Kategorie: Israel

  • Die Türkei hat ihre Chance auf Macht verspielt

    Die Türkei hat ihre Chance auf Macht verspielt

    Bei der Krise im Gazastreifen spielte die Türkei die Rolle eines passiven Zuschauers. Die Strippen zogen andere, Ägyptens Präsident Mursi etwa. Der Grund liegt in einem schweren Fehler Erdogans. Von Boris Kálnoky

    Turkish-Prime-Minister-Tayyip-Erdogan-delivers-a-speech-at-Cairo-University-2-

    Foto: REUTERS Der türkische Premier Erdogan konnte in der Lösung der Gaza-Krise keine prominente Rolle spielen

    Weiterführende Links
    • Syrien-Konflikt: Erdogan will Kommando über deutsche Soldaten
    • Bitte an die Nato: Die Patriots und Erdogans rhetorischer Aktionismus
    • Nahost: Türkisches Doppelspiel in der Gaza-Krise
    • Nahost-Konflikt: Die seltsame Stille der Türkei in der Gaza-Krise
    Themen
    • Recep Tayyip Erdogan
    • Nahost-Konflikt
    • Israel
    • Mohammed Mursi

    Kurz vor Beginn der Gaza-Krise war von einem sehr baldigen Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Gazastreifen die Rede gewesen. Er ist es gewohnt, als Bannerträger der muslimischen Welt gefeiert zu werden. Besonders in Gaza. Schon seit Jahren versucht er, dies mit einem Besuch in dem schmalen Mittelmeerstreifen in politisches Kapital umzumünzen.

    Doch davon ist nun nichts mehr zu hören. Erdogan ist in Gaza nicht mehr der eine und einzige Retter der Entrechteten, als der er vor der Krise gesehen wurde. Im Gegenteil: Die Türkei war im Konflikt auf die passive Rolle eines Zuschauers reduziert.

    Lediglich Außenminister Ahmet Davutoglu reiste nach Gaza, aber nicht als wichtiger diplomatischer Akteur wie etwa der ägyptische Ministerpräsident Hescham Kandil, sondern als einer unter vielen in einer Delegation der Arabischen Liga. Zwar hatte er dort nichts von Belang zu sagen, aber er schaffte es trotzdem in die Schlagzeilen, mit professionell medialisierten Tränen neben der Leiche eines Palästinensers. Sogar die türkische Presse reagierte befremdet. Man könne nur hoffen, dass Davutoglu am Grab eines gefallenen Israelis genauso geweint hätte, schrieb der angesehene Kommentator Murat Yetkin.

    Davutoglus Tränen hätten auch dem Tod seiner Außenpolitik gelten können. Sie wurde neo-osmanisch genannt, wogegen er sich immer verwahrte. Was er selbst seinen eigenen Botschaftern eintrichterte, war eine Politik der „Maximierung des globalen Einflusses der Türkei“.

    Im Gaza-Konflikt aber wurde der Einfluss der Türkei reduziert, nicht maximiert. Erdogan und Davutoglu gebärdeten sich vor den Kulissen verbal ganz so, als hätten sie Bedeutung, aber sie hatten hinter den Kulissen keine. Erdogan und Davutoglu sagten: Wir können Hamas jederzeit stoppen, wenn gewisse Garantien gegeben werden. Hamas aber erwähnte die Türkei nie. Hamas sagte: Nur Ägypten hat das Recht, einen Waffenstillstand zu verkünden.

    Reduziert auf Drohgebärden

    Erdogan wurde in den vergangenen Jahren oft als „neuer Kalif“ gefeiert, aber des Kalifen neue Kleider erwiesen sich in diesem Konflikt als unsichtbar, zumindest für jene, die sehen können. Zwar erschien er in Kairo, aber der Besuch war schon lange vorher geplant gewesen zur Unterzeichnung einer Reihe von Wirtschaftsabkommen. Die Strippen zogen andere. Die Türkei war eigentlich überflüssig.

    Ein Grund für die neue Bedeutungslosigkeit war der wohl schwerste außenpolitische Fehler des Gespanns Erdogan/Davutoglu: der Abbruch aller Beziehungen mit Israel im Jahr 2010. Die Türkei beraubte sich damit jeglicher Kanäle, um im Fall einer internationalen Krise – wie jetzt – irgendeinen diplomatischen Einfluss nehmen zu können. Ankara war reduziert auf Drohgebärden – aber es besitzt kein Drohpotenzial mehr, weil es mit dem Abbruch der Beziehungen bereits ausgeschöpft hat.

    Er erschien größer, als er war

    Diese diplomatische Selbstkastrierung rächt sich nun. Aber noch etwas anderes wird offenbar. Ein Grund dafür, dass die Türkei noch vor zwei Jahren wirklich zum Wortführer der islamischen Welt aufzusteigen schien, war, dass es keine anderen glaubwürdigen Stimmen gab. Vor dem „Arabischen Frühling“ gab es nur den Iran mit seiner Weltuntergangssehnsucht sowie diverse undemokratische, prowestliche, aber bei der Bevölkerung verhasste arabische Diktaturen. Und dazwischen nur die neue, islamisch-konservative, erfolgreiche, moderne und einigermaßen demokratische Türkei.

    Erdogan stieß mit Wucht und Selbstbewusstsein in dieses Legitimitätsvakuum der muslimischen Welt vor – nur deswegen erschien er plötzlich so groß. Größer, als er war. Groß im Vergleich zu Nichts. Und nun stellt sich heraus: Es waren vor allem große Worte. Was aber zählt, ist reale Macht.

    Hamas bezieht seine Waffen und viel Geld aus dem Iran. Gaza ist für seine Versorgung auf Ägypten angewiesen. Von der Türkei kommt indirekt ein wenig Geld aus Spenden der radikal muslimischen „Hilfsorganisation“ IHH, die vor zwei Jahren auch den blutigen Zwischenfall mit der „Hilfsflotte“ für Gaza inszenierte, wobei neun militante Türken nach gewalttätiger Gegenwehr von israelischen Kommandos erschossen wurden. Aber viel mehr ist da nicht.

    Und so ist es verständlich, dass die Türkei in Gaza Einfluss einbüßt, wenn nun eine demokratisch legitimerte und den Akteuren in Nahost gegenüber freundlicher eingestellte ägyptische Führung das Heft des Handelns in die Hand nimmt. Ägyptens Präsident Mohammed Mursi beschritt den goldenen Mittelweg zwischen verbaler und – mit dem Besuch seines Regierungschefs Kandil in Gaza – auch sichtbarer Unterstützung der Hamas, unter Wahrung seiner internationalen Glaubwürdigkeit. Dabei stellte er nie die vertraglichen Verpflichtungen seines Landes gegenüber Israel infrage, sondern beschränkte seinen Protest darauf, seinen Botschafter aus Israel zurück zu beordern.

    Globaler Einfluss sieht anders aus

    Das war ernsthafte, ernst zu nehmende Politik. Im Gegensatz dazu Erdogan: Wie um seine plötzliche Belanglosigkeit zu kompensieren, drängte er daheim in Istanbul (statt auf hektischen und diplomatisch gewichtigen Nahost-Reisen) mit fast hysterisch schrillen Formulierungen in die Medien, um überhaupt noch sichtbar zu bleiben.

    Damit reduzierte er den Einfluss seines Landes weiter, statt ihn zu maximieren. Israel sei ein terroristischer Staat, und seine Handlungen seien terroristische Akte, sagte er. Das brachte ihm einen öffentlichen Rüffel aus Washington ein: Seine Rhetorik sei „nicht hilfreich“, ließ die amerikanische Regierung offiziell wissen. Globaler Einfluss sieht anders aus.

    Aber Erdogan setzte noch einen drauf: Israel betreibe in Gaza „ethnische Säuberungen“ sagte der Mann, der dem wegen Völkermordes angeklagten sudanesischen Diktator Omar al-Baschir einst bescheinigt hatte, er könne nichts Böses tun, weil er ein Muslim sei.

    Diesen neuerlichen Ausbruch, den Erdogan auch noch blumig ausgemalt hatte – die Türken müssten mit ihren „Händen“ gegen die ethnische Säuberung kämpfen und notfalls „dafür sterben“ – quittierte auch Berlin mit deutlichen Vokalen: „Indiskutabel“ sei das, sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière, „in der Sache und Tonlage völlig daneben“, das müsse man „öffentlich verurteilen“.

    Die Strategie ist ausgereizt

    Die überraschendste Folge des Gaza-Konflikts betrifft somit die Stellung der Türkei im Nahen Osten. Zum einen stimmt es, dass sie Vorbild war und ist für viele der neuen islamischen Reformer. Das ist Einfluss. Aber einer, der sich selbst abschafft, indem neue, freiere Führungen und Führer wie Mohammed Mursi das tun werden, was die Türkei versucht: Ihren eigenen Einfluss auszuweiten. Die Türkei führte nur, solange es keine anderen Führer gab. Damit ist die gesamte Politik eines „neo-osmanischen“ Einflusses der Türkei an seine Grenze gestoßen.

    Erdogan und Davutoglu sollten das bedenken – sie werden bald Hilfe brauchen bei neuen Krisen in Syrien, in der Kurdenfrage und im Irak. Ein etwas bescheideneres Auftreten wäre da hilfreich. Zuallererst vielleicht, indem sie im Verhältnis zu Israel wieder auf Dialog setzen.

    Der Bruch mit Israel vor zwei Jahren hatte nur einen Zweck: Die muslimische Welt zu beeindrucken und zu deren Bannerträger aufzusteigen. Das brachte eine Zeitlang politischen und wirtschaftlichen Nutzen. Aber diese Strategie ist ausgereizt.

  • Erdbeben: Türkei will keine Hilfe aus Israel

    Erdbeben: Türkei will keine Hilfe aus Israel

    Deutsch Türkische Nachrichten | Veröffentlicht: 24.10.11, 10:15 | Aktualisiert: 24.10.11, 14:24 | 25 Kommentare

    Das Erdbeben im Osten der Türkei könnte mehr als 1000 Menschen das Leben gekostet haben. Noch mehr Verletzte warten auf eine medizinische Versorgung. Hilfe aus Israel will die Türkei jedoch nicht annehmen.

    Nach dem schweren Erdbeben will Israel der Türkei helfen. Verteidigungsminister Ehud Barak wartet auf eine Antwort der Türkei. (Foto:Zaman)

    „In dieser schweren Zeit ist Israel gewillt der Türkei jederzeit jede nötigt Hilfe zukommen zu lassen“, erklärte Israels Staatspräsident Shimon Peres nach Angaben des Außenministeriums seinem türkischen Amtskollegen Abdullah Gül. Gül habe ihm geantwortet, er hoffe die türkischen Rettungskräfte würden die Situation allein meistern können.

    Fast 400 Menschen ringen unter den Trümmern um ihr Leben

    Israel will der Türkei Hilfsmittel, wie Lebensmittel, medizinisches Personal und Rettungsteams zur Verfügung stellen. Der israelische Verteidigungsminister, Ehud Barak, meint, die Türkei habe nicht auf das Hilfsangebot reagiert. Israel warte weiterhin auf eine Antwort.

    Am Sonntag wurde der Osten der Türkei von einem verheerenden Erdbeben erschüttert. Die Zahl der Todesopfer steigt im Minutentakt. Über 1000 Menschen sollen dem Erdbeben zum Opfer gefallen sein. Von 366 Menschen ist bekannt, dass sie unter den Trümmer um ihr Überleben ringen.

    via Erdbeben: Türkei will keine Hilfe aus Israel | Deutsch Türkische Nachrichten.

  • Einladung zur Tagung: „Ungleichwertigkeitsvorstellungen…“  der IDA-NRW, Köln 6.12.2011

    Einladung zur Tagung: „Ungleichwertigkeitsvorstellungen…“ der IDA-NRW, Köln 6.12.2011

    Einladung zur Tagung: „Ungleichwertigkeitsvorstellungen…“  der IDA-NRW, Köln 6.12.2011

     

     

  • Podiumsdiskussion: „Antisemitisches Ressentiment und/oder Kritik an Israel?“

    Podiumsdiskussion: „Antisemitisches Ressentiment und/oder Kritik an Israel?“

    Mittwoch, 12.10.2011, 19:30 Uhr:
    ALTE FEUERWACHE KÖLN E.V.:
    Podiumsdiskussion: „Antisemitisches Ressentiment und/oder Kritik an Israel?“

    In den letzten Jahren wurde wiederholt Kritik an der sog. „Kölner Klagemauer“ wegen des Schürens von Ressentiments gegenüber Israel laut. Die „Alte Feuerwache“ wurde wegen vermeintlicher Unterstützung der „Klagemauer“ ebenfalls kritisiert. Als ein Ergebnis dieser Kritik hat sich der Vorstand des Vereins im Dezember 2010 der städtischen Resolution gegen die ≥Klagemauer„ angeschlossen. Die anschließenden Debatten wurden bisher jedoch im wesentlichen intern geführt und waren auch in der Vereinsöffentlichkeit kaum ein Thema. Wir finden, dass diese Form der Auseinandersetzung weder dem Anspruch der Alten Feuerwache als soziokulturelles Zentrum noch dem Thema gerecht wird. Deshalb möchten wir die Diskussion strukturiert, inhaltlich und vor allem öffentlich führen. Der Vorstand des Vereins lädt deshalb zu dieser Podiumsdiskussion ein.

    Podium:
    Kerstin Müller (MdB Grüne)
    Reiner Schmidt (Mitglied der Interventionistischen Linken IL)
    Özlem Demirel (MdL Die Linke)
    Rehzi Malzahn (Somost Kalk)
    Moderation:
    Pascal Beucker (TAZ)

    Wir erhoffen uns hiervon etwas Aufklärung darüber, warum sich der Streit zu dem Komplex Antisemitismus/Antizionismus/Israelkritik in der Bundesrepublik so verhärtet hat und ob es Möglichkeiten zur Überwindung gibt. Außerdem wollen wir die Motive von UnterstützerInnen und NichtunterzeichnerInnen der Erklärung abfragen und über folgende Fragen gemeinsam diskutieren: Wie verändert die Shoa den Umgang mit der Politik des Staates Israel für die bundesdeutsche Linke? Wird von uns bei der Bewertung der Politik des Staates Israel ein anderer Maßstab angelegt als bei anderen Nationen?

    Alte Feuerwache Köln, Großes Forum, Melchiorstr. 3, 50670 Köln

    www.altefeuerwachekoeln.de

  • Netanjahu will Türkei Hand reichen

    Netanjahu will Türkei Hand reichen

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in den belasteten Beziehungen zur Türkei einen ersten Schritt zur Aussöhnung gemacht.

    Istanbul (dpa) – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in den belasteten Beziehungen zur Türkei einen ersten Schritt zur Aussöhnung gemacht. In einem Glückwunschschreiben zum Wahlsieg der islamisch-konservativen AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe Netanjahu um eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit geworben, berichteten türkische Zeitungen. Die Türkei hatte die Zusammenarbeit mit Israel im Streit um die Palästinenser-Politik weitgehend auf Eis gelegt.

    via Zeitungen: Netanjahu will Türkei Hand reichen | STERN.DE.

  • Geheime Gespräche zwischen Israel und Türkei

    Geheime Gespräche zwischen Israel und Türkei

    21. Juni 2011
    Geheime Gespräche zwischen Israel und Türkei

    JERUSALEM / ANKARA (inn) – Israelische und türkische Vertreter haben offenbar geheime Gespräche geführt, um die diplomatische Krise zwischen ihren beiden Staaten zu überwinden. Das berichtet die Tageszeitung „Ha´aretz“. Während die israelische Regierung die Angaben nicht kommentieren wollte, hätten Vertreter aus dem türkischen Außenministerium und auch aus der US-Regierung bestätigt, dass es entsprechende Gespräche gebe.

    Die Verhandlungen haben die Unterstützung der USA, heißt es in dem Bericht weiter. Sie würden zwischen dem türkischen Außenamtsstaatsekretär Feridun Sinirlioglu, einem Befürworter der Beziehungen zu Israel, und einem israelischen Vertreter, der im Auftrag von Premier Benjamin Netanjahu handle, geführt.

Die einst guten Beziehungen zwischen Israel und der Türkei hatten sich seit der israelischen Militäroperation „Gegossenes Blei“ gegen die Hamas im Gazastreifen zum Jahreswechsel 2008/2009 ständig verschlechtert. Besondere Spannungen waren nach der blutigen Erstürmung der türkischen „Gaza-Flotte“ durch die israelische Armee Ende Mai 2010 aufgetreten.

    Von: D. Nowak
    Quelle: Israelnetz

  • Türkei auf Konfrontationskurs mit Israel

    Türkei auf Konfrontationskurs mit Israel

    Die Türkei löst seinen umstritten Botschafter in Österreich ab und schickt ihn nach Israel – eine unfreundliche Geste

    Auf dem türkischen Schiff Mavi Marmara wurden neun Aktivisten getötet.
    Auf dem türkischen Schiff Mavi Marmara wurden neun Aktivisten getötet.

    Wie Ö1 am Dienstag berichtet, tauscht die Türkei ihren Botschafter in Österreich aus und schickt ihn nach Israel. Kadri Tezcan war in Österreich durch massive Kritik an Österreichs Integrationspolitik aufgefallen und hatte damit kurzzeitig eine diplomatische Krise zwischen Österreich und der Türkei ausgelöst. Jetzt soll der umstrittene Diplomat seine Arbeit in Israel fortsetzen, was laut Ö1 von der Türkei durchaus als unfreundliche Geste gemeint ist.

    Kerim Uras, jener Diplomat, der eigentlich für Israel vorgesehen war, wechselt nach Österreich. Bemerkenswert bei dieser Rochade ist der Zeitpunkt, nämlich der erste Jahrestag des israelischen Angriffs auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara. In Istanbul sind aus diesem Anlass gestern Tausende auf die Straße gegangen, um an die neun Opfer des Angriffs zu erinnern.

    Nachdem Erdogan den israelischen Präsidenten Schimon Peres 2009 beim Weltwirtschaftsforum in Davos öffentlich Kriegsverbrechen im Gazakrieg vorwarf, hat sich die Beziehung zwischen den beiden Ländern zunehmend verschlechtert. Nach dem Zwischenfall mit der Mavi Marmara verschlechterte sich das Verhältnis zusätzlich. (red)

    via Türkei auf Konfrontationskurs mit Israel – Türkei – derStandard.at › International.

  • Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen

    Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen

    Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen
    In der Zeit vom 10. bis 22. September 2011 führt die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb eine Israel-Studienreise für junge Nachwuchsjournalisten/innen unter dem Titel „Jenseits der Schlagzeilen – Medien und demokratische Gesellschaft in Israel“ durch. Auf dieses Angebot möchten wir Sie sehr gerne aufmerksam machen.

    Sich aus erster Hand über die wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Themen der israelischen Gegenwart informieren – diese Gelegenheit bietet die Studienreise jungen Nachwuchsjournalisten/innen aus TV, Hörfunk, Print und Online-Medien.

    Diskussionen mit Repräsentanten/innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Armee und Kultur dienen ebenso dazu wie Exkursionen, die einen intensiven Einblick in den israelischen Alltag ermöglichen. In Begegnungen mit israelischen Journalisten/innen s owie deutschen Korrespondenten/innen lernen die Teilnehmer/innen die israelische Medienlandschaft sowie ihre Rolle in der israelischen Demokratie kennen und tauschen sich über deutsch-israelische Medienbilder aus. Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der Rolle der Medien – hier wie dort – in der Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt.

    Weitere Informationen sowie eine Möglichkeit zur Online-Bewerbung für diese Studienreise finden Sie unter: .

    Die Auswahl der Teilnehmenden aus allen vorliegenden Bewerbungen erfolgt etwa Mitte Juni 2011.

    Über Ihr Interesse an dieser Israel-Studienreise würden wir uns sehr freuen! Gerne können Sie Diese Information auch an Ihre Netzwerke weiterleiten.

    Kontakt für Rückfragen:
    Bundeszentrale für politische Bildung
    Waltraud Arenz
    Fachbereich Veranstaltungen
    Internationale Studienreisen -Israel-
    Tel: +49 (0) 228 99 515 524
    [email protected]

  • Antisemitismus-Jahresbericht der Universität Tel Aviv

    Antisemitismus-Jahresbericht der Universität Tel Aviv

    Antisemitismus-Jahresbericht der Universität Tel Aviv
    _____________________________________________________
    Die Universität Tel Aviv hat den aktuellen Bericht zum weltweiten Antisemitismus für das Jahr 2010 vorgelegt, der alljährlich vom Stephen Roth Institute for the Study of Contemporary Antisemitism and Racism sowie dem Kantor Center for Study of Contemporary European Jewry verfasst wird.

    Die gute Nachricht: Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl antisemitischer Vorfälle auf der Welt 2010 erheblich zurückgegangen. Die schlechte Nachricht: Das Jahr weist die drittgrößte Rate derartiger Vergehen seit Beginn der Berichterstattung Ende der achtziger Jahre auf. Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass 2009 aufgrund der israelischen Militäroperation im Gaza-Streifen zu Beginn des Jahres eine Rekordrate in Bezug auf antisemitische Aktivitäten weltweit zu verzeichnen war.

    Die höchste Zahl gewaltsamer Vorfälle wurde laut dem Bericht in Großbritannien, Frankreich und Kanada registriert. In Lateinamerika gab es einen Anstieg bei Übergriffen auf jüdische Einrichtungen.

    Das Resümee des Berichts ist „pessimistisch“: „Trotz des direkten Zusammenhanges, der in gewissen Fällen zwischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten wie der Operation Gegossenes Blei und dem Anstieg der Zahl antisemitischer Vorfälle sichtbar wird, bleibt die Gesamtsumme von registrierten Vorfällen unabhängig von solchen Ereignissen höher als in der Vergangenheit. Die Erklärung dafür liegt in der Kombination von traditionellem, auf negative Stereotypen von Juden konzentriertem Antisemitismus, der Wahrnehmung des Staates Israels als jüdischer Staat mit negativen jüdischen Charakterzügen und der Adaption derartiger Stereotypen nicht nur durch Neonazis und Rechtsextremisten, sondern auch radikale muslimische Jugendliche. Heinz Fromm, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Deutschland, bemerkte in einem Interview mit dem Spiegel (11. Juli 2010), dass diese beiden Lager ein ‚gemeinsames Feindbild; Israel und die Juden insgesamt‘ teilen würden.“

    Den vollständigen Bericht gibt es unter dem folgenden Link:

    (Universität Tel Aviv, Mai 2010)

  • Israel begeht Holocaust-Gedenktag

    Israel begeht Holocaust-Gedenktag

     

    Israel begeht Holocaust-Gedenktag

    _____________________________________________________

    In Israel hat am Sonntagabend der Holocaust-Gedenktag (Yom Hashoah) begonnen. An diesem Tag gedenkt der Staat alljährlich der sechs Millionen Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Im ganzen Land bleiben die Vergnügungsstätten geschlossen und werden Gedenkzeremonien abgehalten.

     

    Die zentrale Eröffnungszeremonie fand gestern Abend in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Beisein von Präsident Shimon Peres und Ministerpräsident Binyamin Netanyahu statt.

     

     

     

    Auszüge aus der Rede von Präsident Peres:

     

    „Wir waren allein, ohne ein eigenes Land. Die alliierten Bomber, die über Auschwitz flogen, warfen noch nicht einmal eine einzige Bombe auf die Massenvernichtungsanlagen ab.

     

    Die Shoah hat endgültig gezeigt, dass es keine Alternative für ein eigenes Heimatland für uns gibt. Es gibt keinen Ersatz für die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Heute haben wir unser eigenes Heimatland errichtet. Heute haben wir eine ausgezeichnete Armee, die den Respekt der Welt erworben hat. Wir haben ein demokratisches System, dass den notwendigen Schutz bieten und den nötigen Frieden anstreben kann. Dies ist die Antwort auf einen Feind, auf jeden Feind.

     

    Selbst heute, nach der Shoah, gibt es ein Regime auf der Welt, dessen Führung aus Holocaust-Leugnern und  Hetzern besteht. Dies sollte jede Person und jedes Gewissen schockieren. Die fanatische Führung des Iran ist eine Bedrohung für die ganze Welt – nicht nur eine Bedrohung für Israel. Sie bedroht jedes Heim und jeden Ort. Sie ist eine wirkliche Gefahr für die Menschheit.

     

    Die Nationen der Welt haben erklärt, dass sie einen nuklearen Iran nicht akzeptieren werden. Nun müssen sie den Test ihres Versprechens bestehen.

     

    Wir, das jüdische Volk, waren Opfer von Rassismus, Verfolgung und Diskriminierung, aber niemals  haben wir das Gebot vernachlässigt, jeden Menschen zu respektieren. Denn gemäß unserer Tradition wurde jeder Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen. Selbst in einer finsteren Welt strebten und streben wir danach, den Nationen ein Licht zu sein.

     

    Dies ist die Bedeutung des Staates Israel: Unser Volk physisch und unsere Tradition moralisch zu verteidigen. Jeder Bürger Israels, unabhängig von Religion oder Rasse, weiß, dass Israel das antirassistischste Land auf der Welt ist und bleiben wird.

     

    Israel ist das historische Gedenken an die Opfer des Holocausts.“

     

     

     

    Auszüge aus der Rede von Ministerpräsident Netanyahu:

     

    „Alle zivilisierten Völker auf der Welt, all jene, die für sich in Anspruch nehmen, die Lektion aus dem Holocaust gelernt zu haben, müssen die eindeutig verurteilen, die zur Auslöschung des jüdischen Staates aufrufen. Der Iran bewaffnet sich sogar mit Atomwaffen, um dieses Ziel zu verwirklichen, und bislang hat die Welt ihn nicht gestoppt. Die Bedrohung für unsere Existenz, unsere Zukunft, ist nicht theoretisch. Sie kann nicht unter den Teppich gekehrt werden; sie kann nicht verharmlost werden. Sie steht vor uns und der gesamten Menschheit und muss abgewendet werden.

     

    Die erste Lektion besteht also darin, die, die uns bedrohen, ernst zu nehmen. Die nächste Lektion rührt vom Verständnis sehr, dass Angriffen auf unser Volk seit jeher Wellen des Hasses vorangingen, die den Boden für den Ansturm bereiteten. Daher muss die zweite Lektion, die wir aus dem Holocaust ziehen, darin bestehen, dass wir das wahre Gesicht des Hasses auf unser Volk offenlegen. Was wurde nicht alles gesagt gegen die Juden Europas? Im Mittelalter und in der Neuzeit wurden Juden immer wieder für die Übel der Welt verantwortlich gemacht – von Pest und Seuchen über Krieg und Revolution bis hin zu Wirtschaftskrisen. Der Hass war nicht nur unter den ignoranten Massen eingefleischt, sondern verbreitete sich und schlug tiefe Wurzeln in den Köpfen und Herzen von Europas führenden Gelehrten und Philosophen.

     

    Der jahrhundertealte Hass auf die Juden erwacht heute von Neuem und nimmt die Form des Hasses auf den jüdischen Staat an. Auch heute gibt es solche, die den jüdischen Staat für alle Übel auf der Welt verantwortlich machen – von gestiegenen Ölpreisen bis zur Instabilität in unserer Region. Es gibt solche, die sagen, dass diese Behauptungen, da fast die ganze Welt an sie glaubt, einen wahren Kern haben müssen. Ahad Ha’am sagte bereits, dass die weit verbreitete Akzeptanz von Ritualmordanklagen im Mittelalter beweist, dass etwas nicht dadurch wahr wird, dass die Mehrheit der Welt es glaubt.

     

    Und die dritte Lektion ist, dass wir unser eigenes Schicksal in die Hand nehmen müssen. Unsere Beziehungen mit den führenden Staaten der Welt, mit anderen Staaten im Allgemeinen sind extrem wichtig für uns, und wir investieren in sie, nähren sie und entwickeln sie fort. Aber wenn wir nicht die Fähigkeit besitzen, uns selbst zu schützen, wird die Welt uns nicht zur Seite stehen.“

     

    Die vollständige Rede Netanyahus gibt es unter dem folgenden Link:

     

     

     

    Weitere Informationen zum Yom Hashoah gibt es unter dem folgenden Link:

     

    (Außenministerium des Staates Israel, 01.05.05)

     

     

  • Einladung: „In Zukunft Frieden – Feinde von gestern, Partner von morgen“

    Einladung: „In Zukunft Frieden – Feinde von gestern, Partner von morgen“

    Einladungsschreiben PV Köln-Bethlehem

     

    Einladung

     

    zur Podiumsdiksussion

    der Deutschen Initiative für den Nahen Osten unter dem Titel

    „In Zukunft Frieden –
    Feinde von gestern, Partner von morgen“

    am 8. Mai 2011 um 19:00 Uhr in der Residenz am Dom

    Anmeldungen bis zum 06. Mai 2011

    bei

    Heinz-Rudolf Hönings
    – Geschäftsführer –

    = = = = = = = = = = = = = = = =

    Verein zur Förderung
    der Städtepartnerschaft Köln-Bethlehem
    Heinz-Rudolf Hönings
    Gasstraße 60
    42657 Solingen
    (0212) 247 48 61
    (0170) 200 62 14
    [email protected]

  • Eine andere Türkei

    Eine andere Türkei

    Eine andere Türkei
    _____________________________________________________
    Von Michael Herzog

    Machen wir uns nichts vor. Die türkischen Löschflugzeuge haben das Feuer, das die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel erfasst hat, nicht erstickt. Selbst wenn eine Formulierung gefunden werden sollte, die die Forderung der Türkei nach einer Entschuldigung und Entschädigung für die Opfer der Gaza-Flottille befriedigt, würden wir weiter mit einer von Grund auf problematischen türkischen Außenpolitik zurückbleiben.

    Dies ist nicht die Türkei, die wir gekannt haben. Sie durchläuft einen Wandel, der sich in ihrer Außenpolitik ausdrückt: von einem zuverlässigen NATO-Mitglied und engem Verbündeten Israels hin zu einer Macht mit eigenständiger außenpolitischer Linie, die westliche Interessen hintertreibt, mit radikalen Akteuren flirtet und sich feindselig gegenüber Israel gebärdet.

    Die Gründe hierfür sind vor allem anderen in der Eigenart der Führungsriege der „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“ zu suchen, die seit 2002 in der Türkei regiert. Es ist dies eine Führung mit einer „weichen“ kulturislamischen Weltanschauung, die vom säkular-kemalistischen Erbe abweicht und ein islamisches Solidaritätsgefühl auf dem internationalen Schauplatz pflegt. Auf dieser Grundlage hat der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu eine von wirtschaftlichen und außenpolitischen Ambitionen herrührende Doktrin entwickelt, die darauf angelegt ist, die Türkei zu einer dominanten Macht in ihren historischen Einflusssphären zu machen (eine Art „Neoottomanismus“) und auf dem Prinzip „Null Probleme mit den Nachbarn“ beruht.

    All dies steht hinter Schritten wie der Annäherung der Türkei an Syrien und den Iran, dem Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat gegen die Verhängung von Sanktionen gegen den Iran, dem Widerstand gegen die Anklage gegen den Präsidenten des Sudans wegen Völkermords in Darfur (Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan: „Undenkbar, dass Muslime einen Völkermord begehen“) oder dem – letztlich aufgegebenen – Widerstand gegen die Ernennung des früheren dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen zum NATO-Generalsekretär als „weiche“ Antwort auf die in der dänischen Presse veröffentlichten Mohammed-Karikaturen.

    Israel ist das natürliche Opfer dieses Wandels gewesen. Das Feuer, dass nach der Operation Gegossenes Blei – vor dem Hintergrund einer volkstümlichen türkischen Identifizierung mit den Palästinensern – in den Beziehungen ausgebrochen ist, ist seither angesichts des auf der Stelle tretenden diplomatischen Prozesses noch angefacht worden. Auch Israel hat Fehler begangen, aber die türkische Gaza-Flottille war ein Ergebnis der Krise und nicht deren Grund.

    So ist nur ein Schatten der einst prächtigen sicherheitspolitischen Zusammenarbeit übrig geblieben. Die Türkei hat ihre Teilnahme an dem NATO-Raketenabwehrprogramm davon abhängig gemacht, dass Israel die relevanten Informationen nicht zugänglich gemacht werden, und in der türkischen Denkschrift zu den nationalen Bedrohungen wird Israels Politik als Quelle der regionalen Instabilität bezeichnet, die türkische Interessen bedroht. Erdogan attackiert regelmäßig Israel und seinen Ministerpräsidenten, und gerade sieht es so aus, als werde er der Bitte von Mahmoud Abbas entsprechen, das Vorantreiben der Anerkennung Palästinas durch die europäischen Staaten anzuführen.

    Möglicherweise hat die Türkei die Gelegenheit zu einer humanitären Geste – gegenüber dem israelischen Volk, nicht gegenüber der Regierung – wegen des Preises genutzt, den sie in ihrem Verhältnis mit den USA für ihre Wendung gegen Israel zu entrichten hat. Aber wenn Israel eine Versöhnungsgeste erwägt, sollte es das strategische Bild in den Blick nehmen und sich fragen, wohin die Dinge führen könnten – zu einer kosmetischen Änderung, die Erdogan vor den Wahlen im Juni 2011 auf dem internationalen wie heimischen Schauplatz helfen würde oder zu einer wirklichen Versöhnung, die eine Rückkehr zur Zusammenarbeit ermöglichen würde.

    Die Türkei ist ein großer und wichtiger Staat, und man darf nicht auf Beziehungen mit ihr verzichten. Israel muss der Türkei jedoch, wenn es ihr die Hand reicht, klar machen, dass sie den Stab nicht von beiden Seiten anpacken kann – eine antiisraelische Position einzunehmen und gleichzeitig zu behaupten, nicht die Richtung geändert zu haben, und zwischen Israel und seinen Nachbarn vermitteln zu wollen.

    Brigadegeneral d. Res. Michael Herzog war früher Stabschef des Verteidigungsministers und ist derzeit Fellow am Washington Institute for Near East Policy.

    (Haaretz, 15.12.10)

  • «Er weiss, dass man eine A-Waffe nicht einsetzen kann»

    «Er weiss, dass man eine A-Waffe nicht einsetzen kann»

    Foto: Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

    «Er weiss, dass man eine A-Waffe nicht einsetzen kann»
    Von Rudolf Burger.

    Mit dem Iran muss verhandelt werden, sagt Volker Perthes. Dass die Saudis dem Iran misstrauen, überrascht den Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin nicht.

    «Eine Friedenslösung ohne die Taliban wird nicht funktionieren», sagt Volker Perthes.

    Volker Perthes, Jahrgang 1958, wurde in Homburg am Niederrhein geboren. Er studierte Politologie in Duisburg, wo er 1990 promovierte und sich 1999 auch habilitierte. Von 1991 bis 1993 war er Assistenzprofessor an der American University in Beirut und lehrte an den Universitäten in Duisburg, München und Münster. Von 1992 an leitete er die Forschungsgruppe «Naher Osten und Afrika» an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, deren Direktor er seit 2005 ist. Perthes, der die deutsche Regierung berät und in vielen Medien als Kommentator in Erscheinung tritt, ist Verfasser zahlreicher Publikationen über Nahost und Arabien. Sein letztes Buch, «Iran – eine politische Herausforderung», erschien 2008 bei Suhrkamp. – Das vorliegende Interview ist im Rahmen eines Vortrags entstanden, den Volker Perthes am vergangenen Dienstag vor dem Schweizerischen Institut für Auslandforschung in Zürich gehalten hat.

    Herr Perthes, «hackt der Schlange den Kopf ab», soll der saudiarabische König Abdallah laut Wikileaks den USA bezüglich des Iran geraten haben. Hat Sie das überrascht?
    Ein Vorbemerkung: Dieses Zitat stammt aus dritter Hand, im Zweifelsfall kann der saudische König sagen, der Botschafter habe das gesagt, nicht er. Aber diese Art von Sprache kennen wir aus dieser Gegend. Ich glaube, auch die Iraner sind nicht wirklich überrascht, dass ihnen die Saudis misstrauen.

    Der Iran und die arabischen Staaten sind sich einig in ihrer Haltung gegen Israel. Wenn sich Saudiarabien so klar gegen den Iran stellt, ist das doch bemerkenswert.
    Das mit der Einigkeit gegen Israel ist relativ. Saudiarabien hat prinzipiell seine Bereitschaft erklärt, Israel anzuerkennen, wenn Israel auf die arabische Friedensinitiative eingeht und die Einrichtung eines palästinensischen Staates erlaubt. Das Gleiche gilt nicht für den Iran. Den gleichen Gegner zu haben, heisst ja nicht, dass man nicht voreinander Angst haben kann. Dass die Saudis, die Emiratis, die Jordanier, die Ägypter und andere mit grosser Skepsis auf das iranische Atomwaffenprogramm schauen, ist bekannt. Und die Saudis sind in grosser Sorge vor einer iranischen Hegemoniestellung am Persischen Golf.

    Ehud Barak, der israelische Verteidigungsminister, hat laut Wikileaks im Juni 2009 erklärt, es gebe ein Zeitfenster von 18 Monaten für einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen. Wie wahrscheinlich ist ein solcher Militärschlag?
    Diese Frist ist ja nun fast abgelaufen. Israel will mit solchen Aussagen auch diplomatischen Druck auf Amerikaner und Europäer ausüben und sagen: Ihr müsst jetzt wirklich aktiv werden.

    Sie halten es also für unwahrscheinlich, dass ein Angriff bevorsteht?
    Ja. Es gibt Zeitdruck. Verhandlungen mit dem Iran, wie sie in den letzten Jahren stattgefunden haben, haben trotz der mageren Ergebnisse immer auch das Ziel gehabt, Zeit zu gewinnen. Schon 2002 gab es Warnungen, der Iran habe in acht Monaten die Atombombe. Heute haben wir das Jahr 2010. Die Verhandlungen haben nicht bewirkt, dass der Iran sein Atomprogramm aufgegeben hat, aber sie haben das Programm verzögert. Die Iraner sagen sich: Wir verhandeln, und in der Zeit bauen wir weitere Zentrifugen. In einem Jahr haben wir noch mehr Zentrifugen und verhandeln auf höherem Niveau.

    Dann wollen also die Iraner die Atombombe effektiv bauen?
    Ich bin sicher, dass die Iraner alle technischen Fertigkeiten haben wollen, um innert kürzester Zeit, falls notwendig, eine atomare Waffe herzustellen. Dass heisst nicht, dass sie die Entscheidung getroffen hätten, diese Waffe zu bauen.

    Würde es nicht der Aggressivität Ahmadinejad widersprechen, nur die Möglichkeit zur Atombombe zu haben, sie aber nicht zu bauen?
    Auch Ahmadinejad und die iranische Elite wissen, dass man eine Atomwaffe eigentlich nicht einsetzen kann. Nicht nur, weil Israel zurückschlagen würde, sondern auch, weil ein Atomschlag in einer dicht besiedelten Gegend Dinge auf Generationen zerstören würde. Eine Atomwaffe ist eine politische Waffe, sie schafft Hegemonie, da reicht es, wenn alle andern wissen, dass man eine Atomwaffe hat.

    Damit trauen Sie dem iranischen Regime zu, rational zu handeln. Wenn man Ahmadinejads Rhetorik ernst nimmt, dass er Israel aus der Region vertreiben will, zweifelt man, ob man es mit einem rational denkenden Politiker zu tun hat.
    Ich denke, dass er das ist. Aber er ist ein Antisemit, ein Populist, er glaubt, dass Israel keinen Platz in dieser Region habe. Gleichwohl hat er nie gesagt, der Iran solle Israel zum Verschwinden bringen. Vielmehr hat er eine Geschichtsphilosophie, wonach Israel nicht hierher gehöre und irgendwann weg sein werde. Das Atomprogramm des Iran dient nicht der Perspektive, wir bauen eine Bombe und greifen übermorgen Israel an. Es geht darum, zu zeigen, wer die Nummer 1 im Nahen Osten ist. Der Iran will das sein, und das gefällt allen Nachbarn gar nicht.

    Sie würden also davon abraten, das iranische Atomprogramm militärisch zu stoppen?
    Eine Reihe von amerikanischen und israelischen Entscheidungsträgern hält laut Wikileaks einen Militärschlag für die schlechteste aller Lösungen, weil er das Problem nur für einige Jahre lösen würde. Wenn dem so ist – und da brauchen wir gar nicht in die Wertediskussion zu gehen, ob Krieg legitim ist oder nicht –, dass ein Militärschlag das iranische Militärprogramm nur um drei Jahre verzögern würde, es aber schon gelungen ist, das iranische Atomprogramm mit Diplomatie um sieben Jahre zu verzögern, dann spricht doch vieles für Diplomatie. Zur Diplomatie gehören Gespräche, die nächste Woche geführt werden, aber auch Elemente robuster Diplomatie wie etwa Sanktionen.

    Im Buch «Iran – eine politische Herausforderung», erschienen 2008, plädieren auch Sie für den Dialog mit dem Iran. Das gilt also weiterhin?
    Ja. Einen grossen Staat, einen der entwickeltsten in seiner Nachbarschaft, einen wichtigen Faktor der Weltökonomie, einen Ölexporteur mit einer eigentlich sehr kosmopolitischen Gesellschaft, den können wir nicht einfach ignorieren.

    Sie werden im Internet kritisiert als einer, der gegenüber dem Iran «Appeasement» predige.
    Wer versucht, politisch verantwortbare Lösungen zu finden, der muss das Instrument des Miteinanderredens als Allererstes nutzen.

    Im Fall des Nahost-Konflikts ist alle Diplomatie vergebens, ein Frieden scheint in weiter Ferne.
    Diesen Eindruck kann man haben. Als Journalist oder Universitätsprofessor könnte ich mir die Antwort leisten, es gehe sowieso nicht weiter, als Politikberater habe ich eine Verantwortung, zu sagen, auch wenn die Chancen klein sind, weiterzukommen, müssen wir sie nutzen. Aber Sie haben recht. Wenn es eine Zweistaatenlösung innerhalb der Amtszeit von Präsident Obama nicht gibt, dann werden wir eine solche Lösung wahrscheinlich nicht mehr schaffen.

    In Israel scheint eine solche Lösung fast nicht mehr durchsetzbar.
    Es ist schwierig. Soeben hat die Knesset beschlossen, dass es für die Abgabe der Golan-Höhen und von Ostjerusalem entweder eine Zweidrittelmehrheit oder ein Referendum braucht. Man baut also zusätzliche Hürden, um einer Mehrheit zu verbieten, einen Frieden auf einer gerechten Grundlage zu schaffen.

    Dazu passt, dass die Siedlungspolitik auch nicht gestoppt wird.
    Viele Leute möchten das aber. Die öffentliche Meinung ist in Israel nach wie vor mehrheitlich bereit, einen fairen Kompromiss zu akzeptieren. Ein Kompromiss, bei dem die 1967 eroberten Gebiete nach Grenzkorrekturen aufgegeben würden und Ostjerusalem zur Hauptstadt der Palästinenser würde, Israel aber die Garantie erhielte, dass keine palästinensischen Flüchtlinge zurückkommen. Dieses Paket ist in Israel nach wie vor mehrheitsfähig. Tatsache ist, dass Ministerpräsident Netanyahu wahrscheinlich eher als andere eine solche Lösung durchzusetzen könnte.

    Dazu brauchte es Druck von den USA, aber man hat nicht den Eindruck, dass Barack Obama auf einen Nahost-Frieden drängt. Wenn er an seine zweite Amtszeit denkt, lässt er seine Finger vom Nahost-Problem.
    Da bin ich anderer Ansicht. Wenn Obama aussenpolitische Erfolge haben will, reicht der Abzug aus dem Irak nicht, viel mehr hat er bis jetzt ja nicht erreicht. Als er Präsident wurde, war es sein Versprechen, dass er sich vom ersten Tag an um den Nahost-Konflikt kümmern werde. Das geschieht im Moment auch, der israelisch-palästinensische Konflikt ist für die Aussenministerin neben aktuellen Herausforderungen wie Korea die wichtigste Aufgabe. Ich nehme schon an, dass es innerhalb eines Jahres eine Chance für eine Form von Abkommen zwischen Israeli und Palästinensern gibt.

    Sie beraten die deutsche Regierung. Noch stehen deutsche Truppen in Afghanistan. Raten Sie zum Abzug?
    Ja, aber nicht sofort. Wir können nicht sagen, die 5000 Bundeswehrsoldaten und 140 000 Nato-Soldaten sollen sofort raus. Das muss mit der afghanischen Regierung abgestimmt werden. Die Übergangsperiode soll bis 2014 dauern.

    Soll mit den Taliban verhandelt werden?
    Ja. Eine Friedenslösung ohne die Taliban wird nicht funktionieren. Die Taliban, oder nennen wir sie die konservativen sunnitischen paschtunischen Kräfte, werden Teil eines Machtteilungs-Arrangements sein müssen.

    Nimmt man also in Kauf, dass dort, wo die Taliban herrschen, der alte religiöse Fanatismus wieder zum Durchbruch kommt und Mädchen nicht mehr zur Schule gehen dürfen?
    Ich fürchte, dass eine Reihe von Errungenschaften, die zum Teil aber heute auch nur auf dem Papier stehen, in den streng paschtunischen Gebieten, etwa in Kandahar, geopfert werden. Nicht im Norden, nicht in Kabul. Aber die Taliban haben sich auch ein Stück weit verändert. Sie sagen heute nicht mehr, sie seien gegen Mädchenschulen, sie wissen auch, dass sie Fehler gemacht haben, als sie allein regiert haben.

    Von aussen gesehen ist Afghanistan ein hoffnungsloser Fall, in dem nach dem Abzug der westlichen Truppen Anarchie herrschen wird.
    Der Abzug der Isaf-Truppen darf nicht heissen, das wir unsere Unterstützung für Afghanistan aufgeben. Wir müssen weiterhin Ausbildungsmassnahmen für afghanische Sicherheitskräfte und die Verwaltung sowie Entwicklungshilfe anbieten. Letztlich können wir uns das leisten: Heute geben wir für unsere Truppen ein Vielfaches von dem aus, was wir ausgeben würden, wenn wir sehr generöse Entwicklungs- und Ausbildungshilfe leisteten.

    So oder so: Ist nicht Pakistan eigentlich der viel gefährlichere Krisenherd als Afghanistan?
    Das ist so. Wenn wir uns in Afghanistan beim Versuch übernommen haben, mithilfe von Truppen das Land sozial zu rekonstruieren, dann können wir das in einem 180-Millionen-Staat wie Pakistan gar nicht. Wir können in Pakistan nur versuchen, wie wenig Vertrauen wir in Militär und Regierung auch haben, mit dem Präsidenten, der jüngeren Generation von Offizieren, mit den Parteien zusammenzuarbeiten. Auch hier können wir nicht sicher sein, ob das gelingt.

    Werden irgendwo Terroristen geschnappt, stellt sich häufig heraus, dass sie in Pakistan ausgebildet wurden – und man weiss nie, ob dabei nicht sogar die Regierung die Hand im Spiel hatte.
    Die Regierung nicht, aber es gibt sicherlich Teile des militärischen Geheimdienstes, die zumindest nicht alles gegen den Terrorismus tun, was sie tun könnten. Sie wollen sich Teile dieser militanten Organisationen gewogen halten, weil sie immer noch glauben, sie könnten oder müssten sie eines Tages in einem Konflikt mit Indien einsetzen. Die grosse Phobie Pakistans ist Indien.

    Ist Pakistan sogar auf dem Weg zu einem «failed state»?
    Zumindest auf Teile des Landes, etwa die Stammesgebiete in Waziristan, trifft das zu. Dort ist staatliche Autorität nur per Gewalt, nur mit einem Einmarsch der Armee, herzustellen. Das haben wir im Swat-Tal gesehen. Mittlerweile herrscht dort wieder Ruhe und Ordnung, aber um einen grossen Preis.

    Der militante Islamismus existiert nach wie vor. Ist für Sie der «Clash of Civilizations» ein Thema?
    Wir und auch viele Regierungen im Nahen und Mittleren Osten haben erkannt, dass das Problem ein Kulturkonflikt innerhalb der islamischen Welt ist, zwischen den Kräften, die ihre Länder in die Globalisierung führen wollen, etwa der Türkei, und jenen, die einer Ideologie anhängen, die einen ewig währenden Konflikt zwischen dem Islam und dem Rest der Welt sehen, bei dem sozusagen die Kreuzzüge und der 11. September zeit- und grenzenlos ineinanderfliessen. Das ist eine Minderheit, die aber durch die Wahl terroristischer Mittel viel Angst und Unsicherheit auslösen konnte.

    Wo sehen Sie da den Iran?
    Eher aufseiten jener, die ihr Land in die Globalisierung führen wollen. Aber der Iran hat eine für die Region und die Welt nur schwer zu akzeptierende Agenda, der Iran will die dominante Macht am Persischen Golf sein und Einfluss im Irak, im Libanon und den Palästinensergebieten ausüben.

    Bei Afghanistan und Pakistan reden wir von «failed states», gleichzeitig wird aber das asiatische Jahrhundert ausgerufen. Ist der westliche Führungsanspruch infrage gestellt?
    Es gibt einen objektiven materiellen Aufstieg Asiens, und der ist gut, weil das heisst, dass in China, aber auch in Indien, Hunderte Millionen Menschen aus der Armut geführt worden sind. Aber wenn die einen aufsteigen, steigen die andern relativ ab. Diese aufsteigenden Mächte wollen ihre Stimme zu Gehör bringen, wenn es um Konflikte in der Welt geht. Sie haben eine andere Agenda als wir saturierten Europäer, wenn es etwa um die CO2-Reduktion geht. Da ist ihre Haltung die: Wenn wir ein bisschen mehr verschmutzen, sind wir immer noch nicht da, wo der Westen ist.

    Ist der Aufstieg Chinas für den Wes-
    ten nicht auch deshalb ein Problem, weil China letztlich sagt: «Seht, es geht auch ohne Demokratie.»
    Ja. Wir haben vor 20 Jahren gedacht, die Geschichte habe bewiesen, dass sich Freiheit und Demokratie durchsetzen und sich nachhaltiges Wachstum, Wohlstand und Zufriedenheit nur mit Marktwirtschaft und Demokratie ergeben. Die Chinesen versuchen zu zeigen, dass Marktwirtschaft auch mit weiser Führung funktioniert. Dieses chinesische Modell hat eine gewisse Überzeugungskraft im Rest der Welt, etwa in Afrika und Lateinamerika. Aber es gibt auch Friktionen in China: Dort fordert eine neue Mittelschicht Mitwirkung und Mitsprache. Die historische Antwort steht noch aus.

    Die Finanz- und Wirtschaftskrise würde ja bestätigen, dass das westliche Modell anfällig ist.
    Zumindest hat der Westen nicht das einzige Modell, das funktioniert. Das sollte uns anspornen im Versuch, unser Modell erfolgreicher zu machen.

    Letztlich läuft der Wettbewerb darauf hinaus, dass die Welt heute mehrere Machtpole kennt.
    Ja. Die USA bleiben aber noch auf Jahrzehnte hinaus der stärkste Pol, aber sie sind nicht mehr der Hegemon, der alles entscheiden kann.

    Auch in Europa ist doch die Skepsis gegen die USA enorm gewachsen.
    Als George W. Bush Präsident war, gab es einen starken Antiamerikanismus, aber unter Obama ist das vorbei: Wir bedauern jetzt, dass er nicht alle Pläne durchsetzen kann. Es geht weniger um Antiamerikanismus als um objektive Faktoren: Für die USA ist Europa nicht mehr das Zentrum der Welt wie während des Ost-West-Konflikts. Obama hat offensichtlich wenig Freude daran, zu EU-US-Gipfeln zu reisen. Die Action ist heute woanders. Auch für uns verliert Amerika an Bedeutung, und Asien gewinnt.

    Sie sind Berater der deutschen Regierung. Wie muss man sich das vorstellen – werden Sie zu Sitzungen mit Herrn Westerwelle eingeladen?
    Wir haben etwa 65 Forscher bei uns, die die Regierung, den Bundestag und auch die Wirtschaft oder die EU beraten. Es gibt Papiere, Studien von uns, die überwiegend öffentlich sind, es gibt Konferenzen und Kolloquien, Hearings, wir reden mit Ministern, Staatssekretären und Verbänden. Nach unserer Überzeugung sollte jeder, der in unserem Land Verantwortung für die Aussen- und Sicherheitspolitik trägt, von uns die bestmögliche Beratung bekommen. Dazu gehört auch die Opposition, die ja die künftige Regierungspartei sein könnte.

    In Ihrem Vortrag in Zürich haben Sie erklärt, Sie müssten eine optimistische Weltsicht haben. Wieso?
    Wenn Sie Politikberatung machen, können Sie nicht mit Entscheidern zusammensitzen und sagen, das Problem ist so kompliziert, dass ihr nichts tun könnt, es geht sowieso alles den Bach runter. Ich muss sagen: Das Problem ist schwierig, es gibt verschiedene Szenarien. Wenn die Chance, eine Lösung zu finden, 10 Prozent ist, lasst uns versuchen, daraus eine 20-Prozent-Chance zu machen. Versuchen wir, die Chancen zu erhöhen und die Risiken zu vermindern. (Der Bund)
    Erstellt: 05.12.2010, 11:32 Uhr

    – kommentar

  • Türkische Tiraden

    Türkische Tiraden

    „Der König ist nackt“: Titel einer links-liberalen türkischen Zeitung.
    Bild: dpa

    Istanbul
    Türkische Tiraden

    Nach Wikileaks-Depeschen ist Premierminister Erdogan für die USA immer noch ein Rätsel – und die Welt für ihn.

    Wenn die Europäer die Türkei nicht in der EU haben wollten, dann sollten sie es laut und deutlich sagen: So lautet einer der Standardsätze in außenpolitischen Reden des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Damit beschreibt Erdogan den wachsenden Frust in seinem Land angesichts der abweisenden Haltung von EU-Staaten wie Frankreich, Deutschland oder Österreich nach fünf Jahren türkischer Beitrittsverhandlungen. Die klaren Worte, die der türkische Premier fordert, kann er nun bei Wikileaks nachlesen: US-Vertreter haben in Gesprächen mit europäischen Diplomaten den deutlichen Eindruck gewonnen, dass die türkische Bewerbung hoffnungslos ist.
    In den von Wikileaks veröffentlichten Memos der amerikanischen Botschaft in Ankara erscheint Erdogan außerdem als machthungriger und möglicherweiser korrupter Islamist und Israel-Feind. Doch amerikanische Diplomaten bezeichnen ihn auch als Reformer, Demokraten und als den besten Partner, den Washington sich in Ankara nur wünschen kann. Nach fast acht Jahren als türkischer Regierungschef ist Erdogan für die westliche Führungmacht USA demnach immer noch ein Rätsel.
    Rund zwei Dutzend Depeschen aus der Ankaraner US-Botschaft von 2004 bis zum Februar dieses Jahres zeichnen den Weg Erdogans und seiner Regierungspartei AKP nach. Von Putschvorbereitungen gegen Erdogan ist die Rede – ein General sagte den Amerikanern im Jahr 2007, die Militärs hätten damals „leicht die Panzer rollen lassen können“. Das Verbotsverfahren gegen die AKP ein Jahr später erscheint aus US-Sicht als „Racheakt einer ungewählten und unkontrollierbaren Bürokratie“ gegen die Demokratisierungsversuche der religiös-konservativen Regierungspartei. Erdogan, so heißt es an einer Stelle, sei der einzige Politiker, der die Vision der USA von einer erfolgreichen, demokratischen und europäisch integrierten Türkei voranbringen könne.
    Doch so manche Depesche entwirft ein wesentlich finsteres Bild des türkischen Premiers. Für Erdogan drehe sich alles um ein Ziel: Macht. Er habe acht verschiedene Konten in der Schweiz und umgebe sich mit Ja-Sagern, die ebenso wenig von der Welt außerhalb der Türkei verstünden wie er selbst.

    Quelle:

  • „Türkei sieht Israel nicht als Bedrohung“

    „Türkei sieht Israel nicht als Bedrohung“

    01. Dezember 2010
    Außenminister Davutoglu: „Türkei sieht Israel nicht als Bedrohung“

    ANKARA (inn) – Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hat am Dienstag dementiert, dass sein Land den Staat Israel als Bedrohung charakterisiert habe. Für solche Behauptungen gebe es keinen Anhaltspunkt, sagte er vor Journalisten in Washington.

    „Diese Nachrichten haben keinerlei Bestätigung und keinerlei Wahrheitsgehalt“, so Davutoglu laut einem Bericht der „Washington Times“. „Es sind nur Spekulationen.“ Damit bezog sich der Minister auf einen türkischen Medienbericht, demzufolge der Nationale Sicherheitsrat Israel als „große Bedrohung“ in seinem „Roten Buch“ verzeichnet habe. Gleichzeitig seien der Iran und Syrien aus der Liste entfernt worden. Nach der Veröffentlichung hatte Israels Tourismusminister Stas Misezhnikov seine Landsleute aufgefordert, die Türkei nicht zu besuchen.

    Davutoglu nahm ferner Bezug auf einen Artikel der israelischen Tageszeitung „Ma´ariv“. Darin war er mit den Worten zitiert worden: „Israel wird kein unabhängiges Land bleiben können.“ Weiter hieß es, er habe einen gemeinsamen israelisch-palästinensischen Staat gefordert. „Ich weiß nicht, warum die israelische Presse das immer tut. Ich bin ein junger Mensch“, sagte er. „Mein Gedächtnis ist recht gut. Ich habe nirgendwo solch eine Rede gehalten.“

    Am Montag war Davutoglu mit US-Außenministerin Hillary Clinton zusammengetroffen.

    Von: E. Hausen
    Quelle: Israelnetz,

  • Netanyahu: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden

    Netanyahu: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden

    Benjamin Netanjahu, 2009
    (Bildquelle: Wikipedia)

    Netanyahu: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden
    _____________________________________________________
    Israels Ministerpräsident Binyamin Netanyahu hat am Montag in New Orleans vor der Generalversammlung der Jüdischen Föderationen Nordamerikas eine Rede zur gegenwärtigen Lage seines Landes und im Nahen Osten gehalten. Darin rief er die jüdische Diaspora dazu auf, gemeinsam mit Israel den regionalen und globalen Herausforderungen entgegenzutreten.

    „Am Vorabend des 20. Jahrhunderts sah Theodor Herzl, der Gründer des modernen Zionismus, die großen Herausforderungen voraus, vor denen das zerstreute jüdische Volk stand. Er zeichnete einen klaren Weg auf, um das jüdische Schicksal an die sichereren Ufer eines jüdischen Staates zu lenken. Herzls Vision war von drei Prinzipien geleitet: Gefahren erkennen, Gelegenheiten ergreifen, Einheit schaffen.

    Eben diese drei Prinzipien sollten uns auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts leiten. Wir müssen die Gefahren erkennen, die uns gegenüberstehen und ihnen entgegenwirken. Wir müssen die Gelegenheit zu Wohlstand und Frieden mit jenen unserer Nachbarn, die Frieden wollen, ergreifen. Und wir müssen Einheit stiften innerhalb unseres Volkes, um diese gewaltigen Aufgaben zu schultern.

    Die größte Gefahr für Israel und die Welt ist die Aussicht auf einen atomar bewaffneten Iran. Der Iran droht damit, Israel zu vernichten. Er leugnet den Holocaust. Er sponsert Terror. Er tritt Amerika in Afghanistan und dem Irak entgegen. Er dominiert den Libanon und Gaza. Er errichtet Brückenköpfe in Arabien und Afrika. Er dehnt seinen Einfluss sogar in diese Hemisphäre, nach Südamerika hinein aus.

    Nun, das ist, was der Iran ohne Atomwaffen tut. Man stelle sich vor, was er mit ihnen tun würde. Man stelle sich die Verwüstung vor, die seine Terrorverbündeten, Hisbollah, Hamas und andere, unter einem iranischen Nuklearschirm anrichten würden.

    Daher schätzt Israel die erfolgreichen Bemühungen von Präsident Obama, den UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen den Iran verhängen zu lassen. Es schätzt die erfolgreichen amerikanischen Anstrengungen, andere Staaten zu mobilisieren, dass sie aus eigenen Stücken harte Sanktionen verhängen. Es besteht kein Zweifel, dass diese Sanktionen das iranische Regime starkem wirtschaftlichem Druck aussetzen.

    Aber wir haben bislang noch keine Anzeichen dafür gesehen, dass die Tyrannen aus Teheran ihr Streben nach Atomwaffen überdenken. Das einzige Mal, dass der Iran sein Atomprogramm für eine kurze Zeit ausgesetzt hat, war, als das Regime 2003 glaubte, es stünde einer glaubwürdigen Drohung in Form einer Militäraktion gegenüber. Und das einfache Paradox ist dies: Wenn die internationale Gemeinschaft unter der Führung der Vereinigten Staaten hofft, das iranische Atomprogramm ohne Rückgriff auf militärisches Vorgehen zu stoppen, wird sie den Iran davon überzeugen müssen, dass sie bereit wäre, ein derartiges Vorgehen in Angriff zu nehmen. Eindämmung wird im Fall des Iran nicht funktionieren. Sie wird nicht funktionieren mit einem schamlosen Regime, das Amerika der Bombardierung seiner eigenen Städte am 11. September bezichtigt, offen zu Israels Vernichtung aufruft und der weltweit führende Sponsor des Terrorismus ist.

    Wenn man es mit so einem Regime zu tun hat, besteht die einzige verantwortungsbewusste Politik darin, es von vornherein daran zu hindern, Atomwaffen zu entwickeln. Unter dem Strich heißt das: Irans Atomprogramm muss gestoppt werden. Irans Atomprogramm ist die größte Gefahr, vor der wir stehen. Der Angriff auf Israels Legitimität ist eine weitere.

    Wir wissen aus unserer Geschichte, dass Attacken auf Juden oft auf Versuche der Dehumanisierung des jüdischen Volkes gefolgt sind – man zeichnete sie als niederträchtige Kriminelle, als die Geißel der Menschheit. Daher muss man den Versuchen unserer Feinde und ihrer irregeleiteten Sympathisanten zur Delegitimierung des jüdischen States entgegentreten.

    Herzl sah viele Dinge richtig. Er hatte Recht in Bezug auf den Weltenbrand, der bald Europa verschlingen würde. Er hatte Recht in Bezug auf die Notwendigkeit eines jüdischen Staates und einer jüdischen Armee, um diesen Staat zu verteidigen.

    Aber Herzl war zu optimistisch, wenn er glaubte, die Wiedergeburt des jüdischen Staates würde dem Antisemitismus schrittweise ein Ende setzen.“

    Die vollständige Rede gibt es unter dem folgenden Link:

    (Außenministerium des Staates Israel, 08.11.10)

  • Kein Feuer für Antifas

    Kein Feuer für Antifas

    Kein Feuer für Antifas
    Posted By TLV-01 On כ״ז במרחשון ה׳תשע״א (4. November 2010) In Antisem., Extremism. | Comments Disabled
    Familienministerin Kristina Schröder fordert, dass Initiativen, die Geld aus staatlichen Programmen gegen Rechtsextremismus erhalten, künftig einen Treueeid zur Verfassung ablegen sollen. Die Forderung ist so umstritten wie die Programme selbst…
    Von Mathias Berek und Moritz Wichmann
Jungle World v. 4. November 2010
    »Es stellt sich ja immer die Effizienzfrage«, sagt Barbara John auf dem Podium der »Ergebniskonferenz« Ende Oktober. Hier soll erörtert werden, was die Bundesprogramme »Vielfalt tut gut« und »Kompetent für Demokratie« erreicht haben. »Ist die Sache das Geld wert?« Das zu beantworten ist nicht leicht: »Wir können eigentlich nicht mit Fakten untermauern, dass das, was wir uns wünschen, dabei herauskommt.« Man habe »Hoffnungen, begründete Vermutungen«, sagt die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Sieht man sich den finanziellen Rahmen, die Strukturen und Konzepte der Programme genauer an, erscheint die von John geäußerte Hoffnung recht optimistisch.
    Das liegt schon daran, dass die Bundesregierung immer weniger Geld für die Programme gegen Rechts ausgibt. Anfang 2001 nahm unter der rot-grünen Bundesregierung das Programm »Jugend für Toleranz und Demokratie« seine Arbeit auf, das in drei Förderbereiche gegliedert war. »Xenos«, ausgestattet mit 75 Millionen Euro, sollte sich der »Förderung gegenseitigen Verständnisses, des gemeinsamen Lernens und Arbeitens von deutschen und ausländischen Jugendlichen und Erwachsenen« widmen. Ziel war die Bekämpfung von »Fremdenfeindlichkeit in Betrieben, Verbänden und Schulen«. Der Förderbereich »Entimom« sollte 65 Millionen Euro an Modellprojekte »gegen Gewalt und Rechtsextremismus« verteilen. »Civitas« schließlich, das mit 52 Millionen Euro ausgestattet war, förderte Initiativen in den östlichen Bundesländern und Berlin, die sich gegen Nazis und für Demokratie engagierten. In jenen sechs Jahren wurden in Ostdeutschland immerhin bedeutende Programme gegen Rechts ins Leben gerufen, unter anderem viele der Mobilen Beratungsteams und Opferberatungen.
    Als die Bundesprogramme im Jahr 2006 ausliefen, regierte jedoch mittlerweile die große Koalition. Und die Christdemokraten waren nicht bereit, die Förderung gegen Rechts im selben Rahmen mitzutragen. Als Ergebnis der Verhandlungen laufen seit Anfang 2007 die Nachfolgeprogramme »Vielfalt tut gut – Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie« und »Kompetent für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus«. Die Fördersumme sank von 32 auf 29 Millionen, seit 2008 sogar auf 24 Millionen Euro pro Jahr. 2007 wurden alle Programme, die ursprünglich auf die neuen Bundesländer begrenzt waren, auch auf die alten Bundesländer ausgedehnt – angesichts der gesunkenen Gesamtsumme entsprach das einer massiven Kürzung der Mittel.
    Dominique John von Opferperspektive Brandenburg e.V., der an der »Ergebniskonferenz« teilnimmt, fragt sich deshalb, welchen Stellenwert die Opferberatungen, die sich um Opfer rechter Gewalt kümmern, in Zukunft haben werden. Zwar hofft er, dass die bestehenden Beratungen weiter durch Bundesprogramme gefördert werden. »Aber auf keinen Fall wird es einen Ausbau geben, obwohl der dringend nötig wäre.« Der Bürgermeister von Verden, Lutz Brockmann (SPD), ist dagegen »erst einmal dankbar, dass es überhaupt weitergeht mit der Bundesförderung«. Ohne die wäre »viel kaputt gegangen«. Denn die Kommunen sind selten in der Lage, Projekte weiter zu finanzieren, die keine Bundesmittel mehr erhalten.
    Früher oder später läuft die Förderung für alle Projekte aus, denn der Bund finanziert prinzipiell nur Modellprojekte. Projekte, deren Konzepte nicht erst erprobt werden, sondern bereits erfolgreich laufen, müssen sich an die Länder oder Kommunen wenden, auch wenn Wilhelm Heitmeyer, der mit der wissenschaftlichen Evaluation der Programme beauftragt war, bereits 2006 mahnte, dass »im Rahmen einer Förderstruktur, die keine Kontinuität zulässt, eine fachgerechte Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismusproblem nicht gelingen« könne.
    Ulla Schobert, die als Vorsitzende des Kulturausschusses des Landkreises Verden an der Konferenz teilnimmt, betont, dass es zudem sehr schwierig sei, Fördermittel aus dem Bundesprogramm zu beantragen. »Bei uns waren das die Jugendlichen, die zuerst auf die Problematik des Rechtsextremismus hingewiesen haben und die auch als erste die Opfer wurden – und diese Jugendlichen können niemals solch ein Projekt auf die Beine stellen, dazu ist die Förderung zu kompliziert.« Richard Hartmann vom Ministerium für Bildung Wissenschaft, Jugend und Kultur in Rheinland-Pfalz, fordert, man müsse »diskutieren, wie wir von Projektitis wegkommen«. Als Vertreter eines Bundeslandes betont er die Verantwortung des Bundes. »Rechtsextremismus ist nicht nur ein lokales Phänomen.« Dessen ungeachtet wurden im Programm »Vielfalt tut gut« »Lokale Aktionspläne« integriert. Jedes dieser Projekt darf maximal zwölf Monate laufen und höchstens mit 20 000 Euro gefördert werden.
    Zudem können seit 2007 nur die Kommunen Anträge auf Förderung solcher Aktionspläne stellen. Damit entscheiden ausgerechnet diejenigen, die die heimischen Probleme mit Neonazis oft genug leugnen, über die Antragstellung. Denn anders als es die Programme vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend suggerieren, sind extrem rechte Einstellung weder ein Rand- noch ein reines Jugendphänomen. Rudi Pahnke vom Projekt »Dreisprung in die Zukunft«, das Seminare anbietet, an denen Schüler, Lehrer und auch Bürgermeister teilnehmen, berichtet von einem Seminarwochenende in einem südbrandenburgischen Ort: »Das Problem waren nicht die Schüler, sondern die Bürgermeister und die Lehrer. Die hatten Sprüche drauf, an denen wir wirklich zu schlucken hatten.«
    Die im Programm »Kompetent für Demokratie« integrierten mobilen Beratungsteams, die Behörden und anderen lokale Akteure bei Problemen mit Nazi-Aktivitäten beraten, haben mittlerweile eine Art Nothelferfunktion übernommen. Statt präventiv zu arbeiten, arbeiten sie als »Interventionsteams«. »Externe Kräfte werden dann an den Ort des Unglücks geflogen, um dort abzuspringen«, sagt der Sozialarbeiter Sascha Quäck von der Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit – Streetwork Brandenburg e.V. »Wenn man tiefer in den ländlichen Raum vordringt, gibt es dort oft nur noch eine Person, die Jugendarbeit auf dem Schirm hat.« Oft träfen die »Interventionsteams« dort auf Kolleginnen, »die 20 bis 30 Jugendräume zu betreuen haben«. In diesem Rahmen sei meist keine inhaltliche Arbeit mehr möglich. Was tun, wenn sich dort rechte Jugendliche durchsetzen? »Im schlimmsten Fall mussten wir Kolleginnen empfehlen, die Jugendräume einfach zu sperren. Das ist nicht schick, das ist Schadensbegrenzung.«
    Familienministerin Kristina Schröder, der die Programme unterstehen, ist aber offenbar weniger über die Tatsache besorgt, dass man überhaupt »Interventionsteams« in die Peripherie ausschicken muss, um zu verhindern, dass Nazis Jugendräume kapern, sondern vielmehr darüber, dass die Projektgelder an Organisationen geraten könnten, die nicht nur Nazis kritisieren. Das ist jedoch nicht ihre Erfindung. Schon mit der Erweiterung der Programme auf die westlichen Bundesländer unter der großen Koalition wurden von Anfang an die Landeskriminalämter und der Verfassungsschutz eingebunden. Welche Konsequenzen das hat, zeigt das Beispiel der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (Aida). Diese wurde auf Betreiben des bayrischen Innenministeriums aus der Landeskoordinierungsstelle ausgeschlossen, die über die Mittelvergabe entscheidet. Der Grund: Sie wurde im Verfassungschutzbericht 2008 als »linksextrem« eingestuft. Im September untersagte der bayrische Verwaltungsgerichtshof zwar dem Verfassungsschutz, Aida im Bericht weiter als linksextrem zu bezeichnen. Der Innenminister beharrt aber weiter auf dieser Einschätzung. Aida steht mittlerweile vor dem Problem, dass sich immer mehr Projekte und Institutionen aufgrund der Stigmatisierung nicht mehr trauen, mit ihr zusammenzuarbeiten.
    Mit dem konservativ-liberalen Wahlsieg im vergangenen Jahr hat sich die Situation weiter verschlechtert. Kristina Schröder ließ keine Gelegenheit aus, eine Ergänzung der Programme »gegen Rechtsextremismus« durch Programme gegen »Linksextremismus« zu fordern. Das Programm »Demokratie stärken« soll sich nun gegen »Links­ex­tremismus«, religiösen Fundamentalismus und »Ultranationalismus« unter Jugendlichen richten, und wurde hierfür mit mit fünf Millionen Euro ausgestattet. Wofür diese ausgegeben werden sollen, ist noch unklar. Von den zwei Mil­lionen, die Schröder im laufenden Jahr dem Programm zur Verfügung gestellt hatte, fanden bisher gerade einmal 400 000 Euro Verwendung. Das mag unter anderem daran liegen, dass es keine allgemein anerkannte Definition von »Links­extremismus« gibt.
    Schröders simple Extremismustheorie hat auch Auswirkungen auf die Programme gegen Rechts. Denn wenn es nach ihr geht, sollen alle Projekte nun eine Erklärung unterschreiben, dass nicht nur sie sich dem Grundgesetz verpflichten, sondern auch alle ihre Kooperationspartner nicht einmal den »Anschein« erwecken dürfen, extremistisch zu sein. »Wer würde denn allen Ernstes einem bekennenden Pyromanen ein Feuerzeug in die Hand drücken, nur weil der sich auch bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert?« fragte Schröder.
    Auf der »Ergebniskonferenz« bewerten viele das Extremismusverdikt der Ministerin eher kritisch. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes Halle betont, die politische Bildungsarbeit sei »generell der Förderung von Demokratie verpflichtet«. »Ich denke, die meisten haben überhaupt kein Problem damit, so einen Satz zu unterschreiben, aber warum soll man das eigentlich tun?« In den Forderungen Schröders, sich von Linksextremismus zu distanzieren, sieht er eher die Gefahr einer Pauschalverurteilung. Bürgermeister Lutz Brockmann warnt, man solle nicht »linke Demokraten zu Linksextremen machen«. Dennoch besteht die Gefahr, dass die Schrödersche Gesinnungsprüfung die Zusammenarbeit mit Antifagruppen verhindert, wie etwa Grit Hannefort vom Kulturbüro Dresden in der Taz kritisierte. Auch ein Positionspapier der Grünen-Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich, Monika Lazar und Sven-Christian Kindler kritisiert die »Gleichsetzungslogik von Rechts- und Linksextremismus«. Zudem blende der Extremismusbegriff aus, »dass menschenverachtende und antidemokratische Einstellungen ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellen, das nicht nur an den vermeintlichen Rändern unserer Gesellschaft auftritt«.
    Auch wenn der Begriff Rechtsextremismus mangels alternativer Termini anschließend meist beibehalten wird, wird die unter anderen von der »Initiative gegen jeden Extremismusbegriff« (Inex) angestoßene Debatte um den Extremismus-Ansatz (vgl. Jungle World 13ff/2010) in der Linken und Teilen der Öffentlichkeit intensiv geführt. Dennoch dürften sich viele Initiativen an die theoretischen Vorgaben des Bundes anpassen – oder haben es bereits getan. Wenn es die Wahrscheinlichkeit erhöht, Fördergelder zu erhalten, dürften viele Projekte, die sich primär gegen Rechts wenden, das Extremismus-Vokabular Schröders in ihre Anträge übernehmen und künftig zumindest auf dem Papier auch gegen Linksextremismus kämpfen. Linke Antifa-Initiativen sehen sich dagegen aus der staatlich anerkannten Arbeit gegen Rechts ausgeschlossen. Auf dem »Manometer-Familientreffen« antifaschis­tischer Bildungsprojekte vor zwei Wochen wurde bereits die Forderung laut, die Initiativen müssten angesichts des Anpassungsdrucks und der Entsolidarisierung wieder zur radikalen Gesellschaftskritik zurückfinden.

    Quelle:

  • Mehr als nur eine weitere Warnung

    Mehr als nur eine weitere Warnung

    Sicherheit
    —————————————

    Mehr als nur eine weitere Warnung
    _____________________________________________________
    Von Alex Fishman

    Der israelische Militärgeheimdienstchef hat eine deutliche Anspielung auf Israel Interesse an zwei Atomprogrammen in feindlichen Staaten gemacht; er sprach nicht nur vom Iran. War dies ein Versehen? Schwer zu glauben.

    Als die Israelis an dem Tag nach dem Angriff auf den Atomreaktor in Syrien erwachten und hörten, Israel werde verdächtigt, den Schlag ausgeführt zu haben, waren die Offiziellen hier in großer Sorge vor einer heraufziehenden syrischen Raketenoffensive. Sie schätzten, die Syrer müssten auf das bloße Offenbarwerden des Angriffs reagieren, und sei es nur, um ihr Gesicht zu wahren.

    Nun thematisiert die Internationale Atomenergiebehörde aber Syrien schon seit einer Weile als einen Staat, der versucht hatte, in dem bombardierten Reaktor Atomwaffen herzustellen. Zum Ende seiner Amtszeit konnte Generalmajor Amos Yadlin also seine Zunge lösen und auf seine Leistungen verweisen. Warum nicht? Er verdient es.

    In der Vergangenheit hat Yadlin auch die Fähigkeiten der israelischen Armee an der Cyber-Front gerühmt (niemand verstand warum). Warum also legte er das Geheimnis offen? Warum eigentlich nicht? Soll der Feind es nur wissen.

    Doch konnten wir kaum das erste Geheimnis verdauen, als Yadlin uns beinahe im selben Atemzug erzählte, die Iraner würden bald über genug angereichertes Uran verfügen, um zwei Atombomben zu produzieren. Der Geheimdienstchef der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL) ist nicht lediglich ein weiterer akademischer Experte, der seine Einschätzungen zum Besten gibt. Seine Worte haben operationelle Bedeutung. Und wenn der Geheimdienstchef derartige Informationen vor aller Welt offenlegt, ist dies sein Weg, dazu aufzurufen, jemand möge etwas tun.

    Die überraschendste Enthüllung innerhalb der Rede des Geheimdienstchefs war aber eigentlich eine Warnung. Yadlin beschrieb, wie der nächste Krieg aussehen würde. Er sagte, er würde sich nicht nur auf einem Schauplatz abspielen – wir werden nicht den Luxus haben, nur dem Libanon gegenüberzustehen. Der Krieg wird gleichzeitig auf zwei, drei oder gar vier verschiedenen Schauplätzen stattfinden.

    Das israelische Kernland wird nicht nur aus dem Norden mit Raketen angegriffen werden, sondern auch vom Gaza-Streifen aus, welcher die Raketen beherbergt, die heute Tel Aviv und Umgebung bedrohen. Yadlin machte klar, dass die Operation gegossenes Blei und der zweite Libanonkrieg beides Szenarien der Vergangenheit sind. Der nächste regionale Krieg würde ein anderes Ausmaß haben, und die Zahl der Opfer würde die Dimensionen übersteigen, die wir bisher kennengelernt haben.

    Dies ist also nicht einfach eine weitere Warnung. Dies sind solide Geheimdienstinformationen. Dies ist die Wirklichkeit.

    (Yedioth Ahronot, 04.11.10)