Kategorie: Naher und Mittlerer Osten und Afrika

  • Einladung: Ägypten in Düren

    Einladung: Ägypten in Düren

     

     

    Alaa Khaled

    Salwa Rashad

     

     

     

     

    Ägypten in Düren

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    liebe Freunde des Heinrich-Böll-Hauses,

    ganz kurzfristig lade ich Sie zu einer Ausstellungseröffnung und einer
    kurzen Lesung mit aktuellen Stipendiaten des Heinrich-Böll-Hauses ins
    Bürgerbüro der Stadt Düren, Markt 2, 52349 Düren

    für Dienstag, 12.07.2011, 15:15 Uhr ein.

    „Nachdem sich die Demonstrationen aufgelöst haben und Millionen
    Menschen in ihre Häuser zurückgekehrt sind, verwandelt sich die
    Revolution in ein unsichtbares, flüchtiges Wesen. Auf den Straßen ist
    der eintönige Alltag wieder eingekehrt. Du wachst morgens auf und suchst
    nach etwas Verlorenem; du läufst durch die Straßen und versuchst, noch
    einmal das Echo der Slogans zu vernehmen, die die Plätze erfüllt
    hatten.“
    Wie Alaa Khaled (Stipendiat von April bis August 2011) die ägyptische
    Revolution literarisch verarbeitet, davon berichtet er an uns an diesem
    Nachmittag

    Die Poesie von Alaa Khaled werden Sie inmitten einer Fotoausstellung
    unseres zweiten Gastes erleben. Salwa Rashad ist nur wenige Tage bei
    ihrem Mann Alaa Khaled zu Besuch und hat uns ihre Fotos mitgebracht.
    Eindrucksvolle Aufnahmen der Revolution in Ägypten aus Alexandria und
    vom Tahrir-Platz in Kairo.

    Kommen Sie mit uns auf eine kurze und sehr lebendige Reise in die
    Region, die in jüngster Zeit einen großen Wandel erlebt und die ganze
    Welt bewegt.

    Mit freundlichen Grüßen
    im Auftrag:
    Stefan Knodel

    …und unbedingt vormerken: Sommerfest im Böll-Haus am 10. September
    2011 zum 20-jährigen Bestehen!!!

    Stefan Knodel
    Stadt Düren, Der Bürgermeister
    Heinrich-Böll-Haus-Langenbroich e.V.
    52348 Düren

    Phone: ++49 (0)2421-25 1346
    Fax: ++49 (0)2421- 25 1375
    E-mail: boell-haus@dueren.de

     

     

     

     

     

     

    Salwa Rashad

     

    Geboren in Alexandria – Ägypten, Studium der Malerei an der Fakultät der Schönen Künste, Abschluss 1986

    Einzelausstellung Malerei im spanischen Kulturel-Zentrum, Alexandria.

    Seit 1999 gemeinsam mit dem Schriftsteller Alaa Khaled  Herausgeberin der nicht periodischen Zeitschrift „Amkenah“ eine non-profit Zeitschrift, die sich mit der Poesie, Literatur und Kunst eines Ortes beschäftigt.

    Teilnahme mit ihrer Fotografie an langjährigen Workshops einer Gruppe von Künstlern aus Frankreich und Ägypten,die sich mit verschiedenen Medien beschäftigten: Fotografie, Schreiben, Multimedia. Thema der Arbeit war der Reisende. Der Workshop endete mit einer Ausstellung und verband die beteiligten Medien.

    Gruppen-Ausstellungen in Kairo, organisiert vom Ministerium der Kultur organisiertem Kairo, Teilnahme mit ihrem handgefertigten Fotobuch.

    Einzel-Foto-Ausstellung in Kairo in der Galerie Mashrabia unter dem Titel

    „The Passer-By” (Der Passant)

    Teilnahme an einem weiteren Workshop mit französischen und ägyptischen Künstlern mit einem gegenseitigen Austausch, gefördert durch die ECUME-Stiftungzum Thema „Familie“.

    2-monatiges Forschungsstipendium in Los Angeles/USA gemeinsam mit dem Schriftsteller Alaa Khaled. Forschungen zur Situation der arabischen Einwanderer in LA, ihrer Identität und geschichtlicher Erinnerungen sowie ihrer Beziehung zu ihrer neuen Heimat und zur Stadt Los Angeles.

     

     

    Alaa Khaled, Schriftsteller aus Ägypten

    1960 in Alexandria, Ägypten geboren. Nach dem Studium der Biochemie wurde er als Lyriker, Essayist und Romanautor bekannt. In seinem Schreiben hebt er die formalen Trennungslinien zwischen den Genres auf. Als Lyriker ist er im Prosagedicht zu Hause. Seine journalistischen Texte weisen literarischen Charakter auf, und seine Prosa ist teils poetisch, teils journalistisch gefärbt. Khaled ist ein entschiedener Gegner jeglicher Normen, die dem Einzelnen vorgeschriebene Denk- und Verhaltensmuster aufzwingen. Bekannt ist Khaled auch als Herausgeber der Kulturzeitschrift „Amkenah“, die, 1999 gegründet, in der gesamten arabischen Welt hohes Ansehen genießt. „Amkenah“ („Orte“) versteht sich als Forum einer sprachlich und künstlerisch unkonventionellen, alltagsnahen Auseinandersetzung mit dem „Ort“ als konkretem Raum, aber auch als ideellem Konzept.

    Khaleds Reportage “Everything Happens Quietly With No Surprises” (Alexandria 12/2004) wurde 2005 für den Lettre Ulysses Award nominiert.

    Zuletzt in Deutsch erschienen: Das Buch des Flusses Nil, Lettre International, Nr. 71.

     

     

  • Tuerkisch-Syrische Grenze

    Tuerkisch-Syrische Grenze

    Politik – Tuerkisch-Syrische Grenze

    FAMILIENTREFFEN IM FLUECHTLINGSLAGER
    Mehr als 11.000 Fluechtlinge aus Syrien sind in der tuerkischen Grenzregion Hatay in Zeltlagern untergebracht – streng abgeschirmt von der Aussenwelt. Sie zu treffen, ist nur den Angehoerigen erlaubt.

  • Netanjahu will Türkei Hand reichen

    Netanjahu will Türkei Hand reichen

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in den belasteten Beziehungen zur Türkei einen ersten Schritt zur Aussöhnung gemacht.

    Istanbul (dpa) – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in den belasteten Beziehungen zur Türkei einen ersten Schritt zur Aussöhnung gemacht. In einem Glückwunschschreiben zum Wahlsieg der islamisch-konservativen AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe Netanjahu um eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit geworben, berichteten türkische Zeitungen. Die Türkei hatte die Zusammenarbeit mit Israel im Streit um die Palästinenser-Politik weitgehend auf Eis gelegt.

    via Zeitungen: Netanjahu will Türkei Hand reichen | STERN.DE.

  • Geheime Gespräche zwischen Israel und Türkei

    Geheime Gespräche zwischen Israel und Türkei

    21. Juni 2011
    Geheime Gespräche zwischen Israel und Türkei

    JERUSALEM / ANKARA (inn) – Israelische und türkische Vertreter haben offenbar geheime Gespräche geführt, um die diplomatische Krise zwischen ihren beiden Staaten zu überwinden. Das berichtet die Tageszeitung „Ha´aretz“. Während die israelische Regierung die Angaben nicht kommentieren wollte, hätten Vertreter aus dem türkischen Außenministerium und auch aus der US-Regierung bestätigt, dass es entsprechende Gespräche gebe.

    Die Verhandlungen haben die Unterstützung der USA, heißt es in dem Bericht weiter. Sie würden zwischen dem türkischen Außenamtsstaatsekretär Feridun Sinirlioglu, einem Befürworter der Beziehungen zu Israel, und einem israelischen Vertreter, der im Auftrag von Premier Benjamin Netanjahu handle, geführt.

Die einst guten Beziehungen zwischen Israel und der Türkei hatten sich seit der israelischen Militäroperation „Gegossenes Blei“ gegen die Hamas im Gazastreifen zum Jahreswechsel 2008/2009 ständig verschlechtert. Besondere Spannungen waren nach der blutigen Erstürmung der türkischen „Gaza-Flotte“ durch die israelische Armee Ende Mai 2010 aufgetreten.

    Von: D. Nowak
    Quelle: Israelnetz

  • Syrien-Konflikt: Türkei weitet Hilfsmaßnahmen auf Syrien aus – Krise in der arabischen Welt

    Syrien-Konflikt: Türkei weitet Hilfsmaßnahmen auf Syrien aus – Krise in der arabischen Welt

    Die syrische Armee setzt ihre Offensive im Nordwesten fort. Das Militär riegelte ein Dorf an der türkischen Grenze ab, in dem Flüchtlinge versorgt werden. Derweil will die Türkei mehr Hilfsgelder zur Verfügung stellen.

    Bereits am Samstag war die Armee Menschenrechtlern zufolge mit Panzern, Truppentransportern und Geländewagen in das Dorf Bdama eingerückt. Die Armee habe Bdama abgeriegelt und die einzige Bäckerei im Ort geschlossen, sagten Zeugen am Sonntag, denen die Flucht aus dem Dorf gelungen war. „Ich habe Soldaten gesehen, wie sie den Bäckereibesitzer erschossen“, sagte ein Bewohner. Ein weiterer Mann berichtete, die Truppen hätten die umliegenden Wälder angezündet, um die Menschen an der Flucht zu hindern.

    Wegen des Militäreinsatzes in Bdama versuchen immer mehr Menschen, die türkische Grenze zu erreichen, an der tausende Flüchtlinge unter schwierigen Bedingungen ausharren. Viele sind noch unentschlossen, ob sie sich auf die türkische Seite begeben sollen. An der Grenze leben sie unter freiem Himmel oder in notdürftig errichteten Unterständen aus Zweigen und Plastikplanen. Mit humanitärer Hilfe solle den Menschen an der Grenze geholfen werden, die dringend Nahrungsmittel benötigten, erklärte die türkische Katastrophenschutzbehörde. Es ist das erste Mal, dass die türkischen Behörden eine grenzübergreifende Hilfsmission starteten.

    10 500 Flüchtlinge

    Die Zahl der in die Türkei geflüchteten Syrer ist mittlerweile auf mehr als 10 500 gestiegen. Darunter seien rund 5300 Kinder, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag. Die türkische Regierung stellte bisher umgerechnet rund 1,6 Millionen Euro bereit, um die vor der Gewalt des syrischen Regimes geflohenen Menschen in vier Zeltstädten zu versorgen.

    Der Chef des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, wollte nach Angaben der Organisation am Sonntagabend nach Damaskus reisen, um Zugang zu den von der Gewalt betroffenen Menschen zu fordern. Dabei seien Treffen mit ranghohen syrischen Regierungsvertretern geplant.

    USA will Druck auf Damaskus erhöhen

    Angesichts der Gewalt in Syrien loten die USA Möglichkeiten aus, die Regierung wegen Kriegsverbrechen zu verfolgen, wie ein ranghoher US-Regierungsvertreter sagte. Ein weiterer Vertreter sagte, die US-Regierung suche außerdem nach Wegen, durch Wirtschaftssanktionen den Druck auf Damaskus zu erhöhen. US-Außenministerin Hillary Clinton schrieb in einem Beitrag für die Zeitung „Aschark El Awsat“, die Niederschlagung der Demonstrationen werde die Protestbewegung nicht aufhalten.

    Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Syrien brauche „endlich glaubwürdige Reformen“. Mit den gegen Syriens Präsidenten Baschar el Assad erlassenen Sanktionen sei ein unmissverständliches Signal gesandt worden. Am Montag wollten die EU-Außenminister über eine Ausweitung der Sanktionen beraten.

    via Syrien-Konflikt: Türkei weitet Hilfsmaßnahmen auf Syrien aus – Krise in der arabischen Welt – FOCUS Online.

  • Türkei auf Konfrontationskurs mit Israel

    Türkei auf Konfrontationskurs mit Israel

    Die Türkei löst seinen umstritten Botschafter in Österreich ab und schickt ihn nach Israel – eine unfreundliche Geste

    Auf dem türkischen Schiff Mavi Marmara wurden neun Aktivisten getötet.
    Auf dem türkischen Schiff Mavi Marmara wurden neun Aktivisten getötet.

    Wie Ö1 am Dienstag berichtet, tauscht die Türkei ihren Botschafter in Österreich aus und schickt ihn nach Israel. Kadri Tezcan war in Österreich durch massive Kritik an Österreichs Integrationspolitik aufgefallen und hatte damit kurzzeitig eine diplomatische Krise zwischen Österreich und der Türkei ausgelöst. Jetzt soll der umstrittene Diplomat seine Arbeit in Israel fortsetzen, was laut Ö1 von der Türkei durchaus als unfreundliche Geste gemeint ist.

    Kerim Uras, jener Diplomat, der eigentlich für Israel vorgesehen war, wechselt nach Österreich. Bemerkenswert bei dieser Rochade ist der Zeitpunkt, nämlich der erste Jahrestag des israelischen Angriffs auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara. In Istanbul sind aus diesem Anlass gestern Tausende auf die Straße gegangen, um an die neun Opfer des Angriffs zu erinnern.

    Nachdem Erdogan den israelischen Präsidenten Schimon Peres 2009 beim Weltwirtschaftsforum in Davos öffentlich Kriegsverbrechen im Gazakrieg vorwarf, hat sich die Beziehung zwischen den beiden Ländern zunehmend verschlechtert. Nach dem Zwischenfall mit der Mavi Marmara verschlechterte sich das Verhältnis zusätzlich. (red)

    via Türkei auf Konfrontationskurs mit Israel – Türkei – derStandard.at › International.

  • Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen

    Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen

    Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen
    In der Zeit vom 10. bis 22. September 2011 führt die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb eine Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen unter dem Titel „Jenseits der Schlagzeilen – Medien und demokratische Gesellschaft in Israel“ durch. Auf dieses Angebot möchten wir Sie sehr gerne aufmerksam machen.

    Sich aus erster Hand über die wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Themen der israelischen Gegenwart informieren – diese Gelegenheit bietet die Studienreise jungen Nachwuchsjournalisten/innen aus TV, Hörfunk, Print und Online-Medien.

    Diskussionen mit Repräsentanten/innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Armee und Kultur dienen ebenso dazu wie Exkursionen, die einen intensiven Einblick in den israelischen Alltag ermöglichen. In Begegnungen mit israelischen Journalisten/innen s owie deutschen Korrespondenten/innen lernen die Teilnehmer/innen die israelische Medienlandschaft sowie ihre Rolle in der israelischen Demokratie kennen und tauschen sich über deutsch-israelische Medienbilder aus. Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der Rolle der Medien – hier wie dort – in der Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt.

    Weitere Informationen sowie eine Möglichkeit zur Online-Bewerbung für diese Studienreise finden Sie unter: .

    Die Auswahl der Teilnehmenden aus allen vorliegenden Bewerbungen erfolgt etwa Mitte Juni 2011.

    Über Ihr Interesse an dieser Israel-Studienreise würden wir uns sehr freuen! Gerne können Sie Diese Information auch an Ihre Netzwerke weiterleiten.

    Kontakt für Rückfragen:
    Bundeszentrale für politische Bildung
    Waltraud Arenz
    Fachbereich Veranstaltungen
    Internationale Studienreisen -Israel-
    Tel: +49 (0) 228 99 515 524
    arenz@bpb.de

  • Antisemitismus-Jahresbericht der Universität Tel Aviv

    Antisemitismus-Jahresbericht der Universität Tel Aviv

    Antisemitismus-Jahresbericht der Universität Tel Aviv
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    Die Universität Tel Aviv hat den aktuellen Bericht zum weltweiten Antisemitismus für das Jahr 2010 vorgelegt, der alljährlich vom Stephen Roth Institute for the Study of Contemporary Antisemitism and Racism sowie dem Kantor Center for Study of Contemporary European Jewry verfasst wird.

    Die gute Nachricht: Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl antisemitischer Vorfälle auf der Welt 2010 erheblich zurückgegangen. Die schlechte Nachricht: Das Jahr weist die drittgrößte Rate derartiger Vergehen seit Beginn der Berichterstattung Ende der achtziger Jahre auf. Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass 2009 aufgrund der israelischen Militäroperation im Gaza-Streifen zu Beginn des Jahres eine Rekordrate in Bezug auf antisemitische Aktivitäten weltweit zu verzeichnen war.

    Die höchste Zahl gewaltsamer Vorfälle wurde laut dem Bericht in Großbritannien, Frankreich und Kanada registriert. In Lateinamerika gab es einen Anstieg bei Übergriffen auf jüdische Einrichtungen.

    Das Resümee des Berichts ist „pessimistisch“: „Trotz des direkten Zusammenhanges, der in gewissen Fällen zwischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten wie der Operation Gegossenes Blei und dem Anstieg der Zahl antisemitischer Vorfälle sichtbar wird, bleibt die Gesamtsumme von registrierten Vorfällen unabhängig von solchen Ereignissen höher als in der Vergangenheit. Die Erklärung dafür liegt in der Kombination von traditionellem, auf negative Stereotypen von Juden konzentriertem Antisemitismus, der Wahrnehmung des Staates Israels als jüdischer Staat mit negativen jüdischen Charakterzügen und der Adaption derartiger Stereotypen nicht nur durch Neonazis und Rechtsextremisten, sondern auch radikale muslimische Jugendliche. Heinz Fromm, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Deutschland, bemerkte in einem Interview mit dem Spiegel (11. Juli 2010), dass diese beiden Lager ein ‚gemeinsames Feindbild; Israel und die Juden insgesamt‘ teilen würden.“

    Den vollständigen Bericht gibt es unter dem folgenden Link:

    (Universität Tel Aviv, Mai 2010)

  • Erdogan mahnt Gaddafi

    Erdogan mahnt Gaddafi

    Ankara – Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi am Dienstag zum unverzüglichen Rücktritt aufgefordert – eine deutliche Verschärfung des Tons gegenüber Tripolis. Erdogan sagte am Dienstag, Gaddafi habe die Forderungen seines Volks nach Veränderungen ignoriert und stattdessen ‚Blut, Tränen und Zwang‘ über sein Volk gebracht. Die Türkei, das einzige muslimische Mitglied der Nato, hatte die westlichen Angriffe auf Ziele in Libyen anfangs kritisiert. Inzwischen beteiligt sich Ankara unter anderem an der Kontrolle des Flugverbots in Libyen. AFP

    via Erdogan mahnt Gaddafi – Service – sueddeutsche.de.

  • Israel begeht Holocaust-Gedenktag

    Israel begeht Holocaust-Gedenktag

     

    Israel begeht Holocaust-Gedenktag

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    In Israel hat am Sonntagabend der Holocaust-Gedenktag (Yom Hashoah) begonnen. An diesem Tag gedenkt der Staat alljährlich der sechs Millionen Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Im ganzen Land bleiben die Vergnügungsstätten geschlossen und werden Gedenkzeremonien abgehalten.

     

    Die zentrale Eröffnungszeremonie fand gestern Abend in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Beisein von Präsident Shimon Peres und Ministerpräsident Binyamin Netanyahu statt.

     

     

     

    Auszüge aus der Rede von Präsident Peres:

     

    „Wir waren allein, ohne ein eigenes Land. Die alliierten Bomber, die über Auschwitz flogen, warfen noch nicht einmal eine einzige Bombe auf die Massenvernichtungsanlagen ab.

     

    Die Shoah hat endgültig gezeigt, dass es keine Alternative für ein eigenes Heimatland für uns gibt. Es gibt keinen Ersatz für die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Heute haben wir unser eigenes Heimatland errichtet. Heute haben wir eine ausgezeichnete Armee, die den Respekt der Welt erworben hat. Wir haben ein demokratisches System, dass den notwendigen Schutz bieten und den nötigen Frieden anstreben kann. Dies ist die Antwort auf einen Feind, auf jeden Feind.

     

    Selbst heute, nach der Shoah, gibt es ein Regime auf der Welt, dessen Führung aus Holocaust-Leugnern und  Hetzern besteht. Dies sollte jede Person und jedes Gewissen schockieren. Die fanatische Führung des Iran ist eine Bedrohung für die ganze Welt – nicht nur eine Bedrohung für Israel. Sie bedroht jedes Heim und jeden Ort. Sie ist eine wirkliche Gefahr für die Menschheit.

     

    Die Nationen der Welt haben erklärt, dass sie einen nuklearen Iran nicht akzeptieren werden. Nun müssen sie den Test ihres Versprechens bestehen.

     

    Wir, das jüdische Volk, waren Opfer von Rassismus, Verfolgung und Diskriminierung, aber niemals  haben wir das Gebot vernachlässigt, jeden Menschen zu respektieren. Denn gemäß unserer Tradition wurde jeder Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen. Selbst in einer finsteren Welt strebten und streben wir danach, den Nationen ein Licht zu sein.

     

    Dies ist die Bedeutung des Staates Israel: Unser Volk physisch und unsere Tradition moralisch zu verteidigen. Jeder Bürger Israels, unabhängig von Religion oder Rasse, weiß, dass Israel das antirassistischste Land auf der Welt ist und bleiben wird.

     

    Israel ist das historische Gedenken an die Opfer des Holocausts.“

     

     

     

    Auszüge aus der Rede von Ministerpräsident Netanyahu:

     

    „Alle zivilisierten Völker auf der Welt, all jene, die für sich in Anspruch nehmen, die Lektion aus dem Holocaust gelernt zu haben, müssen die eindeutig verurteilen, die zur Auslöschung des jüdischen Staates aufrufen. Der Iran bewaffnet sich sogar mit Atomwaffen, um dieses Ziel zu verwirklichen, und bislang hat die Welt ihn nicht gestoppt. Die Bedrohung für unsere Existenz, unsere Zukunft, ist nicht theoretisch. Sie kann nicht unter den Teppich gekehrt werden; sie kann nicht verharmlost werden. Sie steht vor uns und der gesamten Menschheit und muss abgewendet werden.

     

    Die erste Lektion besteht also darin, die, die uns bedrohen, ernst zu nehmen. Die nächste Lektion rührt vom Verständnis sehr, dass Angriffen auf unser Volk seit jeher Wellen des Hasses vorangingen, die den Boden für den Ansturm bereiteten. Daher muss die zweite Lektion, die wir aus dem Holocaust ziehen, darin bestehen, dass wir das wahre Gesicht des Hasses auf unser Volk offenlegen. Was wurde nicht alles gesagt gegen die Juden Europas? Im Mittelalter und in der Neuzeit wurden Juden immer wieder für die Übel der Welt verantwortlich gemacht – von Pest und Seuchen über Krieg und Revolution bis hin zu Wirtschaftskrisen. Der Hass war nicht nur unter den ignoranten Massen eingefleischt, sondern verbreitete sich und schlug tiefe Wurzeln in den Köpfen und Herzen von Europas führenden Gelehrten und Philosophen.

     

    Der jahrhundertealte Hass auf die Juden erwacht heute von Neuem und nimmt die Form des Hasses auf den jüdischen Staat an. Auch heute gibt es solche, die den jüdischen Staat für alle Übel auf der Welt verantwortlich machen – von gestiegenen Ölpreisen bis zur Instabilität in unserer Region. Es gibt solche, die sagen, dass diese Behauptungen, da fast die ganze Welt an sie glaubt, einen wahren Kern haben müssen. Ahad Ha’am sagte bereits, dass die weit verbreitete Akzeptanz von Ritualmordanklagen im Mittelalter beweist, dass etwas nicht dadurch wahr wird, dass die Mehrheit der Welt es glaubt.

     

    Und die dritte Lektion ist, dass wir unser eigenes Schicksal in die Hand nehmen müssen. Unsere Beziehungen mit den führenden Staaten der Welt, mit anderen Staaten im Allgemeinen sind extrem wichtig für uns, und wir investieren in sie, nähren sie und entwickeln sie fort. Aber wenn wir nicht die Fähigkeit besitzen, uns selbst zu schützen, wird die Welt uns nicht zur Seite stehen.“

     

    Die vollständige Rede Netanyahus gibt es unter dem folgenden Link:

     

     

     

    Weitere Informationen zum Yom Hashoah gibt es unter dem folgenden Link:

     

    (Außenministerium des Staates Israel, 01.05.05)

     

     

  • Türkei um eine Libyen-Lösung bemüht

    Türkei um eine Libyen-Lösung bemüht

    Während die Bemühungen für eine Lösung in Libyen anhalten, hat die Türkei ihren Diplomatieverkehr intensiviert.

    Außenminister Ahmet Davutoglu wird in diesem Rahmen heute mit dem UN-Sonderbeauftragten für Libyen Abdul Ilah al-Khatib zusammenkommen.

    Beim Gespräch soll die aktuelle Lage in Libyen bewertet werden. Zudem sollen die Entwicklungen nach der Sitzung der Libyen-Kontaktgruppe in Doha zur Sprache kommen. Die Libyen-Kontaktgruppe trat am Monatsanfang zusammen.

     

  • Die Türkei und Syrien: Ankaras Sorge um die neue Freundschaft

    Die Türkei und Syrien: Ankaras Sorge um die neue Freundschaft

    Ankaras Sorge um die neue Freundschaft

    Das türkische Verhältnis zu Syrien hat sich in dem Maß verbessert, in dem sich jenes zu Israel verschlechterte. Darum verurteilte Ministerpräsident Erdogan die Gewalt gegen Demonstranten auffallend zögerlich.

    Von Michael Martens, Istanbul

    28. April 2011 2011-04-28 12:20:43

    Schon lange bevor er Außenminister seines Landes wurde, hatte Ahmet Davutoglu seinen wichtigsten außenpolitischen Grundsatz formuliert: Die Türkei könne nur dann die angestrebte Rolle in der internationalen Politik ausfüllen, wenn sie ihre diplomatischen Ressourcen nicht länger in den vielen Nachbarschaftsstreitigkeiten aufbraucht, die ihre Außenpolitik seit Dekaden begleiten. Das Ziel müsse es daher sein „Null Probleme mit Nachbarn“ zu haben, gab Davutoglu vor. Doch die Wirklichkeit hinkt dem Anspruch oft hinterher. Das spannungsgeladene Verhältnis mit Griechenland bleibt von alten Konflikten gezeichnet, die Annäherung an Armenien versandete im Gestrüpp innenpolitischer Rücksichtnahmen. Prächtig entwickelten sich hingegen die türkisch-syrischen Beziehungen. Mit dem Regime in Damaskus kam man in Ankara bis vor kurzem bestens aus.

    Inzwischen hat zwar auch der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan die Gewalt des syrischen Regimes gegen das Volk verurteilt, doch die klaren Worte kamen auffallend zögerlich und spät. Überraschend war das nicht, denn für Ankara steht viel auf dem Spiel. Sollte das Regime in Damaskus fallen, fiele zumindest kurzfristig auch ein wichtiger politischer Verbündeter Ankaras aus.

    Das türkische Verhältnis zu Syrien hat sich in den vergangenen Jahren in dem gleichen Maße verbessert, wie sich die Beziehungen zu Israel verschlechterten. Stand man noch 1998 kurz vor einem Krieg wegen der syrischen Unterstützung für die kurdische Terrororganisation PKK und ihren Führer Öcalan, hält man inzwischen gemeinsame Manöver ab. Erdogan bot dem syrischen Präsidenten Assad, zeitweilig durchaus mit Erfolg, Vermittlungsdienste bei der „Resozialisierung“ Syriens in die Staatengemeinschaft an. Das brachte Erdogan auch innenpolitisch Pluspunkte, denn eine Annäherung an Syrien kommt bei der anatolischen Basis seiner Partei, der AKP, weitaus besser an als das einstige kemalistische Elitenprojekt einer Kooperation mit Israel.

    „Freundschaftsdamm“ zwischen Syrien und der Türkei

    Auch wirtschaftlich sind sich Syrien und die Türkei sehr nahe gekommen. Der alte, in seiner politischen Sprengkraft kaum zu unterschätzende Streit um Wasserrechte soll durch den gemeinsamen Bau eines „Freundschaftsdamms“ am Asi Nehri (dem Orontes der Antike) entschärft werden. Seit im Jahr 2007 das türkisch-syrische Freihandelsabkommen in Kraft trat, zeichnet sich allerdings eine wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit Syriens von der Türkei ab. So importierte Syrien im Jahr 2009 Waren im Wert von mehr als 1,1 Milliarden Dollar aus der Türkei, führte aber nur Erzeugnisse im Wert von gut 210 Millionen Dollar in die Türkei aus. Von einigen syrischen Geschäftsleuten hört man die Klage, die Wirtschaft Syriens sei dem moderneren und wendigeren Unternehmertum der Türken nicht gewachsen und werde überrollt. Die meisten Bürger stört das wenig. Vor allem in Grenzprovinzen wie Antakya und Aleppo blüht der Handel.

    via Die Türkei und Syrien: Ankaras Sorge um die neue Freundschaft – Arabische Welt – Politik – FAZ.NET.

  • Informationsmanagement der Zukunft

    Informationsmanagement der Zukunft

    Informationsmanagement der Zukunft

    Veröffentlicht in Sicherheitspolitik, Afghanistan, Informationsmanagement, Innere Sicherheit, Strategie, Äußere Sicherheit von analyticsdotcom am 20/04/2011

    Nicht nur für Militärs geeignet

    „Ich kann also sagen: Kenne deinen Feind und dich selber, dann wirst du in hundert Schlachten nicht einmal besiegt werden. Kennst du den Feind nicht, wohl aber dich selbst, dann steht es auf der Kippe. Weißt du nichts über deinen Feind und nichts über dich selbst, dann sei sicher, dass du jede Schlacht verlierst.“ So der chinesische General und Militärstratege Sun Tzu (500 v. Chr.) in seinem Werk „Die Kunst des Krieges“. Heute ist das Werk aktueller denn je, denn Sun Tzu beschreibt hier mit einfachen Worten das Thema „Informationsüberlegenheit“.

    Informationsüberflutung und interessanterweise auch Informationsmangel an Stelle von intelligentem Informationsmanagement beherrschen heutzutage oftmals kurz-, mittel-, und langfristige Entscheidungen. Man glaubt, vermutet und schätzt und fällt auf dieser Basis Entscheidungen. Oder auch nicht, weil man sich vielleicht eine Blamage ersparen möchte auf Grund mangelnder Informationen. Oder Fakten werden geleugnet bzw. ignoriert. Anstatt Wissen herrscht eher Unwissen und Unsicherheit vor – nicht immer, aber sehr oft. Zukünftig werden nicht unbedingt große oder staatliche Organisationen die „Informationsüberlegenheit“ haben, sondern schnelle, schlanke, selbst-lernende und unbürokratische Organisationen, die sich diszipliniert intern einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess verbunden fühlen – einer Art „interner Corporate Identity“. Eine Organisation, die dazu nicht die Befähigung hat oder zukünftig entwickelt, wird nicht überleben.

    Vernetzte Operationsführung ist intelligentes Informationsmanagement

    Jeder der schon einmal die Gelegenheit hatte eine bunt bebilderte Darstellung von zukünftiger „Vernetzter Operationsführung“ (NetOpFü), im englischen Sprachraum mit „Network Centric Warefare“ (NCW) bezeichnet, in Ruhe zu betrachten und sich die beabsichtigten oder zukünftigen Informationsbeziehungen zwischen ganz unterschiedlichen Sensoren und Effektoren – vom Satelliten, bis zur Fregatte, vom Handheld Device des Spähtrupps bis zu einer Feuerleitzentrale oder zu einem Kampfhubschrauber zu betrachten, weiß um die technische Komplexität des Daten- und Informationsaustausches.

    Wenn man solche technischen Darstellungen, die nicht selten eher zur Verwirrung als zur Klärung beitragen, jedoch von einer nächst höheren Abstrahierungsebene betrachtet, wird deutlich, dass eine rein militärische Betrachtung von Informationen, Informationsflüssen bzw. einer Operationsführung zum Scheitern verurteilt ist, wenn nicht auch andere Dinge und Informationen berücksichtigt werden, die in ein Gesamtbild einfließen müssen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dies gilt nicht nur für militärische Operationen, sondern grundsätzlich für alle Entscheidungen, deren Auswirkung einen etwas größeren Bedeutungskreis umfasst, sei es national oder international.

    Dabei ist nicht nur die intelligente Informationssammlung von Bedeutung, sondern nicht minder die intelligente Informationsaufbereitung in der Form, dass auf der jeweiligen Entscheiderebene bzw. Bedarfsträgerebene möglichst nur die Information sichtbar ist, die tatsächlich auch benötigt wird. Alles andere würde entweder zu einer Informationsüberflutung oder zu einer Minderinformation führen, die für den jeweiligen, ebenengerechten Bedarfsträger nur einen eingeschränkten oder sogar keinen Nutzen bringen würde.

    Abschreckendes Informationsmanagement: Afghanistan

    Der aktuelle Krieg in Afghanistan dauert mittlerweile 10 Jahre. Afghanistan hat seit ungefähr 1978 – also seit über dreißig Jahren – ganz unterschiedliche bewaffnete Konflikte erlebt. Analysen über ein ganzheitliches Informationsmanagement der Koalitionskräfte in dem aktuellen Konflikt haben gravierende Defizite offen gelegt. Dazu gehören beispielsweise:

    • mangelhafte Informationsflüsse sowohl innerhalb der Koalitionskräfte und Sicherheitsorgane sowie zwischen den über 40 Koalitionskräften
    • mangelhafte Informationsflüsse von ziviler Seite, wie beispielsweise NGOs, Entwicklungshilfeorganisationen, UN-Mitarbeitern und anderen zivilen Akteuren
    • Unkenntnis über die wirtschaftliche Lage in den diversen Regionen
    • Unkenntnis über soziale Strukturen, religiöse Führer vor Ort, Clan-Strukturen und  sonstige Machtverhältnisse
    • Unkenntnis über lokale Ökonomie und Landbesitzer
    • Unkenntnis über Drogenhandel
    • Unkentnis über Finanzflüsse, regional als auch weltweit
    • Unkenntnis über Entwicklungsprojekte in der Vergangenheit oder über geplante  Entwicklungsprojekte

    Es war nicht immer so, dass diese Informationen überhaupt nicht vorhanden waren. In vielen Fällen waren die Informationen schon „irgendwo“ vorhanden, jedoch nicht sinnvoll zusammengefügt zu einem gemeinsamen Lagebild. Die militärische Seite interessierte sich zunächst nicht für „zivile“ Informationen und die zivile Seite wie NGOs erhielt – in den Natur der Sache liegend – kaum oder keine Hinweise von militärischer Seite, wobei der letztgenannte Punkt noch mit Verständnis verbunden ist, was gebotene Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung anbelangt.

    Ob das Verknüpfen und Verbinden diverser Informationsquellen und Informationsnetze der beteiligten Player in Afghanistan in dem teilweise schon aktiven AFGHAN MISSION NETWORK (AMN) die Erwartungshaltung sowohl der militärischen Seite als auch der politischen (zivilen) Seite für ein weitgehend durchgängiges und umfassendes Lagebild erfüllen wird bleibt abzuwarten. Nur Eines ist bereits heute sicher: Das AMN wurde nicht ins Leben gerufen, um zivile Organisationen beim Informationsmanagement unterstützen, sondern um für die beteiligten Streitkräfte und Sicherheitsorgane ein Informationsnetzwerk aufzubauen – mit all den Problemen unterschiedlicher Vertraulichkeitseinstufungen.

    Mit dieser Feststellung ist ein Lagebild über ein Land oder über eine Region nur eingeschränkt nutzbar, was ja durchaus verständlich sein kann, was bestimmte Vertraulichkeiten anbelangt, hilft aber nicht wirklich weiter, was beispielsweise entwicklungspolitische Entscheidungen oder sonstige Informationsbedürfnisse Dritter anbelangt. Als Grundlage für eine vernetzte Operationsführung bzw. für das Informationsmanagement im militärischen Sinne mag es hilfreich und unterstützend sein. Für einen allumfassenden Ansatz, für einen sogenannten „comprehensive approach“ ist dies jedoch viel zu kurz gedacht.

    Nachfolgend sollen einige zukünftige Entwicklungen modernen Informationsmanagements skizziert werden. Informationsmanagement wird sich zukünftig weder regional beschränken, noch sich auf bestimmte Arten von Informationen reduzieren. Es ist auch nicht erforderlich die Informationen und deren Verwendung in eine Art schwarz-weiß-Raster zwangsläufig zivilen oder militärischen Bedürfnissen zuzuordnen. Zukünftiges vernetztes militärisches Informationsmanagement, innen- und außenpolitische Entscheidungen bis hinein in die Regionalpolitik, nationale oder internationale, wirtschaftliche Bedarfsträger werden sich mit diesen zukünftigen Entwicklungen des Informationsmanagements auseinandersetzen müssen.

    Informationsmanagement 2020

    Angesicht des weltweit immer mehr ansteigenden Bedarfes qualifizierter und verifizierter Informationen und Daten sind folgende 10 Trends im Informationsmanagement erkennbar:

    (1) Immer mehr Daten und Informationen werden geo-codiert und zeit-codiert, um diese dann möglichst präzise Lokationen sowie zeitlichen Abläufen weltweit zuordnen zu können.

    (2) Daten und Informationen werden zukünftig immer stärker nach gewissen, internationalen Normen strukturiert gespeichert werden.

    (3) Die Kopplung der Informationen an geografische Informationssysteme wird immer stärker erfolgen.

    (4) Deutlich über 90% aller Daten und Informationen werden sogenannte „offene Informationen“ sein, die originär an anderer Stelle bereits vorhanden sind, und nicht selten in sogenannter „nicht-strukturierter Form“ vorliegen.

    (5) Große Datamining-Server werden diese Daten und Informationen hosten. Dies kann aus Sicherheitsgründen und Gründen der Verfügbarkeit auch in sogenannten „Clouds“, also auf geographisch nahezu beliebig verteilten Servern erfolgen.

    (6) Mathematische Analyseverfahren in Kopplung mit geografischen Informationssystemen werden immer stärker eingesetzt werden, um regionale, überregionale oder globale Entwicklungen vorauszusagen (Trendvorhersage). Diese kann beliebige soziale oder ökonomische Entwicklungen umfassen, wie auch die Entwicklung, wie z.B. von Kriminalität von einer internationalen Länderebene bis hinunter auf einzelne Stadtteile oder Straßenzüge, ganz nach Anforderung des Bedarfsträgers. Die Entwicklung von möglichen internationalen Länderrisiken (Kriege, Bürgerkriege, Unruhen etc.) und das damit verbundene kontinuierliche Monitoring und sich entwickelnder „Hot Spots“ wird weiterhin an Bedeutung gewinnen für Wirtschaft und Politik.

    (7) Nahezu beliebige Abfrage- und Korrelationsmöglichkeiten von strukturierten Daten werden frühzeitig wirtschaftliche und politische Entwicklungen geografisch sichtbar machen, die bisher nur Wenigen zur Kenntnis gelangten.

    (8) Über Standard Webbrowser werden ein Teil dieser strukturierten Informationen der Öffentlichkeit unentgeltlich über das Internet verfügbar sein. Ein wesentlicher Teil wird als Bezahlsystem in unterschiedlichen Modulen zivilen und militärischen Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt werden. Ein neuer Milliarden-Markt des weltweiten Informationsmanagements entsteht, deren Erschließung für einzelne Bedarfsträger aus Ressourcen- und Datenpflegegründen kaum zu leisten ist.

    (9) Viele Daten und Informationen werden zukünftig über mobile Systeme, wie z.B. Smartphones, iPod, Mobiltelefone, Netbooks oder Tablets in Near-Realtime in die Informationsmanagementsysteme mit GPS-Daten geocodiert eingespielt werden. Nur Sekunden später sind die Informationen für den oder die Bedarfsträger sichtbar – weltweit.

    (10) Es wird zünftig Tausende von angestellten oder auch selbständigen „Location Finder“ oder „Information Finder“ weltweit geben, die über geeignete „trusted procedures“ Daten und Informationen in die Informationsmanagementsysteme einspielen, Texte, Bilder und sonstige Informationen, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage pro Jahr.

    Informationsmanagement wird sich zukünftig zu einer ganz anderen Qualität entwickeln, sowohl für wirtschaftlich-unternehmerische, politische und militärische Belange. Wer intelligentes Informationsmanagement zu nutzen weiß, wird überlegen sein. Wer es nicht zu nutzen weiß, wird auf der Verliererseite stehen. Die einleitenden Worte Sun Tzu’s haben eine Bedeutung erlangt, die er als Militärstratege vor über 2500 Jahren kaum hätte abschätzen können.

    © Ralf R. Zielonka
    Bonn, 20. April 2011

     

  • Ankara alarmiert über Lage in Syrien

    Ankara alarmiert über Lage in Syrien

    von Markus Bernath aus Istanbul | 26. April 2011, 18:20

    * Artikelbild: Offensichtlich ignoriert: Assad nahm Aufforderungen des türkischen Premiers Erdogan zu Reformen im vergangenen Februar nicht ernst. – Foto: REUTERS/Osman Orsal

    Offensichtlich ignoriert: Assad nahm Aufforderungen des türkischen Premiers Erdogan zu Reformen im vergangenen Februar nicht ernst.

    *

    Assad enttäuscht die türkische Führung: „Er hat nicht auf uns gehört“

    Angesichts der wachsenden Unruhen im Land ist Syrien nun zur Top-Priorität der türkischen Außenpolitik geworden. Ankara rief zu Wochenbeginn seinen Botschafter in Damaskus zu Konsultationen zurück. Ömür Önhon war zuvor vom syrischen Premier Adel Safar empfangen worden. Die Türkei, die eine knapp 900 Kilometer lange Grenze zu Syrien hat, richtet sich auf einen denkbaren Ansturm von Flüchtlingen ein und versucht zugleich die Folgen einer länger anhaltenden Regimekrise abzuschätzen.

    Vertreter des Außenministeriums in Ankara kritisieren hinter vorgehaltener Hand Syriens Staatschef Bashar al-Assad für dessen halbherzige Reformschritte und die gewaltsame Niederschlagung von Demonstrationen. Bereits im vergangenen Februar hatte der türkische Premier Tayyip Erdogan bei einem Besuch in Damaskus Assad zu mehr Beweglichkeit aufgerufen. „Er hat damals nicht auf uns gehört. Er verzögerte viele Reformen, was zur heutigen Situation führte“, zitierte die englische Ausgabe von Hürriyet am Dienstag einen ungenannten Außenamtsvertreter. Vor Journalisten in Istanbul hatte ein hochrangiger türkischer Diplomat vor einigen Wochen die besondere Vorsicht Ankaras angesichts der Krise im Nachbarland erklärt: „Wir würden unsere Beziehungen zu Syrien gern behalten, zumal wir lange Zeit keine hatten.“

    Syrien war während des Kalten Kriegs im Lager der Sowjetunion und gewährte der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den 1980er- und 1990er-Jahren Unterschlupf. 1998 wäre es deswegen fast zu einem Krieg zwischen der Türkei und Syrien gekommen.

    Damaskus warf die PKK dann aus dem Land, was den Weg für eine Öffnung zur Türkei freimachte. Ankara hatte damals beträchtlichen Einfluss auf Assad und trat – mit unterschiedlichem Erfolg – als Vermittler zwischen Syrien und den Nachbarn Israel oder Irak auf, meint der Politologe und Nahostexperte Recep Boztemur von der Middle East Technical University in Ankara. Die jetzige Regimekrise mache es jedoch schwierig für die Türkei, Assad zu unterstützen oder beeinflussen zu wollen. Ankaras Politik der „null Probleme mit den Nachbarn“ und der Versuch einer Vorreiterrolle in der islamischen Welt würden scheitern, breche erst einmal Chaos in Syrien aus, sagt er voraus. (Markus Bernath aus Istanbul, STANDARD-Printausgabe, 27.04.2011)

    via Ankara alarmiert über Lage in Syrien – Syrien – derStandard.at › International.

  • Einladung: „In Zukunft Frieden – Feinde von gestern, Partner von morgen“

    Einladung: „In Zukunft Frieden – Feinde von gestern, Partner von morgen“

    Einladungsschreiben PV Köln-Bethlehem

     

    Einladung

     

    zur Podiumsdiksussion

    der Deutschen Initiative für den Nahen Osten unter dem Titel

    „In Zukunft Frieden –
    Feinde von gestern, Partner von morgen“

    am 8. Mai 2011 um 19:00 Uhr in der Residenz am Dom

    Anmeldungen bis zum 06. Mai 2011

    bei

    Heinz-Rudolf Hönings
    – Geschäftsführer –

    = = = = = = = = = = = = = = = =

    Verein zur Förderung
    der Städtepartnerschaft Köln-Bethlehem
    Heinz-Rudolf Hönings
    Gasstraße 60
    42657 Solingen
    (0212) 247 48 61
    (0170) 200 62 14
    koeln-bethlehem@hoenings.net

  • Naher und Mittlerer Osten brennen – Krisenregion außer Kontrolle?

    Naher und Mittlerer Osten brennen – Krisenregion außer Kontrolle?

    Ralf R. Zielonka:
    Naher und Mittlerer Osten brennen – Krisenregion außer Kontrolle?

  • Türkei holt 300 Schwerverletzte aus Libyen ab

    Türkei holt 300 Schwerverletzte aus Libyen ab

    Bengasi (dpa) – Die Türkei bringt 300 Schwerverletzte aus der belagerten libyschen Stadt Misurata und der Rebellenhochburg Bengasi zur Behandlung ins Ausland. Türkische Regierungsbeamte und Helfer des Roten Halbmondes holten die Opfer der Kämpfe am Sonntag mit der Seefähre «Ankara» ab. Sie sollten noch am späten Abend die 40 Stunden dauernde Überfahrt nach Izmir beginnen, wie ein türkischer Diplomat im Hafen von Bengasi sagte.

    Jubelnde Libyer erwarteten die türkische Seefähre und die Verletzten aus Misurata im Hafen von Bengasi. «Misurata wird jeden Tag mit Granaten beschossen. Die Stadt wird seit 40 Tagen belagert. Was passiert, ist wirklich eine Katastrophe», sagte eine Sprecherin der Aufständischen. Zahlreiche Häuser seien in Brand gesetzt worden. Frauen und Männern würden misshandelt.

    English:

     

  • Arabische Revolutionen und die Türkei

    Arabische Revolutionen und die Türkei

    Erdogans Dilemma

    Die türkische Regierung bemüht sich weiter um gute Kontakte zu den Machthabern in Syrien und Libyen. Ein Grund dafür sind wirtschaftliche Interessen. VON JÜRGEN GOTTSCHLICH

    Tete-à-tete in Tripolis im November 2009: Tayyip Erdogan und Muammar al Gaddafi. Foto: reuters
    Tete-à-tete in Tripolis im November 2009: Tayyip Erdogan und Muammar al Gaddafi. Foto: reuters

    ISTANBUL taz | „Die Türkei“, sagt Soli Özel, Nahostexperte der renommierten Kadir-Has-Universität, „ist in einem großen Dilemma“. Seit in der arabischen Welt die Menschen gegen ihre Diktatoren aufbegehren, weiß Ankara nicht, „ob es die Demokratiebewegungen unterstützen soll, oder sich doch lieber mit den Machthabern weiter gutstellt“.

    Hatte Ministerpräsident Tayyip Erdogan seinen ägyptischen Kollegen Husni Mubarak noch als einer der ersten aufgefordert, dem Willen des Volkes nachzugeben und sich zurückzuziehen, blieb die Regierung stumm, als saudische Truppen nach Bahrein marschierten. Als die iranische Opposition zur Unterstützung der Ägypter auf die Straße ging, saß der türkische Präsident Abdullah Gül am selben Tag mit seinem iranischen Kollegen Mahmud Ahmadinedschad zusammen, um über den Ausbau der beiderseitigen Handelsbeziehungen zu beraten.

    Diese Widersprüche erreichten mit dem Aufstand in Libyen einen neuen Höhepunkt. Plötzlich gehörte die türkische Regierung nicht mehr zu den Demokratieexporteuren, sondern warnte vor Chaos, falls Gaddafi gestürzt werden sollte. Die Türkei hat seit langem große ökonomische Interessen in Libyen. Schon vor zwanzig Jahren holte Gaddafi als einer der ersten Baufirmen vom Bosporus für große Infrastrukturprojekte ins Land.

    Daraus wurde ein gewaltiger Markt. Als der Aufstand losbrach, musste die Türkei 30.000 Landsleute evakuieren. Milliardenaufträge stehen auf dem Spiel. Kein Wunder, dass Erdogan massiv gegen eine militärische Intervention opponierte und bis heute den Kontakt zu Gaddafi aufrecht erhält.

    Obwohl Ankara in der Frage des Nato-Kommandos für die Luftüberwachung in Libyen nachgab und damit den Weg für die Nato als Führungsinstitution frei machte, setzt die türkische Regierung auf eine Verhandlungslösung. Wie ein Sprecher des Außenministeriums kürzlich erläuterte, hat die Türkei immer noch eine diplomatische Vertretung in Tripolis und gleichzeitig Diplomaten in Bengasi.

    Ankara hat sich bereit erklärt, mit eigenen Soldaten die Sicherung des Flug- und Seehafens in Bengasi zu übernehmen, um über Luft- und Seewege Lebensmittel und humanitäre Güter ins Land zu bringen. In London bot Außenminister Ahmet Davutoglu aber auch noch einmal an, türkische Diplomaten könnten als Vermittler zwischen den Aufständischen und Gaddafi tätig werden, um einen friedlichen Übergang auszuhandeln.

    Freundschaftliches Verhältnis auch zu Syrien

    Ankara ist sehr dafür, Gaddafi die Möglichkeit eines Exils ohne Strafandrohung in Den Haag einzuräumen. „Nur so kann man weiteres Blutvergießen verhindern“, ist ein Sprecher des Außenministeriums überzeugt.

    Ob nun auf türkische Vermittlungsangebote eingegangen wird oder nicht, mit humanitärer Hilfe für die Aufständischen und gleichzeitiger Aufrechterhaltung des diplomatischen Kanals zu Gaddafi: die türkische Regierung hat sich in Libyen leidlich aus dem von Experten beschriebenen Dilemma herausgezogen.

    Richtig brenzlig für die Türkei wird es aber jetzt in Syrien. Verglichen mit Syrien sind Ägypten und Libyen weit weg. Syrien aber ist direkter Nachbar und außerdem der wichtigste Partner der Erdogan-Regierung für die neue, nach Osten ausgerichtete Außenpolitik der AKP.

    Nach langen Jahren eines Kalten Krieges zwischen der Türkei und Syrien hat Erdogan den Ballast der Vergangenheit beiseite geräumt und zu Baschar al-Assad eine geradezu freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. Assad hatte Erdogan gebeten, zwischen Syrien und Israel zu vermitteln und die Türkei damit erstmals als Regionalmacht aufgewertet.

    Mit Assad hat Erdogan weitreichende Wirtschaftsabkommen abgeschlossen, es war sogar die Rede von einer Freihandelszone zwischen Syrien, Jordanien, Libanon und der Türkei, die zur Keimzelle einer Nahost-Wirtschaftsgemeinschaft werden sollte. Die Türkei schaffte die Schlagbäume zu Syrien ab, die Grenze kann heute von beiden Seiten ohne Formalitäten passiert werden.

    Mit anderen Worten: Assad ist die Schlüsselfigur für die türkische Nachbarschaftspolitik in der Region. Entsprechend besorgt blickt die Regierung auf die Zusammenstöße in Syrien. Erdogan und Davutoglu haben Assad beschworen, durch eine konsequente Reformpolitik wieder selbst die Offensive zu ergreifen. Mit der Ankündigung, den seit 48 Jahren bestehenden Notstand aufheben zu wollen, hat Assad einen ersten Schritt gemacht. Auf die türkische Regierung können Protestler in Syrien nicht hoffen. Erdogan wird Assad stützen, solange es geht.

    via Arabische Revolutionen und die Türkei: Erdogans Dilemma – taz.de.

  • Libyen: Türkei will Flughafen Bengasi übernehmen

    Libyen: Türkei will Flughafen Bengasi übernehmen

    Die Türkei will in Libyen die Kontrolle über den Flughafen der Rebellenhochburg Bengasi übernehmen, um von dort aus humanitäre Hilfe für das nordafrikanische Land zu koordinieren. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan sagte, dies eine von drei Aufgaben, zu denen sich sein Land bei dem von der NATO geführten Einsatz bereit erklärt habe.

    Als weitere Punkte nannte er Luftüberwachung und den Einsatz der Marine zur Durchsetzung des Waffenembargos, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Zudem will die türkische Regierung nach Berichten vom Wochenende eine baldige Waffenruhe in Libyen vermitteln. Ankara strebt also eine führende Rolle im Libyen nach Muammar al Gaddafi an.

    Rebellen stoßen weiter nach Westen vor

    Unterstützt von Luftangriffen der internationalen Militärallianz rückten derweil libysche Rebellen weiter nach Westen vor und erreichten die Heimatstadt des Machthabers Gaddafi. Einige Rebellen feierten schon die Einnahme von Sirte. Entsprechende Berichte konnten jedoch nicht bestätigt werden.

    Libyscher Auständischer mit einem Geschütz (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Vormarsch Richtung Westen – die Rebellen melden täglich neue Erfolge gegen Machthaber Gaddafi. ]

    Augenzeugen in Sirte sagten, am Morgen seien Kampfflugzeuge und Einschläge zu hören gewesen. Auf den Straßen werde jedoch nicht gekämpft, und auch Rebellen seien nicht zu sehen gewesen. Die Stadt liegt auf halbem Weg zwischen dem von Rebellen kontrollierten Osten und dem von Gaddafi gehaltenen Gebiet im Westen entlang der Mittelmeerküste. Es wird erwartet, dass die Einnahme der Stadt, die als Hochburg von Gaddafis Anhängern gilt, für die Rebellen schwierig wird.

    Die Eroberung der Stadt wäre ein wichtiger Sieg für die Rebellen und würde ihnen den Weg nach Tripolis und in die von ihnen gehaltene Stadt Misrata öffnen. Dort berichteten Einwohner von Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungstruppen. Gaddafi hatte einen Aufstand in Misrata zuvor brutal niedergeschlagen. Am Wochenende hatte laut einem Bericht des staatlichen libyschen Fernsehens die internationale Militärallianz erstmals Luftangriffe auf die Stadt geflogen.

    via Libyen: Türkei will Flughafen Bengasi übernehmen | tagesschau.de.

  • Murat Çakır Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?

    Murat Çakır Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?

    Murat Çakır
    Ägypten: Ein echter Sieg, aber wie weiter?
    Einige Gedanken über das neue Ägypten nach Mubarak
    16. Februar 2011
    Nach 1989 ist es wohl das zweite Mal, in der die Zeit in einem solch rasanten Tempo voranschreitet. Wenn Massen in Bewegung geraten, scheint es so, als ob die Welt aus ihren Fugen geraten ist. Nachrichten veralten in Minutentakt. Analysen und Kommentare sind schon überholt, noch ehe sie gedruckt werden können.
    Genau daran musste ich denken, als ich meine Gedanken über die Ereignisse nach dem Flucht Hüsnü Mubaraks aus Kairo niederschreiben wollte. Agenturen meldeten schon seinen Rücktritt. In den Fernsehnachrichten wurden Liveaufnahmen von Menschen gezeigt, die auf dem Tahrir Platz, welcher zu einem Ehrenmonument des ägyptischen Volkes geworden war, sangen und feierten. Von den Ereignissen überwältigte JournalistInnen kommentierten enthusiastisch die Bilder: »Das ägyptische Volk hat das Regime niedergerissen«.
    Ohne Zweifel ist der Abgang eines weiteren Despoten im arabischen Raum ein Grund zur Freude. Die Siegesfreude der Millionen ist allzu berechtigt. Jedoch ist auch die Frage berechtigt, ob das Regime wirklich »niedergerissen« wurde und wie das neue Ägypten nach Mubarak nun aussehen wird. Denn wohin die Reise geht, ist noch offen.
    Die Entwicklung in Ägypten wird den gesamten Nahen Osten verändern – darin sind sich wohl alle Nahost – ExpertInnen einig. Festzustellen ist zuerst, dass für die Völker im Nahen Osten eine psychologische Hemmschwelle überwunden ist, welches quasi eine Ewigkeitsklausel für die arabischen Herrscher markierte. Die Proteste z.B. in Jemen, Jordanien oder Algerien zeigen, dass sich die arabischen Herrscher ihrer Sache nicht mehr ganz sicher sein können und diese Entwicklung für die übrigen Länder der Region nicht ohne Wirkung bleiben wird.
    Genau diese Tatsache ist aber m. E. der Grund dafür, dass der weitere Prozess in Ägypten ab sofort nicht alleine von den inneren Dynamiken, sondern vor allem von den Einflüssen der internationalen Politik wesentlich bestimmt sein wird. Wie die Bevölkerungsmassen und die noch nicht gefestigte Opposition darauf reagieren werden, steht noch nicht fest. Dennoch lohnt sich, jetzt eine Zwischenbilanz zu ziehen.
    Ein grandioser Sieg der Spontaneität
    Das ägyptische Volk ist für seinen Sieg über Mubarak zu beglückwünschen. Chapeau! In den Ereignissen der letzten Wochen hat die arabische Welt eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Bevölkerungsmassen, denen im Westen allzu gern die Demokratiefähigkeit abgesprochen und im sarrazinischen Manier ein Hang zum Fundamentalismus bescheinigt wird, ohne Gewaltanwendung, friedlich und ohne die Unterstützung westlicher Regierungen, langjährige Tyrannen binnen kurzer Zeit entthronen können. Mit ihren, in der arabischen Welt selten beobachteten Beharrungsvermögen hat die ägyptische Bevölkerung einen Präzedenzfall geschaffen, der für den gesamten Nahen Osten ein Vorbild und Aufbegehrungsmotivation sein wird.
    Der ägyptische Aufstand hat m. M. n. zudem zwei Krisen zu Tage gefördert, die für die Deutung des weiteren Prozessverlaufs von Bedeutung sind: die Hegemoniekrise des Westens und die Einflusskrise des politischen Islams. Zahlreiche Kommentare von DemonstrantInnen auf dem Tahrir Platz und anderen Orten belegen das erstere: »Der Westen soll sich nicht einmischen. Es reicht, wenn sie Mubarak und anderen Despoten die Unterstützung verweigern« war überall zu hören. Ähnliches konnte man aus den Interviews mit ägyptischen Intellektuellen vernehmen. Die Tatsache, dass die USA und die europäischen Regierungen die tyrannischen Regime Jahrzehntelang unterstützt und gemästet haben, und den arabischen Völkern islamistische Tendenzen zusprachen, kann mit Solidarisierungserklärungen westlicher Staatsoberhäupter oder den Versprechungen, die Gelder aus den Konten der gestürzten Herrschern, die eh den Völker gehören, an sie zurückgeben zu wollen, nicht einfach aus dem Gedächtnis des Nahen Ostens getilgt werden. Der Westen hat seine Chance verpasst, wie der ägyptische Politikwissenschaftler Amr Hamzawy am 10. Februar 2011 in der taz betonte.
    Eine Studie des Brookings Institute vom August 2010 belegt, wie sehr die Bevölkerungen in den arabischen Ländern dem Westen misstrauen. Laut dieser Studie sollen rund 88 Prozent der befragten Personen Israel und 77 Prozent die USA als eine Bedrohung für ihre Zukunft ansehen. Eine große Mehrheit (57 Prozent) seien zudem der Auffassung, dass eine mögliche nukleare Bewaffnung Irans ein Sicherheitsschirm gegen die aggressive US-Politik bedeuten könnte. (Quelle: Noam Chomsky, http://zcommunikations.org) Selbst wenn der Westen alte und neue Autokraten, Diktaturen und Monarchien nicht weiter unterstützt, wird ihre von Wirtschaftsinteressen geleitete Politik die Sympathien der arabischen Bevölkerung nicht wieder erlangen können.
    Entgegen den im Westen geäußerten Befürchtungen konnten islamistische Kräfte keinen Boden gewinnen. Sowohl in Tunesien, als auch in Ägypten, wo die Organisation der Muslimbrüder sich erst am dritten Tag und sehr zögerlich zu den Demonstrationen gesellte, war eine »Islamisierung« der Bewegung nicht möglich. Im Gegenteil; die überwiegende Mehrheit lehnte es ab, von islamistischen Kräften geführt zu werden. Koptische ChristInnen und MuslimInnen standen Schulter an Schulter und bewiesen so, dass der Anschlag auf die koptische Kirche in der Silvesternacht keine Zustimmung in der Mehrheitsbevölkerung findet.
    Gerade die Muslimbrüder, die es versäumt haben, sich um die sozialen Probleme der Menschen zu kümmern, bekamen von der Bevölkerung die Rechnung dafür präsentiert. Die ägyptische Öffentlichkeit hatte nicht vergessen, dass die Muslimbrüder, während sie die Korruption, Armut und prekäre Arbeitsverhältnisse nicht ein einziges Mal öffentlich anprangerten, gleichzeitig den seit 2007 in den Bereichen der Post, Finanz- und Textilwirtschaft entstandenen ArbeiterInnenbewegung und ihren Streiks stets die kalte Schulter gezeigt haben. Meines Erachtens ist das der eigentliche Grund dafür, weshalb sie trotz ihrer organisierten Anhängerschaft keinen Führungsanspruch stellen wollten bzw. konnten. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass der politische Islam, der in Ägypten die sozialen Forderungen der Bevölkerung nicht angemessen vertrat und sich damit begnügte, im eigenen Milieu neue Mittelschichten zu produzieren, sich entzaubert hat und es nicht einfach haben wird, im weiteren Prozess ihren Einfluss zu erhöhen. Dies ist im Übrigen auch der beste Beweis dafür, dass mit der einfachen Aussicht auf demokratische Freiheiten, sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung jede antidemokratische, autoritäre und fundamentalistische Bewegung von der Bevölkerung selbst in seine Schranken verwiesen werden kann.
    Aus den Ereignissen in Ägypten lassen sich auch Erkenntnisse über die Spontaneität von Massenbewegungen gewinnen. Selbst aus einer fernen Betrachtung werden die Stärken und Schwächen der Bewegung deutlich. Glaubt man der Berichterstattung unterschiedlicher Quellen, waren vor allem unorganisierte, gut ausgebildete und nach demokratischen Freiheiten hungrige junge Menschen der Motor der Veränderungen. So wie es aussieht, sind das junge AraberInnen, die die neuen Kommunikationstechnologien bestens nutzen können, diese als Instrument der Organisation von Demonstrationen einsetzen, mindestens eine Fremdsprache sprechen und die Entwicklungen weltweit verfolgen. Ihr Freiheitsdrang und die Suche nach Auswegen aus der Perspektivlosigkeit wurden mit den Bildern aus Tunesien schlagartig zum Katalysator für ihr öffentliches Aufbegehren. So motivierten und ermutigten sie die ägyptischen Mittelschichten und ArbeiterInnen, mit denen die Protestbewegung eine ungeahnte Dynamik gewann.
    Dem gegenüber konnten die, vom Regime Jahrelang in Schach gehaltenen Oppositionskräfte, besonders die marginale ägyptische Linke, die schwache Gewerkschaftsbewegung, aber auch die starken Muslimbrüder, die Führung der Bewegung nicht übernehmen. Das gilt übrigens auch für die Vertreter der bürgerlichen Kräfte wie Muhammed El Baradei oder dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Musa. Obwohl die letztgenannten international bekannt sind und auch in der ägyptischen Öffentlichkeit durchaus geschätzt werden, konnten sie sich nicht an die Spitze der Bewegung setzen. Aber auch die Jugendbewegung 6. April, die 2008 als Solidarisierungsaktion mit den TextilarbeiterInnen in Mahalla El Kubra gegründet wurde und die 2004 von unterschiedlichen Gruppen gegründete Kefaye (»Es reicht«) Bewegung konnten, obwohl sie von Anfang an auf den Straßen waren, die Massen nicht kontrollieren.
    Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in der ägyptischen Öffentlichkeit gegen die »Jugendbewegung 6. April« und »Kefaye Bewegung« Beschuldigungen laut geworden sind, mit denen ihnen Zusammenarbeit mit US-Behörden vorgeworfen werden. Der türkische Kolumnist Ahmet Kaplan, ein Kenner Ägyptens, wies in diesem Zusammenhang auf die Wikileaks-Veröffentlichungen hin. ) Laut Kaplan sollen die Führungspersönlichkeiten des »6. April« engen Kontakt zum US-Botschafter in Kairo unterhalten. Seit ihrer Gründung in 2008 gäbe es Unterstützung des US-Außenministeriums. Ihre Teilnahme an dem Alliance of Youth Movements und die Ausbildung ihrer AktivistInnen durch das CIA-Institut Freedom House wären seit langem bekannt. Kaplan zu Folge würde die Website des »6. April« über Alliance of Youth Movements von der US-Administration finanziert.
    Auch die »Kefaye Bewegung« würde auf US-Unterstützung zählen. So bekämen sie von Peter Ackermann, eine Führungspersönlichkeit im Counsil of Foreign Relations und des CATO-Instituts, große Unterstützung. Laut eines Bericht des Freedom House ) nahmen mehrere NGO-AktivistInnen aus Ägypten an Seminaren mit hochrangigen US-amerikanischen und europäischen Persönlichkeiten teil. Gespräche habe es auch mit den damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice und anderen Regierungsbeamten gegeben, die den AktivistInnen finanzielle Hilfen zugesagt hätten. (Quelle: http://sendika.org)
    Dass in der Bevölkerung diese Organisationen misstrauisch beobachtet werden, hat wohl seine guten Gründe.
    Letztendlich kann der Sturz Mubaraks als ein grandioser Sieg der Spontaneität bezeichnet werden. Aber, das was alle zusammengehalten hatte, war eben diese Forderung nach dem Rücktritt des Präsidenten. Jetzt, wo diese Forderung erfüllt worden ist, wird der »Kitt«, der die Bewegung zusammen hielt, nun spröde und verliert an Kraft. Das Fehlen einer von der Mehrheit akzeptierten Führungsfigur bzw. einer politischen Formation, die mit weitergehenden Forderungen die »Lokomotive« der Bewegung sein könnte, offenbart die Schwäche der Bewegung. Und das wiederum stärkt die Armeeführung, die jetzt alleine an den Schalthebeln der Macht Platz genommen hat. Denn die Armee ist die einzige Kraft, die innerhalb der Bevölkerung und in allen gesellschaftlichen Schichten ein großes Maß an Vertrauen genießt – mit einer Einschränkung: Noch!
    Der Bock wird zum Gärtner…
    Nach dem Rücktritt des Präsidenten ist die gesamte Macht im Staate, über den Hohen Militärrat in die Hände der ägyptischen Generalität gegangen. Als erstes hat der Militärrat die Verfassung außer Kraft gesetzt und das Parlament aufgelöst. In den ersten Kommuniqués wurde mitgeteilt, dass innerhalb von sechs Monaten »freie und demokratische Wahlen« stattfinden werden und Ägypten sich weiterhin allen »regionalen wie internationalen Verträgen verpflichtet fühlt«. Auch eine Kommission zur Veränderung der Verfassung sei eingesetzt, wobei ein Zeitrahmen dafür nicht genannt wurde.
    Diese Erklärungen und die Aussicht, dass der dreißigjährige Ausnahmezustand aufgehoben werden könnte, scheint die Mehrheit der Bevölkerung fürs erste beruhigt zu haben. Ob aber die Armeeführung eine vollständige Änderung des politischen Systems will und die Macht einer, wie auch gearteten zivilen Regierung gänzlich geben wird, halte ich für unwahrscheinlich. Ein kurzer Blick in die Strukturen der Armee belegt dies.
    Während die Internetseite http://wapedia/mobi.de die ägyptischen Streitkräfte mit 450.000 aktiven Soldaten und rund 250.000 paramilitärischen Einheiten als elftstärkste Armee der Welt bezeichnet, geht Prof. Dr. Dietmar Herz (Uni Erfurt) davon aus, dass knapp 1 Million Soldaten unter Waffen stehen. (FAZ vom 12. Februar 2011). Das Militärbudget beträgt 2,4 Milliarden US-Dollar. Diese gewaltige Militärmaschinerie steht unter den Befehlen des Generalfeldmarschalls Muhammed Hussein Tantawi Suleyman und des Stabchefs Sami Hafez Enan.
    Die ägyptische Armee, vornehmlich als »Staat im Staate« bezeichnet, unterhält enge Kontakte zur USA, der EU und zur NATO. Die ägyptischen Streitkräfte sind – genau wie die tunesische Armee – seit 1994 Mitglied des NATO-Programms »Mittelmeer Dialog«. (siehe: Gleichzeitig ist Ägypten Teil der Mittelmeer Union der EU. (siehe: Beide Programme haben viele gleichlautende Ziele: »Zusammenarbeit für den Frieden, Offiziersausbildung, Rüstungskontrolle, Zusammenarbeit der Dienste« und natürlich »Kampf gegen den Terrorismus«. Wie dieser »Kampf« inzwischen aussieht, braucht wohl hier nicht ausgeführt zu werden.
    Für die am 13. Juli 2008 in Paris gegründete Mittelmeer Union der EU spielen zudem das 450 Milliarden Euro schwere »Desertec-Projekt« ) mit dem rund 15 Prozent des jährlichen Strombedarfs Europas gedeckt werden soll und die Kontrolle der illegalen Migrationsströme eine wesentliche Rolle.
    Die Armeeführung, die bis in die letzten Tage die wichtigste Stütze von Hüsnü Mubarak war, gilt auch als Garant des Camp-David-Friedensvertrages von 1978. Seither bestehen zum Pentagon enge Kontakte. Noch vor einer Woche hatte der US-Außenminister Robert Gates erklärt, dass die US-Administration vom Befehlshaber der ägyptischen Armee und stellv. Ministerpräsident Tantawi Suleyman minutiös über die Entwicklungen informiert werde. Dass dabei die jährlichen Transferleistungen der USA von über 1,3 Milliarden US-Dollar an die ägyptische Armee eine gewichtige Rolle spielen, sagen nicht nur die gehässigen Mäuler.
    Genau wie die türkische Generalität ist die ägyptische Armeeführung, mit ihren weitgehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Privilegien zu uniformierten Kapitalisten mutiert. Die ägyptischen Generäle profitieren über zahlreiche Firmen in vielen Wirtschaftszweigen von den Segnungen des kapitalistischen Wirtschaftens. Die politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Privilegien der Armeeführung sind immense Pfründe, auf die sie keineswegs verzichten werden. (Unter dem Titel »Die ägyptische Armee AG« hat Welt am Sonntag einen ausführlichen und eindrucksvollen Bericht über das Wirtschaftsimperium der Generalität veröffentlicht. Dieser Bericht zeigt, welche Interessen für die Armeeführung von höchster Priorität sind und keineswegs diese einer Demokratie opfern würden: https://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article12524461/Die-aegyptische-Armee-AG.html
    Dass die Armeeführung ihren verfassungsmäßigen Oberbefehlshaber Mubarak fallen ließ und gegenüber der protestierenden Massen nicht mit Gewalt vorgegangen ist, hat m. M. n. zwei wichtige Gründe: Zum einen war Mubarak nicht mehr zu halten. Ihn zu stützen hätte bedeutet, dass sie alle Sympathien in der Bevölkerung verspielen würden. Dann wären mit Mubaraks Abgang auch ihre Privilegien gefährdet. Zum anderen ist die ägyptische Armee eine Armee von Wehrpflichtigen. Die Wehrpflicht dauert, je nach Ausbildungssituation der Wehrpflichtigen, 12 bis 36 Monate. Soldaten und Unteroffiziere auf Zeit spiegeln die Gesellschaft wieder. Viele von ihnen haben Verwandte und Freunde unter den DemonstrantInnen. Hätten die Generäle ihnen gewaltsames Vorgehen befehligt, dann hätten sie riskieren müssen, dass Teile der Armee zu den DemonstrantInnen überlaufen wären.
    Jetzt aber können sich die Generäle als Vollstrecker des Volkswillens präsentieren. Mit Zugeständnissen, die im Grunde genommen ihre starke Position nicht tangieren, und kurzfristigen Maßnahmen, wie die Herabsetzung der Preise für die Grundnahrungsmittel oder Erhöhung der Löhne der staatlichen Angestellten (siehe: Junge Welt vom 14. Februar 2011) haben sie zusätzliches »Kredit« bei der Bevölkerung erkaufen können. Die Tatsache, dass die wenigen DemonstrantInnen, die schnelle und weitergehende demokratische Schritte von Hohen Militärrat forderten, von vielen Passanten zur Räumung des, inzwischen für den Verkehr wiedereröffneten Tahrir Platzes aufgefordert wurden, zeigt, dass sich die Protestbewegung längst auseinander zu dividieren begonnen hat.
    Der Hohe Militärrat, eigentlich nichts anderes als eine Junta, hat jetzt die Legitimität ggf. hart durchzugreifen – sie hat auch alle Mittel dazu. Den hunderttausenden Soldaten unter Waffen kommt noch ein Millionenheer von Angehörigen und Ehemaligen, die ökonomisch von der Armee abhängig sind. (Dietmar Herz) – die Mitglieder der Sicherheitskräfte sowie die Anhänger des Regimes nicht mitgezählt. Deshalb ist Dietmar Herz zuzustimmen, wenn er, wenn es hart auf hart kommt, den DemonstrantInnen, die mehr an Demokratie fordern, gegen die Phalanx der staatstragenden Kräfte keine Chance einräumt.
    Was demnächst folgen wird, ist abzusehen. Die oppositionellen Kräfte werden kaum in der Lage sein, innerhalb der nächsten sechs Monate landesweit und flächendeckend sich auf die Parlamentswahlen vorzubereiten. Die historischen Erfahrungen zeigen: je kurzfristiger Wahlen anberaumt werden, desto mehr nutzen sie den alten Regimeeliten. (Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Berlin) In den Nachrichten kann man schon jetzt nachlesen, wie die früheren Kader des Regimes sich für höchste Ämter bereit machen. So meldet beispielsweise die Tagesschau am 14. Februar 2011, dass sich der ehemalige Vize-Außenminister Abdullah al-Aschal, der sich einst mit Mubarak überworfen hatte, als Kandidat für die Präsidentschaftswahl empfiehlt. Auch Amr Musa, der zwischen 1991 und 2001 Mubaraks Außenminister war oder der ehemalige Ministerpräsident Kemal al-Ganzuri stünden für die Kandidatur bereit.
    Ob bei den nächsten Wahlen eines der ehemaligen Kader des Regimes oder ein neuer, vielleicht unverbrauchter Name als Präsident gewählt werden kann, ist jetzt nicht vorauszusagen. Aber, dass die Armeeführung die sog. »Übergangsphase« ganz im Sinne der USA, der EU und der NATO zur Verfestigung ihrer Machtstellung nutzen und nur kosmetische Korrekturen am Regime zulassen wird, scheint mehr als sicher zu sein. Die zentrale Frage ist, ob sich dagegen eine Protestbewegung formieren kann, welcher nahezu die gleiche Kraft aufbringen vermag, wie vorher gegen Mubarak.
    Vorbild Türkei?
    In den zahlreichen Kommentaren europäischer Zeitungen war in den letzten Tagen immer wieder zu lesen, dass womöglich die Türkei für Ägypten und die anderen arabischen Staaten »ein Vorbild« sein könnte. Sogar im kritischen Neuen Deutschland wurde ein Artikel veröffentlicht (Jürgen Gottschlich, 4. Februar 2011), der das Modell der Türkei als »goldenen Mittelweg« bezeichnete.
    Jürgen Gottschlich beruft sich dabei auf eine Studie der liberalen Stiftung TESEV (Stiftung für wirtschaftliche und soziale Forschungen), die im September 2010 in Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Libanon, Syrien und Irak rund 2.500 Menschen befragt hat. So sei die Türkei, »eine echte Inspiration für den Nahen Osten (…) nach dem die islamisch grundierte AKP 2002 an die Macht kam«. Nach der scharfen Rhetorik des AKP-Regierungschefs Erdogan seien »seine Popularitätswerte in der arabischen Bevölkerung erst recht in die Höhe geschossen«. Zitiert wird auch Prof. Fadi Huruka aus London, demzufolge es aufgrund zahlreicher arabischen Istanbul-Touristen und den türkischen Seifenopern in arabischen Fernsehsendern nahe liegt, dass »sich viele Araber durch die Türkei inspirieren lassen«.
    Nun, ob der Istanbul-Tourismus arabischer Mittelschichten oder türkische Seifenoper der Grund für diese »Inspiration« sein können, kann ich nicht sagen. Aber die scheinbare Konfrontation Erdogans gegen die israelische Regierung könnte, besonders für die Unterschichten, eine wesentliche Rolle gespielt haben. Ohne Frage, bei einer oberflächlichen Betrachtung aus den Metropolen des Nahen Ostens wird ein Türkei-Bild gesehen, in der die laizistisch-kemalistischen Kräfte zurückgedrängt werden, dem gegenüber konservativ-islamische Kreise über demokratische (!) Wahlen Parlamentsmehrheiten erringen und ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5 Prozent notiert wird. Islam und Demokratie, Wohlstand und Freiheiten auf einem goldenen Tablett, könnte man sagen.
    Aber das ist das Problem mit der oberflächlichen Betrachtung: man sieht nur aus einer unscharfen Perspektive. So wird auch deshalb nicht deutlich, dass Erdogan trotz seiner scharfen, öffentlich inszenierten Kritik an der israelischen Regierung weiterhin an der strategischen Partnerschaft mit dem Staate Israel und der militärischen sowie rüstungspolitischen Zusammenarbeit festhält. Es wird nicht deutlich vernommen, dass die AKP-Regierung mit ihrer neoliberalen Politik weite Teile der Bevölkerung in die Armut und das Land in die Fänge der internationalen Finanzmärkte gestürzt hat und gleichzeitig in neoosmanischer Manier, imperialen Gelüsten nacheifert. (siehe: http://murat-cakir.blogspot.com/2010/07/die-imperialen-geluste-der-neo-osmanen.html)
    Die oberflächliche Betrachtung verdeckt vor allem die Tatsache, dass das »Modelland Türkei« seit 30 Jahren einen schmutzigen Krieg gegen die eigene kurdische Bevölkerung führt und trotz kosmetischen Veränderungen im Rahmen des sog. »Heranführungsprozesses an die EU« sich nichts daran geändert hat, dass antidemokratische Maßnahmen, polizeistaatliche Übergriffe, massive Menschenrechtsverletzungen, tausendfache politische Inhaftierungen und Folter immer noch auf der Tagesordnung stehen. (Dabei bräuchte man nur die zahlreichen Urteilbegründungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Türkei zu lesen). Und man sieht nicht, dass die Türkei innerhalb ihrer Grenzen längst in zwei, von einander politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell völlig unterschiedliche Länder gespalten ist.
    Wenn jene, die sich gerne von der Türkei inspirieren lassen wollen, sich bemühen würden, in die Landesteile östlich des Euphrats zu schauen, dann würden sie ein Land sehen, in der die Bevölkerung verarmt ist, rund 80 Prozent Arbeitslosigkeit die Menschen verzweifeln lässt, die vom Militarismus traumatisiert sind und in der der Ausnahmezustand eine Normalität ist. Vom Euphrat aus beginnt die verbrannte Erde. Hätten sie Zeit, die oppositionellen Medien zu durchstöbern, würden sie die Fotos von den Überresten der Menschen sehen (laut Menschenrechtsstiftung der Türkei 17.000 an der Zahl), die in den letzen Jahren von paramilitärischen Einheiten und den Sicherheitskräften exekutiert und erst vor kurzem aus Massengräbern herausgeholt wurden. Ein genauer Blick in die Türkei würde ihnen deutlich machen, dass die »vorbildhafte« Souveränität der Türkei eine eingeschränkte und von Gnaden des Westen abhängige ist und die militärischen oder bürokratischen Eliten der Türkei, jenen aus dem Nahen Osten in keiner Weise nachstehen. Wahrscheinlich wäre dann zu erkennen, dass nicht die »islamisch grundierte« neoliberale AKP-Regierung, sondern vielmehr die kurdische Befreiungsbewegung mit ihren demokratischen Rätestrukturen, praktizierten Geschlechterdemokratie und vom kurdischen Volk selbst geschaffenen Freiheitsräumen ein Modell sein könnte.
    Es ist m. M. n. keineswegs so, dass der Vorschlag, man solle die Türkei als Vorbild nehmen, nur ein naives Gedankenspiel ist. Im Gegenteil; den westlichen Regierungen liegt viel daran, warum die Völker den »goldenen Mittelweg« der Türkei einschlagen sollten. Zum einen ist den Westen das Misstrauen der arabischen Welt ihr gegenüber nicht unbekannt. Zum anderen ist die Türkei, als ein westlich orientierter, islamisch geprägtes Land, das ein sicherer Energieumschlagplatz geworden ist und über eine schlagkräftige Armee verfügt, ein wichtiger politischer und geostrategischer Partner – Ein NATO-Mitglied, auf deren Territorium Nuklearwaffen der USA stationiert sind, dessen sich islamisch gebende Regierung und die israelische Regierung im scheinbaren Clinch stehen, eben ein Land, der ein Labor des Neoliberalismus und inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsstandort westlicher Konzerne geworden ist. Was liegt näher dran, eine solche Türkei, die für die weitere Einflussnahme des Westens von unschätzbarem Wert ist, als ein Vorbild für den Nahen Osten zu präsentieren?
    Die europäische Heuchelei
    Die Reaktion europäischer Regierungen auf die Ereignisse im Nahen Osten ist heuchlerisch. Während die Türkei, der man eigentlich die »Europareife« nicht bescheinigen will, als Vorbild angepriesen wird, achtet man penibel darauf, den Konflikt zwischen den türkischen und israelischen Regierungen nicht zu nennen. Gleichzeitig stellen sich jene PolitikerInnen, die immer zu sozialstaatliche Errungenschaften in Europa als »sozialistische Pranger der Wirtschaft« diskreditieren, nun als willige Unterstützer von »Revolutionen« dar. Zwar wirkt die Revolutionsrhetorik gerade aus den Mündern der neoliberalen Eliten Europas mehr als lächerlich, aber das hat m. E. ein höheres Ziel: das ständige herbeireden von einer Revolution ist nur der plumpe Versuch die eigentliche Revolution, nämlich wirklich demokratische und souveräne Regierungen, die das Selbstbestimmungsrecht ihrer Bevölkerungen achten und von Westen unabhängig agieren können, zu verhindern.
    Es dürfte nicht falsch sein, zu behaupten, dass sowohl die USA als auch die EU-Regierungen auf das Ausmaß der Aufstände unvorbereitet waren und überrascht worden sind. Anders ist deren zögerliche Haltung zu Beginn der Aufstände nicht zu erklären. Aber immerhin, sie haben sich schnell gefasst: nur eine halbe Stunde nach dem Rücktritt Mubaraks stand die deutsche Kanzlerin vor den Fernsehkameras und erklärte die »Solidarität der Bundesregierung mit dem ägyptischen Volk«, der sie die »Unterstützung Deutschlands« zusicherte. Sie vergaß aber nicht darauf hinzuweisen, dass die »Übergangsregierung sich unbedingt an den Friedensvertrag mit Israel halten müsse«. Ähnliche Statements folgten aus den anderen NATO-Hauptstädten. Es war allzu offensichtlich, dass die »Paten« der Diktaturen und der »Mafia-Regime« sich nun anstellten, für einen »Übergang« in ihrem Sinne zu sorgen und den weiteren Prozess in Ägypten mitzubestimmen.
    Knut Mellenthin, der der Auffassung ist, dass wir in den arabischen Staaten einen Rückgriff auf die Doktrin der »eingeschränkter Souveränität« erleben werden, stellte am 11. Februar 2011 in der Jungen Welt diesbezüglich die Frage, »ob es Ägypten erlaubt werden darf, seine bisherige außenpolitische Orientierung zu überprüfen und auf demokratischer Grundlage neu zu bestimmen«. In seinem Artikel fragt er weiterhin: »Dürfen die Ägypter eine Regierung bilden, an der Kräfte beteiligt sind, die dem Westen und ihrem nördlichen Nachbarn Israel gegenüber weniger devot eingestellt sind als das Mubarak-Regime, das seit 1981 mit terroristischen Mitteln jede Opposition unterdrückt hat? Oder würde der Westen eine solche Regierung ähnlich behandeln, nämlich brutal isolieren und aushungern, wie er es mit jener getan hat, die im Januar 2006 aus den Wahlen in den Palästinensergebieten hervorging? Würden die USA gar ihren Sturz inszenieren, wie sie es 1953 im Iran und 1973 in Chile getan oder 1961 in Kuba vergeblich versucht haben?«
    Nun mag man Mellenthin oder die Junge Welt als Linksradikalinski bezeichnen oder ihnen das Widerholen von »überholten antiimperialistischen Phrasen aus dem 20. Jahrhundert« vorwerfen – wozu mache Linke in Deutschland ja allzu schnell bereit sind – oder sagen, dass der heutige Nahe Osten weder mit dem Iran der 1950er Jahre noch mit Chile zu vergleichen ist. Das letztere stimmt sicher, dennoch ist es notwendig, über diese Fragen, die eine linke Antwort bedürfen, nachzudenken. Selbst wenn die europäische Linke den Begriff »imperialistische Interessenpolitik« ad acta legen will, so ist sie doch gehalten, die Jahrzehntelange Nahost-Politik des Westens nachvollziehbar zu erklären.
    Ich bin der Auffassung, dass aus linker Sicht notwendig ist, die Ereignisse im Nahen Osten so zu deuten, so dass daraus neue Erkenntnisse für das politische Handeln gewonnen werden können. »Zu sagen, was ist«, ist keineswegs eine theoretische Selbstbeschäftigung oder wie von Robert Misik belächelte »scharfe Fürsprache des Radikalismus«. In diesem Zusammenhang schreibt Misik: »Um die klassische und wunderbare Formel von Michel Foucault zu gebrauchen: Die Bürger erheben sich, weil sie so nicht mehr regiert werden wollen. That’s it. So einfach und doch so fundamental. Ob wir das jetzt Revolution nennen oder nicht, ist dem historischen Prozess schnurzegal. Aber vielleicht sollten wir es bedenken: Es sieht aus wie eine Revolution, es riecht wie eine Revolution. Es wird wohl eine Revolution sein.« (Der Freitag vom 11. Februar 2011)
    Wegen meines Einwandes auf Dyab Abou Jahjahs Feststellung (http://murat-cakir.blogspot.com/2011/01/tunesien-eine-echte-revolution.html), dass der Aufstand in Tunesien »eine echte Revolution« sei, wurde ich von manchen Genossen aus Deutschland und der Türkei getadelt. Aber, die rasanten Entwicklungen in der arabischen Welt versuchen zu deuten und mit dem Begriff »Revolution« vorsichtig umzugehen, ist kein Beharren auf irgendwelche »doktrinären Vorstellungen von der Revolution«, ein »Luxus der idealen Welt« von Theoretikern – ich bin noch nicht mal Akademiker, geschweige denn ein Theoretiker. Es ist eher ein Nachfragen, ein Versuch zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen für die eigene politische Bewertung zu ziehen.
    »Luxus« wäre, wenn wir aus der Bequemlichkeit unserer privilegierten Geographie heraus meinen, »die Araber hätten gerne unsere Probleme« und vergessen würden, dass die Aufrechterhaltung der vermeintlichen Freiheiten, des Wohlstands und der bürgerlichen Demokratien des Westens für den Nahen Osten und anderswo in der Welt Diktaturen, tyrannische Regime, Krieg, Zensur und Massenmord produziert hat. »Luxus« ist, mit eurozentristischer Brille über den »unzeitgemäßen Imperialismusbegriff« oder über die »Friedenspotentiale des Kapitalismus« zu sinnieren, während Bomben auf Menschen fallen.
    Natürlich wollen die TunesierInnen und ÄgypterInnen oder andere, eine Gesellschaft haben wie unsere, »mit intakten Institutionen, mit Parlament und unabhängigen Gerichten und freier Presse«. (Robert Misik) Und wie gerne hätten sie sich mit unseren Problemen herumgeschlagen. Wer würde es ihnen verdenken können, angesichts der rund 1 Milliarde Menschen, die am Tag mit einem Euro oder weniger auskommen müssen oder der Kinder, die alle 6 Sekunden wegen den Folgen des Kriegs, der Armut, Krankheiten oder ökologischen Katastrophen einfach wegsterben? Die tunesischen Bootsflüchtlinge auf Lampedusa haben ja nicht aus Jux und Tollerei ihre Heimat verlassen. Wenn man bedenkt, wie sie inzwischen von den EU-PolitikerInnen behandelt werden, wäre es interessant zu erfahren, was sie jetzt über die Werte europäischer Demokratien, wie Menschenrechte, Gleichberechtigung und Gleichheit – für deren »Durchsetzung« sich Europa überall an Kriegen beteiligt – denken. Ausmalen könnten wir uns das, oder?
    In Tunesien und Ägypten haben sich die Menschen erhoben, weil sie nicht mehr gewillt sind, so wie bisher zu leben und unterjocht zu werden. Ob sie ihrem Protest weiter Luft verschaffen und für weitergehende Forderungen auf die Straße gehen wollen, wird von ihren Entscheidungen abhängen. Unsere Aufgabe kann nur sein, sie dabei zu unterstützen und zu versuchen, die »Weiter-So-Politik« unserer Regierungen zu verhindern. Was ja eigentlich die ureigene Aufgabe der europäischen Gesellschaften ist.
    Aber wenn wir meinen, dass das, was bisher erreicht worden ist, eine »Revolution« sei und paternalistisch wie wir im Westen so sind, den Völkern im Nahen Osten einreden, die bürgerlichen Demokratien nach europäischem Vorbild würden all ihre Probleme lösen, dann erweisen wir ihnen einen Bärendienst. Damit würden wir nur dazu beitragen, dass sich die gegenwärtigen Machtverhältnisse – von denen ja wir überzeugt sind, dass sie nicht gut für diese Länder sind –, selbst bei der Durchführung demokratischer Wahlen wieder festigen würden.
    Schlussfolgerungen für europäische Linke
    Jetzt gilt es, alle relevanten Gruppen der Opposition in Ägypten darin zu unterstützen, dass sie gegenüber der Militärjunta nicht schutzlos bleiben. Für sie wird es schwer sein, eine Dauermobilisierung gegen die militärischen Machthaber zu organisieren. Die Verhältnisse in Ägypten erlauben derzeit nur einen auszuhandelnden Übergang, in der die gegenwärtigen Machthaber und die oppositionellen Kräfte gegenüber stehen werden. Gerade darum brauchen die oppositionellen Kräfte Zeit und Unterstützung, sich organisieren zu können. Und sie brauchen deutliche Signale der demokratischen Weltöffentlichkeit.
    Aus diesem Grund kann ich beispielsweise die stumme Haltung der deutschen Gewerkschaften nicht nachvollziehen. Die Militärs haben unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die derzeitigen Streiks für die Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen nicht dulden werden. Die Aufgabe der europäischen Gewerkschaftsbewegungen wäre hier und jetzt, zugunsten der streikenden ArbeiterInnen in Ägypten Partei zu ergreifen und einen öffentlichen Druck auf die eigenen Regierungen zu organisieren.
    Die gesellschaftliche wie politische Linke in Europa ist gehalten, ihre Solidarität mit den demokratischen Kräften Ägyptens mit einer klaren Absage an die bisherige Politik der EU-Regierungen, mit der sie den Nahen Osten als eine geostrategische Verfügungsmasse behandeln, zu manifestieren und für einen Politikwechsel in Europa zu kämpfen. Vorhandene parlamentarische und organisatorische Möglichkeiten müssen zur Unterstützung der Organisierung der oppositionellen Kräfte in Ägypten genutzt werden. Jede praktische Solidarität, jede Unterstützung der Opposition ist dringlich und wäre ein wichtiger Beitrag für die Demokratisierung des Landes. Für die Linke muss gelten, die Bekämpfung der Machtstrukturen in Ägypten als vordringlich zu sehen – selbst wenn dafür notwendig sein sollte, die Beteiligung von Teilen der alten Machthaber an einer neuen Regierung zu akzeptieren. Eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Demokratisierung wird womöglich noch Jahre andauern. Das Aufdecken der, von geostrategischen Vorteilen und Wirtschaftsinteressen geleitete Politik der EU-Eliten, die Aufklärung der europäischen Öffentlichkeit über wie wahren Ursachen der Probleme im Nahen Osten und eine praktizierte Solidarität auf gleicher Augenhöhe mit den demokratischen Kräften Ägyptens, ist das mindeste an Bringschuld der europäischen Linken.
    Und eine klare Positionierung in dem israelisch-palästinensischen Konflikt! Dass ohne die Unterstützung des Mubarak-Regimes die Repressions- und Besatzungspolitik der israelischen Regierungen, welche ja bekanntlich allen UN-Resolutionen und dem Völkerrecht widersprechen, so nicht möglich gewesen wäre, sagen nicht nur israelkritische Stimmen. Es wäre mühselig und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, hier darauf hinzuweisen, dass das Schicksal der palästinensischen Gebiete die zentrale Frage der Konflikte im Nahen Osten ist. Oder wie zigmal geschehen, die Tragödie der PalästinenserInnen zu beschreiben, denen das Recht auf freie Reise auf eigenem Grund und Boden verwehrt wird.
    Nein, die eigentliche Problematik liegt darin, dass die europäische Linke, die mit einem Lineal gezogenen Grenzen im Nahen Osten und das künstliche Produkt des Kapitalismus, die Nation und den Nationalstaat an sich als Gottgegeben hin nimmt. Müsste nicht die Linke, die ihre radikale, also an die Wurzel gehende und zugleich reale, also auf die Probleme im hier und jetzt orientierte Politik, stets aus der Perspektive der Schwächsten heraus formulieren? Darf dann eine solche linke Politik, monoethnisch bzw. monoreligiös ausgerichtete Nationalstaaten, die keinen Raum für ethnische und religiöse Minderheiten lassen, akzeptieren? Waren es nicht immer linke, die die Demokratie, als sich immer zu erneuernden Demokratisierungsprozess verstehend, daran gemessen haben, wie sozial, wie gerecht, wie emanzipatorisch sie aufgebaut und wie sie auf Frieden ausgerichtet ist? Wie kann dann die europäische Linke einen Staat, der den eigenen arabischen Staatsangehörigen die vollen BürgerInnenrechte verwehrt; aus religiöser Motivation heraus den Grund und Boden seiner Nachbarn zu israelischem Eigentum erklärt; nicht gewillt ist, UN-Resolutionen umzusetzen und sein nukleares Arsenal unter internationaler Kontrolle zu stellen; jegliche rechtsstaatliche Standards missachtend, gezielt »Staatsfeinde« exekutiert; Tausende ohne einen Gerichtsbeschluss inhaftiert; in den Besatzungsgebieten ein offenes Willkür- und Apartheidregime installiert hat und den Friedensvertrag mit Ägypten als ein reines strategisches Instrument seiner weiteren Militarisierung sieht, überhaupt als einen »demokratischen Staat« bezeichnen und für den Erhalt des, von westlichen Interessen diktierten Status quo sein?
    Wenn die europäische Linke, die deutsche Linke im Besonderen, glaubhaft bleiben will, muss sie sich vor allem an ihren eigenen Werten messen lassen: Geschwisterlichkeit, Gleichheit, Gerechtigkeit, freie und selbstbestimmte Entfaltung eines jeden Individuums und last but not least, ein Mehr an Demokratie. Und wer Antisemitismus, Judenfeindlichkeit, rassistische und religiös-fundamentalistische Bewegungen wirksam bekämpfen will, der muss sich für die sozial gerechte, gleichberechtigte und demokratische Teilhabe aller Menschen und für den Frieden einsetzen.
    Daher bin der Auffassung – und das ist meine These –, dass die Schlüsselfrage der Konflikte im Nahen Osten die Freiheit des palästinensischen Volkes ist. Der beste Garant für die Sicherheit in der Region wird eine demokratische Union (oder Konföderation oder wie es auch immer heißen mag) sein, in der jüdische wie palästinensische Bevölkerungsteile frei, gleichberechtigt und selbstbestimmend zusammenleben, die Wunden der Vergangenheit heilen und die gemeinsame, friedliche Zukunft gestalten können.
    Naiv? Unrealistisch? Wie naiv und unrealistisch müssen dann unter den gegebenen Verhältnissen unsere Vorstellungen von einem demokratischen Sozialismus sein! Im Gegenteil; erst aus dieser Perspektive sind wir in der Lage, die aktuellen sozialen Kämpfe zu führen und für reale Verbesserungen in den gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaften zu streiten. So lassen sich auch mit der Vorstellung eines demokratischen Nahen Ostens, kleinere, aber nicht unwichtigere Schritte in Richtung eines Friedens bewerkstelligen.
    Meines Erachtens gilt dieses auch für die aktuellen Bemühungen um die Demokratisierung Ägyptens. Es war bezeichnend, dass just an dem Donnerstagnacht, als Mubarak angekündigt hatte, nicht zurücktreten zu wollen, auf dem Tahrir Platz kaum jemand beachtet hat, dass die BewohnerInnen des Gaza Streifens wieder einmal Opfer von Bombardierungen der israelischen Armee wurden. Daher stellt sich m. M. n. heraus, dass solange die Protestbewegungen nationalstaatlich eingegrenzt bleiben und die Bewegungen sich der palästinensischen Frage nicht annehmen, solange die errungenen Freiheiten und demokratische Rechte keine echten Freiheiten und Rechte sein werden. Bei allem Respekt vor den Bewegungen in Tunesien und Ägypten, ist es eine Notwendigkeit hierauf hinzuweisen.
    Im übrigen: es wäre eine wahre Revolution, wenn das neue, demokratische Ägypten die Grenze zum Gaza Streifen öffnen und den BewohnerInnen des Gaza Streifens die gleichen Freizügigkeitsrechte, wie die der ägyptischen StaatsbürgerInnen gewähren würde. Ich bin mir sicher, dass dann die Verhältnisse in der ganzen Region beginnen würden, sich grundlegend zu verändern.