Tayyip Erdogan: Der Imam der Armee

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan

Er galt als Reformer, nun hat sich der Wind gegen den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan gedreht: Von „Orwellschen“ Verhältnissen ist die Rede. Aber die Behauptung, in der Türkei könne nichts mehr gegen die Regierung geschrieben werden, ist haltlos.

Von Michael Martens

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan
Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan

Der türkische Ministerpräsident Tayyip ErdoganDer türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan

17. April 2011 2011-04-17 09:11:52

Vor wenigen Jahren noch wurde der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan in Orient und Okzident als Reformer gefeiert. Er könne die Türkei aus der Umklammerung der korrupten kemalistischen Elite befreien, und seine Partei werde das Land in eine Demokratie nach westlichem Muster verwandeln, hieß es. Inzwischen hat sich der Wind gegen Erdogan und die AKP gedreht. Das Klima in der Türkei gleiche den Verhältnissen in Orwells „1984“, behauptete unlängst eine ehemalige Richterin, die sich der Opposition angeschlossen hat. (Siehe Türkische Justiz: Ich möchte keine Marionette der Regierung sein)

Anlass für solche Kritik bot die Verhaftung des Journalisten Ahmet Sik, der in einem noch gar nicht gedruckten, seit seiner Festnahme aber im Internet kursierenden Buch mit dem Arbeitstitel „Die Armee des Imams“ zu beweisen sucht, dass die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen die türkische Polizei unterwandert habe. Unabhängig von der seltsamerweise kaum erörterten Frage, ob Siks Darstellung zutrifft, ist seine Verhaftung durchaus ein beängstigender Vorgang. Wer das Geschehen aber in das orwellsche Türkeibild einordnet, das Erdogans Gegner dem Ausland aufschwatzen wollen, tappt in eine Falle. Dieses Bild hat mit dem Land genauso wenig zu tun wie das in Rosatönen gehaltene Gemälde von der Türkei als Musterstaat, das die AKP vertreibt.

via Tayyip Erdogan: Der Imam der Armee – Der Kommentar – Politik – FAZ.NET.