Die Göktürken: Vom Stamm zum Steppenreich (Doku türkische Geschichte)
Heimat. Volk. Nation. Welche Bedeutung haben diese Begriffe in unserer Gegenwart?
In manchen Ländern erscheinen sie wie ein Relikt aus uralten Zeiten. Doch in anderen sind sie allgegenwärtig in Politik und Gesellschaft. Eines dieser Länder ist die Türkei. Der Grund dafür liegt in ihrer Vergangenheit begründet. So wie jede große Zivilisation fing auch die Geschichte der frühen Türken klein und unscheinbar an. Sie mussten sich die Freiheit erkämpfen, bevor sie überhaupt als geeinte Volksgruppe auf der Weltbühne sichtbar wurden. Doch der ihr Ursprung liegt gar nicht in Anatolien, das sie seit nunmehr einem Jahrtausend besiedeln, sondern tief im Herzen Asiens. Sie sollten als Stifter der türkischen Identität in die Geschichtsbücher eingehen..
Alles fing mit einem Stamm an, der lange Zeit in Vergessenheit geraten war: die Ashina. Jener Clan bestand aus Menschen, die vor einer Invasion chinesischer Armeen geflohen waren und sich in den Altay-Bergen ihr zu Hause neu aufbauen mussten. Ihr Werdegang ist auch der Grund für die Auswanderung der Türken aus Zentralasien. Schon bald mischten sich die Ashina unter die umliegenden türkischen Stämme. Dabei erlernten sie die Metallurgie und die Kriegskunst, und planten ihre Vergeltung. Doch sie waren dabei Vasallen mächtigerer Reiche geblieben.
Zwei Brüder, politisch gebildet und militärisch erfahren, übernahmen die Führung des Stammes und starteten eine Revolution. Sie rebellierten gegen die mongolischen und chinesischen Lehnsherren jener Zeit und führten ihre Familie zum ersten Mal seit Generationen in die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Dabei mobilisierten sie jene Kraft, die schon immer tief verborgen in der Steppe geschlummert hatte, und führten Frauen wie Männer gleichermaßen in die Schlacht. Eine Besonderheit der Ashina war, dass sie selbst zwar ethnisch gemischten Ursprungs waren, jedoch ausdrücklich die türkische Sprache und die türkischen Traditionen pflegten.
In kürzester Zeit zerschlugen sie auch die Ketten aller anderen Stämme, die türkisch sprachen, und expandierten als ihre neuen Anführer in alle Himmelsrichtungen. Die Ashina schufen binnen weniger Jahre, lange vor den Osmanen und Seldschuken, ein türkisches Imperium das von Korea und der Mandschurei in Asien bis zur Halbinsel Krim in Europa reichte. Ihr Reich wurde sogar größer als das der Osmanen ein Jahrtausend später. Sie gaben sich den Namen „Türk“. Das erste Mal in der Geschichte wurde ein Staat von Türken bewohnt als auch regiert.
Aber diese neuen Herren der Steppe waren anders als die Hunnen vor und die Mongolen nach ihnen. Die Göktürken waren nicht nur gastfreundlich, sondern auch äußerst tolerant gegenüber anderen Kulturen. Ihre Herrscher beriefen sich auf die alten türkischen Traditionen und auf den Tengrismus, ursprüngliche Religion der Turkvölker, und machten nicht an den üblichen Grenzen der Eurasischen Steppe halt. Byzantiner, Perser, Koreaner und Chinesen hatten es mit Fürsten zu tun, die sich sowohl militärischer Macht als auch diplomatischen Geschicks bedienten. Dies ist ihre Geschichte.
Mit Hinzunahme neuster historischer und archäologischer Forschungsergebnisse und nach Auswertung antiker Quellen wird die Geschichte dieser „himmlischen Türken“ („Gök“ steht für „Himmel“ im Türkischen) nun zum ersten Mal in deutscher Sprache ausführlich behandelt.
Gleichwohl ist diese Dokumentation ür all Jene produziert worden, die sich für den Ursprung der Türken interessieren, aber auch für die Geschichte der Steppennomaden Asiens vor den Mongolen; für Jene, die Interesse am Tengrismus hegen; und letztlich für alle Menschen, die sich mit der Frage beschäftigen, was „Heimat“ wirklich bedeutet.