Einwanderung: Türkisch zu Hause, Deutsch in der Kita

Teil der Kultur: Türkische und arabische Zuwanderer. Foto: reuters

Kinder mit Migrationshintergrund sollen besser Deutsch lernen. Das Potenzial ihrer Mehrsprachigkeit wird in vielen Kitas einfach ignoriert.

© Federico Gambarini/dpa

Zweisprachige Kinder können in der Kita gezielt gefördert werden

Zweisprachige Kinder können in der Kita gezielt gefördert werden

Als Merih Ergün letztens in einer Berliner Bäckerei seine fünfjährige Tochter auf Türkisch fragte, was sie denn gerne hätte, war die Verkäuferin schlichtweg entsetzt. Wie könne er mit ihr nicht auf Deutsch reden, fuhr sie ihn an. So verbaue er dem Kind doch seine Zukunft.

Für Ergün, Sohn eines Gastarbeiters aus der Türkei, ist das eine schwierige Situation. Natürlich will er, dass seine Kinder gut Deutsch können. Aber gleichzeitig möchte er auch seine Muttersprache an sie weitergeben. Doch das, findet er, werde in Deutschland oft nicht akzeptiert. Auch wenn Mehrsprachigkeit hierzulande auf dem Arbeitsmarkt andererseits oft groß geschrieben wird.

Die Vorurteile gegenüber der Zweisprachigkeit von Migranten waren diese Woche Thema bei einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Unter dem Motto Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Bedingungen des Sprachlernens von Menschen mit Migrationshintergrund hatte die Stiftung gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt Erzieher und Interessierte nach Berlin geladen.

In der politischen und öffentlichen Debatte werde oft stillschweigend vorausgesetzt, dass nur die deutsche Sprache Integration ermögliche, finden die Veranstalter. Die Heimatsprachen der Migrantenfamilien hingegen würden „eher als lästiges Integrationshindernis denn als individuelle Ressource“ behandelt. Höchste Zeit sei es also, sich weitergehend mit diesem Thema zu beschäftigen.

Auch Bernt Ahrenholz, Professor für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der Universität Jena, hat seine Erfahrungen mit der fehlenden Toleranz der deutschen Gesellschaft gegenüber mehrsprachigen Familien gemacht. So werde die Erstsprache der Kinder zu selten in der Kita mit einbezogen, findet Ahrenholz. Doch für kleine Kinder sei es wichtig, beim Spracherwerb an ihre Vorerfahrungen aus der Familie anknüpfen zu können.

Durch eine Kombination aus Deutschunterricht und der in der Familie gesprochenen Sprache und viel Förderung durch Erzieher könnte man diese Kinder und ihre Zweisprachigkeit gezielt fördern, sagt Ahrenholz. Man könne von bilingual erzogenen Kindern außerdem nicht erwarten, dass sie vor dem Schulbeginn gleich gut Deutsch sprechen, wie ihre einsprachig erzogenen Altersgenossen. Zweisprachig erzogene Kinder bräuchten länger zum Spracherwerb.

Gute Erfahrungen mit der Förderung von Mehrsprachigkeit in Kitas hat man in Bonn gemacht, wie Donja Amirpur erzählt. Sie leitete das Modellprojekt Vielfalt gestalten – Integration im Kindergartendes Vereins AktionCourage e.V, das allerdings im Februar 2010 auslief. Man hatte keine neuen Geldgeber gefunden.

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