Ruprecht Polenz (CDU/CSU) und Elmar Brok (EVP-Fraktion) streiten über den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union/Streitgespräch in „Das Parlament“

Pressemitteilung vom 25.07.2010 | 17:14
Pressefach: Deutscher Bundestag

Ruprecht Polenz (CDU/CSU) und Elmar Brok (EVP-Fraktion) streiten über den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union/Streitgespräch in „Das Parlament“

Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 26. Juli 2010)
– bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung –

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU/CSU), warnt die EU davor, sich einseitig von den an die Türkei gemachten Zusagen hinsichtlich eines Beitritts zu verabschieden. Auch in seiner Partei laufe die Diskussion in diese Richtung. „Das halte ich für einen gravierenden strategischen und politischen Fehler. Das ist diskriminierend“, sagte Polenz im Gespräch mit seinem Parteikollegen Elmar Brok in der Wochenzeitung „Das Parlament“.
Brok zeigte sich hingegen skeptisch. Zwar seien die Kriterien für eine Aufnahme für alle Kandidatenländer die gleichen. Er habe aber seine Zweifel, ob sie in der Praxis in der Türkei auch bei formaler Umsetzung voll angewandt werden. „Die Werte der Charta der Grundrechte müssen auf eine besondere Bereitschaft, besondere Mentalität treffen. Wenn ich mich irren sollte, umso besser“, sagte Brok.

Interview im Wortlaut

Meine Herren, Sie gehören beide der selben Partei an, in Sachen EU-Beitritt Türkei vertreten Sie aber gegensätzliche Meinungen. Sie, Herr Polenz, befürworten den Beitritt. Wie geht es Ihnen mit dieser Außenseiterposition in der CDU?

Ruprecht Polenz: Mir ist klar, dass ich nicht die Mehrheitsmeinung der CDU vertrete. Allein aber bin ich mit meiner Meinung in der Union auch nicht. Da sind zum Beispiel eine ganze Reihe Oberbürgermeister von Großstädten wie Frankfurt, Stuttgart, Duisburg oder wie bis vor kurzem Ole von Beust aus Hamburg. Sie erleben in ihren Städten, welche Bedeutung der Umgang mit der Türkei im Hinblick auf den EU-Beitritt für die türkische Bevölkerung hat. Sie teilen meine Position, dass die Türkei eine faire Chance verdient.
Elmar Brok: Na ja, fair wäre gewesen, der Türkei keine falschen Hoffnungen auf einen Beitritt zu machen. Jetzt zieht sich alles hin und die Türkei reagiert enttäuscht.

Herr Brok, warum sind Sie gegen einen Beitritt der Türkei?

Brok: Ich sehe das aus der Gesamtsicht der Europäischen Union heraus und glaube, dass ein Beitritt die EU überfordern würde. Die Integrationskapazität der EU reicht nicht aus, wenn wir sie weiterhin als eine politische Union verstehen wollen.
Polenz: Natürlich darf die Handlungsfähigkeit der EU durch einen Beitritt der Türkei nicht in Frage gestellt werden. Es ist nur so, dass bei jeder Erweiterungsrunde die Frage war: Kann das die Europäische Union verdauen oder nicht? Darüber wurde auch beim Beitritt Großbritanniens diskutiert, wenn Sie weiter zurückschauen wollen. Damals war Frankreich der Meinung, das würde das ganze Machtgefüge innerhalb der Europäischen Union verändern. Präsident Charles de Gaulle hat mit der Politik des leeren Stuhls den Beitritt Großbritanniens um eine beträchtliche Zeit verzögert.
(…)
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