Die Erwartungen an Wulff sind riesig

Auf dem Höhepunkt der Integrationsdebatte in Deutschland besucht Bundespräsident Christian Wulff die Türkei. Foto: dapd, dapd

Türkei-Besuch startet Dienstag
Die Erwartungen an Wulff sind riesig
zuletzt aktualisiert: 18.10.2010

Ankara (RPO). Bundespräsident Christian Wulff trifft am Dienstag bei seinem ersten Staatsbesuch in der Türkei mit Staatspräsident Abdullah Gül und Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zusammen. Am Nachmittag soll Wulff als erstes deutsches Staatsoberhaupt eine Rede vor dem türkischen Parlament in Ankara halten. Die Erwartungen an Wulff sind riesig.
Außerdem steht eine Kranzniederlegung am Mausoleum des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk sowie ein Treffen mit dem Chef der türkischen Religionsbehörde auf dem Programm. Die bis Freitag dauernde Türkei-Reise des Bundespräsidenten wird vor allem wegen der Integrationsdebatte in Deutschland mit Spannung verfolgt.
Grünen-Chef Cem Özdemir (Grüne) forderte Wulff am Montag auf, konstruktiv über die Integration zu reden und sich von „Rechtspopulisten“ wie Horst Seehofer (CSU) zu distanzieren. Özdemir sagte dem „Hamburger Abendblatt“, der Bundespräsident müsse deutlich machen, dass in Deutschland ein parteiübergreifendes Interesse an einer rationalen Debatte bestehe.
Der integrationspolitische Sprecher der SPD, Rüdiger Veit, sagte der Zeitung, Wulff solle „den Türken sagen, dass sie hier in Deutschland willkommen sind“. Außerdem sei Panik vor einem Zuviel an Zuwanderung unangebracht, so Veit. Die Zahl der Türken, die wieder in ihre Heimat zurückkehren, sei höher als die Zahl der Einwanderer.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), appellierte an den Bundespräsidenten, er solle auf bessere Bedingungen für Christen in der Türkei drängen. Der Bundespräsident könne seinen Gastgebern vermitteln, dass sie „stolz sein können auf ihr christliches Erbe“, sagte Polenz der unserer Redaktion. Wesentliche Wirkstätten des Urchristentums lägen in der Türkei. Wulff müsse die Türkei dazu ermuntern, ihr christliches Erbe als Schatz zu pflegen. Damit könne sie auch näher an Europa heranwachsen.
Der Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV), Tilman Zülch, sieht den Bundespräsidenten auch bei der Kurdenfrage gefordert. Denn gleichzeitig mit der Ankunft Wulffs in der Türkei beginne auch der Prozess gegen 151 kurdische Politiker, schreibt Zülch in einem Brief an den Bundespräsidenten. Wulff solle spürbare Fortschritte bei der Durchsetzung der Rechte der Kurden einfordern und so die schwindenden Hoffnungen auf eine friedliche Lösung der Kurdenfrage wiederbeleben.
Die muslimischen Verbände in Deutschland erhoffen sich vom Besuch des Bundespräsidenten in der Türkei Impulse für die Integration des Islam in Deutschland. Wulff könne dabei die Beziehungen Deutschlands mit der islamischen Welt erweitern und fördern, sagte der Beauftragte für interreligiösen Dialog der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DITIB), Bekir Alboga, dem Berliner „Tagesspiegel“.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek, erwartet von Wulffs Besuch auch Auswirkungen auf die Frage des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union: „So wie der Islam Teil Deutschlands ist, ist die Türkei Teil Europas“, sagte er der Zeitung. Er freue sich, „dass der Bundespräsident mit seinem Besuch die deutsch-türkische Freundschaft festigt“.
Der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, betonte „wenn die Integration des Islam in Deutschland auch Thema während seines Besuchs in der Türkei ist, freut uns das“ entschieden werde die Frage nach der Integration in Deutschland selbst, so Kizilkaya.

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