von Dirk-Hinrich Heilmann und Gerd Höhler
Die Bevölkerung ist von 1993 bis 2007 um ein Fünftel gewachsen, auch dank eines Zuzugs aus Ostanatolien. Die Folgen der Asienkrise hat die Stadt ebenso weggesteckt wie das schwere Erdbeben des Jahres 1999.
Istanbul ist heute jung, chic und konsumfreudig. Der Gegensatz zwischen den Minaretten der Moscheen und den modernen Glastürmen der Geschäftsviertel Levent und Maslak erzeugt Spannung.
Ein Grund für den Boom am Bosporus ist die Lage der Stadt an der Nahtstelle zwischen Europa und dem Nahen Osten. Die Türkei hat sich in beide Richtungen geöffnet – der Handel mit der arabischen Welt und mit Russland ist in den vergangenen Jahren noch stärker gewachsen als der mit der Europäischen Union. Rund die Hälfte der türkischen Exporte stammen aus der Metropole Istanbul und deren Umland. Die Region ist für 27 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes verantwortlich.
Istanbul ist vor allem ein Dienstleistungszentrum mit Finanzwirtschaft, Medien und Handels- und Logistikfirmen. Unter den Industriebranchen ragen Nutzfahrzeuge, Textilien und Nahrungsmittel hervor. Auch als Touristenziel gewinnt die geschichtsträchtige Metropole, die dieses Jahr eine der europäischen Kulturhauptstädte ist, an Beliebtheit. Bei Besuchern aus Europa und der Golfregion steht sie als „Partystadt“ hoch im Kurs.
Auch wenn die Stadt von ihrer Drehkreuzfunktion profitiert, so ruhen die Hoffnungen für eine Fortsetzung des Booms zu großen Teilen auf dem florierenden Binnenmarkt. Die türkische Wirtschaft ist im ersten Halbjahr um elf Prozent gewachsen. Die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 30 und ihre Kaufkraft hat sich von 2002 bis 2008 verdreifacht. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen, liegt die Türkei weltweit bereits auf Rang 15 – vor allem dank des Booms am Bosporus. Die Bars und Basars sind dort entsprechend voll. Ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen – also drehen sich auch die Baukräne über der Stadt weiter.
Istanbul: Boom am Rande Europas – Politik – International – Handelsblatt.com.