von Markus Bernath aus Istanbul | 26. April 2011, 18:20
* Artikelbild: Offensichtlich ignoriert: Assad nahm Aufforderungen des türkischen Premiers Erdogan zu Reformen im vergangenen Februar nicht ernst. – Foto: REUTERS/Osman Orsal
Offensichtlich ignoriert: Assad nahm Aufforderungen des türkischen Premiers Erdogan zu Reformen im vergangenen Februar nicht ernst.
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Assad enttäuscht die türkische Führung: „Er hat nicht auf uns gehört“
Angesichts der wachsenden Unruhen im Land ist Syrien nun zur Top-Priorität der türkischen Außenpolitik geworden. Ankara rief zu Wochenbeginn seinen Botschafter in Damaskus zu Konsultationen zurück. Ömür Önhon war zuvor vom syrischen Premier Adel Safar empfangen worden. Die Türkei, die eine knapp 900 Kilometer lange Grenze zu Syrien hat, richtet sich auf einen denkbaren Ansturm von Flüchtlingen ein und versucht zugleich die Folgen einer länger anhaltenden Regimekrise abzuschätzen.
Vertreter des Außenministeriums in Ankara kritisieren hinter vorgehaltener Hand Syriens Staatschef Bashar al-Assad für dessen halbherzige Reformschritte und die gewaltsame Niederschlagung von Demonstrationen. Bereits im vergangenen Februar hatte der türkische Premier Tayyip Erdogan bei einem Besuch in Damaskus Assad zu mehr Beweglichkeit aufgerufen. „Er hat damals nicht auf uns gehört. Er verzögerte viele Reformen, was zur heutigen Situation führte“, zitierte die englische Ausgabe von Hürriyet am Dienstag einen ungenannten Außenamtsvertreter. Vor Journalisten in Istanbul hatte ein hochrangiger türkischer Diplomat vor einigen Wochen die besondere Vorsicht Ankaras angesichts der Krise im Nachbarland erklärt: „Wir würden unsere Beziehungen zu Syrien gern behalten, zumal wir lange Zeit keine hatten.“
Syrien war während des Kalten Kriegs im Lager der Sowjetunion und gewährte der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den 1980er- und 1990er-Jahren Unterschlupf. 1998 wäre es deswegen fast zu einem Krieg zwischen der Türkei und Syrien gekommen.
Damaskus warf die PKK dann aus dem Land, was den Weg für eine Öffnung zur Türkei freimachte. Ankara hatte damals beträchtlichen Einfluss auf Assad und trat – mit unterschiedlichem Erfolg – als Vermittler zwischen Syrien und den Nachbarn Israel oder Irak auf, meint der Politologe und Nahostexperte Recep Boztemur von der Middle East Technical University in Ankara. Die jetzige Regimekrise mache es jedoch schwierig für die Türkei, Assad zu unterstützen oder beeinflussen zu wollen. Ankaras Politik der „null Probleme mit den Nachbarn“ und der Versuch einer Vorreiterrolle in der islamischen Welt würden scheitern, breche erst einmal Chaos in Syrien aus, sagt er voraus. (Markus Bernath aus Istanbul, STANDARD-Printausgabe, 27.04.2011)
via Ankara alarmiert über Lage in Syrien – Syrien – derStandard.at › International.