Jahresbericht zu Beitrittsverhandlungen EU rügt Defizite bei Grundrechten in der Türkei
09.11.2010
Brüssel (RPO). Die Europäische Union hat der Türkei erneut gravierende Defizite bei der Wahrung der Grundrechte attestiert. Die türkische Regierung müsse ihre Anstrengungen zum Schutz der Meinungsfreiheit und der Rechte von Frauen und Minderheiten wie den Kurden verstärken, heißt es in dem am Dienstag in Brüssel vorgestellten Fortschrittsbericht der EU-Kommission.
„Ehrenmorde, Zwangsheiraten und häusliche Gewalt bleiben ernsthafte Probleme“, heißt es darin. Die Kommission zieht in ihrem Jahresbericht eine nüchterne Bilanz der vor gut fünf Jahren aufgenommenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. „Keinen Fortschritt“ verzeichnet sie in der Annäherung zur griechischen Republik Zypern, welche seit 2004 der EU angehört. Wegen des ungelösten Zypern-Konflikts liegen acht zentrale Beitrittskapitel mit der Türkei auf Eis.
Als einen „Schritt in die richtige Richtung“ wertet Brüssel dagegen die vor knapp zwei Monaten beschlossene Verfassungsreform. Die Reform sieht unter anderem stärkere Bürgerrechte und eine stärkere zivile Kontrolle über die Armee vor.
Die Verbesserungen müssten nun aber auch umgesetzt werden, heißt es in dem Bericht. Einen positiven Trend gibt es nach Einschätzung der EU-Kommission auch beim Vorgehen gegen Folter und Missbrauch durch die Behörden. Dennoch gebe es immer noch Fälle „unangemessener Gewaltanwendung“, die Sorge bereiteten.
Roshonara Choudhry verletzte einen britischen Parlamentsabgeordneten bei einem Messerattentat schwer. Foto: Metropolitan Police
Elite-Studentin sticht auf Abgeordneten ein
Die britische Fanatikerin
VON ALEXEI MAKARTSEV –
09.11.2010
(RP) Die Elite-Studentin Roshonara Choudhry hat einen britischen Abgeordneten mit zwei Messerstichen schwer verletzt, weil er den Irak-Krieg befürwortete. Die Frau ließ sich von einem jemenitischen Hassprediger aufstacheln.
„Lebenslänglich“. Die 21-jährige Roshonara Choudhry lächelte zufrieden, als sie in einer Videoschaltung aus einer Gefängniszelle das Urteil des Kriminalgerichts Old Bailey hörte. Es war ein triumphierendes Grinsen einer Islamistin, das einigen Westminster-Abgeordneten das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Eine der besten Studentinnen der Elite-Uni King’s College ließ sich von einem Hassprediger zu einem privaten Rachefeldzug verführen. Choudhrys Fall hat im Mai für Aufsehen in Großbritannien gesorgt: Die in London geborene Tochter indischer Einwanderer versuchte damals, den Labour-Abgeordneten Stephen Timms zu töten, weil er für den Krieg gegen Saddam Hussein gestimmt hatte. Die Polizei nannte die Attacke auf Timms den ersten politischen Mordversuch des Terrornetzwerks al Qaida auf britischem Boden.
Choudhry hätte eine exzellente Englisch-Lehrerin werden können, darin sind sich alle einig. Nur versteht niemand, wie eine „Top-Studentin mit Aussicht auf einen Ehrentitel erster Klasse“ sich binnen Monaten von einer Überfliegerin in eine potenzielle Mörderin verwandeln konnte.
Aus dem Protokoll des Polizeiverhörs geht hervor, dass Choudhry im November 2009 damit begonnen hatte, die Online-Predigten des jemenitischen Geistlichen Anwar al Awlaki zu hören. Al Awlaki hat nach Überzeugung internationaler Geheimdienste einen erheblichen Anteil an den jüngsten Paketbomben-Attentaten auf US-Einrichtungen, die noch rechtzeitig verhindert werden konnten.
„Er erklärte den Zweck des Dschihad“, sagt die junge Londonerin, die bis April 2010 etwa 100 Stunden Youtube-Videos von al Awlaki heruntergeladen hatte (sie sind mittlerweile gelöscht) – dann ging alles schnell. Choudhry brach ihr Studium ab, sie kaufte zwei Küchenmesser und trug die Namen aller Politiker zusammen, die dem Einmarsch im Irak zugestimmt hatten.
Oben auf der Todesliste stand der 55-jährige Stephen Timms, ihr Abgeordneter für den Londoner Bezirk East Ham, den Choudhry um ein Treffen in einem Gemeindezentrum bat. Mit einer ausgestreckten Hand zum Gruß ging sie am 14. Mai Timms entgegen, während die Waffe mit einer acht Zentimeter langen Klinge hinter ihrem Rücken verborgen blieb. „Sie sagte nichts und lächelte freundlich. Die Attacke kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel“, erinnert sich Timms.
Choudhry rammte dem Politiker das Messer zweimal in den Bauch, dann wurde sie von einem Wachmann überwältigt. Timms konnte durch eine Notoperation gerettet werden. „Es ist alarmierend, dass der Besuch einer Webseite bei einer klugen, jungen Frau den Wunsch geweckt hat, jemanden zu töten“, kommentierte er den Schuldspruch.
Choudhry wird frühestens in 15 Jahren das Gefängnis verlassen können. „Mein Leben ist ruiniert, aber das ist es mir wert, weil ich den leidenden Irakern helfen musste“, sagt die Frau, die am liebsten als „Märtyrerin“ sterben möchte. Timms fordert das Verbot von „Webseiten mit Terrorvideos“.
Nach dem Anschlag auf Timms bangen Hunderte Parlamentarier, ebenfalls Opfer religiöser Fanatiker zu werden, die als Trittbrettfahrer Choudhrys Beispiel folgen könnten. 2003 hatten 412 Gesetzgeber in London für den Irak-Krieg gestimmt, darunter auch der heutige Premier David Cameron.
Britische Abgeordnete haben einen engen Kontakt zu ihren Wählern, die etwa leicht ins Parlament gelangen und dort den jeweiligen Politiker in die Lobby rufen lassen können. Bis heute ließen es sich viele Parlamentarier nicht nehmen, per U-Bahn oder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Bald könnte damit jedoch Schluss sein.
Denn schon am Tag der Urteilsverkündung gegen die gescheiterte Attentäterin versprachen extremistische Demonstranten vor dem Old Bailey, alle Ungläubigen „in die Hölle“ zu schicken.
Europäische Sicherheitskonferenz
Guttenberg: Sicherheit auch für Wirtschaftsinteressen
09.11.2010
Berlin (RPO). Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat dazu aufgerufen, Sicherheitspolitik und Wirtschaftsinteressen enger miteinander zu verbinden. „Die Sicherung der Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten“, sagte Guttenberg am Dienstag auf der Europäischen Sicherheitskonferenz in Berlin.
Der Zusammenhang von regionaler Sicherheit und Wirtschaftsinteressen in unserem Lande sollte „offen, ohne Verklemmung“ ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhang äußerte Guttenberg sein Befremden an der heftigen Kritik, die dem früheren Bundespräsidenten Horst Köhler entgegengeschlagen war, als er diesen Zusammenhang von nationalen Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik „offen ausgesprochen“ habe.
Dafür sei Köhler „fürchterlich geprügelt“ worden. „Und ich stelle mir bis heute Frage, was so verwegen an dieser Aussage war“, fügte Guttenberg hinzu. Im Grunde habe Köhler nur etwas Selbstverständliches ausgesprochen.
Guttenberg erinnerte daran, dass 20 Prozent des deutschen Außenhandels über den Seeweg gehen. Insofern sei Piraterie „keine Randnotiz“, sondern eine „ernste Herausforderung“ für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands. Nicht aus den Augen verloren werden sollte zudem der Bedarf der aufstrebenden Mächte an Rohstoffen. Dieser steige beständig „und tritt damit zunehmend mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz. Dies kann zu neuen Spannungen, Krisen und Konflikten führen“.
Heftige Kritik der Opposition
„Wir warnen Guttenberg davor, den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr in einen offensiven Interventionsauftrag zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen umzuinterpretieren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, der „taz“ (Mittwochsausgabe). Ein Blick in das Grundgesetz erleichtere das „richtige Verständnis von Verteidigungspolitik: Das Grundgesetz erlaubt keine Wirtschaftskriege“.
Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour kritisierte die Äußerungen des Ministers als „absurd“. „Guttenberg muss überprüfen, ob sein Fokus als Verteidigungsminister der Verantwortung seines Amtes gerecht wird“, sagte Nouripour der „taz“. Stabilität dürfe nicht zum Vehikel für Wirtschaftsinteressen werden. „Auslandseinsätze sind die Ultima Ratio in der Verteidigungspolitik“.
Auch der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke, kritisierte die jüngsten Äußerungen Guttenbergs. Nach Ansicht des Ministers müsse die „deutsche Wirtschaft weltweit militärisch betreut werden“, erklärte Gehrcke am Dienstag in Berlin. Das Problem sei nicht, dass der Zusammenhang zwischen Militär und deutschen Wirtschaftsinteressen offen ausgesprochen werde, erklärte Gehrcke. „Das Problem ist, dass dieser Zusammenhang überhaupt besteht und gefördert wird – auch von Herrn zu Guttenberg. “
Hörspiel „Die Dichter“ entführt nach Bagdad vor 1000 Jahren
Premieren-Lesungen in Berlin und Wien am 25.11. und 3.12.
(Mainz, Anis Online, 31.10.2010) „Ihr Leute vom Diwan, die Dichter treten an!“ – das neue Hörspiel „Die Dichter“ von Anis Hamadeh ist eine literarische Zeitreise an den Hof des Kalifen. Audio-Trailer, Leseproben, Zeichnungen, Fotos, Hintergründe, News und CD-Bestellung unter www.anis-online.de/2/literatur/die_dichter/index.htm
Vierzehn Dichterinnen und Dichter sind dabei herauszufinden, „wen in unsrem Land Irak das Volk am liebsten hören mag“. Während die Gäste es sich in den Kissen des Diwan bequem machen, lauschen sie den Reimen von Qais bin Abbas, Fatima der Leuchtenden, Luqa dem Reisenden, Chulud, der ewigen Glut, und den anderen Poeten. Jeder Dichter spricht ungefähr fünf Minuten lang improvisiert und geht dabei auf die Vorredner ein – ein mittelalterlicher Poetry Slam, der bei allem Tiefgang leicht und unterhaltsam ist.
„Die Dichter“ wird empfohlen von der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, www.d-a-g.org, der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, www.saar.at, und der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient, DAVO, . Bei Auftritten und über die Website Anis Online kann man die rund 70-minütige CD mit Textheft in DVD-Hülle für 19,80 Euro erwerben. Sie ist nicht im regulären Handel erhältlich.
Premierenlesungen in Berlin und Wien
Auf der CD präsentieren vierzehn Sprecherinnen und Sprecher die Texte, darunter der Autor und einige Mitglieder der Wiesbadener Dichterpflänzchen e.V. (www.dichterpflaenzchen.com) sowie der Mainzer Schauspieler Max Rohland. Als musikalische Intermezzos hört man Gitarre (Anis), Querflöte (Lorenzo Colocci) und Darbuka, eine arabische Trommel (Clinton Heneke), zu Kompositionen von Anis Hamadeh, der außer Texten und Musik auch alle Zeichnungen gemacht hat. Aufgenommen wurde die CD im Zentralstudio von Tobias Paldauf in Mainz (www.zentralstudio.de) im Oktober 2010.
Die Premierenlesung in Berlin gestaltet Anis mit Schauspielstudierenden der Universität der Künste und spielt außerdem einige seiner Songs auf der Gitarre: am 25. November um 18.30 Uhr bei der Deutsch-Arabischen Gesellschaft in der Calvinstraße 23, 10557 Berlin (Eintritt 5 / 3 Euro). Flyer:
In Wien am 3. Dezember um 19.30 Uhr tritt Anis mit dem Programm solo auf, auf Einladung der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, in der Sargfabrik, Goldschlagstraße 169, 1140 Wien (www.sargfabrik.at, Eintritt: 7,50 / 5 Euro). Flyer: www.saar.at/Activities/Hamadeh/hamadeh.htm
Bezug zwischen Orient und Okzident
„Die Dichter“ stellt den Bezug zwischen Orient und Okzident her, den Goethe noch klar vor Augen hatte, und mit ihm Generationen von Dichtern, Denkern und deutschen Islamwissenschaftlern. Durch die spielerische Identifikationsmöglichkeit mit dem arabischen Orient soll „Die Dichter“ daran erinnern, dass die deutschen Verbindungen zum Morgenland bis mindestens ins Jahr 802 reichen, als Harun al-Raschid Karl dem Großen in Aachen einen Elefanten namens Abul-Abbas geschenkt hat – den ersten namentlich belegten Elefanten nördlich der Alpen.
Der Autor
Anis Hamadeh (* 1966) ist Songwriter, Schriftsteller, Maler und Islamwissenschaftler. Bei seiner Themenwahl kommt Anis immer wieder auf den Orient zurück, die Heimat seiner Väter, sei es in Essays zu Nahost, in Free-Gaza-Songs, Palästina-Zeichnungen oder Literatur wie „Die Dichter“. 2007 veröffentlichte er das Buch „Islam für Kids“, eine Lese-Empfehlung auch für Erwachsene (345 S., ISBN 978-3-8266-8638-2, 21,95 Euro). Zu den Orten, an denen Anis aufgetreten ist, gehören das Gewandhaus in Leipzig, die View Two Gallery in Liverpool und die Bibliothek von Alexandria. – Website und Shop: www.anis-online.de. Siehe auch Wikipedia und den Promo-Flyer unter www.anis-online.de/office/promo_flyer.pdf . Kontakt und Rezensionsexemplare: Anis Hamadeh, Moselstr. 1-3, 55118 Mainz, t 06131-4809263, m 0151-17856928, anis ät anis-online.de
Anis Hamadeh
Moselstr. 1-3
55118 Mainz
t 06131-4809263
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Auch wenn der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sich angesichts eines EU-Beitritts eher bedeckt hält, könnte Daniel Cohn-Bendit einer seiner besten Fürsprecher sein. Auf seiner Reise nach Istanbul Anfang November versuchte der Chef der Grünenfraktion im EU-Parlament dem Beitrittsprozess neuen Schwung zu geben. Um das Thema war es in letzter Zeit still geworden.
Zumindest für die Grünen hat die Türkei nach wie vor ihren Platz in Europa.
Christophe Midol-Monnet, euronews: Wir befinden uns hier auf der europäischen Seite des Bosporus. Wie nimmt die Türkei Europa wahr?
Daniel Cohn-Bendit, europäischer Grünen-Politiker: Man hat hier einige Schwierigkeiten, Europa zu verstehen. Der Beitrittsprozess wurde in der Türkei – oder zumindest in einem Teil des Landes – sehr hoffnungsvoll verfolgt. Nun allerdings hat man den Eindruck, dass Europa die Türkei ausbremst. Deswegen übt Europa auf die Türkei keinen großen Reiz mehr aus. Das ist nicht gut.
euronews: Wir wissen, dass Sie einen Beitritt der Türkei befürworten. Verstehen Sie sich selbst als eine aussterbende Spezies?
Cohn-Bendit: Die, die einen möglichen Beitritt der Türkei befürworten, sind in der Minderheit; sie sind zwar keine aussterbende, aber eine bedrohte Spezies. Wenn man aber heutzutage die Wichtigkeit der Türkei betrachtet – ihre diplomatische, politische und wirtschaftliche Bedeutung, dann sollte Europa sich einige Fragen stellen. Denn in die Beziehungen zwischen Europa und der Türkei werden mehr und mehr Dinge vermischt. Wir können uns aus diesem Prozess jedoch nicht mit einem einfachen “Nein” verabschieden. Ich glaube, die Zukunft wird zeigen, dass Europa die Türkei braucht und umgekehrt.
euronews: Aber politisch gesehen klafft ein Graben, der sich durch die Bevölkerung und die politischen Klassen zieht.
Cohn-Bendit: Wenn wir die Aufgaben betrachten, die momentan vor uns liegen – wie der Nahost-Konflikt, die Probleme im Dialog mit dem Iran, so braucht die Türkei Unterstützung aus Europa und den USA, um weiter ihre Rolle zu spielen.
Und ihre Rolle wird anerkannt, weil es einen Verhandlungsprozess mit Europa gibt. Wenn dieser Prozess gekappt wird, könnte die Türkei ihre Rolle nicht spielen. Wir werden meiner Meinung nach in den kommenden Monaten ein entspannteres Klima haben, das es heute so noch nicht gibt.
euronews: Nichtsdestotrotz treten die Verhandlungen auf der Stelle.
Cohn-Bendit: Die Beitrittsverhandlungen treten auf der Stelle. Im Juni stehen Wahlen in der Türkei an.
Man muss zunächst das Problem mit Zypern lösen. Zypern ist nicht das größte Hindernis, aber es legt vieles lahm. Die Verhandlungen brauchen neuen Anschub. Es muss direkten wirtschaftlichen Austausch mit Nordzypern geben. Dazu muss Europa Druck ausüben, damit Hafen und Flughafen in Nordzypern geöffnet werden. Die Türken werden dann für die griechischen Zyprer die Häfen und die Flughäfen öffnen. Ankara muss seine Truppen in Nordzypern reduzieren. Mit politischem Willen wäre das möglich. Unsere Rolle besteht darin, entsprechenden Druck auf den politischen Willen zu machen.
euronews: Wie überzeugen Sie persönlich einen Staatsbürger von der Bedeutung des türkischen EU-Beitritts?
Cohn-Bendit: Vor den EU-Bürgern müssen die Politiker überzeugt werden. Dem Bürger muss klar gemacht werden, dass ein mächtiges Europa im Zeitalter der wirtschaftlichen Globalisierung die Unterstützung der Türkei braucht, um Wirtschaft und Umweltfragen zu regeln. Und angesichts der Probleme mit islamischen Ländern sowie einer Radikalisierung des Islam und in Hinblick auf den Nahostkonflikts kann die Türkei uns gewisse Vorteile bringen, die wir auch brauchen. So müssen die EU-Bürger überzeugt werden.
euronews: Müssen wir auch mit den Klischees über Schleier aufräumen?
Cohn-Bendit: Türkinnen tragen keine Schleier, sie tragen Kopftücher. Auf dem Land trugen Französinnen vor ungefähr 50 Jahren auch ein Kopftuch. Es handelt sich hier nicht um einen Schleier, sie sind nicht verschleiert, sondern tragen ein Kopftuch. Meines Erachtens besteht das Problem nicht im Kopftuch, sondern in dem, was im Kopf passiert. Haben wir es hier mit einem von der Kirche losgelösten Staat zu tun?
Die Debatte in der Türkei über die nächste Verfassung, die nach den Wahlen im Juni verfasst wird, wird von fundamentaler Bedeutung sein. Ein Staat, der die Freiheit aller Individuen schützt, der die Freiheit jedes Glaubens und ein Recht auf Atheismus garantiert, der gleichgeschlechtliche Beziehungen ermöglicht, genau wie es die grundliegenden europäischen Menschenrechte vorsehen. So sieht die Zukunft in der Türkei aus – mit oder ohne Kopftuch, aber ohne Schleier. Niemand in der Türkei ist verschleiert.
euronews: Wir sind an einem Tiefpunkt der türkisch-europäischen Beziehungen angekommen. Wann, falls überhaupt, kann es wieder bergauf gehen?
Cohn-Bendit: Hören Sie, ich kann nicht hellsehen. Aber natürlich wird es wieder bergauf gehen, weil es gemeinsame Interessen gibt, beide Seiten sind sehr involviert. Aber wann? Keine Ahnung. Unsere Politik muss Druck machen, damit die Verhandlungskapitel wieder geöffnet werden, damit die nötigen türkischen Gesetze beispielsweise zu Gewerkschaften vom Parlament verabschiedet werden. Und damit es nach den nächsten Wahlen im Juni einen wahrhaften Verfassungsdurchbruch gibt…
Staatspräsident Abdullah Gül hat bei einer Konferenz an der Oxford Universität den EU-Beitrittsprozess der Türkei bewertet.
Dabei sagte Gül, einige EU-Länder würden politische Themen in den EU-Beitrittsprozess der Türkei aufnehmen wollen, die Fehl am Platz seien. Trotz Probleme würde die Türkei weiterhin auf dem Weg in die Union schreiten.
Außerdem wies der Staatspräsident darauf hin, dass bei einem erfolgreichen Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen dieses mal das türkische Volk anders denken könne. Jedoch sei es zu früh, um diese Thema aufzugreifen.
Nach Angaben von Gül bemühe er sich um eine friedliche Lösung der iranischen Atomfrage. Kleine Schritte auf dem diplomatischen Weg für eine Lösung seinen dem Staatspräsidenten zufolge vertrauensbildend.
Auf eine Frage antwortete Gül, beim Gespräch mit dem britischen Premier David Cameron sei die Unterstützung von London an Ankara beim EU-Beitrittsprozess bekräftigt worden. Ferner erinnerte Gül, dass Großbritannien ein Garant Zyperns ist.
Leylas Vater ist Türke, ihre Mutter Deutsche, in Deutschland ist die 28-Jährige groß geworden. Trotzdem hat Leyla nach ihrem Studium in Köln beschlossen, dass sie nach Istanbul zieht. 1Live-Reporterin Vanessa Kern begleitet Leyla auf ihrem Weg.
Wie Leyla entscheiden sich viele Deutsch-Türken für einen Neustart in der Türkei. Nach einer neuen Studie zieht es mittlerweile mehr Türken aus Deutschland in die Türkei als umgekehrt. Oft kommen sie mit guten Qualifikationen und hohen Erwartungen in die Heimat ihrer Eltern und hoffen, hier beruflichen Erfolg und privates Glück zu finden. Türkische Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren internationalisiert und sind angewiesen auf hochqualifizierte Arbeitskräfte.
Dass der Weg zurück zu den Wurzeln klappen kann, zeigt sich im ständig wachsenden Rückkehrer-Stammtisch in Istanbul. Direkt am Bosporus treffen sich die Rückkehrer, um sich auszutauschen, sich gegenseitig zu helfen oder einfach auch nur, um mal wieder deutsch zu quatschen. Vielleicht wird sich Leyla einen Stuhl nehmen und sich dazu setzen. Denn die junge Deutsch-Türkin hat den Weg noch vor sich. Sie weiß: wenn sie in Istanbul aus dem Flugzeug steigt, dann ist sie eine Almanci, eine Deutschländerin.
Die Wirtschaft der Türkei boomt. Der Aufschwung zieht scharenweise junge, gut ausgebildete Türken aus Deutschland an. Im Land ihrer Eltern bekommen sie endlich die Chance, die ihnen in ihrer Heimat verwehrt wurde. von Jens Brambusch Istanbul
„Er hat mir etwas mitgebracht“, juchzt Cigdem Akkaya: „Wurst!“ Schnell wirft sie einen Blick in die rote Plastiktüte, bedankt sich überschwänglich und stellt den Gast aus Deutschland vor. Sie muss laut reden, um den prasselnden Regen zu übertönen, der vom Sturm gegen die Plastikscheiben der überdachten Terrasse geschleudert wird. Einige applaudieren, andere lachen. Dann verstaut sie die Tüte unter ihrem Stuhl. „Schweinefleisch“, flüstert Akkaya ihrem Sitznachbarn zu. „Lecker!“
Eben noch hatte die 47-jährige Ökonomin den Wandel in der Türkei gelobt, die Vielfalt, die es mittlerweile gebe. Noch bis vor ein paar Jahren, sagt sie, habe sie Freunden jedes Mal eine Liste mitgegeben, mit Dingen, die sie ihr aus Deutschland mitbringen sollten. Aber das war einmal. Heute sei die Bestellliste fast auf null, man bekomme ja in der Türkei fast alles. Nur eben kein Schweinefleisch.
Es ist der letzte Donnerstag im Monat: Rückkehrerstammtisch. Alle vier Wochen treffen sich im Istanbuler Restaurant „Teras 6“ deutsche Türken, die am Bosporus ihr Glück suchen. Der Stimmenwirrwarr erinnert an den Großen Basar auf der anderen Seite des Goldenen Horns, wo Schmuck, Ramsch und T-Shirts feilgeboten werden. Zigarettenschwaden wabern durch den Raum, es wird gegessen, getrunken, gelacht. Man spricht deutsch, manchmal klingt ein hessischer oder schwäbischer Zungenschlag durch. Die Hälfte der Anwesenden sind Frauen, etwa die Architektin Emine Sahin, die gegen den Rat ihrer Eltern aus Unterfranken in die Türkei ging und jetzt als Bauleiterin Einkaufscenter hochzieht. Oder Halide Yildirim, die sich von ihrem türkischen Mann in Salzgitter trennte und jetzt bei Vaillant in der Nähe von Istanbul arbeitet. Oder eben Akkaya, die Chefin einer türkischen PR-Agentur ist.
Viele Deutschtürken treffen sich einmal im Monat zum Rückkehrerstammtisch in Istanbul
Sie hat den Stammtisch vor fünf Jahren zusammen mit zwei Freundinnen gegründet. Als Netzwerk, als Anlaufstelle, als Gemeinschaft. Damals war sie gerade nach Istanbul zurückgekehrt, nach 24 Jahren in Deutschland. In Essen war sie zuletzt Vizedirektorin bei der Stiftung Zentrum für Türkeistudien gewesen – ein guter Job. Doch zunehmend nervte sie die ewige Integrationsdebatte, die alle paar Jahre aufkeimte und immer ergebnislos versandete. Sie nervten die Klischees, die immer nur um Kopftuch und Islam kreisten. Das Schubladendenken, das Reduziertwerden auf die Herkunft. Also ging sie dahin zurück, wo sie sich für ihre Wurzeln nicht rechtfertigen musste: nach Istanbul.
Beim Stammtisch lernte sie Menschen mit ähnlichem Hintergrund kennen. Sie hatten die gleichen Erfahrungen gemacht und die gleichen Probleme erlebt – in Deutschland wie in der Türkei. Bei den ersten Treffen waren sie zu zwölft, heute hat der Stammtisch knapp 1000 Mitglieder. „Der Zustrom ist enorm“, sagt Akkaya.
Tatsächlich zieht seit einigen Jahren eine stetig wachsende Schar junger Leute mit türkischen Wurzeln aus Deutschland zurück an den Bosporus. Wenn man so will, hat sich die Migrationsrichtung umgekehrt: Vergangenes Jahr kamen 30.000 Türken nach Deutschland, 40.000 packten zeitgleich ihre Koffer und machten sich auf in die Gegenrichtung. Die überwältigende Mehrheit von ihnen ist gut ausgebildet, hat studiert.
viaAgenda: Auswandern ins Land der Eltern | FTD.de.
Der EU-Fortschrittsbericht der EU-Kommission über die Türkei wird morgen veröffentlicht. In dem Bericht wird das Verfassungsänderungspaket als ein richtiger Schritt im EU-Prozess gewertet.
Die eingeführten Änderungen entsprechen dem Bericht zufolge EU-Standards. Die angemessene, transparente und umfassende Umsetzung dieser Änderungen seien von immenser Bedeutung. Im Entwurf des Berichts werden ferner die Steigerung der Mitgliederzahl der Hohen Rates der Richter und Staatsanwälte sowie die Vorbeugung einer Verurteilung von Zivilisten vor militärischen Gerichten als positive Schritte bezeichnet. Die EU-Kommission vermerkt zudem, dass die direkte oder indirekte Einmischung der Türkischen Streitkräfte in die Politik außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches im letzten Jahr nachgelassen hat.
Im Entwurf des Berichts wird auch dem Ergenekon-Prozess breiter Platz eingeräumt und vermerkt, dass Ermittlungen im Zusammenhang mit Behauptungen über einen Staatsstreich erweitert worden seien.
Die Einleitung von Verfahren gegen Journalisten, die über den Fall Ergenekon recherchierten und berichteten, wurde als beunruhigend bezeichnet.
Auch wird im Bericht über den begrenzten Fortschritt bei der Demokratischen Öffnung berichtet. In Themen wie Meinungsfreiheit, religiöse Freiheiten, Gewerkschaftsrechte und Frauenrechte hingegen werden größere Bemühungen gefordert.
Die fehlende Normalisierung der Beziehungen zu Südzypern wird im Entwurf des Fortschrittberichts der EU-Kommission kritisiert.
|Forum für interkulturelle Begegnung in Bonn
Offenheit und Akzeptanz sind die Grundlage dafür, dass sich Bonner Bürgerinnen und Bürger, wie auch die vielen internationalen Gäste aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien, in unserer Stadt zu Hause fühlen.
Gelungenes Zusammenleben, bei dem die Neugier auf Unbekanntes die Angst vor Fremdem übertrifft, braucht Räume der Begegnung, in denen Interkulturalität gelebt und erfahren werden kann.
Die sechste Bonner Woche der Kulturen will solche Räume schaffen und lädt Sie zur Interkulturellen Begegnung ein.
Wir laden Sie besonders herzlich ein zur Eröffnungs- veranstaltung am 18. November 2010 um 18.00 Uhr im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und freuen uns auf spannende Gespräche, eine Lesung und musikalische Untermalung.
Um eine Anmeldung für die Veranstaltung per Fax oder E- Mail wird gebeten.
Dr. Hidir Çelik
Ev. Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn / Integrationsagentur
Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V.
Demonstrative Harmonie: NPD-Parteichef Voigt wirbt für eine Fusion mit der rechten Konkurrenz
Foto: AP
8.11.2010 NPD übernimmt DVU
Die Truppe um Udo Voigt träumt von einer vereinigten Rechten. Bei ihrem Parteitag stimmten die Delegierten für eine »Verschmelzung« beider Organisationen
Von Frank Brunner, Hohenmölsen
Der neue Superstar der NPD heißt Lutz Battke. Als Parteichef Udo Voigt den Schornsteinfeger aus Laucha am Samstag nachmittag den etwa 200 Delegierten des Bundesparteitags in Hohenmölsen vorstellt, gibt es stürmischen Applaus in der schicken Kongreßhalle der 10000-Einwohner-Stadt in Sachsen-Anhalt. Battke hat es in den letzten Monaten zu einiger Berühmtheit gebracht. Der 49jährige sitzt für die NPD im Lauchaer Stadtrat. In seiner Freizeit trainiert er Kinder und Jugendliche beim Fußballclub BSC 99. Einer seiner Schützlinge verprügelte vor einigen Wochen einen aus Israel stammenden Jungen und beschimpfte ihn als »Judenschwein«. Der Deutsche Sportbund forderte, Battke aus dem Verein zu schmeißen, das Land Sachsen-Anhalt versuchte, ihm die Kehrerlaubnis zu entziehen. Beides blieb bislang erfolglos, und deshalb gilt Battke in der NPD als Held. Beim Parteitag in Hohenmölsen zeigt er allerdings wenig Ausdauer. Schon kurz nach Beginn der Veranstaltung verläßt er den Saal und gönnt sich im Foyer das erste Bier.
(…)
Quelle:
Essen. Bildungsministerin Schavan fordert, dass Migranten-Kinder künftig ihre Kenntnisse der Muttersprache im Zeugnis bescheinigt bekommen. „Wir müssen erreichen, dass sie sich an jeder Schule in ihrer Muttersprache prüfen lassen können“, sagte sie.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will offensiv um Fachkräfte aus dem Ausland werben. Deutschland benötige Zuwanderung, doch müsse diese gesteuert werden, betonte sie im WAZ-Interview. Dazu möchte die Ministerin die Aufenthaltsregelungen erleichtern und zugleich die Qualifikationen von Einwanderern schneller anerkennen.
Frau Schavan, Bildung ist der Schlüssel zur Integration, heißt es. Wie kann man junge Leute mit Migrationshintergrund besser auf den Arbeitsmarkt vorbereiten?
Annette Schavan:Der Schlüssel liegt im frühen Lernen. Wir müssen die Sprachentwicklung noch vor der Schule fördern. Jedes Kind muss vom ersten Schultag an seinen Lehrer verstehen können.
Brauchen wir spezielle Angebote?
Migranten-Kinder sollen künftig ihre Kenntnisse der Muttersprache im Zeugnis bescheinigt bekommen Foto: ddp
Schavan:Wir dürfen die Migranten nicht immer nur als Problem sehen. Wir sind hier mitten im Ruhrgebiet, die Region hat große Erfahrungen mit der Integration von Fremden, die Zuwanderung hat ihr gut getan. Die Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund haben Stärken, das sind nicht alles Problemfälle. Wir müssen erreichen, dass sie sich an jeder Schule in ihrer Muttersprache – in Türkisch, Kroatisch, Italienisch oder Portugiesisch – prüfen lassen können und so eine zusätzliche Sprachkompetenz im Zeugnis steht. Wir müssen zu einer Kultur kommen, die konkret etwas fordert, jedoch auch anerkennt, welche Stärken jemand hat.
Kultur des Respekts
Wie will die Regierung ausländische Berufsabschlüsse schneller anerkennen?
Schavan:Angesichts unserer Bevölkerungsentwicklung ist es wichtig, dass die Menschen gemäß ihrer Qualifikation arbeiten können. Das Gesetz zur besseren Anerkennung ausländischer Abschlüsse soll 2011 in Kraft treten. Das Verfahren soll maximal drei Monate in Anspruch nehmen, wir versprechen uns die Anerkennung von bis zu 300 000 Fachkräften. Jeder soll das Recht haben, dass sein Abschluss überprüft wird – und sich gegebenenfalls nachqualifizieren können. Das gehört zu einer Kultur des Respekts.
Benötigen wir darüber hinaus Zuwanderung?
Schavan:Ja, wir brauchen Zuwanderung. Wir stehen nicht vor einem demografischen Wandel, wir sind mitten drin. Essen hatte in den 70er-Jahren etwa 700 000 Einwohner, heute sind es 570 000. Für diese Entwicklung gibt es viele Beispiele. Deshalb brauchen wir eine gesteuerte Zuwanderung, und keine in unsere Sozialsysteme. Deutschland muss attraktiv sein für Talente aus aller Welt. Wir reden zu wenig über die Erfolgsgeschichte der Integration. Dies ist in Deutschland in den letzten Jahrzehnten so gut gelungen wie in keinem anderen Land.
Regeln und Werte sind wichtig
Sollten auch Religion oder Zugehörigkeit zu einem fremden Kulturkreis Zuwanderungskriterien sein?
Schavan:Wir fragen nach Qualifikation, nicht nach Religion. Dabei sind natürlich die Regeln und Werte wichtig, die wir uns gesetzt haben. Deshalb hat die Regierung beispielsweise ein Gesetz gegen Zwangsehen gemacht.
Was ist mit einem Punktesystem wie in Kanada?
Schavan:Klar ist, wir müssen Kriterien formulieren, darin sind wir mit unserem Koalitionspartner einig. Wie das geschieht, werden wir in den nächsten Wochen formulieren. Die Fragen sind: Wen brauchen wir? Was tun wir dafür, dass ausländische Studenten nach dem Abschluss bleiben können? Bisher betrug die Einkommensgrenze für einen Aufenthalt in Deutschland etwa 66 000 Euro, da ist – wie von der EU angeregt – eine Senkung auf 44 000 Euro im Jahr denkbar. Möglich wäre auch, für weitere Berufsgruppen die Vorrangprüfung zu streichen.
Die Kanzlerin sagt, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Entspricht das der Realität?
Schavan:Wir sind ein weltoffenes Land. Das garantiert unseren Wohlstand. Aber: Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, wir würden uns nur um ausländische Fachkräfte bemühen und unser Nachwuchs werde vernachlässigt. Tatsächlich bieten wir Qualifizierung an. Und die Chancen für Berufseinsteiger steigen.
Für ein Verbot von Gentests an Embryonen
Derzeit diskutieren die Parteien eine Freigabe der Gentests an Embryonen bei künstlichen Befruchtungen, die Präimplantations-Diagnostik, kurz PID. Wie ist Ihre Ansicht?
Schavan:Der Mensch schafft sich nicht selbst. Deshalb werde ich mich dem Antrag anschließen, der ein grundsätzliches Verbot vorsieht. Mir ist klar, dass hinter der PID schwierige Entscheidungen stehen für Ärzte und Betroffene. Ich will keine Gesellschaft, die Behinderung nicht mehr erträgt, in der Menschen unter Druck geraten, wenn sie sich für ein behindertes Kind entscheiden.
Zuwanderung, medizinischer Fortschritt – ist die konservative Partei CDU gerüstet für diese Zukunftsfragen?
Schavan:Die CDU ist die letzte Volkspartei mit starkem Wurzelwerk. Deshalb können wir auch leidenschaftlich für die Zukunft werben. Wir sind bereit für Veränderungen. Wie ist denn das Ruhrgebiet groß geworden? Wie ist der Essener Dom entstanden? Doch nicht mit einer Verweigerungshaltung. Die Grundeinstellung war: Neues schaffen, gestalten. Und das ist auch jetzt unsere Aufgabe und soll Markenzeichen der Union werden. Deshalb werden wir beim Parteitag 2011 das Zukunftsthema schlechthin in den Mittelpunkt stellen: die Bildung.
viaInterview: Schavan will Muttersprache zur Zeugnisnote machen – Politik – DerWesten.
Berlin — Nur ein gutes Zehntel der Studenten in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Ihr Anteil liegt bei elf Prozent, wie das Deutsche Studentenwerk (DSW) am Mittwoch unter Berufung auf eine repräsentative Befragung in Berlin mitteilte. „Es ist noch viel zu tun, damit an den Hochschulen Menschen mit Migrationshintergrund künftig so stark vertreten sind, wie es ihrem Anteil von fast einem Fünftel an der Gesamtbevölkerung entspricht“, erklärte DSW-Präsident Rolf Dobischat in Berlin. Die absolute Zahl der Studenten mit Migrationshintergrund liegt bei 174.000.
Der Studie zufolge können die Studenten mit Migrationshintergrund in vier Gruppen eingeteilt werden: Vier Prozent aller Studenten in Deutschland sind Eingebürgerte vor allem aus Russland, Polen, der Türkei und Kasachstan. Drei Prozent haben einen ausländischen Elternteil, ein Prozent besitzt eine doppelte Staatsangehörigkeit. Weitere drei Prozent sind sogenannte Bildungsinländer, also Studierende, die zwar nicht deutsche Staatsbürger sind, aber in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben. Sie haben vor allem die türkische, russische, italienische oder kroatische Staatsangehörigkeit.
Die Studenten mit Migrationshintergrund studieren den Angaben zufolge zu 94 Prozent in den alten Bundesländern. Besonders beliebt ist bei ihnen die Fächergruppe Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Im Vergleich mit der Allgemeinheit der Studenten sind sie stärker auf Bafög oder einen Nebenjob angewiesen und werden weniger häufig von ihren Eltern finanziell unterstützt.
Der Anteil der Studierenden mit Migrationshintergrund aus der sozialen Herkunftsgruppe „niedrig“, also aus einkommensschwächeren, hochschulfernen Familien, ist den Angaben zufolge besonders hoch. Mit 34 Prozent ist er fast drei Mal so hoch wie bei den Studierenden ohne Migrationshintergrund. „Jugendliche mit Migrationshintergrund aus ärmeren, bildungsfernen Verhältnissen, die es an die Hochschule schaffen, sind offenbar besonders ehrgeizig und bildungsorientiert“, erklärte Dobischat.
Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, fordert von Migranten in Deutschland neue Anstrengungen zu Integration, die Achtung abweichender Meinungen sowie „eine republikanische Integration in unsere Gesellschaft unter dem Dach des Grundgesetzes“. Dies geht aus einem Antrag hervor, den Özdemir und andere Grünen-Politiker mit Migrationshintergrund für den am 19. November beginnenden Grünen-Parteitag in Freiburg verfasst haben und der WELT ONLINE vorliegt.
In für die Grünen ungewohnter Deutlichkeit formulieren die Autoren Ansprüche an Einwanderer und wenden sich dabei gegen die in der Partei zuweilen vorgetragene These, wonach eine andere kulturelle Prägung auch dann zu achten sei, wenn sie im Widerspruch zum Grundgesetz steht. Hiergegen schreiben Özdemir und seine Mitstreiter: „Bei der Akzeptanz der Grundrechte und der Freiheit anderer gibt es für uns Grüne keinen
viaAntrag für Parteitag: Grüne finden plötzlich harte Worte für Migranten – Nachrichten Politik – Deutschland – WELT ONLINE.
BERLIN. Der vierte Integrationsgipfel im Kanzleramt hat zu kritischen Reaktionen geführt. Der Zentralrat der Muslime forderte gestern eine Migranten-Quote für den öffentlichen Dienst. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek, Menschen mit ausländischem Namen und Migrationshintergrund hätten bei vergleichbarer oder sogar besserer Qualifikation oft das Nachsehen. Eine Quote sei daher ein geeignetes Instrument, Benachteiligungen auszugleichen. Mazyek kritisierte, die Integration werde „nicht durch eine Vervielfachung von Gipfeln verbessert“. Die eigentliche Arbeit müsse vor Ort stattfinden. Dazu sei eine Öffnung von Arbeitsmärkten, öffentlichem Dienst und Parteien für Migranten nötig.
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft stellte die Integrationsgipfel als Institution infrage. Die Veranstaltung am Mittwoch sei „zu wenig konkret“ gewesen, sagte die SPD-Politikerin der „Rheinischen Post“. In NRW sei man mit einem eigenen Integrationsgesetz auf dem richtigen Weg. Die rot-grüne Landesregierung sei entschlossen, das anonymisierte Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst zu verankern, „um Herrn Yüksel bei der Bewerbung die gleichen Startchancen zu geben wie Frau Mustermann“.
Unterdessen fordert der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, von den Migranten in Deutschland „eine republikanische Integration in unsere Gesellschaft unter dem Dach des Grundgesetzes“. So steht es laut „Welt“-Online-Bericht in einem Antrag, den Özdemir und andere Grünen-Politiker mit Migrationshintergrund für den Bundesparteitag der Grünen formuliert haben. Dieser Parteitag beginnt am 19. November in Freiburg.(HA)
viaKritik am Integrationsgipfel der Bundesregierung – Deutschland – Politik – Hamburger Abendblatt.
Brüssel (Reuters) – Die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei haben fünf Jahre nach ihrem Start einem Bericht zufolge eine „schwierige Phase“ erreicht.
Die Türkei müsse stärkere Anstrengungen unternehmen, um die Bedingungen für eine Aufnahme in die Europäische Union zu erfüllen, heißt es im Entwurf des jährlichen Berichtes der EU-Kommission zum Stand der Verhandlungen, der Reuters am Donnerstag vorlag. Darin bescheinigt die EU-Behörde der Regierung in Ankara zwar Fortschritte bei demokratischen Reformen, kreidet ihr zugleich aber erneut Defizite bei der Wahrung von Grundrechten an. Kurz vor der Zielgeraden ist dagegen Kroatien, das auf grünes Licht für einen Beitritt im kommenden Jahr hofft.
EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle will den Bericht am 9. November vorlegen. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stocken schon lange vor allem wegen des Konflikts um Nordzypern, das seit den 70er Jahren von der Türkei besetzt ist. Die EU lässt keinen freien Handel mit Nordzypern zu, die Türkei öffnet ihre Häfen und Flughäfen nicht für Waren aus dem der EU angehörenden Südzypern. Auch der Widerstand Frankreichs und die Zurückhaltung Deutschlands über einen EU-Beitritt der Türkei bremsen den Prozess. Frankreich und Zypern haben zahlreiche der insgesamt rund 30 Verhandlungskapitel blockiert. Die belgische Ratspräsidentschaft hofft jedoch, bis Jahresende ein neues Dossier in Angriff nehmen zu können.
Die EU fordert in dem Bericht die Türkei erneut auf, ihre Beziehungen zur Republik Zypern zu normalisieren. Die im September per Referendum beschlossenen Verfassungsänderungen begrüßt die Kommission als Schritt in die richtige Richtung. Die EU hatte allerdings bemängelt, dass die vorgeschlagenen Änderungen weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit zustandekamen. Deshalb komme es jetzt darauf an, die Reformen transparent durch Gesetzesänderungen umzusetzen.
„Beachtliche Anstrengungen sind noch immer bei den Grundrechten erforderlich“, mahnte die Kommission. So seien Journalisten weiterhin Repressalien ausgesetzt. Bedenklich sei auch, dass häufig Internetseiten gesperrt würden. Die Türkei hatte erst in dieser Woche erneut die Videoplattform YouTube abgestellt, weil heimlich gedrehte Aufnahmen aus dem Schlafzimmer eines Politikers veröffentlicht worden waren.
Folterungen und Misshandlungen im Justizgewahrsam seien zwar nicht mehr an der Tagesordnung, trotzdem wendeten die türkischen Sicherheitsbehörden noch immer unverhältnismäßige Gewalt an, kritisierte die EU. Die Gleichberechtigung der Frau sei inzwischen rechtlich garantiert, aber noch nicht verwirklicht. „Ehrenmorde, Zwangsehen und häusliche Gewalt bleiben ernste Probleme.“ Auch beachte die Türkei Minderheitenrechte wie den Schutz von Kultur und Sprachen nicht genug.
Auch Kroatien hat noch nicht alle Vorgaben der EU erfüllt. So stehen noch Verbesserungen im Justizsystem wie wirksame Vorkehrungen gegen Korruption aus. Auch staatliche Subventionen für eine Schiffswerft sind nicht zulässig nach EU-Recht. Die EU-Kommission stellt wie üblich keinen Termin für den Abschluss der Verhandlungen in Aussicht. Dieser ist jedoch wichtig, weil gleichzeitig mit dem Kroatien-Beitritt die geplante EU-Vertragsänderung zum Aufbau eines dauerhaften Schutzschirmes für die Euro-Zone ratifiziert werden könnte.
Die Europäische Union fordert von der Türkei ein höheres Reformtempo auf dem Weg nach Europa. Die Gespräche über eine EU-Mitgliedschaft seien in einem „schwierigen Stadium“. Ankara müsse „verstärkte Anstrengungen unternehmen, die EU-Beitrittskriterien zu erfüllen“, heißt es im neuen Fortschritts-Bericht der Kommission, der am Dienstag vorgestellt wird. Darin beklagt die Brüsseler Exekutive vor allem Mängel beim Grundrechtsschutz.
„Die freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit müssen gestärkt werden – und zwar rechtlich wie in der Praxis“, schreibt die Behörde in dem Papier, das unserer Zeitung vorliegt. Auch bei der Religionsfreiheit sowie bei Frauen- und Gewerkschaftsrechten drängt Brüssel auf „Fortschritte“. Zudem habe „die demokratische Öffnung bisher nur sehr begrenzte Erfolge gebracht“, stellt die EU-Kommission mit Bezug auf die Kurdenfrage fest.
Brüssel lobt die jüngste Verfassungsreform, die den Einfluss des Militärs zurückdrängt, als „Schritt in die richtige Richtung“. Nun müsse aber die Umsetzung sichergestellt werden.
Die Beitritts-Gespräche mit der Türkei laufen unter anderem wegen der Zypern-Frage schleppend. Von 35 Kapiteln, die das Land abarbeiten muss, ist bisher nur eines abgeschlossen. Acht liegen seit 2006 auf Eis, weil die Türkei ihre Häfen nicht für Schiffe aus dem griechischen Teil der Insel öffnet. Frankreich blockierte drei weitere Bereiche. 2009 schließlich fror Brüssel auf Einspruch Zyperns weitere sechs ein. So kann Ankara nur an drei Kapiteln arbeiten.
Besorgt zeigt sich die Kommission über die außenpolitische Orientierung der Türkei Richtung Osten aus. Dies könne für die EU von Vorteil sein, solange es den Beitrittsprozess ergänze und „in Koordination mit der EU“ verlaufe. Die jüngste Annäherung des Nato-Landes an Iran, Syrien oder Jordanien hat etliche EU-Partner ebenso irritiert wie die verbalen Ausfälle von Premier Recep Tayyip Erdogan gegen Israel. Die Türkei versuche, eine Vorherrschaft in der Region zu erringen, so die Befürchtung.
Aus Sicht der Kommission hingegen könnten die Türkei und die EU bei einem gemeinsamen Vorgehen ihr Gewicht in Nahost und im Südkaukasus erhöhen und die Sicherheit bei der Energieversorgung stärken. Letzteres bezieht sich vor allem auf die Nabucco-Pipeline durch die Türkei, die Europa unabhängiger von russischem Gas machen soll.
Brüssel bemüht sich in dem Fortschrittsbericht trotz aller Kritik merklich, Ankara auf dem Weg nach Europa zu halten. Im Land am Bosporus nimmt der Zuspruch für das „Modernisierungsprojekt“ EU-Beitritt rapide ab. Nur noch jeder dritte Bürger ist Umfragen zufolge dafür. Die wirtschaftlichen Verheißungen relativieren sich, weil der Wachstumsmarkt seine Attraktivität nicht mehr nur dem angestrebten EU-Beitritt, sondern auch der regionalen Vernetzung verdankt.
Am zweiten Tag seines Besuchs wurde Erdogan mit einem Ehrendoktortitel von der Universität in Pristina gewürdigt. Anschließend wurde Erdogan von dem Übergangspräsidenten des Landes, Jakup Krasniqi empfangen. Nach dem Treffen gaben beide eine gemeinsame Pressekonferenz.
Auf die Frage eines Journalisten hin, wie die Türkei im Falle der Grenzverschiebungen auf dem Balkan reagieren werde, antwortete Erdogan, derartige Schritte könnten Kosovo und auch die Region beeinträchtigen und seien keine förderlichen Schritte für den Frieden.
Neue Zeitschrift: HIKMA – Zeitschrift fuer Islamische Theologie und Religionspaedagogik
Einen weiteren Hinweis in eigener Sache möchten wir bezüglich der Herausgabe unserer Fachzeitschrift HIKMA machen. Die Fachzeitschrift HIKMA versteht sich als eine Plattform zur Förderung islamisch-theologischer und religionspädagogischer Theoriebildung und Praxisgestaltung zur Religion des Islam in Europa und insbesondere im deutschsprachigen Raum.