Außenminister Guido Westerwelle reist zum Staatsbesuch in die Türkei.

Politik kompakt „Die Richtung der Türkei ist Europa“

28.07.2010, 16:07 2010

Westerwelle spricht türkisch: Der Außenminister schmeichelt den Türken, Gespräche über einen EU-Beitritt bleiben aber „ergebnisoffen“.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle wünscht sich die Türkei fest verankert in Europa – jedoch nicht zwangsläufig als Mitglied der Europäischen Union. „Wir haben ein großes Interesse daran, dass sich ein strategisch so wichtiger Partner wie die Türkei in Richtung Europa orientiert“, sagte Westerwelle am Mittwoch nach einem Gespräch mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu in Istanbul.
„Türkiye ’nin yönü Avropa, dir“, sagte Westerwelle zur Erheiterung der internationalen Presse. Er vermied zunächst die Übersetzung („Die Richtung der Türkei ist Europa“). Hinterher, bei einer entspannten Bootsfahrt zwischen Europa und Asien, präzisierte der Vizekanzler die Übersetzung doch noch, nachdem er gemerkt hatte, dass mehrere Versionen kursierten: „‚Ist Europa‘, habe ich gesagt. Ist. Nicht: ’soll sein‘.“

Darauf legte er Wert und gab damit gleich ein Signal an den Koalitionspartner, dass er auch in der Sommerpause nicht gewillt sein würde, am Koalitionsvertrag rütteln zu lassen, demzufolge der EU-Beitritt der Türkei „ergebnisoffen“ verhandelt werden solle. Die Türkei ist ihm strategisch zu wichtig, um sie in dieser Sache zu verprellen.

Die Anbindnung der Türkei an die EU sei aber ein offener und kein automatischer Prozess, sagte Westerwelle mit Blick auf die Beitrittsverhandlungen des Landes mit der EU. Die EU verhandelt seit 2005 mit Ankara über einen Beitritt, die Gespräche gehen aber nur schleppend voran. Bislang wurden erst 13 der 35 Beitrittskapitel geöffnet. Hauptgrund für die Verzögerungen ist der ungelöste Streit mit der griechischen Republik Zypern.

Deutschland und Frankreich sind die beiden Hauptgegner einer EU-Mitgliedschaft des Landes. In Deutschland plädiert vor allem die Union stattdessen für eine „privilegierte Partnerschaft“. Den Begriff „privilegierte Partnerschaft“ statt EU-Vollmitgliedschaft nahm der FDP-Chef auf der Reise nicht ein einziges Mal in den Mund. Die Türken reagieren darauf allergisch, weil er einen echten Beitritt quasi ausschließt.

Dennoch hielt Grünen-Vorsitzende Claudia Roth Westerwelle vor, er sei vor Kanzlerin Angela Merkel eingeknickt, indem er bei der Frage einer EU-Mitgliedschaft des Landes eine ähnliche Formulierung wie „privilegierte Partnerschaft“ für die Türkei übernommen habe. Ein weiteres Mal werde klar, dass er als Außenminister „über keine eigene Haltung verfügt und nicht in der Lage ist, eigene Akzente zu setzen“.

Westerwelle äußerte sich in Istanbul auch über den Dialog mit Iran zum umstrittenen Atomprogramm. Er erwarte, dass im kommenden September ernsthafte Gespräche beginnen. Dabei müsse Iran mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton über alle offenen Fragen sprechen. In Richtung seines Amtskollegen sagte er: „Wir begrüßen die Bemühungen der Türkei, aber auch Brasiliens, Iran zu einem Dialog zu bewegen.“

(AFP/dpa)

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