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der Stadtteilvertretung möchte ich Sie herzlich zum 4. multikulturellen Nordstadtfest mit integrierter Leistungsschau und Info-Börse in Nord-Düren einladen (siehe Anlage)
am:
Samstag, dem 16. Juli 2011,
von: 14.00 bis 18.30 Uhr,
im: Nordpark, Neue Jülicher Straße
Lassen Sie sich verführen zu einem lebendigen Nachmittag in einem bunten und vielfältigem Stadtteil. Mit Modenschau, interkulturellem Musik- und Tanzprogramm, Schießwettbewerb und Fußballturnier erwarten Sie allerlei Angebote und Aktivitäten für Jung und Alt. Internationale kulinarische Genüsse und tolle Angebote für Kids, wie z.B. der Zauberer, Mitmachtänze, Kinderschminken, die Hüpfburg und der "Schnelle Emil" runden das Festprogramm ab. Auf der Leistungsschau erhalten Sie Einblicke in die Nord-Dürener Gewerbelandschaft und die Info-Börse verspricht Informationen über die Arbeit der Stadtteilvertretung Nord-Düren. Organisiert wird unser multikulturelles Nordstadtfest von der Stadtteilvertretung Nord-Düren/Projektgruppe Nordstadtfest in Kooperation mit über 25 Vereinen, Unternehmen, Schulen, Kindertagesstätten, Institutionen, sozialen Einrichtungen und zahlreichen BewohnerInnen der Nordstadt.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Burhan Cetinkaya --
Dipl.- Ing. Architektur Stadt-und Regionalentwickler M.A. Burhan Cetinkaya Büro für Gemeinwesenarbeit und Soziale Stadtentwicklung Ev. Gemeinde zu Düren Philippstraße 4 52349 Düren Tel.: 02421/ 188 167 Fax: 02421/ 188 188 Mobil: 0157 71796699 Stadtteilprojekt Düren-Nord www.nord-dueren.de
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Verhaftungen im Fall ‚Deniz Feneri e.V‘
Zahid Akman und weitere Verdächtige festgenommen.
Im Rahmen der in Deutschland laufenden ‚Deniz Feneri e.V.’ Ermittlung wurden der Mitglied des Radio- und Fernsehkontrollrates Zahid Akman, der Exekutivratvorsitzender des Senders Kanal 7 Zekeriya Karaman, Vize-Generaldirektor und Exekutivratsmitglied Ismail Karahan und Chefredakteur Mustafa Çelik verhaftet. Auch gegen den Finanzdirektor des Senders Kanal 7 wird ein Verfahren eingeleitet. Im Rahmen des in Deutschland laufenden ‚Deniz Feneri e.V.’ Prozesses wurde nach den Ermittlungen der Oberstaatsanwaltschaft von Ankara gegen die genannten Personen ein Haftbefehl erlassen. Die festgenommenen Personen wurden in den späten Nachtstunden vom 13. Strafgericht in Ankara verhört. Nach der vierstündigen Verhörung erließ das Gericht gegen den Mitglied des Radio- und Fernsehkontrollrates Zahid Akman, dem Exekutivratvorsitzenden des Senders Kanal 7 Zekeriya Karaman, Vize-Generaldirektor und Exekutivratsmitglied Ismail Karahan und Chefredakteur Mustafa Çelik Akman Haftbefehl. Die Oberstaatsanwälte hatten die Verhaftung der Verdächtigen wegen ‚Gründung einer illegalen Organisation’, ‚organisierter Betrug’ und ‚Fälscherei’ beantragt.
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Erdogan wird die Kabinettsliste bekannt geben
ERDOGAN WIRD DIE KABINETTSLISTE BEKANNT GEBEN
Ministerpräsident Erdogan wird den Ministerrat heute um 13 Uhr bekannt geben.
Posted 06.07.2011 06:47:20 UTC
Updated 06.07.2011 06:47:20 UTC
Ministerpräsident Erdogan wird die Kabinettsliste heute um 12 Uhr im Palais Cankaya dem Staatspräsidenten vorlegen. Wenn die Liste von Abdullah Gül ratifiziert wird, soll es um 13 Uhr auf einer Pressekonferenz im Ministerpräsidium der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden.
Die Liste von 26 Ministern, inklusive Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wurde gestern im Exekutiverat der AK-Partei unter Vorsitz von Erdogan noch ein letztes Mal besprochen. Weitere Tagesordnung des Treffens im höchsten Parteiorgan war das neue Regierungsprogramm, das nach der Bekanntgabe des Ministerrats, im Parlament verlesen wird.
Die Grundlage des Regierungsprogramms bilden unter anderem Überschriften wie die neue Verfassung, schnelle Gerichtsprozesse sowie das Nationale Einheits- und Verbrüderungsprojekt.
via TRT-Deutsch Erdogan wird die Kabinettsliste bekannt geben.
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Tuerkisch-Syrische Grenze
Politik – Tuerkisch-Syrische Grenze
FAMILIENTREFFEN IM FLUECHTLINGSLAGER
Mehr als 11.000 Fluechtlinge aus Syrien sind in der tuerkischen Grenzregion Hatay in Zeltlagern untergebracht – streng abgeschirmt von der Aussenwelt. Sie zu treffen, ist nur den Angehoerigen erlaubt. -
EU-Beitritt: Westerwelle macht Türkei neue Hoffnungen
Außenminister Westerwelle wirbt für eine engere Anbindung des Nato-Mitglieds Türkei an die Europäische Union. Er sieht in dem Land eine „Brücke in die islamische Welt“ und will fairer Anwalt eines ergebnisoffenen Verhandlungsprozesses sein.
„Ich leiste meinen Beitrag dazu, dass es zu Ergebnissen führt, wenn die Türkei Fortschritte macht“, sagte Guido Westerwelle der Zeitung „Die Welt“ vom Montag. Dass seit nunmehr einem Jahr kein neues Kapitel zum Beitritt des Landes in die EU eröffnet worden sei, bedeute einen Stillstand, der allen Seiten schade. „Wir wollen diesen Stillstand überwinden“, sagte der Außenminister. Er wolle als fairer Anwalt agieren.
Westerwelle ist gerade von einem Besuch in der Türkei zurückgekehrt, wo er sich mit seinem Amtskollegen Ahmet Davutoglu ausgetauscht hat. Westerwelle nannte die Türkei eine „Brücke in die islamische Welt“. Deshalb liege „eine enge Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Türkei nicht nur im türkischen, sondern vor allem im europäischen Interesse“.
Annäherungsprozess nichts „Gönnerhaftes“
„Ich warne davor, dass in Europa der Annäherungsprozess der Türkei als etwas Gönnerhaftes behandelt wird“, so Westerwelle. „Wenn man die Türkei systematisch und aus innenpolitischen Erwägungen, um zu Hause ein paar Popularitätspunkte sammeln zu können, vor den Kopf stößt, ist die Gefahr groß, dass sie sich umorientiert. Das wäre zum Schaden für Europa.“ Die Türkei erwarte zu Recht einen „ergebnisoffenen Verhandlungsprozess“, an dessen Ende einzig entscheidend sei, ob die Beitrittskriterien erfüllt seien oder nicht.
Erst am Wochenende hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche für einen Türkei-Beitritt in die EU geworben. „Für mich ist es schlicht unverständlich, dass wir einen Tigerstaat wie die Türkei, der vor unserer Haustür liegt und zu uns kommen will, nicht herein lassen“, sagte er in einem Interview. In der Union gibt es allerdings viele Vorbehalte gegen einen EU-Beitritt der Türkei. Insbesondere die CSU lehnt diesen ab.
via EU-Beitritt: Westerwelle macht Türkei neue Hoffnungen – EU – FOCUS Online.
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„Es schadet Europa, wenn die Türkei sich abwendet“
Außenminister Guido Westerwelle über seinen Blitzbesuch in Istanbul und die Chancen einer Zusammenarbeit im Nahen Osten
Guido Westerwelle hat mit seinem Besuch in der Türkei gerade so lange gewartet, wie es angemessen schien nach den türkischen Parlamentswahlen vom 12. Juni. Als er am Wochenende nach Istanbul kam, war er der erste deutsche Minister seit der Wahl. In einem mehr als einstündigen Vieraugengespräch mit seinem Amtskollegen und Freund Ahmet Davutoglu ging es ihm auch darum, deutlich zu machen, wie wichtig Deutschland den Verbündeten angesichts der Umbrüche in der arabischen Welt nimmt. Darin liegt auch eine Chance für Europa, sagt Westerwelle. Mit ihm sprach in Istanbul Dietrich Alexander.
Die Welt:
Herr Westerwelle, Sie sind das dritte Mal als Minister in der Türkei. Sie nennen Ihren türkischen Amtskollegen Davutoglu „meinen Freund Ahmet“. Sie fühlen sich offenbar sehr wohl in der Türkei.
Guido Westerwelle: Das trifft zu, ich bereise die Türkei seit meiner Jugend regelmäßig. Als Außenminister habe ich Ahmet Davutoglu als einen besonders zuverlässigen Kollegen kennengelernt. Aber noch viel wichtiger ist, dass die Türkei strategisches Gewicht hat und eines der neuen Kraftzentren der Welt ist.
In der Region oder auch für Europa, etwa als Verbindung der EU in die arabisch-islamische Welt?
AnzeigeGuido Westerwelle: Die Türkei weist wirtschaftliche Wachstumsraten auf, über die sich viele Staaten der Europäischen Union freuen würden. Sie hat einen inneren Reformprozess eingeleitet, den ich anerkenne, auch wenn manches noch nicht unseren Kriterien entspricht. Vor allem ist die Türkei eine Brücke in die islamische Welt. Deshalb liegt eine enge Partnerschaft zwischen der Europa und der Türkei nicht nur im türkischen, sondern vor allem im europäischen Interesse.
Hat man das in den anderen Hauptstädten der EU auch begriffen?
Guido Westerwelle: Mehr und mehr erkennt man, dass sich die Gewichte in der Welt verschieben. Die Türkei ist heute wirtschaftlich und politisch an einem Punkt angekommen, den viele vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten haben. Wir haben ein Interesse daran, dass der Blick der Türkei weiter nach Europa gerichtet ist und deswegen sollten wir alle in Europa die Türkei fair und respektvoll behandeln und sie als Partner auf gleicher Augenhöhe betrachten. Es könnte zu einem Punkt kommen, an dem das Interesse Europas an der Türkei größer sein wird als umgekehrt. Und das möchte ich gern vermeiden.
Tatsächlich hat die Türkei Gründe für ihr derzeitiges Selbstbewusstsein. Ankara könnte sich auch von Europa abwenden und dafür stärker zum Balkan und den arabischen Staaten hin – im Sinne eines nicht imperialen, aber doch Einfluss sichernden Neo-Osmanismus. Ist das realistisch?
Guido Westerwelle: In Anbetracht der Geschichte des Osmanischen Reiches sind das Gedanken, die von manchen tatsächlich angestellt werden. Ich warne aber davor, dass in Europa der Annäherungsprozess der Türkei als etwas Gönnerhaftes behandelt wird. Es ist vielmehr die Wahrnehmung ureigener ökonomischer, nachbarschaftlicher und politisch-strategischer Interessen. Niemand in der Türkei erwartet doch von uns die Aussage, dass und wann die Türkei Mitglied der Europäischen Union wird. Sie erwartet aber zu Recht einen ergebnisoffenen Verhandlungsprozess – so wie es vereinbart worden ist …
… an dessen Ende aber eben auch die Vollmitgliedschaft stehen kann.
Guido Westerwelle: … an dessen Ende es keinen Automatismus gibt, weder in die eine noch in die andere Richtung, sondern an dessen Ende es entscheidend sein wird, ob die Kriterien erfüllt sind oder nicht. Manchmal habe ich bei der Diskussion in Deutschland den Eindruck, als stünde der Beitritt der Türkei kurz vor der Haustür. Es sind weniger als die Hälfte der Kapitel eröffnet worden. Nur eines ist abgeschlossen. Wenn man die Türkei systematisch und aus innenpolitischen Erwägungen, um zu Hause ein paar Popularitätspunkte sammeln zu können, vor den Kopf stößt, ist die Gefahr groß, dass sie sich umorientiert. Das wäre zum Schaden für Europa.
Sie bezeichnen sich als „bester Anwalt der Türkei in der EU“.
Guido Westerwelle: Nicht als bester, aber als ein fairer Anwalt der Türkei. Ich leiste meinen Beitrag dazu, dass es zu Ergebnissen führt, wenn die Türkei Fortschritte macht, so etwa bei der der Eröffnung der letzten beiden Kapitel Umwelt und Lebensmittelsicherheit. Dass seit nunmehr einem Jahr kein neues Beitrittskapitel eröffnet worden ist, ist ein Stillstand, der allen Seiten schadet. Wir wollen diesen Stillstand, der übrigens Gründe auf beiden Seiten hat, überwinden. Mit der Eröffnung des Wettbewerbskapitels ist das möglich und sollte vorangetrieben werden. Auf türkischer Seite gehört dazu die Umsetzung des Ankara-Protokolls.
Lassen Sie uns einen Blick nach Syrien werfen. Deutschland hat traditionell hohes Ansehen in der arabischen Welt, die Türkei verfügt vielleicht über die besten Verbindungen dorthin. Gemeinsam könnte man also einiges bewirken.
Guido Westerwelle: Wenn Deutschland und die Türkei etwas gemeinsam verabreden, hat das großes Gewicht. Deutschland ist in der arabischen Welt und in Nordafrika aus drei Gründen besonders angesehen: Wir haben keinen kolonialen Ballast, wir gelten als politisch sehr zuverlässig und wirtschaftlich erfolgreich, und wir stehen für eine Politik der militärischen Zurückhaltung. Das heißt, wir setzen auf politische Verhandlungslösungen. Bei uns vermutet man keine versteckten Interessen, sondern wir machen eine offene, faire und zuverlässige Politik. Und das wird anerkannt. Die Türkei ist eine Brücke in die arabische Welt, hat für viele arabische Staaten Vorbildcharakter und eine atemberaubende wirtschaftliche Erfolgsgeschichte vorzuweisen.
Seit 1. Juli hat Deutschland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Kommt eine Resolution gegen Syrien?
Guido Westerwelle: Weder die Türkei noch Deutschland haben den Gesprächskanal nach Damaskus geschlossen. Beide haben dem Regime von Präsident Baschar al-Assad aber auch harte und unmissverständliche Nachrichten überbracht. Mein Sonderbeauftragter ist vor wenigen Tagen mit dem syrischen Außenminister Muallim zusammengetroffen. Gleichzeitig versuchen wir gemeinsam mit den anderen europäischen Mitgliedsländern in New York eine Resolution zu erreichen, die die Repressionen in Syrien auch international eindeutig brandmarkt.
Die bringen Sie aber nur ein, wenn sie auch durchkommt, oder?
Guido Westerwelle: Eine solche Resolution wird zur Abstimmung gestellt, wenn sie Aussicht auf Erfolg hat. Deshalb habe ich auch mit meinen Amtskollegen aus Russland und China gesprochen …
… den beiden Veto-Mächten, die gegen eine solche Resolution sind.
Guido Westerwelle: Ja. Ebenso habe ich aber auch mit meinem brasilianischen Amtskollegen gesprochen, die südafrikanische Außenministerin ist am Montag zu Gast in Berlin. Wir werden sehen, was möglich ist. Man braucht Ausdauer für eine solche Resolution. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Umsetzung der Libyen-Resolution in Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und der Afrikanischen Union auf große Kritik gestoßen ist. Wir müssen deutlich machen, dass es diesmal nicht darum geht, etwas Ähnliches vorzubereiten. Uns geht es darum, den nötigen politischen Druck auf das Regime Assad auszuüben. Das zusammen mit den verhängten Sanktionen ist der richtige Weg. Die Behauptung, militärische Lösungen seien schneller und effizienter als politische, ist in der jüngeren Geschichte regelmäßig widerlegt worden.
Noch einmal zu Libyen: War die deutsche Enthaltung zur Resolution im Sicherheitsrat nicht ein Fehler?
Guido Westerwelle: Nein, es war die richtige Entscheidung. Ich habe immer hinzugefügt, dass ich auch die Entscheidung der anderen und deren Motive als ehrenwert betrachte.
In der Rebellenhochburg Bengasi sieht man alle möglichen Fahnen wehen, nur die deutsche nicht. Zumindest dort scheint man von den Deutschen sehr enttäuscht zu sein.
Guido Westerwelle: Ich bin als einer von wenigen in Bengasi gewesen. Die Herzlichkeit, Freude und Offenheit, mit der wir beim Nationalen Übergangsrat empfangen worden sind, und der Beifall, als ich erklärte, dass der Übergangsrat für Deutschland legitimer Vertreter des libyschen Volkes ist, widerlegen oder relativieren zumindest den Verdacht, Deutschland sei bei den Libyern schlecht gelitten. Gerade war der Außensprecher des Übergangsrates Dschibril in Berlin und hat dort erklärt, dass er das deutsche Abstimmungsverhalten respektiert und den deutschen Beitrag schätzt. Wie helfen humanitär. Wir unterstützen eine politische Lösung. Wir haben unsere Hilfe beim Aufbau der Wirtschaft für die Zeit nach Muammar al-Gaddafi zugesagt. Unsere Enthaltung hat weder zu einer Belastung des westlichen Bündnisses noch zu einer Reduzierung unserer Spielräume in der Nordafrika-Politik geführt. Da ist sehr viel deutsche Innenpolitik im Spiel, wenn das immer wiederkehrend behauptet wird.
Es hätte uns aber doch auch nicht viel gekostet, Ja zu sagen, oder sind Sie da anderer Meinung?
Guido Westerwelle: Es war eine schwierige Abwägungsentscheidung. Deutschland ist bereits mit Tausenden Soldaten weltweit engagiert, besonders in Afghanistan. Wir haben uns entschieden, nicht mit eigenen Kampftruppen an dem Militäreinsatz in Libyen teilzunehmen. Hätten wir in New York Ja gesagt, hätte das größte europäische Nato-Mitgliedsland in Brüssel gewiss nicht Nein sagen können. Wir wären dann heute mit kämpfenden Soldaten längst dabei.
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