Parteien entdecken die Integrationspolitik

Neues Deutschland
04.09.2010
Parteien entdecken die Integrationspolitik
Gipfel bis Ende des Jahres angekündigt
Nach dem angekündigten Rauswurf Thilo Sarrazins bei der Bundesbank werden Rufe nach einer ernsthaften Auseinandersetzung mit Integrationsproblemen laut.

Berlin (Agenturen/ND). Der Streit um die Thesen von Noch-Bundesbanker Thilo Sarrazin (SPD) hat eine neue Integrationsdebatte ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der türkischen Zeitung »Hürriyet«, Integration sei eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Nach einem Bericht der »Saarbrücker Zeitung« soll noch in diesem Jahr der erste Integrationsgipfel unter Federführung der schwarz-gelben Bundesregierung stattfinden.

Merkel machte den Türken gegenüber deutlich, dass sie Sarrazins Thesen ablehnt. Dessen Argument, Deutschland werde durch türkische und andere muslimische Einwanderer dümmer, sei »Unsinn«, erklärte sie. Es müsse aber in der Integrationspolitik noch mehr getan werden als bisher. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der »Saarbrücker Zeitung«, nach der beschlossenen Abberufung Sarrazins als Bundesbankvorstandsmitglied sei es jetzt an der Zeit, »dass wir uns dem eigentlichen Thema widmen«. Die Integration der hier lebenden Migranten sei einer der wichtigsten Herausforderungen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verteidigte derweil das Parteiausschlussverfahren. Sarrazin habe eine Grenze überschritten, schrieb Nahles laut Presseberichten in einem Brief an alle SPD-Mitglieder. Der angestrebte Rausschmiss sei aber »keine Absage an eine intensive Debatte über Integrationspolitik«. In diesem Punkt gebe die SPD Sarrazin recht: »Es liegt noch vieles im Argen.« So gebe es noch immer teils erhebliche Bildungs- und Sprachdefizite bei jungen Migranten.

Über den Antrag des Bundesbankvorstandes, Sarrazin abzuberufen, muss Bundespräsident Christian Wulff entscheiden. Der verlangt unterdessen eine Stellungnahme der Bundesregierung. Wulff warnte vor Verallgemeinerungen, die auf kulturelle, religiöse oder ethnische Gruppen abzielten. »Sie richten sogar großen Schaden an«, sagte der Bundespräsident. Es sei besser, einander zunächst näher kennenzulernen. Er bedauerte, dass die große Vielfalt unter den Muslimen in vielen Diskussionen keine Rolle spiele.

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