Integration auf der Warteliste

Teil der Kultur: Türkische und arabische Zuwanderer. Foto: reuters

Zuwanderer, die in Hamburg einen der vorgeschriebenen Kurse besuchen wollen, werden oft monatelang vertröstet

Von Zuwanderern muss Integration auch gefordert werden, heißt es häufig in der jüngsten Debatte. Wenn die Geforderten zu den Integrationskursen kommen, wartet auf sie jedoch die Warteliste. Hunderte Migranten, die sich jetzt in Hamburg für einen Deutschkurs anmelden, müssen auf das nächste Frühjahr vertröstet werden. Grund sind Kürzungen der Gelder des Bundesamtes für Migration.

Gerade zum Jahresende hin, so heißt es bei zahlreichen Hamburger Kursanbietern, würden eingereichte Anträge oft nur schleppend bearbeitet, um die Kursberechtigungen aus Kostengründen auf das nächste Jahr zu schieben. Bei der Hamburger Volkshochschule etwa, die jährlich 130 Kurse anbietet, machte diese Gruppe freiwilliger Teilnehmer zuletzt rund 25 Prozent aus. Zwar wachse hier der Anteil der Selbstzahler, die die rund 350 Euro für den Kurs privat aufbringen. Allerdings müssten viele lange auf eine Zusage warten. „Viele, die einen Integrationskurs besuchen wollen, bekommen momentan keine Berechtigung“, sagt Angelina Stern vom Zentrum Deutsch als Fremdsprache bei der Hamburger Volkshochschule (VHS).

Nur Zuwanderer, die von der Arge oder der Ausländerbehörde angemeldet werden, dürfen früher anfangen. Wer der Aufforderung „Lernt Deutsch“ derzeit folge, riskiere, auf eine Warteliste gesetzt, entsprechend zurückgewiesen und demotiviert zu werden, so Stern. „Die zeitlich verzögerte Zulassung von Personen ohne Rechtsanspruch ist in der Praxis kontraproduktiv“, sagt sie. Dass Antragsteller bis zu fünf, sechs Monate auf den Antritt eines Kurses warten müssen, geht zurück auf einen Beschluss des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Aufgrund einer „Finanzierungslücke“ zog es die Kostensperre an, die vor allem jene zu spüren bekommen, die einen Kurs auf freiwilliger Basis besuchen wollen, nämlich seit 2005 oder länger „in Deutschland lebende Ausländer und zugewanderte bzw. eingebürgerte deutsche Staatsangehörige“ sowie EU-Bürger ohne Rechtsanspruch auf Kursteilnahme. Um an dem rund 600 Stunden Sprachunterricht und 45 Stunden Landeskunde umfassenden Kurs teilnehmen zu können, müssen sie einen Antrag stellen, und gerade zum Jahresende hin lange auf die Berechtigung warten. Und selbst, wenn sie den in den Händen halten, müssen sie eine dreimonatige Wartefrist einhalten.

Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge heißt es, dass es sich bei der dreimonatigen Wartezeit um eine „temporäre Maßnahme“ handle, die umgehend abgeschafft werde, sobald sich die Finanzlage entspannen solle. Doch als wahrscheinlich gilt dies nicht: Ende November 2010 wird der Bundestag den Haushalt für das Jahr 2011 beschließen, in der auch die Mittel für Integrationskurse festgelegt sind. Bleibt es bei den bisher vorgesehenen 218 Millionen, ist auch für das kommende Jahr absehbar, dass die Mittel nicht ausreichen werden. Der Grund ist eigentlich ein erfreulicher: Die Kurse werden sehr gut angenommen. Außerdem ging man wohl davon aus, dass die Teilnehmerzahl zu Beginn der Einführung im Jahre 2005 hochschnellt und dann abflaut. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der Teilnehmer steigt in Hamburg sogar stetig leicht an.

Der zeitlich verzögerte Bewilligungsablauf führt zudem bei den Anbietern zu Planungsschwierigkeiten und Finanzierungsengpässen. Denn: Für die Durchführung eines Kurses treten sie in Vorkasse. Zudem seien die Sätze so knapp berechnet, dass zwangsläufig die Qualität leide. „Die Integrationskurse sind für uns ein Minusgeschäft“, sagt Oksara Umland von der Sprachschule Inlingua in Hamburg.

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