Von unserem Redaktionsmitglied Fabian Busch
Mannheim. Nein, der Name Thilo Sarrazin fällt nicht. Als Klaus Wowereit bei der „Zukunftswerkstatt“ der SPD am vergangenen Samstag in Mannheim vor seinen Genossen zum Thema Integration spricht, da erwähnt er nur vage einen „selbst ernannten Genforscher“ und ein gewisses „Buch, das es sogar in die Bestseller-Listen geschafft hat“. Doch der Name seines ehemaligen Finanzsenators kommt Berlins Regierendem Bürgermeister nicht über die Lippen. Dabei besteht Wowereits Rede vor allem darin, die Thesen von Sarrazins Buch über die angebliche Integrationsunwilligkeit von Muslimen zu widerlegen.
Die SPD-Vorderen, die bei Zukunftswerkstätten wie der in Mannheim mit Mitgliedern und Interessierten ins Gespräch kommen wollen, geben sich optimistisch. „Wir können millionenfach den Beweis erbringen, dass Integration in Deutschland in den letzten Jahren erfolgreich gewesen ist“, ruft der stellvertretende Parteivorsitzende Wowereit, den seine Partei am gleichen Wochenende wieder als Spitzenkandidaten für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus aufgestellt hat.
„Multikulti ist nicht gescheitert. Multikulti ist Realität in Deutschland“, sagt er und greift die Kanzlerin an, die das Gegenteil behauptet. Integrationsgipfel im Kanzleramt zu veranstalten sei schön und gut. Doch dann dürfe man im Kabinettssaal nicht kurz danach die Fördermittel für die Soziale Stadt kürzen, von denen viele Integrationsprojekte in den Kommunen abhängig seien. Bei den rund 300 Zuhörern im Stadthaus kommt das gut an.
Schmid mahnt zu Anstrengungen
Für die nachdenklichen Töne ist Baden-Württembergs SPD-Landeschef Nils Schmid zuständig. „Integration wird erst dann gelungen sein, wenn wir den ersten Feuerwehrkommandanten, den ersten Bürgermeister mit Migrationshintergrund haben“. Schmid erzählt von seiner türkischstämmigen Frau, die es geschafft habe, mit türkischem Abitur in Deutschland zu studieren. „Wir müssen dafür sorgen, dass kein einziges dieser jungen Talente verloren geht. Das ist die Aufgabe der Sozialdemokratie.“
Und wie hält die SPD es mit der Integration? Diese Frage muss Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz beantworten, nachdem ein Zuhörer einen Zettel auf das Podium gereicht hat, wo er gemeinsam mit Wowereit, Schmid und der Landtagsabgeordneten Helen Heberer sitzt. Warum dort oben eigentlich kein Migrant sei, will der anonyme Fragesteller wissen. Kurz räumt ein, dass es Nachholbedarf gebe. Gleichzeitig seien aber auch die Migranten aufgefordert, sich politisch zu engagieren und dabei zu bleiben – auch wenn es mit der Wahl in den Stadtrat nicht beim ersten Mal klappe. Das Angebot aber sei da, versichert der OB einer Stadt, in der jeder dritte Einwohner einen Migrationshintergrund hat. „Wir müssen Ermöglicher sein für Erfolgsgeschichten in unserer Gesellschaft.“
Mannheimer Morgen
29. November 2010
via Politik: „Multikulti ist Realität“.